Thueringen Land der Residenzen: Unterschied zwischen den Versionen

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= Thüringen - "Land der Residenzen" =
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'''Das über Jahrunderte von Kleinstaaten geprägte Thüringen präsentiert sich als "Land der Residenzen" mit einer einmalig dichten Kulturlandschaft.'''  
'''Die Fürstenhäuser der Ernestiner, Schwarzburger und Reußen prägten mit ihren Kleinstaaten über Jahrhunderte Thüringen. Sie formten eine einmalig dichte Kulturlandschaft, aus der die zahlreichen Residenzstädte herausragen.'''  




[[Datei:GreizSchloesser.jpg|410px|right]]Die wettinischen Kurfürsten von Sachsen herrschten einst über einen mächtigen mitteldeutschen Länderkomplex. Auch in Thüringen hatten sie sich nach dem Beerben der Landgrafen 1247 als stärkste Kraft etablieren können. Die Leipziger Teilung 1485 führte allerdings zur Aufspaltung in eine ernestinisch-thüringische und albertinisch-sächsische Linie. Zunächst hatten die Ernestiner die Kurfürsten-Würde inne, nach dem Schmalkaldischen Krieg ging diese 1547 an die Albertiner über. Die nun allein auf Thüringen beschränkten ernestinischen „Herzöge von Sachsen“ splitterte ihren Besitz in bis zu zehn Herrschaften auf. Nach 1826 bestanden schließlich die Herzogtümer Sachsen-Weimar-Eisenach (1815 Großherzogtum), Sachsen-Coburg und Gotha, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Altenburg.
[[Datei:GreizSchloesser.jpg|410px|right]]Die wettinischen Kurfürsten von Sachsen herrschten einst über einen mächtigen mitteldeutschen Länderkomplex. Ausgehend von der Markgrafschaft Meißen, hatten sie sich auch in Thüringen nach dem Beerben der Landgrafen 1247 als stärkste Kraft etablieren können. Die Leipziger Teilung 1485 führte allerdings zur Aufspaltung in eine ernestinisch-thüringische und albertinisch-sächsische Linie. Die seit 1547 allein auf Thüringen beschränkten ernestinischen „Herzöge von Sachsen“ splitterte ihren Besitz fortan in bis zu zehn Herrschaften auf. Nach 1826 bestanden schließlich das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach sowie die Herzogtümer Sachsen-Coburg und Gotha, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Altenburg.


Neben den Ernestinern gelang es zwei weiteren alten Adelsgeschlechtern, sich als fürstliche Landesherren zu etablieren. Auch die Reußen in Ostthüringen hatten ihre Ländereien zeitweise in zahlreiche Kleinstgebilde aufgeteilt. Seit 1848 bestanden die Fürstentümer Reuß ältere Linie (Greiz) und Reuß jüngere Linie (Gera). Der Besitz der Schwarzburger, benannt nach ihrem Stammsitz im Thüringer Schiefergebirge, unterteilte sich seit 1599 in die Linien Schwarzburg-Sondershausen und Schwarzburg-Rudolstadt. Nur im 17. Jahrhundert kam es zur kurzzeitigen Bildung von Nebenlinien.  
Neben den Ernestinern gelang es zwei weiteren alten Adelsgeschlechtern, sich als reichsfürstliche Landesherren zu etablieren. Auch die Reußen in Ostthüringen hatten ihre Ländereien zeitweise in zahlreiche Kleinstgebilde aufgeteilt. Seit 1848 bestanden die Fürstentümer Reuß ältere Linie mit der Residenz Greiz und Reuß jüngere Linie mit Gera. Der Besitz der Schwarzburger, benannt nach ihrem imposanten Stammsitz im Thüringer Schiefergebirge, unterteilte sich seit 1599 in die Linien Schwarzburg-Sondershausen und Schwarzburg-Rudolstadt. Nur im 17. Jahrhundert kam es zur kurzzeitigen Bildung von Nebenlinien. Zu den fürstlichen Herrschaften kamen die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das hessische Schmalkalden, die Ländereien des Kurfürsten von Mainz mit Erfurt und dem Eichsfeld sowie albertinische Gebiete. Während sich die Kleinstaaten über alle Flurbereinigungen bis 1918/20 hinüberretten konnten, gingen die übrigen Gebiete 1815 im Königreich Preußen auf. Thüringen war nun zweigeteilt in einen kleinstaatlichen und einen preußischen Bereich mit dem Regierungsbezirk Erfurt. 1920 schlossen sich die sieben verbliebenen Kleinstaaten außer Coburg zum Freistaat Thüringen zusammen, 1945 erfolgte die Fusion mit dem preußischen Landesteil. 1952 in die DDR-Bezirke Erfurt, Gera und Suhl aufgeteilt, entstand mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 das Bundesland Thüringen. 


