Erfurter Hütte: Unterschied zwischen den Versionen
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
(7 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 2: | Zeile 2: | ||
''' | '''1882 wurde die Erfurter Sektion des Alpenvereins gegründet, Erbauer der „Erfurter Hütte“ (1895) im Rofangebirge in Tirol.''' | ||
[[Datei:ErfurterHuetteI.jpg|370px|right]][[Datei:ErfurterHuetteII.jpg|370px|right]]In der wunderbaren Tiroler Bergwelt, oberhalb des Achensees unweit von Innsbruck, befindet sich die „Erfurter Hütte“. Die 1843 Höhenmeter lassen sich von Maurach auf die Hochfläche des Rofangebirges bequem mit der Seilbahn überwinden. Der ambitionierte Bergwanderer schafft den reizvollen Aufstieg in gut zwei Stunden. Von der Hütte sind viele Wandergipfel wie die Rofanspitze, die Seekarlspitze oder der Hochiss in weniger als zwei Stunden zu erreichen. Im Winter kann man von hier aus zahlreiche Skitouren unternehmen. Kurz, die Hütte ist ein idealer Stützpunkt für begeisterte Alpinisten. Aber wieso ist dieses rund 500 Kilometer entfernte Bergparadies nach unserer Blumenstadt benannt? | |||
[[Datei:ErfurterHuetteI.jpg| | |||
Die Antwort führt zurück ins winterliche Erfurt der Kaiserzeit, genauer gesagt auf den 16. Dezember 1882. Vor 130 Jahren gründeten 15 Herren der besseren Gesellschaft im „Thüringer Hof“ die Sektion Erfurt des, wie es damals noch hieß, Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (DuÖAV). In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte der Trend „zurück zur Natur“ zumindest die Kreise in den rasant wachsenden Städten erfasst, die sich mehr oder weniger weite Ausflüge und Urlaube leisten konnten. Mit der Eisenbahn und der Reichsgründung von 1871 rückten nun selbst die bisher so fernen Alpen in Reichweite. Der Berg ruft! - so empfanden es damals frei nach dem Luis Trenker-Klassiker bald über 100 Mitglieder der Erfurter Sektion. Die meist recht wohlhabenden Alpen-Freunde schufen sich schon 1895 mit der besagten Erfurter Hütte ihr Refugium, das bis zum Ersten Weltkrieg 1914/18 aufwändig ausgebaut wurde. | Die Antwort führt zurück ins winterliche Erfurt der Kaiserzeit, genauer gesagt auf den 16. Dezember 1882. Vor 130 Jahren gründeten 15 Herren der besseren Gesellschaft im „Thüringer Hof“ die Sektion Erfurt des, wie es damals noch hieß, Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (DuÖAV). In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte der Trend „zurück zur Natur“ zumindest die Kreise in den rasant wachsenden Städten erfasst, die sich mehr oder weniger weite Ausflüge und Urlaube leisten konnten. Mit der Eisenbahn und der Reichsgründung von 1871 rückten nun selbst die bisher so fernen Alpen in Reichweite. Der Berg ruft! - so empfanden es damals frei nach dem Luis Trenker-Klassiker bald über 100 Mitglieder der Erfurter Sektion. Die meist recht wohlhabenden Alpen-Freunde schufen sich schon 1895 mit der besagten Erfurter Hütte ihr Refugium, das bis zum Ersten Weltkrieg 1914/18 aufwändig ausgebaut wurde. | ||
Zeile 13: | Zeile 11: | ||
Dann sorgten aber die beiden Kriege für viele Schwierigkeiten, ohne dass der Kontakt der Erfurter zu ihrer Hütte abriss. Die Zugehörigkeit Thüringens zur Sowjetischen Besatzungszone und DDR seit 1945 brachte allerdings nicht nur die Auflösung der Erfurter Sektion des Deutschen Alpenvereins (DAV), sondern auch die praktische Unerreichbarkeit der Hütte. In der Bundesrepublik erweckten jedoch in den 1950er Jahren ehemalige Erfurter ihre DAV-Sektion zu neuem Leben. Ihren Sitz fanden sie schließlich im badischen Ettlingen. Als 1990 zunächst der Thüringer Bergsteigerbund und 1999 Erfurt Alpin e.V. als Erfurter Sektionen des DAV gegründet wurden, nannte man sich im Südwesten 2001 in Sektion Ettlingen um. So kommt es, dass heute die Erfurter Hütte von Baden-Württemberg aus betreut wird. Traditionsbewusste Erfurter Alpinisten wie Olaf Jäkel könnten sich aber durchaus vorstellen, die Beziehungen nach Tirol wieder etwas enger zu knüpfen. | Dann sorgten aber die beiden Kriege für viele Schwierigkeiten, ohne dass der Kontakt der Erfurter zu ihrer Hütte abriss. Die Zugehörigkeit Thüringens zur Sowjetischen Besatzungszone und DDR seit 1945 brachte allerdings nicht nur die