Sprungschanze Rhoda: Unterschied zwischen den Versionen
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Allerdings war der Erfurter Sprungschanze kein langes Leben beschert. Ein Problem hatte sich bereits im Vorfeld gezeigt, nämlich die geringe Schneesicherheit. So hatte die von Ingenieur Körner 1938 errichtete Schanze eigentlich schon im Januar 1939 eingeweiht werden sollen, was mangels weißer Pracht ausfallen musste. Entscheidend sollte sich aber die Entwicklung nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 auswirken. 1942 wurden in Deutschland kriegsbedingt alle Wettkämpfe eingestellt und die Anlage verwaiste. Hans Marr musste wie viele Sportler den Trainingsanzug mit der Uniform der Wehrmacht tauschen. Der Gebirgsjäger fiel im März 1942 an der Ostfront in Russland. | Allerdings war der Erfurter Sprungschanze kein langes Leben beschert. Ein Problem hatte sich bereits im Vorfeld gezeigt, nämlich die geringe Schneesicherheit. So hatte die von Ingenieur Körner 1938 errichtete Schanze eigentlich schon im Januar 1939 eingeweiht werden sollen, was mangels weißer Pracht ausfallen musste. Entscheidend sollte sich aber die Entwicklung nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 auswirken. 1942 wurden in Deutschland kriegsbedingt alle Wettkämpfe eingestellt und die Anlage verwaiste. Hans Marr musste wie viele Sportler den Trainingsanzug mit der Uniform der Wehrmacht tauschen. Der Gebirgsjäger fiel im März 1942 an der Ostfront in Russland. | ||
Anwohner erinnern sich, wie nach dem Krieg der Mangel an Baumaterial und Brennholz das Schicksal der ersten Erfurter Sprungchance endgültig besiegelte. Später knüpfte man im Sportland DDR nicht wieder an die Tradition an, zumal die großen Wintersportzentren wie Oberhof nun gezielt gefördert wurden. Die Rhodaer Schanze geriet so in Vergessenheit. Heute braucht der Wanderer schon einige Phantasie, um sich die einstige Anlage vorstellen zu können. Vor einigen Jahren hat deshalb die Bürgerinitiative Neues Erfurt-Möbisburg/Rhoda e.V. hier einen Rastplatz errichtet. Eine Informationstafel beleuchtet die Geschichte dieses außergewöhnlichen Denkmals der Erfurter Sportgeschichte. Allerdings hat es Erfurt doch noch geschafft, zum internationalen Wintersportzentrum aufzusteigen. Nur sollten hierfür nicht die mutigen Männer der Lüfte sorgen, sondern die Damen vom Eisschnelllaufoval um Ausnahmeathletin Gunda Niemann-Stirnemann. | Anwohner erinnern sich, wie nach dem Krieg der Mangel an Baumaterial und Brennholz das Schicksal der ersten Erfurter Sprungchance endgültig besiegelte. Später knüpfte man im Sportland DDR nicht wieder an die Tradition an, zumal die großen Wintersportzentren wie Oberhof nun gezielt gefördert wurden. Die Rhodaer Schanze geriet so in Vergessenheit. Heute braucht der Wanderer schon einige Phantasie, um sich die einstige Anlage vorstellen zu können. Vor einigen Jahren hat deshalb die Bürgerinitiative Neues Erfurt-Möbisburg/Rhoda e.V. hier einen Rastplatz errichtet. Eine Informationstafel beleuchtet die Geschichte dieses außergewöhnlichen Denkmals der Erfurter Sportgeschichte. Allerdings hat es Erfurt doch noch geschafft, zum internationalen Wintersportzentrum aufzusteigen. Nur sollten hierfür nicht die mutigen Männer der Lüfte sorgen, sondern die Damen vom Eisschnelllaufoval um Ausnahmeathletin Gunda Niemann-Stirnemann. (Foto: Alexander Raßloff) | ||
Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Oberbürgermeister Walter Kießling]]''', '''[[Sportstadt Erfurt]]''' | |||
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Aktuelle Version vom 1. Oktober 2022, 09:33 Uhr
Sprungschanze Rhodaer Grund
Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (04.01.2014)
Erfurt als Wintersportzentrum
DENKMALE IN ERFURT (131): Die einstige Sprungschanze im Rhodaer Grund erlebte im Januar 1940 Wintersport der Spitzenklasse.
Es herrschte echte Vierschanzentournee-Stimmung am 6. Januar 1940. Erwartungsfroh standen die Zuschauer am Absprung und Auslaufhang der Skisprungschanze im Rhodaer Grund südwestlich von Erfurt. Prominente wie Oberbürgermeister Walter Kießling (NSDAP) gaben der Veranstaltung einen offiziellen Anstrich. Als dann noch der amtierende Deutsche Meister Hans Marr aus Oberhof beim Eröffnungssprung mit 29 Metern fast das Limit der 30-Meter-Schanze ausreizte war die Begeisterung groß. Weitere Spitzenspringer aus Thüringen wie Horst Krause, Erich Keller und August Bauroth erhielten verdienten Applaus. Für die nötige Stimmung sorgte zudem Stadionsprecher Hans Carl, später Trainer der legendären Turbine-Meistermannschaft im Fußball von 1954 und 1955. Jener Wettkampf sollte nach dem Willen des verantwortlichen Stadtamtes für Volks- und Jugendertüchtigung den Auftakt der Etablierung Erfurts als Wintersportzentrum darstellen.
Allerdings war der Erfurter Sprungschanze kein langes Leben beschert. Ein Problem hatte sich bereits im Vorfeld gezeigt, nämlich die geringe Schneesicherheit. So hatte die von Ingenieur Körner 1938 errichtete Schanze eigentlich schon im Januar 1939 eingeweiht werden sollen, was mangels weißer Pracht ausfallen musste. Entscheidend sollte sich aber die Entwicklung nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 auswirken. 1942 wurden in Deutschland kriegsbedingt alle Wettkämpfe eingestellt und die Anlage verwaiste. Hans Marr musste wie viele Sportler den Trainingsanzug mit der Uniform der Wehrmacht tauschen. Der Gebirgsjäger fiel im März 1942 an der Ostfront in Russland.
Anwohner erinnern sich, wie nach dem Krieg der Mangel an Baumaterial und Brennholz das Schicksal der ersten Erfurter Sprungchance endgültig besiegelte. Später knüpfte man im Sportland DDR nicht wieder an die Tradition an, zumal die großen Wintersportzentren wie Oberhof nun gezielt gefördert wurden. Die Rhodaer Schanze geriet so in Vergessenheit. Heute braucht der Wanderer schon einige Phantasie, um sich die einstige Anlage vorstellen zu können. Vor einigen Jahren hat deshalb die Bürgerinitiative Neues Erfurt-Möbisburg/Rhoda e.V. hier einen Rastplatz errichtet. Eine Informationstafel beleuchtet die Geschichte dieses außergewöhnlichen Denkmals der Erfurter Sportgeschichte. Allerdings hat es Erfurt doch noch geschafft, zum internationalen Wintersportzentrum aufzusteigen. Nur sollten hierfür nicht die mutigen Männer der Lüfte sorgen, sondern die Damen vom Eisschnelllaufoval um Ausnahmeathletin Gunda Niemann-Stirnemann. (Foto: Alexander Raßloff)
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Oberbürgermeister Walter Kießling, Sportstadt Erfurt