Amtmann Kästner Gispersleben: Unterschied zwischen den Versionen
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[[Datei: | [[Datei:KästnerplatzValdeig.jpg|300px|right]]Der Vorort Gispersleben entwickelt sich immer mehr zu einer beliebten Adresse in Erfurt. Seit der Errichtung der nördlichen Plattenbaugebiete in den 1980er Jahren ist er praktisch mit der Stadt verschmolzen. In den letzten Jahren hat sich die Verkehrsanbindung durch die neue Autobahn 73 weiter verbessert, was dem Gewerbe sichtlich zugutekommt. Zugleich konnte sich der Ort aber auch seine ländliche Ausstrahlung im Inneren weitgehend bewahren. Die Lage beiderseits der Gera mit ihrer grünen Auenlandschaft trägt zur positiven Wahrnehmung bei. Dies dürfte sich dank der Bundesgartenschau 2021, die sich bis zum Kilianipark im Herzen des Ortes erstrecken soll, weiter verstärken. Jene Mischung aus Stadtnähe, guter Erreichbarkeit und Beschaulichkeit lässt Gispersleben weiter wachsen. Zählte man 1990 3700 Einwohner, so sind es heute schon über 4100. | ||
Jener Charakter eines beliebten Großstadt-Vorortes ist historisch gesehen noch sehr jung für Gispersleben, das erst 1950 in die Stadt Erfurt eingemeindet wurde. Über Jahrhunderte waren hier Amtmänner des Erfurter Landgebietes, des Mainzer Kurfürsten und später des Königreiches Preußen für das ländliche Umfeld verantwortlich. Ende des 18. Jahrhunderts bot Gispersleben das Bild eines ärmlichen Dorfes. Hier Abhilfe geschafft zu haben ist das Verdienst des Amtmannes Wilhelm Christoph Kästner (1769-1836), der in engem Kontakt zum kurmainzischen Statthalter Karl Theodor von Dalberg stand. 1794 übernahm Kästner als Nachfolger seines Vaters das Amt des Oberheimbürgen von Gispersleben-Kiliani. Er begann eine unermüdliche Tätigkeit für den Ort, der in seinen Augen „unansehnlich und unreinlich, ja mehr als andere Dörfer der Gegend dem Wirtschaftsschlendrian ergeben“ gewesen sei. Bis zu seine Tode 1836 sollte sich das gründlich ändern. | Jener Charakter eines beliebten Großstadt-Vorortes ist historisch gesehen noch sehr jung für Gispersleben, das erst 1950 in die Stadt Erfurt eingemeindet wurde. Über Jahrhunderte waren hier Amtmänner des Erfurter Landgebietes, des Mainzer Kurfürsten und später des Königreiches Preußen für das ländliche Umfeld verantwortlich. Ende des 18. Jahrhunderts bot Gispersleben das Bild eines ärmlichen Dorfes. Hier Abhilfe geschafft zu haben ist das Verdienst des Amtmannes Wilhelm Christoph Kästner (1769-1836), der in engem Kontakt zum kurmainzischen Statthalter Karl Theodor von Dalberg stand. 1794 übernahm Kästner als Nachfolger seines Vaters das Amt des Oberheimbürgen von Gispersleben-Kiliani. Er begann eine unermüdliche Tätigkeit für den Ort, der in seinen Augen „unansehnlich und unreinlich, ja mehr als andere Dörfer der Gegend dem Wirtschaftsschlendrian ergeben“ gewesen sei. Bis zu seine Tode 1836 sollte sich das gründlich ändern. | ||
Kästner sanierte die Gemeindefinanzen, ließ Straßen pflastern und Brücken bauen, kurbelte Landwirtschaft und Gewerbe an. Auf seine Initiative geht auch der Kilianipark zurück, der demnächst im Rahmen der Buga-Vorbereitung großzügig umgestaltet werden soll. Am anschaulichsten wird das Erbe des Amtmanns Kästner auf dem heute nach ihm benannten einstigen Lindenplatz im Zentrum von Gispersleben-Kiliani. Ein Denkmal im engeren Sinne bildet der Brunnenobelisk, den sein Adoptivsohn Friedrich Lange-Kästner 1845 errichten ließ. Die von Kästner 1802 gebaute Gemeindeschänke bietet seit einigen Jahren als Sparkassen-Filiale wieder einen repräsentativen Anblick. Jetzt kommt auch das benachbarte Amts- und Wohnhaus Kästners in die Kur, das schrittweise seit 1794 auf dem Familiengrundstück errichtet worden war. Das gesamte Areal wird von den Erfurter Unternehmern Mann & Meinung GbR in Zusammenarbeit mit der Denkmalbehörde zu einem Wohnpark umgebaut. | Kästner sanierte die Gemeindefinanzen, ließ Straßen pflastern und Brücken bauen, kurbelte Landwirtschaft und Gewerbe an. Auf seine Initiative geht auch der Kilianipark zurück, der demnächst im Rahmen der Buga-Vorbereitung großzügig umgestaltet werden soll. Am anschaulichsten wird das Erbe des Amtmanns Kästner auf dem heute nach ihm benannten einstigen Lindenplatz im Zentrum von Gispersleben-Kiliani. Ein Denkmal im engeren Sinne bildet der Brunnenobelisk, den sein Adoptivsohn Friedrich Lange-Kästner 1845 errichten ließ. Die von Kästner 1802 gebaute Gemeindeschänke bietet seit einigen Jahren als Sparkassen-Filiale wieder einen repräsentativen Anblick. Jetzt kommt auch das benachbarte Amts- und Wohnhaus Kästners in die Kur, das schrittweise seit 1794 auf dem Familiengrundstück errichtet worden war. Das gesamte Areal wird von den Erfurter Unternehmern Mann & Meinung GbR in Zusammenarbeit mit der Denkmalbehörde zu einem Wohnpark umgebaut. (Bild: Amtmann-Kästner-Platz um 1800, Jürgen Valdeig) | ||
('''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''' in Thüringer Allgemeine vom 18.02.2015) | |||
Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''' |
Version vom 18. Februar 2015, 07:27 Uhr
Amtmann Kästner Gispersleben
„Wirtschaftsschlendrian“ beendet
Amtmann Wilhelm Christoph Kästner machte Gispersleben 1794-1836 zu einer florierden Gemeinde.
