Theater Kaisersaal Erfurter Fuerstenkongress 1808: Unterschied zwischen den Versionen

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Fürstenkongress 1808 (4): Im heutigen Kaisersaal spielte die Comédie-Française
Napoleons Versuche, mit “Pracht und Glanz” den Zaren und die deutschen Monarchen zu beeindrucken, fanden in den Theateraufführungen im Kaisersaal einen ihrer Höhepunkte. Die berühmte Comédie-Française spielte allabendlich klassische französische Tragödien.


Napoleons Versuche, mit “Pracht und Glanz” den Zaren und die deutschen Monarchen zu beeindrucken, fanden in den Theateraufführungen im Kaisersaal einen ihrer Höhepunkte. Die berühmte Comédie-Française spielte allabendlich klassische französische Tragödien.


[[Datei:Napoleonalexander.jpg|300px|right]]Bei “Pracht und Glanz” des Erfurter Fürstenkongresses ist besonders an die allabendlichen Theateraufführungen der berühmten Comédie-Française zu denken, die Napoleon eigens aus Paris nach Erfurt beordert hatte. Sie fanden in jenem Gebäude statt, das noch heute als Kultur- und Kongresszentrum Kaisersaal zu den renommiertesten Adressen Thüringens gehört. Auf jene legendären Veranstaltungen vor Kaiser Napoleon und Zar Alexander nebst einem “Parkett von Königen” kann sich der Kaisersaal berufen, wenngleich der Name des Hauses auf die deutsche Reichsgründung von 1871 zurück geht.
[[Datei:KaisersaalAlRa.jpg|310px|right]]Bei “Pracht und Glanz” des Erfurter Fürstenkongresses ist besonders an die allabendlichen Theateraufführungen der berühmten Comédie-Française zu denken, die Napoleon eigens aus Paris nach Erfurt beordert hatte. Sie fanden in jenem Gebäude statt, das noch heute als Kultur- und Kongresszentrum Kaisersaal zu den renommiertesten Adressen Thüringens gehört. Auf jene legendären Veranstaltungen vor Kaiser Napoleon und Zar Alexander nebst einem “Parkett von Königen” kann sich der Kaisersaal berufen, wenngleich der Name des Hauses auf die deutsche Reichsgründung von 1871 zurück geht.


Die Mimen um den berühmten Schauspieler François-Joseph Talma sollten mit der Aufführung klassischer französischer Tragödien beeindrucken. Freilich bedurfte es hierzu zunächst angestrengter Restaurierungsarbeiten, damit, so Chronist Constantin Beyer, der Kontrast zum “Genius eines Voltaire, Racine und Corneille” nicht allzu groß sei. Die Auswahl der Stücke traf der große Theaterliebhaber Napoleon höchst persönlich. Den klassischen Themen sollten zudem politische Botschaften unterlegt werden, die die Größe des französischen Herrschers herauszustellen hatten. In diesem Sinne ist wohl auch das Angebot an Goethe zu verstehen, als Napoleons Gast in Paris ein Drama über Cäsar zu verfassen.
Die Mimen um den berühmten Schauspieler François-Joseph Talma sollten mit der Aufführung klassischer französischer Tragödien beeindrucken. Freilich bedurfte es hierzu zunächst angestrengter Restaurierungsarbeiten, damit, so Chronist Constantin Beyer, der Kontrast zum “Genius eines Voltaire, Racine und Corneille” nicht allzu groß sei. Die Auswahl der Stücke traf der große Theaterliebhaber Napoleon höchst persönlich. Den klassischen Themen sollten zudem politische Botschaften unterlegt werden, die die Größe des französischen Herrschers herauszustellen hatten. In diesem Sinne ist wohl auch das Angebot an Goethe zu verstehen, als Napoleons Gast in Paris ein Drama über Cäsar zu verfassen.


Am 28. September begannen die Aufführungen mit dem Trauerspiel “Cinna” von Pierre Corneille. Beyers Schilderung lässt die Wirkung dieser Theaterabende erahnen: “Das festlich mit 5 Krystallkronen und einer Menge Doppel-Wandleuchter erhellte Haus war heute fast mit Zuschauern überfüllt, obgleich nur eine gewisse Anzahl Billets ausgegeben wurden. Die beiden Kaiser traten gegen halb 8 Uhr ins Theater. Ein glänzenderes Parterre dürfte man übrigens wohl selten finden. Die Versammlung bestand fast ganz aus regierenden Fürsten, Erbprinzen, Marschällen von Frankreich, Staatsministern und Generalen. Wo man nur hinsah, schimmerten blitzende Sterne, Ordensbänder und Schärpen dem Auge entgegen. Die Künstler spielten alle mit dem Feuer und Gefühl, wie sichs bei einer solchen Gelegenheit und vor einer solchen Versammlung erwarten ließ. Besonders ließ Talmas Spiel und Deklamation nichts zu wünschen übrig.” Freilich war es nur wenigen “Normalsterblichen” gelungen, an den Theaterabenden teilzunehmen. Für die meisten Bürger blieb nur der staunende Blick auf die prachtvollen Kutschen, die die Futterstraße, den Wenigemarkt und die Johannesstraße verstopften.
Am 28. September begannen die Aufführungen mit dem Trauerspiel “Cinna” von Pierre Corneille. Beyers Schilderung lässt die Wirkung dieser Theaterabende erahnen: “Das festlich mit 5 Krystallkronen und einer Menge Doppel-Wandleuchter erhellte Haus war heute fast mit Zuschauern überfüllt, obgleich nur eine gewisse Anzahl Billets ausgegeben wurden. Die beiden Kaiser traten gegen halb 8 Uhr ins Theater. Ein glänzenderes Parterre dürfte man übrigens wohl selten finden. Die Versammlung bestand fast ganz aus regierenden Fürsten, Erbprinzen, Marschällen von Frankreich, Staatsministern und Generalen. Wo man nur hinsah, schimmerten blitzende Sterne, Ordensbänder und Schärpen dem Auge entgegen. Die Künstler spielten alle mit dem Feuer und Gefühl, wie sichs bei einer solchen Gelegenheit und vor einer solchen Versammlung erwarten ließ. Besonders ließ Talmas Spiel und Deklamation nichts zu wünschen übrig.”  
 
Freilich war es nur wenigen “Normalsterblichen” gelungen, an den Theaterabenden teilzunehmen. Für die meisten Bürger blieb nur der staunende Blick auf die prachtvollen Kutschen, die die Futterstraße, den Wenigemarkt und die Johannesstraße verstopften. Auch von den eigentlichen Hauptdarstellern, Napoleon und Alexander, wurde effektvoll Theater gespielt. Die Aufführung des “Ödipus” von Voltaire am 3. Oktober ist ein Beispiel hierfür. Als der Darsteller des Philoktet ausrief: “Die Freundschaft eines großen Mannes ist eine Wohltat der Götter!”, erhob sich Alexander und umarmte Napoleon unter tosendem Beifall der Gäste. Mit diesen theatralischen Treuebekundungen der beiden Kaiser war es realpolitisch freilich nicht allzu weit her. Keine vier Jahre später sollte Napoleon 1812 mit seiner “Grande Armée” zum verhängnisvollen Feldzug Richtung Moskau aufbrechen. (Foto: Alexander Raßloff)
 
 
'''Lesetipp:'''
 
Steffen Raßloff: '''Pracht und Glanz. Der Erfurter Fürstenkongress 1808.''' In: '''[[Erfurt 55 Highlights aus der Geschichte|Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte]].''' Erfurt 2021. S. 66 f.
 


Auch von den eigentlichen Hauptdarstellern, Napoleon und Alexander, wurde effektvoll Theater gespielt. Die Aufführung des “Ödipus” von Voltaire am 3. Oktober ist ein Beispiel hierfür. Als der Darsteller des Philoktet ausrief: “Die Freundschaft eines großen Mannes ist eine Wohltat der Götter!”, erhob sich Alexander und umarmte Napoleon unter tosendem Beifall der Gäste. Mit diesen theatralischen Treuebekundungen der beiden Kaiser war es realpolitisch freilich nicht allzu weit her. Keine vier Jahre später sollte Napoleon 1812 mit seiner “Grande Armée” zum verhängnisvollen Feldzug Richtung Moskau aufbrechen.
Siehe auch: '''[[Kaisersaal Erfurt]]'''

Aktuelle Version vom 1. Oktober 2022, 11:39 Uhr

Ein Parkett von Königen

Beitrag der Serie Erfurter Fürstenkongress 1808 aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (2008)


Napoleons Versuche, mit “Pracht und Glanz” den Zaren und die deutschen Monarchen zu beeindrucken, fanden in den Theateraufführungen im Kaisersaal einen ihrer Höhepunkte. Die berühmte Comédie-Française spielte allabendlich klassische französische Tragödien.


