Lutherkirche Erfurt

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Lutherkirche

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (13.09.2014)


Modernes Gotteshaus

DENKMALE IN ERFURT (164): Die Lutherkirche entstand 1927 als jüngste große Gemeindekirche in Erfurt.


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Die Lutherkirche in der Magdeburger Allee steht als einziger großer Sakralbau für das „neue Bauen“ der 1920er Jahre. Jener moderne Stil wird in Erfurt besonders durch Geschäftshäuser, Kinos oder Wohnungsbaukomplexe repräsentiert. Was man dem schnörkellosen Bau nicht ansieht ist, dass seit dem späten 19. Jahrhundert um ihn gerungen worden war. Die dynamische Vergrößerung der Industriestadt Erfurt nach der Entfestigung 1873 brachte auch für die Kirchgemeinden Veränderungen mit sich. Sie hatten jetzt eine schnell wachsende Zahl an Mitgliedern jenseits des Altstadtkerns zu betreuen, was bald Neubaupläne hervorrief. Mit der Thomaskirche in der Schillerstraße bekam zuerst der gutbürgerliche Süden 1902 sein eigenes Gotteshaus. Im einwohnerstarken Norden mit seinen Arbeiter- und Kleinbürgerquartieren machte sich das Fehlen einer evangelischen Kirche dagegen immer stärker bemerkbar.

Bereits im Lutherjahr 1883 regte die für den Norden zuständige evangelische Augustinergemeinde einen Neubau an. Den finanziellen Grundstock stellten die Gelder, die von der Finanzierung des Lutherdenkmals am Anger übrig geblieben waren. Seit 1905 beschleunigte ein „Kirchenbauverein der Johannesvorstadt“ das Vorhaben, hatte sich doch die Zahl der Gemeindemitglieder bis zur Jahrhundertwende von 5000 auf 26.000 mehr als verfünffacht. Die Besprechung der fertigen Baupläne im preußischen Kultusministerium war für den 1. August 1914 vorgesehen. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren machte so auch diesem Projekt, ähnlich wie beim Nordpark oder dem Museumsneubau im Stadtpark von Henry van den Velde, einen Strich durch die Rechnung.

Die seit 1921 selbstständige Luthergemeinde hielt aber an ihren Plänen fest. Nach der Währungsreform 1923, die die „Goldenen Zwanziger“ einläutete, nahm das Projekt rasch Gestalt an. Die Wahl fiel auf den renommierten Architekten Peter Jürgensen aus Berlin. Er ließ Anregungen des „neuen Bauens“ mit Elementen des Art Déco in seine Pläne einfließen. Der Rundbau erhielt zur Straße hin den markanten Glockenturm, der bis heute das Gesicht der Magdeburger Allee prägt. Als Problem erwies sich zuvor aber noch die Bausumme von 400.000 Mark. Neben Kirchengeldern, Spenden und einer Hypothek der Sparkasse sorgten schließlich 14 Wüstenrot-Bausparverträge für den Durchbruch. Am 7. Juni 1926 feierte die Gemeinde den ersten Spatenstich, bereits am 10. Dezember 1927 konnte Pfarrer Otto Breithaupt seine Festpredigt zur Einweihung halten. Der Name Lutherkirche der heutigen Gemeinde Martini-Luther soll daran erinnern, dass die eng mit dem Reformator verbundene Augustinerkirche die Rolle einer Mutterkirche gespielt hatte. (Foto: Alexander Raßloff)


Lesetipps:

Steffen Raßloff: Moderne Großstadtarchitektur. Das Bauhaus in Erfurt. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 90 f.

Steffen Raßloff: Bürgerkrieg und Goldene Zwanziger. Erfurt in der Weimarer Republik. Erfurt 2008.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Erfurt in der Weimarer Republik, Ilversgehofen, Bauhaus Erfurt