Gartenbauunternehmen Benary Schmidt Heinemeann

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Benary - Schmidt - Heinemann

Die Entwicklung des modernen Erwerbsgartenbaus erreichte im 19. und frühen 20. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Die Gartenbauunternehmen der weltweit bekannten „Blumenstadt“ erlangten in einigen Bereichen eine internationale Spitzenstellung. Neben den bis heute bestehenden Familienunternehmen Chrestensen und Haage stehen hierfür neben zahlreichen weiteren die drei historischen Firmen Schmidt (1823), Benary (1843) und Heinemann (1848).


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Die 1823 gegründete Gartenbaufirma J.C. Schmidt ging als „Blumenschmidt“ in die Geschichte ein. Gründer Johann Christoph Schmidt hatte zunächst als Wachsbossierer gearbeitet. Aus Bienenwachs gestaltete er u.a. beliebte Wachsfiguren. Auf dem Umweg über den Blumenanbau für seine Bienen machten Schmidt und seine Nachkommen schließlich ganz in Blumen. Schmidt gehörte 1838 auch zu den Gründern des Gartenbauvereins. Kaum eine wichtige Neuerung geschah ohne sein Zutun, so etwa der erstmalige Versandt von getrockneten Blumen (1853) und frischen Schnittblumen (1854), gewissermaßen die Vorläufer von Fleurop. Heinrich Schmidt führte die Firma seines Vaters erfolgreich weiter. Zum äußeren Ausdruck des Erfolgs wurde der 1888 an der Ecke Schlösserstraße/Anger neben der Lorenzkirche errichtete Verkaufspavillon. Mit der eindrucksvollen Glasarchitektur des „Palmenhauses“ setzte sich „Blumenschmidt“ im Herzen der Stadt ein bleibendes Denkmal. Unter wechselnden Inhabern blieb die Firma nach 1890 weiter eine Säule der Blumenstadt. Allerdings gehörte J.C. Schmidt mit seinen ausgedehnten Geschäftsgebäuden und Feldern im Krämpferfeld an der Leipziger Straße zu jenen Gartenbauunternehmen, die die großen Beeinträchtigungen durch den Ersten Weltkrieg und die Krise der Weimarer Republik nicht überstanden. 1926 musste die Firma Bankrott anmelden und verschmolz mit dem Gartenbauunternehmen Benary.

Letzteres war 1843 durch Ernst Samuel Benary begründet worden. Er und seine Nachkommen verkörpern zugleich den Typus des gemeinnützigen Bürgers, was in der Grünanlage am Benaryplatz sichtbar ist. Der von Benary testamentarisch gestiftete Park erinnert an jenen freigiebigen Bürgergeist. Er bildet mit dem 2000 eingeweihten Denkmal einen der zentralen Symbolorte der Blumenstadt. Benary entstammte einer jüdischen Familie aus Hessen. Sein Vater war 1821 nach Erfurt gezogen und hatte 1824 als einer der ersten Juden das Bürgerrecht erlangt. Ernst Benary erwarb für seine zunächst bescheidene Gärtnerei Grundstücke im Brühl, das im Laufe der folgenden Jahrzehnte mit seinen Gewächshäusern, Beeten, den vier Villen der Besitzergenerationen sowie dem Geschäftshaus in der Gorkistraße, der heutigen Aufbaubank, durch das Familienunternehmen geprägt wurde. Die Benarys zählten zur bürgerlichen Führungsschicht der Stadt. Friedrich Benary gehörte 1910 zu den sieben Großunternehmern, die es zu mehrfachen Millionären gebracht hatten. Damit verbunden war eine einflussreiche Stellung im gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Nach den Zäsuren des „Zeitalters der Extreme“ starteten die Nachkommen Benarys 1946 in Hann. Münden neu durch, während das Erfurter Unternehmen 1952 enteignet wurde.

Friedrich Carl Heinemann ging einst mit Ernst Benary gemeinsam zur Schule und hat fünf Jahre nach diesem 1848 ebenfalls eine Gärtnerei gegründet. Auch dieser Samenzuchtbetrieb trug maßgeblich zum internationalen Ruf Erfurts als Blumenstadt bei. Heinemann stammte aus Vieselbach. Sein Vater hatte ihm eine gründliche Ausbildung in namhaften Gärtnereien ermöglicht. F.C. Heinemann wurde rasch zum internationalen Markenzeichen für Blumen- und Gemüsesamen. Wohn- und Betriebsgelände befanden sich im Bereich des heutigen Huttenplatzes, später kamen große Erweiterungen westlich der Nordhäuser Straße hinzu. Heinemanns Versandkataloge (Foto: Sammlung Raßloff), die schon 1850 2600 Samenarten aufwiesen, konnten sich bald mit hohen Auszeichnungen schmücken. Auch die Verwerfungen des 20. Jahrhunderts überstand der innovative Familienbetrieb zunächst, ehe in der DDR wie bei Benary das Ende kam. Inhaber Alfred Heinemann wurde 1953 wegen angeblicher Wirtschaftsverbrechen zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Ende der 1950er-Jahre siedelte er in die Bundesrepublik über. 1972 erfolgte die endgültige Verstaatlichung des Erfurter Unternehmens.

Steffen Raßloff: Die großen Gartenbauunternehmen der Blumenstadt Erfurt (Teil 3): Benary, Schmidt und Heinemann. In: BUGA - Mitschnitt des Jahres 2020. Hg. Verein Freunde der Bundesgartenschau Erfurt 2021 e.V. und BUGA Erfurt 2021 gGmbH. Erfurt 2021. S. 62 f.


Lesetipps:

Steffen Raßloff: Die Gartenbaudynastie Benary. Unternehmergeist und Bürgersinn in der Blumenstadt Erfurt. Erfurt 2022.

Steffen Raßloff: Die Blumenstadt. Erfurt und der Gartenbau. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 86 f.

Martin Baumann/Steffen Raßloff (Hg.): Blumenstadt Erfurt. Waid - Gartenbau - iga/egapark. Erfurt 2011.


Siehe auch: Erfurter Gartenbauunternehmen, Blumenstadt Erfurt, iga/egapark, Buga 2021, Geschichte Erfurts