Der Vorort Gispersleben entwickelt sich immer mehr zu einer beliebten Adresse in Erfurt. Seit der Errichtung der nördlichen Plattenbaugebiete in den 1980er Jahren ist er praktisch mit der Stadt verschmolzen. In den letzten Jahren hat sich die Verkehrsanbindung durch die neue Autobahn 73 weiter verbessert, was dem Gewerbe sichtlich zugutekommt. Zugleich konnte sich der Ort aber auch seine ländliche Ausstrahlung im Inneren weitgehend bewahren. Die Lage beiderseits der Gera mit ihrer grünen Auenlandschaft trägt zur positiven Wahrnehmung bei. Dies dürfte sich dank der Bundesgartenschau 2021, die sich bis zum Kilianipark im Herzen des Ortes erstrecken soll, weiter verstärken. Jene Mischung aus Stadtnähe, guter Erreichbarkeit und Beschaulichkeit lässt Gispersleben weiter wachsen. Zählte man 1990 3700 Einwohner, so sind es heute schon über 4100.
Jener Charakter eines beliebten Großstadt-Vorortes ist historisch gesehen noch sehr jung für Gispersleben, das erst 1950 in die Stadt Erfurt eingemeindet wurde. Über Jahrhunderte waren hier Amtmänner des Erfurter Landgebietes, des Mainzer Kurfürsten und später des Königreiches Preußen für das ländliche Umfeld verantwortlich. Ende des 18. Jahrhunderts bot Gispersleben das Bild eines ärmlichen Dorfes. Hier Abhilfe geschafft zu haben ist das Verdienst des Amtmannes Wilhelm Christoph Kästner (1769-1836), der in engem Kontakt zum kurmainzischen Statthalter Karl Theodor von Dalberg stand. 1794 übernahm Kästner als Nachfolger seines Vaters das Amt des Oberheimbürgen von Gispersleben-Kiliani. Er begann eine unermüdliche Tätigkeit für den Ort, der in seinen Augen „unansehnlich und unreinlich, ja mehr als andere Dörfer der Gegend dem Wirtschaftsschlendrian ergeben“ gewesen sei. Bis zu seine Tode 1836 sollte sich das gründlich ändern.
Kästner sanierte die Gemeindefinanzen, ließ Straßen pflastern und Brücken bauen, kurbelte Landwirtschaft und Gewerbe an. Auf seine Initiative geht auch der Kilianipark zurück, der demnächst im Rahmen der Buga-Vorbereitung großzügig umgestaltet werden soll. Am anschaulichsten wird das Erbe des Amtmanns Kästner auf dem heute nach ihm benannten einstigen Lindenplatz im Zentrum von Gispersleben-Kiliani. Ein Denkmal im engeren Sinne bildet der Brunnenobelisk, den sein Adoptivsohn Friedrich Lange-Kästner 1845 errichten ließ. Die von Kästner 1802 gebaute Gemeindeschänke bietet seit einigen Jahren als Sparkassen-Filiale wieder einen repräsentativen Anblick. Jetzt kommt auch das benachbarte Amts- und Wohnhaus Kästners in die Kur, das schrittweise seit 1794 auf dem Familiengrundstück errichtet worden war. Das gesamte Areal wird von den Erfurter Unternehmern Mann & Meinung GbR in Zusammenarbeit mit der Denkmalbehörde zu einem Wohnpark umgebaut. (Bild: Amtmann-Kästner-Platz um 1800, Jürgen Valdeig)
(Dr. Steffen Raßloff in Thüringer Allgemeine vom 18.02.2015)
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt