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Slawen in Thüringen
Deutsche und Slawen lebten in Thüringen lange Zeit weitgehend friedlich nebeneinander. Allmählich verschmolzen jedoch beide Ethnien, was in Großbrembach besonders bildhaften Ausdruck gefunden hat.
Neben fränkischer Ansiedlung aus dem Westen und dem Vordringen von (Nieder-)Sachsen in den nordthüringischen Raum gehören die Slawen zu den Gruppen, die mit den Thüringern im Mittelalter zu einer ethnischen Einheit verschmolzen. Nach dem Untergang des Thüringer Königreiches 531 hatte sich die germanische Siedlungsdichte verringert. Seit dem 8. Jahrhundert drangen verstärkt Slawen von Osten her bis zur Saale vor und siedelten sich auch darüber hinaus neben der deutschen Bevölkerung an.
Bis ins 10. Jahrhundert behaupteten die Slawen östlich der Saale ihre Unabhängigkeit und fielen immer wieder kriegerisch ins Frankenreich ein, weshalb den Herzögen in Thüringen eine wichtige Abwehrfunktion zu kam. 805 legte das Diedenhofener Kapitular Kaiser Karls des Großen Erfurt als Kontrollstelle für den Handel mit den Slawen fest, denen keine Waffen verkauft werden durften.
An die neben den Deutschen lebenden Slawen in Thüringen erinnern archäologische Funde, urkundliche Quellen und geografische Bezeichnungen. Ohne adlige Führungsschicht und den deutschen Grundherren zinspflichtig, lebten sie in eigenen Dörfern mit typischen großen Gräberfeldern. Nicht selten legten die Slawen unmittelbar neben deutschen Städten und Dörfern neue Siedlungen an. Die vielen Ortsnamen auf -itz besonders in Ostthüringen, wie Köstritz oder Klosterlausnitz, sind slawischen Ursprungs. Weiter westlich tauchen eher deutsch-slawische Mischnamen mit wendisch bzw. windisch auf, wie Windischholzhausen vor den Toren von Erfurt. Die slawische Kultur unterschied sich deutlich in Architektur und Gebrauchsgegenständen bis hin zum reichen Schmuck. Auch hier bietet das Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens in Weimar eindrucksvolles Anschauungsmaterial.
Allmählich ging jedoch nach der Integration der Gebiete östlich der Saale in das Deutsche Reich unter König Heinrich I. ab 928 die slawische Bevölkerung der Sorben nach langer, offenbar weitgehend friedlicher Nachbarschaft in der thüringischen Mehrheitsbevölkerung auf. Jedenfalls gibt es keine Belege für größere gewaltsame Auseinandersetzungen, während das Zusammenspiel für den inneren Landesausbau offenbar von nicht geringer Bedeutung war. Der Prozess der sprachlich-kulturellen Assimilation war größtenteils im 13. Jahrhundert abgeschlossen. Er konnte aber auch vereinzelt bis über die Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit um 1500 hinausreichen.
Ein bildhaftes Zeugnis hierfür ist das Relief am Ratskeller von Großbrembach bei Sömmerda aus dem 16. Jahrhundert. 1579 schlossen sich dort die benachbarten Siedlungen der Deutschen und Slawen offiziell zu einem Ort zusammen. Das Relief zeigt einen schwarzhaarigen Slawen und einen hellhaarigeren Deutschen unter einem Hut, die gemeinsam aus einem Horn trinken. Über Jahrhunderte hatten die nur durch den Fluss Scherkonde getrennten Orte Bornbrembach der Deutschen und Windischenbrembach oder Wendenbrembach der Slawen nebeneinander existiert. Das heutige Großbrembach ist damit ein Musterbeispiel für diesen historischen Prozess des Zusammenwachsens beider Ethnien, die hier buchstäblich unter einen Hut gebracht wurden. (Foto: Alexander Raßloff)
Steffen Raßloff: Unter einen Hut gebracht. Deutsche und Slawen in Thüringen. In: Thüringen. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2018. S. 22 f.
Siehe auch: Geschichte Thüringens