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Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]'''
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Version vom 8. Juli 2012, 10:27 Uhr

Heinrich Kellner Denkmal

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (07.07.2012)


Wer ist die Gemeinde?

DENKMALE IN ERFURT (53): Der Obervierherr Heinrich Kellner musste für die Verschuldung Erfurts im „Tollen Jahr“ 1510 mit dem Leben zahlen.


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Er gehört zu den großen tragischen Figuren der Erfurter Stadtgeschichte. Als Obervierherr bekleidete Heinrich Kellner eines der höchsten kommunalen Ämter in der stolzen Quasi-Reichsstadt. Allerdings sollte das Selbstbewusstsein des reichen Patriziers für diesen fatale Folgen haben. „Wer ist die Gemeinde? - Dies ist die Gemeinde!“ Das schleuderte Kellner auf sich selbst zeigend am 9. Juni 1509 den erzürnten Bürgern entgegen, die den Ratssaal stürmten. Erfurt war in den Jahrzehnten zuvor in den Ruin getrieben worden, was jetzt den Volkszorn erregte. Dieser ging als „Tolles Jahr von Erfurt“ in die Geschichte ein.

Die weitgehende Autonomie der mittelalterlichen Handels- und Kulturmetropole Erfurt hatte im späten 15. Jahrhundert erste Risse bekommen. In den Verträgen von Amorbach und Weimar 1483 musste die Landeshoheit des Mainzer Erzbischofs und die Schutzherrschaft des sächsischen Kurfürsten anerkannt werden. Besonders schwer wogen die 200.000 Gulden, die man den Herrschern zu entrichten hatte. Hohe Kosten für Söldner und Stadtbefestigungen sowie wirtschaftliche Schwierigkeiten führten zu einer ausweglosen Verschuldung. Wie bis heute üblich versuchte man dies durch höhere Steuern, Lohnkürzungen und zahlreiche Kredite auszugleichen. 1508 verpfändete man sogar das Reichslehen Kapellendorf an den sächsischen Kurfürsten. Als sich der Bankrott nicht mehr verheimlichen ließ, kam die angestaute Wut auf den Rat zur Entladung. Als dessen Symbolfigur wurde Heinrich Kellner verhaftete, mehrfach gefoltert und am 28. Januar 1510 am Galgenberg gehängt.

Über Jahrhunderte blieb Kellner im öffentlichen Bewusstsein der Erfurter präsent. Die Geschichtsschreibung hat ihm mittlerweile auch wieder mehr Gerechtigkeit widerfahren lassen, war er doch keineswegs allein für die finanzielle Misere der Stadt verantwortlich. Sein einstiges Anwesen, der „Hof zum Obervierherrn“ in der Regierungsstraße 63/64, erstrahlt zudem seit dem Frühjahr wieder in neuem Glanze. Im Zuge der Sanierung kam auch ein Standbild von Heinrich Kellner zur Errichtung. Die Bronzefigur hat der mit vielen Denkmalen in der Stadt vertretene Künstler Christian Paschold nach dem Vorbild des Wandgemäldes im Rathausfestsaal geschaffen. Leider verfehlt aber das Denkmal völlig seinen Zweck für die historische Erinnerungskultur. Im Innenhof ist es vor den Blicken der interessierten Bürger und Gäste unserer Stadt verborgen. Ein Vordringen bis zum bronzenen Obervierherren ist nahezu unmöglich. Aber vielleicht hätte das Heinrich Kellner ja gefallen, teilte er doch das exklusive Selbstbewusstsein seiner Standesgenossen, die sich gerne vom „gemeinen Volke“ abhoben.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Wandbilder zur Stadtgeschichte im Rathausfestsaal