Neidhardt von Gneisenau: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 12. April 2021, 10:02 Uhr
Neidhardt von Gneisenau
Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (31.08.2013)
Preußischer Militärreformer
DENKMALE IN ERFURT (113): Neidhardt von Gneisenau weist viele biografische Bezüge zu Erfurt auf.
Der Name Gneisenau fällt oft im Zusammenhang mit den Befreiungskriegen gegen die napoleonische Fremdherrschaft. Militär- und Staatsreformer wie August Graf Neidhardt von Gneisenau (1760-1831) hatten das 1806 in der Schlacht bei Jena und Auerstedt gegen Napoleon unterlegene Königreich Preußen von innen heraus versucht zu erneuern. 1807 als Verteidiger der pommerschen Festung Kolberg zu Bekanntheit gelangt, gehörte er fortan zu den wichtigsten Militärexperten Preußens. Während der Befreiungskriege 1813/14 erlangte er erneuten Ruhm und stieg schließlich 1825 zum Generalfeldmarschall auf. Weit weniger bekannt ist es, dass Gneisenau enge biografische Verbindungen zu Erfurt aufweist.
Seit 1772 wohnte er in der Marktstraße 7 im Haus „Zur schwarzen Krone“ (siehe Abb., gelbes Gebäude rechts) als Sohn eines kurmainzischen Bauinspektors und früheren Offiziers, woran heute eine Gedenktafel erinnert. Gneisenau besuchte die Kaufmännerschule und das katholische Gymnasium. In dieser Zeit entstand eine lebenslange Freundschaft mit dem späteren Erfurter Mathematik-Professor Johann Blasius Siegling. 1777 immatrikulierte sich Gneisenau an der Erfurter Universität, wo ihn Baukunst und Mathematik besonders beschäftigten.
Ein Jahr später begann dann, zunächst in wechselnden Diensten, seine bemerkenswerte militärische Laufbahn. Erfurt sollte Gneisenau dabei häufig wieder sehen, etwa als Angehöriger der preußischen Truppen, die die Stadt nach dem Herrschaftswechsel von Kurmainz am 21. August 1802 in Besitz nahmen. Später hat er sich mit der aus seiner Sicht unehrenhaften Übergabe der Festung Erfurt 1806 an Frankreich beschäftigt. Nach dem Ende der „Franzosenzeit“ und Rückkehr Erfurts zu Preußen 1814 besuchte Gneisenau die Stadt seiner Jugend noch mehrfach.
Neben der Gedenktafel in der Marktstraße hat man Gneisenau in Erfurt auch zweimal mit einem Straßennamen gewürdigt, was den wechselhaften Blick auf die preußische Militärtradition offen legt. 1887 tauchte im nordöstlichen Gründerzeitgürtel die erste Gneisenaustraße auf. Jener Stadtteil spiegelte als „Feldherrenviertel“ die Hochschätzung des preußischen Militärs nach den Reichseinigungskriegen von 1864 bis 1871. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte sich dies zunächst gründlich ändern. Aus der Gneisenaustraße wurde so 1945 die Lassallestraße. Als aber in der DDR der Traditionsbegriff erweitert wurde und eine eigene Armee entstand, rückten auch die Befreiungskriege wieder in den Fokus. So erhielt eine Straße im Südosten nahe dem großen NVA-Kasernenkomplex 1964 den Namen Gneisenaus. Seinem Mitstreiter bei der Verteidigung Kolbergs, dem mutigen Bürger Joachim Nettelbeck, hatte man 1905 eine lange Uferstraße im Norden gewidmet. (Fotos: Alexander Raßloff)
Lesetipps:
Steffen Raßloff: Unterm mächtigen Zollernhaus. Das preußische Erfurt. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 68 f.
Steffen Raßloff: Landesbewusstsein und Geschichtsbild im preußischen Thüringen. Das Erfurter Bürgertum 1871-1918. In: Mathias Werner (Hg.): Im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik. 150 Jahre Landesgeschichtsforschung in Thüringen. Köln/Weimar/Wien 2005. S. 45-64.
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Militär in Erfurt, Gneisenaustraße, Nettelbeckufer, Universität Erfurt