Stadtbefestigung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus erfurt-web.de
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 8: Zeile 8:
Da aber diese Befestigung mit der Industrialisierung zu einer Fessel geworden war, entledigte man sich ihrer, als dies möglich wurde, um so gründlicher. Heute findet man nur noch wenige originale Spuren, sieht man von der Zitadelle Petersberg einmal ab.  
Da aber diese Befestigung mit der Industrialisierung zu einer Fessel geworden war, entledigte man sich ihrer, als dies möglich wurde, um so gründlicher. Heute findet man nur noch wenige originale Spuren, sieht man von der Zitadelle Petersberg einmal ab.  


Ein Stück innerer '''[[Stadtmauern_Erfurt|Mauer]]''' (siehe Abb.) findet sich am Juri-Gagarin-Ring an der Einmündung in die Johannesstraße, ein weiteres Stück am Flutgraben in der Nähe der Franckestraße. Auch am Brühler Garten, hinter dem Katholischen Waisenhaus sind noch Reste erhalten, welche gerade restauriert wurden. Der einzige damals nicht abgerissene Wehrturm am Boyneburgufer erhielt 1944 einen Bombentreffer. Er sollte eigentlich wieder errichtet werden, aber inzwischen sind seine Steine nicht mehr auffindbar und seine Reste dienen heute der Regulierung des Wasserhaushalts der Gera.
Ein Stück innerer '''[[Stadtmauern_Erfurt|Mauer]]''' (Foto: Dr. Steffen Raßloff) findet sich am Juri-Gagarin-Ring an der Einmündung in die Johannesstraße, ein weiteres Stück am Flutgraben in der Nähe der Franckestraße. Auch am Brühler Garten, hinter dem Katholischen Waisenhaus sind noch Reste erhalten, welche gerade restauriert wurden. Der einzige damals nicht abgerissene Wehrturm am Boyneburgufer erhielt 1944 einen Bombentreffer. Er sollte eigentlich wieder errichtet werden, aber inzwischen sind seine Steine nicht mehr auffindbar und seine Reste dienen heute der Regulierung des Wasserhaushalts der Gera.


An der Brücke in der Schlüterstraße standen bis Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts Reste der Befestigung des äußeren Moritztores, auch Krätzturm genannt. Diese mussten dem Neubau der genannten Brücke weichen.  
An der Brücke in der Schlüterstraße standen bis Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts Reste der Befestigung des äußeren Moritztores, auch Krätzturm genannt. Diese mussten dem Neubau der genannten Brücke weichen.  

Version vom 16. Februar 2019, 16:48 Uhr

Die Stadtbefestigung einst und jetzt

JohannesMauer.JPG

Wären unsere Stadtväter im Jahre 1873 nicht so Fortschrittsglauben ihrer Zeit durchdrungen gewesen, könnte Erfurt heute ein anschauliches und touristenwirksames Beispiel dafür geben, wie sich eine einst reiche Stadt vom Mittelalter bis zur beginnenden Zeit der Industriealisierung mittels wehrhafter Befestigungen gegen Feinde zu schützen wusste.

Als im Jahr 1873 der Status einer Festung aufgehoben wurde, verfügte Erfurt über eine der bestausgebauten und modernsten Festungsanlagen, welche sich in über acht Jahrhunderten entwickelt hatte und die auch Zeugnis ablegte über die strategische und geopolitische Bedeutung unserer Stadt. Diese nämlich haben alle Herren erkannt und genutzt, egal ob es der Erzbischof von Mainz, König Gustav II. Adolf von Schweden, Napoleon oder Preußens König war.

Da aber diese Befestigung mit der Industrialisierung zu einer Fessel geworden war, entledigte man sich ihrer, als dies möglich wurde, um so gründlicher. Heute findet man nur noch wenige originale Spuren, sieht man von der Zitadelle Petersberg einmal ab.

Ein Stück innerer Mauer (Foto: Dr. Steffen Raßloff) findet sich am Juri-Gagarin-Ring an der Einmündung in die Johannesstraße, ein weiteres Stück am Flutgraben in der Nähe der Franckestraße. Auch am Brühler Garten, hinter dem Katholischen Waisenhaus sind noch Reste erhalten, welche gerade restauriert wurden. Der einzige damals nicht abgerissene Wehrturm am Boyneburgufer erhielt 1944 einen Bombentreffer. Er sollte eigentlich wieder errichtet werden, aber inzwischen sind seine Steine nicht mehr auffindbar und seine Reste dienen heute der Regulierung des Wasserhaushalts der Gera.

An der Brücke in der Schlüterstraße standen bis Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts Reste der Befestigung des äußeren Moritztores, auch Krätzturm genannt. Diese mussten dem Neubau der genannten Brücke weichen.

Heute nun werden mühsam einige wenige, nicht gründlich genug entfernte Reste wieder ausgegraben und in das Stadtbild und in das Stadtbewußtsein zurück geholt. So am neuen Theater Erfurt, am Südring und am Eingang zur Brühler Straße.

Ein plastisches Bild der einstigen Befestigungen unmittelbar vor der Entfestigung zeichnet das Stadtmodell von 1873 im Stadtmuseum Erfurt.


Siehe auch: Wehrhafte Mauern in der Serie "Denkmale in Erfurt" von Dr. Steffen Raßloff


Chronologischer Überblick zur Erfurter Stadtbefestigung

  • 1066

Die innere Stadtmauer, mit Graben, Türmen und Toren wird vollendet.

  • 1286

Beginn des Baus des inneren Johannestores.

  • 1322

Die Hirschlache wird am "Gerinnig" über die Wilde Gera hinweg in die Stadt eingeleitet.

