North Erfurter Nudeln: Unterschied zwischen den Versionen
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[[Datei:North2.jpg| | [[Datei:North2.jpg|310px|right]]Erfurt kann auf die längste Tradition der Nudelherstellung in Deutschland verweisen. Seit 1793 wird an der Gera das bei Jung und Alt sehr beliebte Nahrungsmittel hergestellt. Einst begründet von Johann Peter Belling, führt heute die Erfurter Teigwaren GmbH mit Erfolg diese Firmengeschichte fort. Unter dem Slogan „Erfurter – clevere Nudeln!“ produziert der größte deutsche Nudelhersteller rund 50.000 Tonnen Nudeln in 100 verschiedenen Formen. Wesentlich zum Ruhm der Erfurter Nudel beigetragen hat über fast neun Jahrzehnte die Unternehmerfamilie North. Von der Übernahme des Bellingschen Betriebes 1860 bis zur Enteignung durch die Sowjets 1948 hatten die Norths über drei Generationen ihr Unternehmen zu Weltrang geführt. | ||
Begründer des Familienunternehmens, dessen Logo ein Huhn mit Weizenähre im Schnabel zierte, war Ferdinand North. Unter ihm wurde auch Anfang der 1880er Jahre das Firmengelände zwischen der heutigen Liebknechtstraße und Stauffenbergallee errichtet. Dort produzierte man nach modernsten Methoden für internationale Kundschaft. Anders als die meisten wohlhabenden Unternehmer zog die Familie North nicht in den herrschaftlichen Südwesten der Stadt, sondern errichtete ihre Villa unmittelbar neben der Fabrik. Hierin deutet sich auch ein patriarchalisches Betriebsklima mit Prämien für langjährige Mitarbeiter und großzügigen Urlaubsregelungen an. Unter Sohn Georg North, seit 1900 alleiniger Firmeninhaber, ging es weiter voran. Auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 erntete North neben vielen anderen Auszeichnungen die einzige Goldmedaille. | Begründer des Familienunternehmens, dessen Logo ein Huhn mit Weizenähre im Schnabel zierte, war Ferdinand North. Unter ihm wurde auch Anfang der 1880er Jahre das Firmengelände zwischen der heutigen Liebknechtstraße und Stauffenbergallee errichtet. Dort produzierte man nach modernsten Methoden für internationale Kundschaft. Anders als die meisten wohlhabenden Unternehmer zog die Familie North nicht in den herrschaftlichen Südwesten der Stadt, sondern errichtete ihre Villa unmittelbar neben der Fabrik. Hierin deutet sich auch ein patriarchalisches Betriebsklima mit Prämien für langjährige Mitarbeiter und großzügigen Urlaubsregelungen an. Unter Sohn Georg North, seit 1900 alleiniger Firmeninhaber, ging es weiter voran. Auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 erntete North neben vielen anderen Auszeichnungen die einzige Goldmedaille. |
Version vom 31. Mai 2021, 08:20 Uhr
North Erfurter Nudeln
Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (19.10.2013)
Älteste Nudelmacher Deutschlands
DENKMALE IN ERFURT (120): Die Villa in der Stauffenbergallee 5 erinnert an die Nudel-Dynastie North.
Erfurt kann auf die längste Tradition der Nudelherstellung in Deutschland verweisen. Seit 1793 wird an der Gera das bei Jung und Alt sehr beliebte Nahrungsmittel hergestellt. Einst begründet von Johann Peter Belling, führt heute die Erfurter Teigwaren GmbH mit Erfolg diese Firmengeschichte fort. Unter dem Slogan „Erfurter – clevere Nudeln!“ produziert der größte deutsche Nudelhersteller rund 50.000 Tonnen Nudeln in 100 verschiedenen Formen. Wesentlich zum Ruhm der Erfurter Nudel beigetragen hat über fast neun Jahrzehnte die Unternehmerfamilie North. Von der Übernahme des Bellingschen Betriebes 1860 bis zur Enteignung durch die Sowjets 1948 hatten die Norths über drei Generationen ihr Unternehmen zu Weltrang geführt.
Begründer des Familienunternehmens, dessen Logo ein Huhn mit Weizenähre im Schnabel zierte, war Ferdinand North. Unter ihm wurde auch Anfang der 1880er Jahre das Firmengelände zwischen der heutigen Liebknechtstraße und Stauffenbergallee errichtet. Dort produzierte man nach modernsten Methoden für internationale Kundschaft. Anders als die meisten wohlhabenden Unternehmer zog die Familie North nicht in den herrschaftlichen Südwesten der Stadt, sondern errichtete ihre Villa unmittelbar neben der Fabrik. Hierin deutet sich auch ein patriarchalisches Betriebsklima mit Prämien für langjährige Mitarbeiter und großzügigen Urlaubsregelungen an. Unter Sohn Georg North, seit 1900 alleiniger Firmeninhaber, ging es weiter voran. Auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 erntete North neben vielen anderen Auszeichnungen die einzige Goldmedaille.
Nach dem Zweiten Weltkrieg fand das von den Enkeln Hans und Gerhard North geführte Familienunternehmen jedoch sein Ende. Seit 1945 unter staatlicher Kontrolle, erfolgte 1948 die Enteignung durch die Sowjetische Militäradministration. Hans North wurde wegen angeblicher Spionage verhaftet und saß bis 1954 im Gefängnis. Seine Nudelfabrik fiel an die Konsumgenossenschaft. Nach der Wende trat schließlich 1990 die Erfurter Teigwaren GmbH ins Leben, deren Produktion 1996 in die Eugen-Richter-Straße verlagert wurde. Die alte Fabrik beherbergt heute einen Lebensmittelmarkt. Die Villa ist wieder bewohnt, wobei die helle klassizistische Fassade noch einer Sanierung harrt. Dann könnte auch hier eine Gedenktafel an die Familie North und die große Erfurter Nudeltradition erinnern. Vorerst verweist ein Denkmalsockel mit Schmuckgefäß und der Aufschrift „Villa North 1885“ im Vorgarten zur Liebknechtstraße auf die Geschichte des Ortes. (Foto: Alexander Raßloff)
Lesetipps:
Steffen Raßloff: Moderne Zeiten. Die Industriegroßstadt Erfurt. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 78 f.
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Industriegroßstadt, Adelheid Daniel, geb. North, Erfurter Teigwaren GmbH