Zu den fürstlichen Herrschaften kamen die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das hessische Schmalkalden, die Ländereien des Kurfürsten von Mainz (Erfurt und Eichsfeld) und albertinische Gebiete. Während sich die Kleinstaaten über alle Flurbereinigungen bis zum Wiener Kongress 1815 hinüberretten konnten, gingen die übrigen Gebiete im Königreich Preußen auf. Thüringen war nun zweigeteilt in einen kleinstaatlichen und einen preußischen Bereich mit dem Regierungsbezirk Erfurt. 1920 schlossen sich sieben der Kleinstaaten (außer Coburg) zum Freistaat Thüringen zusammen, 1945 erfolgte die Fusion mit dem preußischen Landesteil. 1952 in der DDR-Zeit in die Bezirke Erfurt, Gera und Suhl aufgeteilt, entstand mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 das Bundesland Thüringen.
Die sprichwörtliche Kleinstaaterei veranlasste einst nicht nur den preußischen Historiker Heinrich von Treitschke, in seinem vielgelesenen Buch Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert (1882) zwar die kulturellen Verdienste Thüringens zu würdigen, zugleich aber dessen Zersplitterung zu geißeln: Unsere Cultur verdankt ihnen unsäglich viel, unser Staat gar nichts. Heute sieht man dies anders. Die Kleinstaaten haben dem deutschen Nationalstaat so manchen Impuls auch in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft verliehen. Insbesondere aber haben sie Thüringen ein einzigartiges Gepräge als Kulturland gegeben. Heraus ragen buchstäblich als historische Highlights die Schlösser der Residenzstädte, angefüllt mit Kunstschätzen und eingebettet in parkumsäumte Ensembles von Palais, Orangerien und Marställen, von Theatern, Museen, Bibliotheken und Archiven. Thüringen verfügt damit als „Land der Residenzen“ über die größte Dichte an fürstlichen Repräsentationsbauten in Deutschland. (Foto: Greiz mit Oberem und Unterem Schloss, Wolfgang Pehlemann)


Die bis ins 20. Jahrhundert bestehenden Kleinstaaten haben den Freistaat Thüringen, wie sich das Land in seiner Verfassung von 1993 in Anknüpfung an 1920 benannte, mit ihrem fürstlichen Repräsentationsbedürfnis deutlich sichtbar geprägt. Heraus ragen buchstäblich die Schlösser der Residenzstädte, angefüllt mit Kunstschätzen und eingebettet in parkumsäumte Ensembles von Palais, Orangerien und Marställen, von Theatern, Museen, Bibliotheken und Archiven. Thüringen verfügt damit als „Land der Residenzen“ über die größte Dichte an fürstlichen Repräsentationsbauten in Deutschland. (Foto: Greiz mit Oberem und Unterem Schloss, Wolfgang Pehlemann)
'''[[Steffen Rassloff|Steffen Raßloff]]: Land der Residenzen. Die Thüringer Kleinstaatenwelt. In: [[Thueringen 55 Highlights aus der Geschichte|Thüringen. 55 Highlights aus der Geschichte]].''' Erfurt 2018 (3. Auflage 2022). S. 42 f.


('''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''')


'''''>''' Nachdem die 2020 drohende Fusion mit der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt abgewendet werden konnte (siehe Presseartikel), erarbeitet die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten nunmehr einen '''[https://thueringen.de/staatskanzlei/kultur/thueringer-schloesser UNESCO-Weltkulturerbe-Antrag "Thüringer Residenzkultur"]'''''.


Lesetipps:


'''Steffen Raßloff: [[Geschichte Thüringens Beck Wissen|Geschichte Thüringens]]'''. München 2010.
Siehe auch: '''[[Geschichte Thüringens]]''', '''[[Stiftung Thueringer Schloesser und Gaerten|Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten]]'''


'''Steffen Raßloff: [[Kleine Geschichte Thueringens|Kleine Geschichte Thüringens]]'''. Ilmenau 2017.


'''Steffen Raßloff: [[Geschichte Mitteldeutschlands|Mitteldeutsche Geschichte. Sachsen - Sachsen-Anhalt - Thüringen.]]''' Leipzig 2016.
'''''Thüringer Allgemeine vom 03.06.2020''' (zum Lesen anklicken)''


 
[[Datei:TA.Schlösserstiftung-3-6-20.jpg|380px|left]]
Siehe auch: '''[[Geschichte Thüringens]]''', '''[[Landesmuseum_Thueringen_Erfurt_Petersberg|Pläne für ein Landesmuseum in Erfurt]]'''

Aktuelle Version vom 11. März 2024, 12:15 Uhr

Thüringen - Land der Residenzen

Die Fürstenhäuser der Ernestiner, Schwarzburger und Reußen prägten mit ihren Kleinstaaten über Jahrhunderte Thüringen. Sie formten eine einmalig dichte Kulturlandschaft, aus der die zahlreichen Residenzstädte herausragen.


