Erfurt aelteste Universitaet Deutschlands: Unterschied zwischen den Versionen
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[[Datei:StadtmuseumUniPrivileg1379.jpg|450px|right]]Wer hat die älteste Universität im heutigen Deutschland? Heidelberg, so war lange die allgemeine Überzeugung. Der Jenaer Historiker Prof. Dr. Robert Gramsch-Stehfest bot 2012 eine neue Antwort: Erfurt. Dies hat die Forschung belebt. Die '''[[Universität Erfurt]]''' galt lange Zeit als drittälteste Universität. Ein erstes päpstliches Privileg von 1379 (Foto: Stadtmuseum Erfurt) war 1389 wegen des Großen Schismas erneuert worden, worauf 1392 der Lehrbetrieb nach Heidelberg (1386) und Köln (1389) begann. Gramsch-Stehfest belegt jedoch, dass das Privileg von 1379 sehr wohl als "Geburtsurkunde" der Alma mater Erfordensis gelten kann. Er hat dies mit dem Buch '''[[Gründung_Universität_Erfurt|Erfurt - Die älteste Hochschule Deutschlands. Vom Generalstudium zur Universität]]''' (2012) wissenschaftlich untermauert. Darüber hinaus verweist Gramsch auf das bis ins 13. Jahrhundert zurück reichende universitätsähnliche Generalstudium, mit dem Erfurt in jedem Falle die älteste Hochschultradition aufweist. | [[Datei:StadtmuseumUniPrivileg1379.jpg|450px|right]]Wer hat die älteste Universität im heutigen Deutschland? Heidelberg, so war lange die allgemeine Überzeugung. Der Jenaer Historiker Prof. Dr. Robert Gramsch-Stehfest bot 2012 eine neue Antwort: Erfurt. Dies hat die Forschung belebt. Die '''[[Universität Erfurt]]''' galt lange Zeit als drittälteste Universität. Ein erstes päpstliches Privileg von 1379 (Foto: Stadtmuseum Erfurt) war 1389 wegen des Großen Schismas erneuert worden, worauf 1392 der Lehrbetrieb nach Heidelberg (1386) und Köln (1389) begann. Gramsch-Stehfest belegt jedoch, dass das Privileg von 1379 sehr wohl als "Geburtsurkunde" der Alma mater Erfordensis gelten kann. Er hat dies mit dem Buch '''[[Gründung_Universität_Erfurt|Erfurt - Die älteste Hochschule Deutschlands. Vom Generalstudium zur Universität]]''' (2012) wissenschaftlich untermauert. Darüber hinaus verweist Gramsch auf das bis ins 13. Jahrhundert zurück reichende universitätsähnliche Generalstudium, mit dem Erfurt in jedem Falle die älteste Hochschultradition aufweist. | ||
Die neuen Forschungen haben eine intensive Diskussion in Gang gesetzt. Die Erklärung der Heidelberger Universitäts-Sprecherin Marietta Fuhrmann-Koch, "entscheidendes Kriterium für das Alter von Universitäten ist nach Ansicht der meisten Experten, wie lange die Hochschule ihren Lehrbetrieb ohne Unterbrechungen aufrecht erhalten hat" (Thüringer Allgemeine vom 22.11.2012), ist | Die neuen Forschungen haben eine intensive Diskussion in Gang gesetzt. Die Erklärung der Heidelberger Universitäts-Sprecherin Marietta Fuhrmann-Koch, "entscheidendes Kriterium für das Alter von Universitäten ist nach Ansicht der meisten Experten, wie lange die Hochschule ihren Lehrbetrieb ohne Unterbrechungen aufrecht erhalten hat" (Thüringer Allgemeine vom 22.11.2012), ist nicht haltbar. Die Ansichten sind zumindest geteilt. Schon für Prag und Wien als den ältesten Universitäten des Reiches gilt dies eindeutig nicht; hier beruft man sich auf die Gründungsprivilegien von 1348 und 1365, obwohl der Lehrbetrieb erst deutlich später begann. Im Falle von Erfurt und Köln gab es erhebliche "Unterbrechungen" 1816/1994 und 1798/1919 - womit allein schon von den fünf ältesten Universitäten im Reich nur Heidelberg dieses vermeintlich "entscheidende Kriterium" erfüllen würde. | ||
Viele Traditionsuniversitäten | Viele Traditionsuniversitäten (Würzburg 1402, Leipzig 1409, Rostock 1419, Greifswald 1456 etc.) berufen sich auf ihr Gründungsprivileg. Im Falle Jenas hat dies sogar dazu geführt, dass man sich nach intensiver Diskussion für das Privileg 1558 entschieden hat, obwohl die Hohe Schule praktisch schon seit 1548 existierte. Es ist also üblich, bei der Datierung der Universitäten auf deren Gründungsprivileg zurück zu greifen - was damit auch für Erfurt völlig legitim ist. Die Alma Mater Erfordensis, an der Martin Luther sein akademisches Rüstzeug erwarb, sah sich nach ihrer Wiedergründung 1994 sogar zeitweise als älteste und jüngste Universität Deutschlands, wobei mit der TU Nürnberg (2021) unterdessen eine staatliche Neugründung hinzugekommen ist. | ||
('''[[Steffen Rassloff|Dr. Steffen Raßloff]]''') | ('''[[Steffen Rassloff|Dr. Steffen Raßloff]]''') |
Aktuelle Version vom 9. Dezember 2024, 15:47 Uhr
Älteste Universität Deutschlands
Neuere Forschungen sehen Erfurt mit dem Gründungsprivileg von 1379 als älteste Universität Deutschlands vor Heidelberg und Köln.