Auflösung der Erfurter Sektion des Deutschen Alpenvereins (DAV), sondern auch die praktische Unerreichbarkeit der Hütte. In der Bundesrepublik erweckten jedoch in den 1950er Jahren ehemalige Erfurter ihre DAV-Sektion zu neuem Leben. Ihren Sitz fanden sie schließlich im badischen Ettlingen. Als 1990 zunächst der Thüringer Bergsteigerbund und 1999 Erfurt Alpin e.V. als Erfurter Sektionen des DAV gegründet wurden, nannte man sich im Südwesten 2001 in Sektion Ettlingen um. So kommt es, dass heute die Erfurter Hütte von Baden-Württemberg aus betreut wird. Traditionsbewusste Erfurter Alpinisten wie Olaf Jäkel könnten sich aber durchaus vorstellen, die Beziehungen nach Tirol wieder etwas enger zu knüpfen. | ||
('''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''', Thüringer Allgemeine vom 15.12.2012; zugleich: '''[http://www.alpenverein.de/dav-services/panorama-magazin/geschichte-der-erfurter-huette-im-rofan_aid_12275.html Panorama. Magazin des DAV 1/2013]''') | |||
Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[http://www.dav-ettlingen.de/erfurter-huette.html Erfurter Hütte des DAV Ettlingen]''' | Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[http://www.dav-ettlingen.de/erfurter-huette.html Erfurter Hütte des DAV Ettlingen]''' |
Aktuelle Version vom 20. Juni 2021, 12:42 Uhr
Die Erfurter Hütte
1882 wurde die Erfurter Sektion des Alpenvereins gegründet, Erbauer der „Erfurter Hütte“ (1895) im Rofangebirge in Tirol.
In der wunderbaren Tiroler Bergwelt, oberhalb des Achensees unweit von Innsbruck, befindet sich die „Erfurter Hütte“. Die 1843 Höhenmeter lassen sich von Maurach auf die Hochfläche des Rofangebirges bequem mit der Seilbahn überwinden. Der ambitionierte Bergwanderer schafft den reizvollen Aufstieg in gut zwei Stunden. Von der Hütte sind viele Wandergipfel wie die Rofanspitze, die Seekarlspitze oder der Hochiss in weniger als zwei Stunden zu erreichen. Im Winter kann man von hier aus zahlreiche Skitouren unternehmen. Kurz, die Hütte ist ein idealer Stützpunkt für begeisterte Alpinisten. Aber wieso ist dieses rund 500 Kilometer entfernte Bergparadies nach unserer Blumenstadt benannt?
Die Antwort führt zurück ins winterliche Erfurt der Kaiserzeit, genauer gesagt auf den 16. Dezember 1882. Vor 130 Jahren gründeten 15 Herren der besseren Gesellschaft im „Thüringer Hof“ die Sektion Erfurt des, wie es damals noch hieß, Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (DuÖAV). In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte der Trend „zurück zur Natur“ zumindest die Kreise in den rasant wachsenden Städten erfasst, die sich mehr oder weniger weite Ausflüge und Urlaube leisten konnten. Mit der Eisenbahn und der Reichsgründung von 1871 rückten nun selbst die bisher so fernen Alpen in Reichweite. Der Berg ruft! - so empfanden es damals frei nach dem Luis Trenker-Klassiker bald über 100 Mitglieder der Erfurter Sektion. Die meist recht wohlhabenden Alpen-Freunde schufen sich schon 1895 mit der besagten Erfurter Hütte ihr Refugium, das bis zum Ersten Weltkrieg 1914/18 aufwändig ausgebaut wurde.
Dann sorgten aber die beiden Kriege für viele Schwierigkeiten, ohne dass der Kontakt der Erfurter zu ihrer Hütte abriss. Die Zugehörigkeit Thüringens zur Sowjetischen Besatzungszone und DDR seit 1945 brachte allerdings nicht nur die Auflösung der Erfurter Sektion des Deutschen Alpenvereins (DAV), sondern auch die praktische Unerreichbarkeit der Hütte. In der Bundesrepublik erweckten jedoch in den 1950er Jahren ehemalige Erfurter ihre DAV-Sektion zu neuem Leben. Ihren Sitz fanden sie schließlich im badischen Ettlingen. Als 1990 zunächst der Thüringer Bergsteigerbund und 1999 Erfurt Alpin e.V. als Erfurter Sektionen des DAV gegründet wurden, nannte man sich im Südwesten 2001 in Sektion Ettlingen um. So kommt es, dass heute die Erfurter Hütte von Baden-Württemberg aus betreut wird. Traditionsbewusste Erfurter Alpinisten wie Olaf Jäkel könnten sich aber durchaus vorstellen, die Beziehungen nach Tirol wieder etwas enger zu knüpfen.
(Dr. Steffen Raßloff, Thüringer Allgemeine vom 15.12.2012; zugleich: Panorama. Magazin des DAV 1/2013)
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Erfurter Hütte des DAV Ettlingen