GreizSchloesser.jpg

Die wettinischen Kurfürsten von Sachsen herrschten einst über einen mächtigen mitteldeutschen Länderkomplex. Ausgehend von der Markgrafschaft Meißen, hatten sie sich auch in Thüringen nach dem Beerben der Landgrafen 1247 als stärkste Kraft etablieren können. Die Leipziger Teilung 1485 führte allerdings zur Aufspaltung in eine ernestinisch-thüringische und albertinisch-sächsische Linie. Die seit 1547 allein auf Thüringen beschränkten ernestinischen „Herzöge von Sachsen“ splitterte ihren Besitz fortan in bis zu zehn Herrschaften auf. Nach 1826 bestanden schließlich das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach sowie die Herzogtümer Sachsen-Coburg und Gotha, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Altenburg.

Neben den Ernestinern gelang es zwei weiteren alten Adelsgeschlechtern, sich als reichsfürstliche Landesherren zu etablieren. Auch die Reußen in Ostthüringen hatten ihre Ländereien zeitweise in zahlreiche Kleinstgebilde aufgeteilt. Seit 1848 bestanden die Fürstentümer Reuß ältere Linie mit der Residenz Greiz und Reuß jüngere Linie mit Gera. Der Besitz der Schwarzburger, benannt nach ihrem imposanten Stammsitz im Thüringer Schiefergebirge, unterteilte sich seit 1599 in die Linien Schwarzburg-Sondershausen und Schwarzburg-Rudolstadt. Nur im 17. Jahrhundert kam es zur kurzzeitigen Bildung von Nebenlinien. Zu den fürstlichen Herrschaften kamen die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das hessische Schmalkalden, die Ländereien des Kurfürsten von Mainz mit Erfurt und dem Eichsfeld sowie albertinische Gebiete. Während sich die Kleinstaaten über alle Flurbereinigungen bis 1918/20 hinüberretten konnten, gingen die übrigen Gebiete 1815 im Königreich Preußen auf. Thüringen war nun zweigeteilt in einen kleinstaatlichen und einen preußischen Bereich mit dem Regierungsbezirk Erfurt. 1920 schlossen sich die sieben verbliebenen Kleinstaaten außer Coburg zum Freistaat Thüringen zusammen, 1945 erfolgte die Fusion mit dem preußischen Landesteil. 1952 in die DDR-Bezirke Erfurt, Gera und Suhl aufgeteilt, entstand mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 das Bundesland Thüringen.

Die sprichwörtliche Kleinstaaterei veranlasste einst nicht nur den preußischen Historiker Heinrich von Treitschke, in seinem vielgelesenen Buch Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert (1882) zwar die kulturellen Verdienste Thüringens zu würdigen, zugleich aber dessen Zersplitterung zu geißeln: Unsere Cultur verdankt ihnen unsäglich viel, unser Staat gar nichts. Heute sieht man dies anders. Die Kleinstaaten haben dem deutschen Nationalstaat so manchen Impuls auch in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft verliehen. Insbesondere aber haben sie Thüringen ein einzigartiges Gepräge als Kulturland gegeben. Heraus ragen buchstäblich als historische Highlights die Schlösser der Residenzstädte, angefüllt mit Kunstschätzen und eingebettet in parkumsäumte Ensembles von Palais, Orangerien und Marställen, von Theatern, Museen, Bibliotheken und Archiven. Thüringen verfügt damit als „Land der Residenzen“ über die größte Dichte an fürstlichen Repräsentationsbauten in Deutschland. (Foto: Greiz mit Oberem und Unterem Schloss, Wolfgang Pehlemann)

Steffen Raßloff: Land der Residenzen. Die Thüringer Kleinstaatenwelt. In: Thüringen. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2018 (3. Auflage 2022). S. 42 f.


> Nachdem die 2020 drohende Fusion mit der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt abgewendet werden konnte (siehe Presseartikel), erarbeitet die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten nunmehr einen UNESCO-Weltkulturerbe-Antrag "Thüringer Residenzkultur".


Siehe auch: Geschichte Thüringens, Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten


Thüringer Allgemeine vom 03.06.2020 (zum Lesen anklicken)

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