Willi Münzenberg Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen
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Das Mitglied im Zentralkomitee der KPD kämpfte nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 von Paris aus für ein Bündnis aller Hitler-Gegner. Da die KPD jedoch an ihrer Anfeindung der SPD als „Sozialfaschisten“ fest hielt, wurde er 1939 auch nach Kritik an Stalins Herrschaftsmethoden in der Sowjetunion aus der Partei ausgeschlossen. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Frankreich und der Flucht aus französischer Internierung wurde Münzenberg im Oktober 1940 im Wald von Le Caugnet erhängt aufgefunden. Ob er selbst Hand an sich gelegt hat, die Gestapo oder ein Agent des sowjetischen Geheimdienstes verantwortlich ist, kann bis heute nicht geklärt werden. | |||
Nicht zuletzt aus diesem legendenumwobenen Ende erwuchs der „Mythos Münzenberg“, für den freilich in der DDR-Geschichtsschreibung kein Platz war. Den Bruch mit der KPD und Sowjetunion haben ihm die SED-Oberen nie verziehen. Erst nach 1989 konnte wieder vorbehaltlos an jenen „verlorenen Sohn“ Erfurts erinnert werden. Deshalb ließ es dem Autor dieses Beitrages als Historiker auch keine Ruhe, als eine Gedenktafel für Münzenberg aus der Öffentlichkeit verschwand. Erst 1999 war sie u.a. auf Initiative des damaligen Kulturbeigeordneten Joachim Kaiser an dem Plattenbau Augustinerstraße/Ecke Am Hügel angebracht worden (Foto: Steffen Raßloff), wo bis in die 1980er Jahre Münzenbergs Geburtshaus stand. Nach der Sanierung des Hauses im letzten Jahr wurde die Tafel nicht wieder angebracht. Mit Unterstützung durch einen neuen Münzenberg-Freundeskreis und Dr. Mark Escherich von der Erfurter Denkmalbehörde konnte sie jedoch in dieser Woche an ihren Platz zurück kehren und erinnert an den „Publizist im Widerstand gegen Hitler und Stalin“. | |||
'''Lesetipps:''' | |||
Steffen Raßloff: '''Willi Münzenberg und Erfurt. Die Anfänge des "roten Propaganda-Zaren".''' In: '''[[Publikationen des Erfurter Geschichtsvereins|Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt]]''' 70 (2009). S. 86-98. | |||
Interview mit Dr. Steffen Raßloff zum 75. Todestag im '''hEFt für literatur, stadt und alltag''' 41 (2015). S. 10-13. | |||
Interview mit | |||
Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''' | Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''' |
Aktuelle Version vom 1. Oktober 2022, 12:35 Uhr
Willi Münzenberg
Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (18.02.2012)
Der rote Propaganda-Zar
DENKMALE IN ERFURT (33): Willi Münzenberg war einer der einflussreichsten Medienmacher Deutschlands. Seine Wurzeln liegen in Erfurt.
Am 14. August 1889 erblickte Wilhelm Münzenberg in der damaligen Augustinerstraße 31 das Licht der Welt. Der Sohn aus kleinen Verhältnissen musste das durchmachen, was man eine schwere Kindheit nennt. Ein saufender, prügelnder Vater, brutale Lehrmeister und ein raues Klima in der Schuhfabrik Lingel für den jungen Arbeiter. Ein Weg in der Masse des Proletariats schien für den nur dürftig in der Volksschule ausgebildeten Willi vorgezeichnet. Doch es sollte anders kommen. 1906 trat Willi Münzenberg dem SPD-nahen Verein „Propaganda“ bei und startete mit eisernem Willen eine Karriere in der Arbeiterbewegung. Er wechselte nach dem Ersten Weltkrieg zur KPD, wurde zum bedeutendsten linken Medienmacher der Weimarer Republik, zum „roten Propaganda-Zaren“.
Das Mitglied im Zentralkomitee der KPD kämpfte nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 von Paris aus für ein Bündnis aller Hitler-Gegner. Da die KPD jedoch an ihrer Anfeindung der SPD als „Sozialfaschisten“ fest hielt, wurde er 1939 auch nach Kritik an Stalins Herrschaftsmethoden in der Sowjetunion aus der Partei ausgeschlossen. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Frankreich und der Flucht aus französischer Internierung wurde Münzenberg im Oktober 1940 im Wald von Le Caugnet erhängt aufgefunden. Ob er selbst Hand an sich gelegt hat, die Gestapo oder ein Agent des sowjetischen Geheimdienstes verantwortlich ist, kann bis heute nicht geklärt werden.
Nicht zuletzt aus diesem legendenumwobenen Ende erwuchs der „Mythos Münzenberg“, für den freilich in der DDR-Geschichtsschreibung kein Platz war. Den Bruch mit der KPD und Sowjetunion haben ihm die SED-Oberen nie verziehen. Erst nach 1989 konnte wieder vorbehaltlos an jenen „verlorenen Sohn“ Erfurts erinnert werden. Deshalb ließ es dem Autor dieses Beitrages als Historiker auch keine Ruhe, als eine Gedenktafel für Münzenberg aus der Öffentlichkeit verschwand. Erst 1999 war sie u.a. auf Initiative des damaligen Kulturbeigeordneten Joachim Kaiser an dem Plattenbau Augustinerstraße/Ecke Am Hügel angebracht worden (Foto: Steffen Raßloff), wo bis in die 1980er Jahre Münzenbergs Geburtshaus stand. Nach der Sanierung des Hauses im letzten Jahr wurde die Tafel nicht wieder angebracht. Mit Unterstützung durch einen neuen Münzenberg-Freundeskreis und Dr. Mark Escherich von der Erfurter Denkmalbehörde konnte sie jedoch in dieser Woche an ihren Platz zurück kehren und erinnert an den „Publizist im Widerstand gegen Hitler und Stalin“.
Lesetipps:
Steffen Raßloff: Willi Münzenberg und Erfurt. Die Anfänge des "roten Propaganda-Zaren". In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt 70 (2009). S. 86-98.
Interview mit Dr. Steffen Raßloff zum 75. Todestag im hEFt für literatur, stadt und alltag 41 (2015). S. 10-13.
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt