Erfurter Unionsparlament 1850 Roll Up Ausstellung: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:RollUpsUnionsparlamentBismarck.jpg|250px|right]]'''Eine Tafelausstellung widmet sich ab 25.10.2023 im Stadtmuseum mit dem Erfurter Unionsparlament 1850 einem Meilenstein der deutschen Demokratiegeschichte.'''  
'''Eine Tafelausstellung der Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte (GEDG) widmete sich 2023/24 im Stadtmuseum mit dem Erfurter Unionsparlament 1850 einem Meilenstein der deutschen Demokratiegeschichte.'''  




Das Stadtmuseum „Haus zum Stockfisch“ zeigt vom 25. Oktober bis 26. Januar 2024 eine Tafelausstellung zum Erfurter Unionsparlament 1850. Die Ausstellung der Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte (GEDG) möchte im Vorfeld des 175. Jubiläums 2025 auf jenen bedeutenden Meilenstein in der deutschen Demokratiegeschichte aufmerksam machen. Gestaltet wurde sie von Historiker Dr. Steffen Raßloff und finanziert von der Sparkassenstiftung Erfurt. Auf acht Tafeln werden die Bedeutung des Ereignisses, wichtige Schauplätze und Persönlichkeiten vorgestellt (siehe Abb.).  
[[Datei:Eroeffnung25-10-23(2).jpg|450px|right]]Die Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte (GEDG) und ihre Kooperationspartner haben 2023/24 mit einem breiten Spektrum an Aktivitäten das Erfurter Unionsparlament 1850 weiter in den Fokus der historischen Erinnerungskultur gerückt. Gleich zu Jahresbeginn 2023 erschien bei der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen die reich illustrierte Broschüre „Das Erfurter Unionsparlament 1850“, verfasst von Historiker Dr. Steffen Raßloff, Assoziierter Wissenschaftler der GEDG. Sie gibt einen populärwissenschaftlichen Überblick zu jenem wichtigen Ereignis der deutschen Demokratie-Geschichte und ordnet es ein in den historischen Kontext des übergreifenden Revolutionsgeschehens von 1848 bis 1850. Dank des großen Verteilers von LZT und GEDG konnte damit ein breiter Interessentenkreis erreicht werden.  


Das Erfurter Unionsparlament 1850 beschloss die Verfassung für einen „kleindeutschen“ Nationalstaat unter Führung Preußens. Auf diesen Kompromiss hatten sich nach der gescheiterten Revolution 1848/49 König Friedrich Wilhelm IV. und die Liberalen um Heinrich von Gagern und Eduard Simson geeinigt. Das Unions-Projekt scheiterte jedoch rasch am Widerstand Österreichs und weiterer deutscher Länder in der „Olmützer Punktation“ 1850. Erst 1871 sollte es zur Gründung des Deutschen Reiches unter Kanzler Otto von Bismarck kommen, der bereits in Erfurt als Abgeordneter beteiligt war. Lange fristete das Unionsparlament in der bedeutenden Lutherstätte Augustinerkloster ein erinnerungskulturelles Schattendasein. Heute gilt es trotz seines Scheiterns, das es mit der Frankfurter Nationalversammlung teilt, als wichtiger Meilenstein der deutschen Demokratie-Geschichte und des nationalen Einigungsprozesses.
Am 28. Februar 2023 fand im gut gefüllten Luthersaal des Erfurter Augustinerklosters eine Diskussionsveranstaltung der GEDG mit Wissenschaftlern und Kommunalpolitkern zum Thema „Wie erinnern wir an das Erfurter Unionsparlament 1850?“ statt. Zwei Wochen zuvor hatte die GEDG bereits eine spezifische Antwort auf diese Frage am authentischen Ort gegeben: die Plakette der AG „Orte der Demokratie-Geschichte“ wurde am Eingangsbereich in der Augustinerstraße an die Klostermauer angebracht. Am 4. Dezember 2023 fand wiederum im Augustinerkloster ein Workshop „Demokratiegeschichte/Ost – Die Revolutions- und Umbruchszeit 1848-1850“ statt.  


Mit der Roll-Up-Ausstellung „Meilenstein der Demokratie-Geschichte. Das Erfurter Unionsparlament 1850“ hat die GEDG einen weiteren nachhaltigen Beitrag zur Popularisierung des bedeutenden Ereignisses geleistet. Sie soll – bis zur kulturhistorischen Sonderausstellung im Jubiläumsjahr 2025 im Stadtmuseum „Haus zum Stockfisch“ in Erfurt – als Wanderausstellung viele Menschen im Freistaat und darüber hinaus erreichen. Hinzu kommt im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten eine gemeinsame Tagung der Historischen Kommission für Thüringen und der GEDG im Augustinerkloster im März 2025.


Siehe auch: '''[[Erfurter Unionsparlament 1850]]''', '''[[Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt]]''', '''[[Steffen Rassloff|Dr. Steffen Raßloff]]''', '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]'''
Der Start der Tafelausstellung fand am 25. Oktober 2023 im Stadtmuseum Erfurt statt. Nach Begrüßung der zahlreichen Gäste durch den Direktor der Erfurter Geschichtsmuseen Dr. Martin Sladeczek machte Gesellschafts-Vorstand Stephan Zänker auf die vielfältigen Bemühungen der GEDG um die Herausarbeitung weit zurückreichender demokratischer Traditionslinien gerade in politisch schwierigen Zeiten aufmerksam. Das Erfurter Unionsparlament gehört mit zu diesen Ereignissen, die es dem Vergessen zu entreißen lohnt. Zänker dankte der Sparkassenstiftung Erfurt, vertreten durch Vorstand Hartmut Kruse, für die finanzielle Unterstützung bei der Erstellung der Tafeln sowie für die Förderung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie die Staatskanzlei des Freistaates Thüringen. Anschließend führte Dr. Steffen Raßloff, Kurator der Ausstellung, in die historische Thematik ein und stellte sich den interessierten Nachfragen der Besucher.
 
In der Ausstellung werden auf acht großformatigen Tafeln die Bedeutung des historischen Ereignisses, Vorgeschichte, Verlauf, wichtige Schauplätze und Persönlichkeiten vorgestellt: Aufbruch und Scheitern – Die Revolution 1848/49; Parlamentarismus in der Krise – Das Gothaer Nachparlament 1849; Verfassungskompromiss – Das Erfurter Unionsparlament 1850; Vom Bahnhof zu Luthers Kloster – Erinnerungsorte an das Unionsparlament 1850; Der Konservative – Otto von Bismarck; Der Liberale – Eduard Simson; Was bleibt vom Unionsparlament 1850? – Zur historischen Erinnerung. Hiermit soll der Ambivalenz des Geschehens im gesamteuropäischen Revolutionskontext ebenso begegnet werden, wie den neuen Perspektiven der historischen Erinnerungskultur. Insbesondere die letzte Tafel greift den Wahrnehmungswandel seit 1850 auf, als die preußische Monarchie unter König Friedrich Wilhelm IV. im Kompromiss mit den Liberalen einen „kleindeutschen“ Bundesstaat begründen wollte. Die Demokraten hatten das Unionsparlament, das die Verfassung für diesen Bundesstaat beschloss, unter Kritik an dem Kompromisscharakter und angesichts des undemokratischen Dreiklassenwahlrechts boykottiert, die Konservativen lehnten es als zu revolutionär ab, und den Liberalen brachte das rasche Scheitern der Unionspläne eine erneute Niederlage.
 
Der Geschichtsschreibung nach der bismarckschen Reichsgründung „mit Eisen und Blut“ 1871 bot das Parlament ebenfalls kein Identifikationspotenzial. Auch in Erfurt rückte es erst in der Weimarer Republik positiver in den Fokus, um im Dritten Reich und in der DDR-Zeit wieder weitgehend ins Vergessen zurückzufallen. Erst die Historiografie nach 1990 hat die Sicht auf das Erfurter Unionsparlament, besonders im 150. Jubiläumsjahr 2000, mit ersten wissenschaftlichen Standardwerken deutlich verändert. Die Debatten standen denen in Frankfurt 1848/49 nicht nach, zugleich arbeitete man zielstrebiger. Die Liberalen versuchten ihre letzte Chance auf einen nationalen Verfassungs- und Rechtsstaat zu nutzen; die Unionsverfassung stellte dabei eine der modernsten Verfassungen ihrer Zeit dar. Zudem konstituierten sich in Erfurt Demokraten, Liberale und Konservative endgültig als die politischen Hauptströmungen, die im Kern bis heute das deutsche Parteiensystem prägen. (Foto: Stadtmuseum Erfurt, Dirk Urban)
 
 
'''[[Steffen Rassloff|Steffen Raßloff]]: Meilenstein der Demokratie-Geschichte. Eine Ausstellung auf dem Weg zum 175. Jubiläum des Erfurter Unionsparlaments 1850.''' In: Prospect 24. Bulletin der Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte (2024). S. 128 f.
 
 
Siehe auch: '''[[Erfurter Unionsparlament 1850]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt]]''', '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]'''

Aktuelle Version vom 22. November 2024, 12:55 Uhr

Ausstellung Erfurter Unionsparlament 1850

Eine Tafelausstellung der Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte (GEDG) widmete sich 2023/24 im Stadtmuseum mit dem Erfurter Unionsparlament 1850 einem Meilenstein der deutschen Demokratiegeschichte.


Eroeffnung25-10-23(2).jpg

Die Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte (GEDG) und ihre Kooperationspartner haben 2023/24 mit einem breiten Spektrum an Aktivitäten das Erfurter Unionsparlament 1850 weiter in den Fokus der historischen Erinnerungskultur gerückt. Gleich zu Jahresbeginn 2023 erschien bei der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen die reich illustrierte Broschüre „Das Erfurter Unionsparlament 1850“, verfasst von Historiker Dr. Steffen Raßloff, Assoziierter Wissenschaftler der GEDG. Sie gibt einen populärwissenschaftlichen Überblick zu jenem wichtigen Ereignis der deutschen Demokratie-Geschichte und ordnet es ein in den historischen Kontext des übergreifenden Revolutionsgeschehens von 1848 bis 1850. Dank des großen Verteilers von LZT und GEDG konnte damit ein breiter Interessentenkreis erreicht werden.

Am 28. Februar 2023 fand im gut gefüllten Luthersaal des Erfurter Augustinerklosters eine Diskussionsveranstaltung der GEDG mit Wissenschaftlern und Kommunalpolitkern zum Thema „Wie erinnern wir an das Erfurter Unionsparlament 1850?“ statt. Zwei Wochen zuvor hatte die GEDG bereits eine spezifische Antwort auf diese Frage am authentischen Ort gegeben: die Plakette der AG „Orte der Demokratie-Geschichte“ wurde am Eingangsbereich in der Augustinerstraße an die Klostermauer angebracht. Am 4. Dezember 2023 fand wiederum im Augustinerkloster ein Workshop „Demokratiegeschichte/Ost – Die Revolutions- und Umbruchszeit 1848-1850“ statt.

Mit der Roll-Up-Ausstellung „Meilenstein der Demokratie-Geschichte. Das Erfurter Unionsparlament 1850“ hat die GEDG einen weiteren nachhaltigen Beitrag zur Popularisierung des bedeutenden Ereignisses geleistet. Sie soll – bis zur kulturhistorischen Sonderausstellung im Jubiläumsjahr 2025 im Stadtmuseum „Haus zum Stockfisch“ in Erfurt – als Wanderausstellung viele Menschen im Freistaat und darüber hinaus erreichen. Hinzu kommt im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten eine gemeinsame Tagung der Historischen Kommission für Thüringen und der GEDG im Augustinerkloster im März 2025.

Der Start der Tafelausstellung fand am 25. Oktober 2023 im Stadtmuseum Erfurt statt. Nach Begrüßung der zahlreichen Gäste durch den Direktor der Erfurter Geschichtsmuseen Dr. Martin Sladeczek machte Gesellschafts-Vorstand Stephan Zänker auf die vielfältigen Bemühungen der GEDG um die Herausarbeitung weit zurückreichender demokratischer Traditionslinien gerade in politisch schwierigen Zeiten aufmerksam. Das Erfurter Unionsparlament gehört mit zu diesen Ereignissen, die es dem Vergessen zu entreißen lohnt. Zänker dankte der Sparkassenstiftung Erfurt, vertreten durch Vorstand Hartmut Kruse, für die finanzielle Unterstützung bei der Erstellung der Tafeln sowie für die Förderung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie die Staatskanzlei des Freistaates Thüringen. Anschließend führte Dr. Steffen Raßloff, Kurator der Ausstellung, in die historische Thematik ein und stellte sich den interessierten Nachfragen der Besucher.

In der Ausstellung werden auf acht großformatigen Tafeln die Bedeutung des historischen Ereignisses, Vorgeschichte, Verlauf, wichtige Schauplätze und Persönlichkeiten vorgestellt: Aufbruch und Scheitern – Die Revolution 1848/49; Parlamentarismus in der Krise – Das Gothaer Nachparlament 1849; Verfassungskompromiss – Das Erfurter Unionsparlament 1850; Vom Bahnhof zu Luthers Kloster – Erinnerungsorte an das Unionsparlament 1850; Der Konservative – Otto von Bismarck; Der Liberale – Eduard Simson; Was bleibt vom Unionsparlament 1850? – Zur historischen Erinnerung. Hiermit soll der Ambivalenz des Geschehens im gesamteuropäischen Revolutionskontext ebenso begegnet werden, wie den neuen Perspektiven der historischen Erinnerungskultur. Insbesondere die letzte Tafel greift den Wahrnehmungswandel seit 1850 auf, als die preußische Monarchie unter König Friedrich Wilhelm IV. im Kompromiss mit den Liberalen einen „kleindeutschen“ Bundesstaat begründen wollte. Die Demokraten hatten das Unionsparlament, das die Verfassung für diesen Bundesstaat beschloss, unter Kritik an dem Kompromisscharakter und angesichts des undemokratischen Dreiklassenwahlrechts boykottiert, die Konservativen lehnten es als zu revolutionär ab, und den Liberalen brachte das rasche Scheitern der Unionspläne eine erneute Niederlage.

Der Geschichtsschreibung nach der bismarckschen Reichsgründung „mit Eisen und Blut“ 1871 bot das Parlament ebenfalls kein Identifikationspotenzial. Auch in Erfurt rückte es erst in der Weimarer Republik positiver in den Fokus, um im Dritten Reich und in der DDR-Zeit wieder weitgehend ins Vergessen zurückzufallen. Erst die Historiografie nach 1990 hat die Sicht auf das Erfurter Unionsparlament, besonders im 150. Jubiläumsjahr 2000, mit ersten wissenschaftlichen Standardwerken deutlich verändert. Die Debatten standen denen in Frankfurt 1848/49 nicht nach, zugleich arbeitete man zielstrebiger. Die Liberalen versuchten ihre letzte Chance auf einen nationalen Verfassungs- und Rechtsstaat zu nutzen; die Unionsverfassung stellte dabei eine der modernsten Verfassungen ihrer Zeit dar. Zudem konstituierten sich in Erfurt Demokraten, Liberale und Konservative endgültig als die politischen Hauptströmungen, die im Kern bis heute das deutsche Parteiensystem prägen. (Foto: Stadtmuseum Erfurt, Dirk Urban)


Steffen Raßloff: Meilenstein der Demokratie-Geschichte. Eine Ausstellung auf dem Weg zum 175. Jubiläum des Erfurter Unionsparlaments 1850. In: Prospect 24. Bulletin der Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte (2024). S. 128 f.


Siehe auch: Erfurter Unionsparlament 1850, Stadtmuseum Erfurt, Geschichte der Stadt Erfurt