KaisersaalAlRa.jpg

Bei “Pracht und Glanz” des Erfurter Fürstenkongresses ist besonders an die allabendlichen Theateraufführungen der berühmten Comédie-Française zu denken, die Napoleon eigens aus Paris nach Erfurt beordert hatte. Sie fanden in jenem Gebäude statt, das noch heute als Kultur- und Kongresszentrum Kaisersaal zu den renommiertesten Adressen Thüringens gehört. Auf jene legendären Veranstaltungen vor Kaiser Napoleon und Zar Alexander nebst einem “Parkett von Königen” kann sich der Kaisersaal berufen, wenngleich der Name des Hauses auf die deutsche Reichsgründung von 1871 zurück geht.

Die Mimen um den berühmten Schauspieler François-Joseph Talma sollten mit der Aufführung klassischer französischer Tragödien beeindrucken. Freilich bedurfte es hierzu zunächst angestrengter Restaurierungsarbeiten, damit, so Chronist Constantin Beyer, der Kontrast zum “Genius eines Voltaire, Racine und Corneille” nicht allzu groß sei. Die Auswahl der Stücke traf der große Theaterliebhaber Napoleon höchst persönlich. Den klassischen Themen sollten zudem politische Botschaften unterlegt werden, die die Größe des französischen Herrschers herauszustellen hatten. In diesem Sinne ist wohl auch das Angebot an Goethe zu verstehen, als Napoleons Gast in Paris ein Drama über Cäsar zu verfassen.

Am 28. September begannen die Aufführungen mit dem Trauerspiel “Cinna” von Pierre Corneille. Beyers Schilderung lässt die Wirkung dieser Theaterabende erahnen: “Das festlich mit 5 Krystallkronen und einer Menge Doppel-Wandleuchter erhellte Haus war heute fast mit Zuschauern überfüllt, obgleich nur eine gewisse Anzahl Billets ausgegeben wurden. Die beiden Kaiser traten gegen halb 8 Uhr ins Theater. Ein glänzenderes Parterre dürfte man übrigens wohl selten finden. Die Versammlung bestand fast ganz aus regierenden Fürsten, Erbprinzen, Marschällen von Frankreich, Staatsministern und Generalen. Wo man nur hinsah, schimmerten blitzende Sterne, Ordensbänder und Schärpen dem Auge entgegen. Die Künstler spielten alle mit dem Feuer und Gefühl, wie sichs bei einer solchen Gelegenheit und vor einer solchen Versammlung erwarten ließ. Besonders ließ Talmas Spiel und Deklamation nichts zu wünschen übrig.”

Freilich war es nur wenigen “Normalsterblichen” gelungen, an den Theaterabenden teilzunehmen. Für die meisten Bürger blieb nur der staunende Blick auf die prachtvollen Kutschen, die die Futterstraße, den Wenigemarkt und die Johannesstraße verstopften. Auch von den eigentlichen Hauptdarstellern, Napoleon und Alexander, wurde effektvoll Theater gespielt. Die Aufführung des “Ödipus” von Voltaire am 3. Oktober ist ein Beispiel hierfür. Als der Darsteller des Philoktet ausrief: “Die Freundschaft eines großen Mannes ist eine Wohltat der Götter!”, erhob sich Alexander und umarmte Napoleon unter tosendem Beifall der Gäste. Mit diesen theatralischen Treuebekundungen der beiden Kaiser war es realpolitisch freilich nicht allzu weit her. Keine vier Jahre später sollte Napoleon 1812 mit seiner “Grande Armée” zum verhängnisvollen Feldzug Richtung Moskau aufbrechen. (Foto: Alexander Raßloff)


Lesetipp:

Steffen Raßloff: Pracht und Glanz. Der Erfurter Fürstenkongress 1808. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 66 f.


Siehe auch: Kaisersaal Erfurt