  • 1351

Bau des Schmidtstedter Tores, Bestandteil des äußeren Ringes. 1354 Zehn Türme zwischen dem Johannestor und dem Krämpfertor werden errichtet.

  • 1375

Bau des äußeren Johannestores.

  • 1375

Bau des Krämpfertores.

  • 1376

Allgemeiner Baubeginn der Gewölbe für die Außentore.

  • 1377

Unter Aufsicht der Wallmeister wurden vor den drei Toren im Norden, dem Andreastor, Moritztor und Johannestor Gräben und Wälle angelegt.

  • 1378

Von jeder Mark einen Pfennig Wallgeld geben. Die gleiche Steuer wurde auch 1379, 1381 und 1383 fällig.

  • 1381

Eine neue Mauer wird vor dem Graben an der Schmalen Gera errichtet.

  • 1387

Baubeginn des großen Brühler Turmes und des äußeren Brühler Tores. Der Doppelbau wird erst nach elfjähriger Bauzeit im Jahre 1398 vollendet.

  • 1429

Eine neue Mauer wird "von der Pforte beym Neuenwerk bis zum Lauenturm" gebaut.

  • 1432

Neubau der Mauer des Außenringes am Andreastor und am Moritztor.

  • 1442

Ratsmeister Hartung Cammermeister, Historiker und Chronist Erfurts, widmet sich während seiner Amtszeit beim Rat besonders der Erweiterung der Festungswerke.

  • 1444

Fertigstellung des Johannestores.

  • 1447

Der Rat lässt eine große Büchse von 114 Zentner Kupfer gießen, die der "Erfurter Wirt" genannt wird.

  • 1464

Neubau eines Turmes auf dem Johanneswall.

  • 1466

Neubau eines zweiten Turmes vor dem Krämpfertor

  • 1475

Neubau des Wallturmes 23 am Johanneswall.

  • 1480

Baubeginn der Cyriaksburg als starker Wehrpunkt für den Süd-Westteil der Stadt. Von geplanten vier Türmen werden nur zwei errichtet. Der Bau dauert etwa 25 Jahre.

  • 1540

Fertigstellung des Moritztores.

  • 1558

Baubeginn für den Krätzturm mit Gewölben und Wassergebäuden am Moritztor.

  • 1558

Ausbesserung großer Abschnitte der Wallanlagen.

  • 1597

Umfangreiche Arbeiten am Andreastor.

  • 1625

Verstärkung der Wallanlagen am Johannes-, dem Löber-, dem Andreas- und dem Brühler Tor, wofür die Erfurter Bürger zahlreiche Frondienste leisten mussten.

  • 1655

Der schwedische Kanzler Oxenstierna lässt den großen Brühler Turm abbrechen. Das neue Brühler Tor wurde etwa 200 Meter stadteinwärts wieder aufgebaut (1636 vollendet).

  • 1665

Auf Befehl des Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn wird begonnen, den bis dahin klösterlich genutzten Petersberg in eine Festung umzuwandeln. Nach den Plänen des französischen Generals von Pradell und des münsterischen Bischofs Christian Bernhard wurde bis etwa 1680 auf dem Petersberg eine Zwingburg geschaffen. Der innere Ausbau zog sich noch mehrere Jahre hin.

  • 1686

Wegen des Festungsbaues werden die Häuser auf dem Rubenmarkt (heute südlicher Teil der Andreasstraße) abgerissen, ebenso der Kornhof "bey St.Nic(olai), wohin das Cyriaci-Kloster gebaut wurde".

  • 1706

Das Erfurter Wappen wird von allen Stadttoren abgenommen und durch das Kurfürstliche ersetzt.

  • 1709

Beginn des Festungsbaus nach dem Andreastor.

  • 1711

Die Gelder für die Armbrustschützen wurden abgeschafft und den Rohrschützen zugelegt.

  • 1757

Friedrich II. inspiziert mit General Seydlitz die Stadt.

  • 1806

Die Franzosen nehmen die Stadt in Besitz. Erst ab 1812 beginnt man die inzwischen stark verwahrlosten Festungsanlagen wieder auszubessern.

  • 1812

Die Franzosen beginnen mit dem Bau einer geräumigen Lünette, die der Hohen Batterie vorgelagert war und später als "Daberstedter Schanze" bekannt wurde (Stadtpark).

  • 1813

Wiederherstellung der Stadtgräben, Einbau von Vorrichtungen zum Anstauen von Wasser zum Überschwemmen des Vorgeländes am Pförtchen und am Löbertor.

  • 1815

Beschießung der Stadt durch die Alliierten. Peterskirche und Peterskloster werden ebenso zerstört wie der Stadtteil vor der Severikirche.

  • 1817

Ausbau der Bastion vor dem Andreastor und Bau des Schmidtstedter Wehres unter Verwendung der Steine der zerstörten Peterskirche.

  • 1824

Ausbau und Modernisierung der Zitadelle Cyriaksburg, Errichtung einer Defensionskaserne (bis etwa 1830)

  • 1828

Kürzung aller Tore und Türme bis auf ein Stockwerk. Darauf werden je zwei bis vier Geschütze stationiert.

  • 1833

Vollendung der Daberstedter Schanze.

  • 1838

Am 18. Oktober wurde zum Gedenken an die Völkerschlacht bei Leipzig gefeiert; alle Besucher haben freien Ein- und Auslaß an den Stadttoren.

  • 1873

Alle deutschen Festungen werden lt. Reichsgesetzblatt Nr. 14 vom 20.05.1873 aufgehoben. Die Rayonbeschränkungen für die Stadt Erfurt enden am 01.10.1873. Der Abbruch der Befestigungsanlagen beginnt mit dem Niederlegen der Stadttore.