Lapidarium Willrode

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Lapidarium Forsthaus Willrode

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (18.08.2012)


Steinerne Kleinstaaterei

DENKMALE IN ERFURT (59): Ein Lapidarium mit Grenzsteinen im Forsthaus Willroda versinnbildlicht die einstige Kleinstaaterei rund um Erfurt.


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Rund um Erfurt kann der aufmerksame Wanderer und Radfahrer immer wieder Grenzsteine entdecken, die auf die einstige bunte Kleinstaatenwelt Thüringens verweisen. Versehen mit Wappen und Abkürzungen stehen sie heute als Denkmale für die historischen Staatsgebilde, wie sie in dieser Vielfalt nirgends in Deutschland bis in 20. Jahrhundert erhalten geblieben waren. Bis 1918 residierten in Weimar, Gotha, Meiningen und Altenburg sächsische Herzöge, in Sondershausen und Rudolstadt schwarzburgische sowie in Gera und Greiz reußische Fürsten. Ein großer Teil Thüringens gehörte zu Preußen mit Erfurt als Hauptstadt eines Regierungsbezirkes. Um die Verwirrung noch zu vergrößern, verfügten die Kleinstaaten und preußischen Gebiete über zahlreiche verstreut liegende Ländereien.

Mit dem Lapidarium Willrode, geschaffen vom Landesverein Thüringen des Deutschen Vereins für Vermessungswesen, kann man seit 2009 ein gutes Dutzend dieser Grenz- und Gemarkungssteine mit Erläuterungstafeln bestaunen. Die Sammlung findet sich in der historischen Anlage Forsthaus Willroda. Auf die jeweilige Herrschaft weisen die Initialen am Kopf der Steine oder auch ihr Wappen hin. So steht beispielsweise KP für das Königreich Preußen, zu dem Erfurt gehörte. HSM verweist auf das Herzogtum Sachsen-Meiningen hin (Foto: Dr. Steffen Raßloff). Andere Gemarkungssteine zeigen die Initialen der Gemarkung oder die fortlaufende Nummerierung. Die Tafeln geben weitere Informationen etwa zum einstigen Standort der Steine.

Damit hat das Forsthaus Willroda oder Willrode als beliebtes Ausflugsziel der Erfurter, nur wenige Kilometer vom südöstlichen Stadtrand entfernt, weiter an Attraktivität gewonnen. Es handelt sich dabei um einen sehr geschichtsträchtigen Gebäudekomplex. Er gehörte vom 13. bis 15. Jh. dem Erfurter Neuwerkskloster, das zum Schutz Mauer, Wall und Graben im Stile einer kleinen Wasserburg errichtete. Danach fiel das Gut an das Erfurter Bürgergeschlecht von Willröda, 1574 an die Stadt Erfurt, 1664 an Mainz und schließlich 1803 bis 1945 an Preußen. Im 18. Jahrhundert diente Willroda u.a. auch als Jagdschloss. So entstand im Haupthaus ein prächtiger Jagdsaal mit Stuckdecke. Statthalter Carl Theodor von Dalberg sorgte ab 1772 für den weiteren Innenausbau. Auch Goethe soll hier zu Gast gewesen sein. Der 1992 gegründete Förderverein hat die Anlage mit viel ehrenamtlicher Tätigkeit wieder auf Vordermann gebracht und bietet regelmäßig Veranstaltungen an. Heute ist hier das Thüringer Forstamt Erfurt-Willrode ansässig.


Siehe auch: Geschichte Thüringens, Geschichte der Stadt Erfurt, Forsthaus Willrode, Willrode als Ausflugsziel