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Version vom 3. Mai 2012, 15:08 Uhr
Ludwig Boegl
Beitrag der Serie Bauhausjubiläum 2009 der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (17.01.2009)
Der gefragteste Stadtrat
Bauhausjubiläum 2009 (8): Stadtbaurat Ludwig Boegl prägte das Baugeschehen in den 1920er Jahren
Kein anderer hat die Stadtentwicklung der Weimarer Republik so geprägt wie Stadtbaurat Ludwig Boegl. Er steht für das reformorientierte “neue Bauen”, leitete viele der wegweisenden Projekte und gab der Bauverwaltung zeitgemäße Strukturen.
Sein ehemaliger Mitarbeiter Otto Stade hat Ludwig Boegl einmal den “meist gefragten Stadtrat” von Erfurt bezeichnet. Er war rastlos bei der Erfüllung seiner Aufgaben im Erfurter Baugeschehen und gab ihm moderne Ämterstrukturen. Kaum ein größeres Bauprojekt, das nicht über seinen Schreibtisch gegangen wäre. Wenn Bürger Rat brauchten, kamen sie zu ihm. 1913 hatte Boegl für Baulustige erstmals eine Beratungsstelle geschaffen, in der Bauanträge für eine erfolgreiche Einreichung fit gemacht werden konnten.
Der Wahl-Erfurter Boegl stammte unverkennbar aus dem Bayrischen. Geboren 1880 in Neumarkt in der Oberpfalz, hatte er an der Technischen Hochschule München studiert. In den Hochbauämtern Nürnberg, Würzburg und Frankfurt/M. sammelte er wichtige Erfahrungen in aufblühenden Großstädten der späten Kaiserzeit. 1906 verschlug es ihn schließlich als Polizeibaumeister nach Erfurt, das sich gerade zur pulsierenden Industriegroßstadt entwickelte und in eben jenem Jahr die 100.000-Einwohner-Grenze überschritt. Eine echte Herausforderung für den jungen Diplomingenieur. Rasch kletterte Boegl auf der Karriereleiter und erreichte 1920 das Amt eines Stadtbaurates mit Sitz und Stimme im Magistratskollegium.
In dieser Position drückte Ludwig Boegl dem Baugeschehen in der Weimarer Republik seinen Stempel auf. Die großen städtebaulichen Projekte wie der Nordpark mit Nordbad und der Komplex um das heutige Steigerwaldstadion entstanden unter seiner Leitung. Markante öffentliche Gebäude wie das Große Hospital am Ring, die Chirurgische Klinik (heute Frau-Mutter-Kind-Zentrum), der Rathaus-Erweiterungsbau mit Sparkasse oder das heutige Heinrich-Mann-Gymnasium Zur Himmelspforte trugen seine Handschrift. Im Angermuseum betreute der künstlerisch-musisch interessierte Ingenieur die wegweisende Freilegung und museale Nutzung der großen Erdgeschosshalle und sorgte für die Wiederherrichtung des historischen Festsaales im Collegium maius der Alten Universität.
Erfurt verdankt Boegl aber nicht nur diese großen Bauvorhaben, sondern auch wichtige Impulse in Sachen Stadtplanung und -erweiterung, für die er eigens ein Amt einrichtete. Die Stadterweiterung im modernen Reformgeist der Zeit fand in ihm einen nachhaltigen Fürsprecher. Eine durchgrünte Stadt, Gartenstadt-Siedlungen, moderner Wohnungsbau im Bauhausstil, aber auch neue Industrieansiedlungen und Verkehrprojekte bis hin zum Flughafen am Roten Berg (siehe Abb.) charakterisieren die Ära Boegl. Freilich musste Boegl auch noch miterleben, wie viele, teils wertvolle historische Bauten seiner Stadt im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Nach Kriegsende 1945 schied er aus dem Amt, arbeitete aber bis zu seinem Tode 1952 als unverzichtbarer Experte in der Erfurter Bauverwaltung.
Siehe auch: Erfurt in der Weimarer Republik, Städtebau in der Weimarer Republik