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[[Datei:HausDacheroeden.jpg| | [[Datei:HausDacheroeden.jpg|500px|right]]Das Haus Dacheröden am Anger gehört zu den prächtigsten Renaissancebauten der Stadt (Foto: Alexander Raßloff). Es sticht in der stark vom Historismus der Gründerzeit geprägten Flaniermeile deutlich heraus. Mit den ältesten Bauteilen von ca. 1300 kann es auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Dabei hat es viele Besitzer gesehen, diente als Heimstatt wohlhabender Waidhändler und Biereigen. Seit 1814 gehörte es der einflussreichen Textilunternehmer-Familie Lucius, nach der man vor 1945 meist vom „Lucius-Haus“ sprach. Noch zu DDR-Zeiten begann 1986 die Nutzung für kulturelle Zwecke. 2006 geriet das gerade sanierte Haus in die Schlagzeilen, als der Dachstuhl ausbrannte. Mittlerweile erstrahlt die Perle des westlichen Angers jedoch wieder in alter Pracht. Seit 2017 wird das „Kultur: Haus Dacheröden“ vom Verein „Erfurter Herbstlese“ betrieben, der für ein lebendiges Kulturleben sorgt. | ||
Seinen festen Platz in der deutschen Kulturgeschichte erhielt das Haus in der Dalbergzeit des späten 18. Jahrhunderts mit seinen intensiven Kontakten zum klassischen Weimar. Eine Gedenktafel verweist auf jene Blütezeit. Es fallen dort die Namen Goethe, Schiller und Wilhelm von Humboldt, der hier Caroline von Dacheröden geheiratet habe. Der Hausherr, Gastgeber der Geistesgrößen, Akademie-Präsident und Vater besagter Humboldt-Gattin wird allerdings nicht erwähnt: Karl Friedrich von Dacheröden. Er war von 1774 bis zu seinem Tode 1809 der Herr des stattlichen Hauses. | Seinen festen Platz in der deutschen Kulturgeschichte erhielt das Haus in der Dalbergzeit des späten 18. Jahrhunderts mit seinen intensiven Kontakten zum klassischen Weimar. Eine Gedenktafel verweist auf jene Blütezeit. Es fallen dort die Namen Goethe, Schiller und Wilhelm von Humboldt, der hier Caroline von Dacheröden geheiratet habe. Der Hausherr, Gastgeber der Geistesgrößen, Akademie-Präsident und Vater besagter Humboldt-Gattin wird allerdings nicht erwähnt: Karl Friedrich von Dacheröden. Er war von 1774 bis zu seinem Tode 1809 der Herr des stattlichen Hauses. |
Version vom 28. Januar 2021, 10:30 Uhr
Haus Dacheröden
Das „Haus Dacheröden“ erhielt in der Dalbergzeit einen festen Platz in der deutschen Kulturgeschichte. Neben Goethe und Schiller war auch Wilhelm von Humboldt zu Gast, der hier 1791 Caroline von Dacheröden heiratete.
Das Haus Dacheröden am Anger gehört zu den prächtigsten Renaissancebauten der Stadt (Foto: Alexander Raßloff). Es sticht in der stark vom Historismus der Gründerzeit geprägten Flaniermeile deutlich heraus. Mit den ältesten Bauteilen von ca. 1300 kann es auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Dabei hat es viele Besitzer gesehen, diente als Heimstatt wohlhabender Waidhändler und Biereigen. Seit 1814 gehörte es der einflussreichen Textilunternehmer-Familie Lucius, nach der man vor 1945 meist vom „Lucius-Haus“ sprach. Noch zu DDR-Zeiten begann 1986 die Nutzung für kulturelle Zwecke. 2006 geriet das gerade sanierte Haus in die Schlagzeilen, als der Dachstuhl ausbrannte. Mittlerweile erstrahlt die Perle des westlichen Angers jedoch wieder in alter Pracht. Seit 2017 wird das „Kultur: Haus Dacheröden“ vom Verein „Erfurter Herbstlese“ betrieben, der für ein lebendiges Kulturleben sorgt.
Seinen festen Platz in der deutschen Kulturgeschichte erhielt das Haus in der Dalbergzeit des späten 18. Jahrhunderts mit seinen intensiven Kontakten zum klassischen Weimar. Eine Gedenktafel verweist auf jene Blütezeit. Es fallen dort die Namen Goethe, Schiller und Wilhelm von Humboldt, der hier Caroline von Dacheröden geheiratet habe. Der Hausherr, Gastgeber der Geistesgrößen, Akademie-Präsident und Vater besagter Humboldt-Gattin wird allerdings nicht erwähnt: Karl Friedrich von Dacheröden. Er war von 1774 bis zu seinem Tode 1809 der Herr des stattlichen Hauses.
Dacheröden gehörte zum Kreis des kurmainzischen Statthalters Karl Theodor von Dalberg, mit dem er etwa die Wiederbelebung der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften betrieb. Der Freund Dalbergs rückte 1785 sogar zum Präsidenten der Akademie auf, die mit ihrer Gründung 1754 als drittälteste Gelehrtengesellschaft in Deutschland gilt. Aufgeschlossen für Wissenschaft und Kunst führte Dacheröden ein sehr gastfreundliches Haus. Hier trafen sich regelmäßig Johann Wolfgang Goethe, Alexander und Wilhelm von Humboldt, Friedrich Schiller, Christoph Martin Wieland, Johann Gottfried Herder u.v.a. zum Gedankenaustausch. Neben der nahen Statthalterei Dalbergs am Hirschgarten entwickelte sich so ein weiteres kulturelles Zentrum der Stadt. Der gute Ruf der „Dacherödischen Familie“ am Anger reichte übrigens bis ins ferne Sizilien, wie Goethe in seiner „Italienischen Reise“ unter dem 4. April 1787 in Palermo erstaunt notiert.
Für zwei der Dichter und Denker sollte das Haus Dacheröden ganz persönliche Bedeutung bekommen. Wilhelm von Humboldt, der ebenfalls zum Dalberg-Kreis zählte, verlobte sich 1789 bei einem Ball in Erfurt heimlich mit der Tochter Dacherödens. Nachdem auch die Eltern von der Verbindung hatten überzeugt werden können heirateten beide mit großer Gesellschaft am 29. Juni 1791 im Hause des Schwiegervaters. Anschließend lebte das Paar für zweieinhalb Jahre auf dessen Gütern Burgörner bei Hettstedt und Auleben bei Nordhausen. Im Winter zog man sich nach Erfurt zurück. Humboldts führten eine für damalige Verhältnisse unkonventionelle Ehe mit vielen Freiheiten. Caroline von Humboldt lebte trotz acht Kindern ihre kulturellen Interessen aus und war zeitlebens eine ebenbürtige Partnerin. Der große preußische Staatsmann, Gelehrte und Bildungsreformer hatte also Erfurt viel zu verdanken. Ähnlich verhält es sich mit Friedrich Schiller. Caroline hatte die Bekanntschaft des Dichters mit ihrer Freundin Charlotte von Lengefeld angebahnt, deren Verlobung 1789 im Haus Dacheröden stattfand.
Steffen Raßloff: Haus voller Kultur. Das Haus Dacheröden. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 62 f.
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Wilhelm von Humboldt, Haus Dacheröden Baustellenbilder