Wer hat die älteste Universität im heutigen Deutschland? Heidelberg, so war lange die allgemeine Überzeugung. Der Jenaer Historiker Prof. Dr. Robert Gramsch-Stehfest bot 2012 eine neue Antwort: Erfurt. Dies hat die Forschung belebt. Die Universität Erfurt galt lange Zeit als drittälteste Universität. Ein erstes päpstliches Privileg von 1379 (Foto: Stadtmuseum Erfurt) war 1389 wegen des Großen Schismas erneuert worden, worauf 1392 der Lehrbetrieb nach Heidelberg (1386) und Köln (1389) begann. Gramsch-Stehfest belegt jedoch, dass das Privileg von 1379 sehr wohl als "Geburtsurkunde" der Alma mater Erfordensis gelten kann. Er hat dies mit dem Buch Erfurt - Die älteste Hochschule Deutschlands. Vom Generalstudium zur Universität (2012) wissenschaftlich untermauert. Darüber hinaus verweist Gramsch auf das bis ins 13. Jahrhundert zurück reichende universitätsähnliche Generalstudium, mit dem Erfurt in jedem Falle die älteste Hochschultradition aufweist.
Die neuen Forschungen haben eine intensive Diskussion in Gang gesetzt. Die Erklärung der Heidelberger Universitäts-Sprecherin Marietta Fuhrmann-Koch, "entscheidendes Kriterium für das Alter von Universitäten ist nach Ansicht der meisten Experten, wie lange die Hochschule ihren Lehrbetrieb ohne Unterbrechungen aufrecht erhalten hat" (Thüringer Allgemeine vom 22.11.2012), ist nicht haltbar. Die Ansichten sind zumindest geteilt. Schon für Prag und Wien als den ältesten Universitäten des Reiches gilt dies eindeutig nicht; hier beruft man sich auf die Gründungsprivilegien von 1348 und 1365, obwohl der Lehrbetrieb erst deutlich später begann. Im Falle von Erfurt und Köln gab es erhebliche "Unterbrechungen" 1816/1994 und 1798/1919 - womit allein schon von den fünf ältesten Universitäten im Reich nur Heidelberg dieses vermeintlich "entscheidende Kriterium" erfüllen würde.
Viele Traditionsuniversitäten (Würzburg 1402, Leipzig 1409, Rostock 1419, Greifswald 1456 etc.) berufen sich auf ihr Gründungsprivileg. Im Falle Jenas hat dies sogar dazu geführt, dass man sich nach intensiver Diskussion für das Privileg 1558 entschieden hat, obwohl die Hohe Schule praktisch schon seit 1548 existierte. Es ist also üblich, bei der Datierung der Universitäten auf deren Gründungsprivileg zurück zu greifen - was damit auch für Erfurt völlig legitim ist. Die Alma Mater Erfordensis, an der Martin Luther sein akademisches Rüstzeug erwarb, sah sich nach ihrer Wiedergründung 1994 sogar zeitweise als älteste und jüngste Universität Deutschlands, wobei mit der TU Nürnberg (2021) unterdessen eine staatliche Neugründung hinzugekommen ist.
Lesetipp:
Robert Gramsch: Erfurt - Die älteste Hochschule Deutschlands. Vom Generalstudium zur Universität. Erfurt 2012.
Steffen Raßloff: Erfurt. Die älteste und (fast) jüngste Universität Deutschlands. Erfurt 2014 (3. Auflage 2024). (Download)
Steffen Raßloff: Älteste und jüngste Universität. Die Alma Mater Erfordensis. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 36f.
Die mittelalterliche Universität. In: Roland Steinacher/Stefan Donecker/Patrick Oelze/Oliver Domzalski/Daniel Mollenhauer/Steffen Raßloff/Michael Gehler: Deutsche Geschichte. Die große Bild-Enzyklopädie. München 2018. S. 100 f.