Rosa Luxemburg Denkmal: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Beitrag der Serie [[Denkmale in Erfurt|Denkmale in Erfurt]] aus der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]] (26.05.2012)'''
'''Beitrag der Serie [[Denkmale in Erfurt|Denkmale in Erfurt]] aus der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Rassloff|Dr. Steffen Raßloff]] (26.05.2012)'''




'''Freiheit der Andersdenkenden?'''
'''Freiheit des anders Denkenden?'''


DENKMALE IN ERFURT (47): Rosa Luxemburg gilt den einen als Vordenkerin des demokratischen Sozialismus, den anderen als kommunistische Revolutionärin. An diese schillernde Persönlichkeit erinnert das Denkmal am Talknoten.  
DENKMALE IN ERFURT (47): Rosa Luxemburg gilt den einen als Vordenkerin des demokratischen Sozialismus, den anderen als kommunistische Revolutionärin. An diese schillernde Persönlichkeit erinnert das Denkmal am Talknoten.  




[[Datei:RosaLuxemburg.jpg|300px|right]]Rosa Luxemburg gehört zu den großen Persönlichkeiten in der Geschichte der Arbeiterbewegung. Als marxistische Vordenkerin, als Vertreterin des Internationalismus und Pazifismus hat sie sich einen festen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert. Hieran erinnert auch das bronzene Denkmal von Anke Besser-Güth in der Grünanlage am Talknoten von 1974. Mit der sitzenden Haltung und dem Buch in der linken Hand deutet es auf den großen intellektuellen Beitrag der aus Polen stammenden Jüdin in den Auseinandersetzungen um Grundsatzfragen des Sozialismus. Die am 15. Januar 1919 in Berlin von Offizieren der Garde-Kavallerie-Schützen-Division ermordete KPD-Mitbegründerin spielte in der DDR eine wichtige Rolle. Überall im Lande widmete man ihr Namen von Straßen, Schulen oder Betrieben. Jedes Jahr gedachte man Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar als Märtyrer und vermeintliche Wegbereiter der Staatspartei SED.  
[[Datei:LuxemburgDenkmalErfurt.JPG|310px|right]]Rosa Luxemburg gehört zu den großen Persönlichkeiten in der Geschichte der Arbeiterbewegung. Als marxistische Vordenkerin, als Vertreterin des Internationalismus und Pazifismus hat sie sich einen festen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert. Hieran erinnert auch das bronzene Denkmal von Anke Besser-Güth in der Grünanlage am Talknoten von 1974. Mit der sitzenden Haltung und dem Buch in der linken Hand deutet es auf den großen intellektuellen Beitrag der aus Polen stammenden Jüdin in den Auseinandersetzungen um Grundsatzfragen des Sozialismus. Die am 15. Januar 1919 in Berlin von Offizieren der Garde-Kavallerie-Schützen-Division ermordete KPD-Mitbegründerin spielte in der DDR eine wichtige Rolle. Überall im Lande widmete man ihr Namen von Straßen, Schulen oder Betrieben. Jedes Jahr gedachte man Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar als Märtyrer und vermeintliche Wegbereiter der Staatspartei SED.  


Das Luxemburg-Denkmal gehört also zweifellos zur offiziösen Erinnerungskultur der DDR. Dennoch verweist es auch auf gewisse Probleme, die die SED-Oberen mit der resoluten Frau und deren Erfurter Denkmal hatten. Dies zeigt schon der ziemlich versteckte Standort. Ursprünglich hatte es im Innenhof der 1972 errichteten SED-Bezirksparteischule am Südpark stehen sollen. Dies mag sich damit erklären, dass die Marxistin auch Gedankengut hinterlassen hatte, das mit dem „realexistierenden Sozialismus“ der DDR nicht in Übereinklang zu bringen war. Insbesondere ihre Vorstellungen von einem demokratischen, toleranten Sozialismus bargen reichlich politischen Sprengstoff. So beriefen sich am 17. Januar 1988 bei der zentralen Gedenkveranstaltung in Ostberlin nicht zufällig protestierende Bürgerrechtler auf das Luxemburg-Zitat „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden“.
Das Luxemburg-Denkmal gehört also zweifellos zur offiziösen Erinnerungskultur der DDR. Dennoch verweist es auch auf gewisse Probleme, die die SED-Oberen mit der resoluten Frau und deren Erfurter Denkmal hatten. Dies zeigt schon der ziemlich versteckte Standort. Ursprünglich hatte es im Innenhof der 1972 errichteten SED-Bezirksparteischule am Südpark stehen sollen. Dies mag sich damit erklären, dass die Marxistin auch Gedankengut hinterlassen hatte, das mit dem „realexistierenden Sozialismus“ der DDR nicht in Übereinklang zu bringen war. Insbesondere ihre Vorstellungen von einem demokratischen, toleranten Sozialismus bargen reichlich politischen Sprengstoff. So beriefen sich am 17. Januar 1988 bei der zentralen Gedenkveranstaltung in Ostberlin nicht zufällig protestierende Bürgerrechtler auf das Luxemburg-Zitat „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden“.


Nach der friedlichen Revolution wurde es zunächst recht still um die engagierte Kommunistin. Bald aber entsann sich v.a. die PDS bzw. Linke ihrer Ahnherrin. Jüngst benannte man sogar auf deren Initiative trotz bereits vorhandener Straße den Talknoten in Rosa-Luxemburg-Platz um. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass Rosa Luxemburg durchaus mit aller Konsequenz eine sozialistische Umgestaltung anstrebte. Ihr Ziel war nicht eine demokratische Gesellschaft, sondern ein pluralistischer Sozialismus, in dem etwa für bürgerliche „Klassenfeinde“ kein Platz war: „Der Sozialismus hat zur Voraussetzung eine Reihe von Gewaltmaßnahmen. Wer sich dem Sturmwagen der sozialistischen Revolution entgegenstellt, wird mit zertrümmerten Gliedern am Boden liegenbleiben.“
Nach der friedlichen Revolution 1989/90 wurde es zunächst recht still um die engagierte Kommunistin. Bald aber entsann sich v.a. die PDS bzw. Linke ihrer Ahnherrin. Jüngst benannte man sogar auf deren Initiative trotz bereits vorhandener Straße den Talknoten in Rosa-Luxemburg-Platz um. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass die vielzitierte "Freiheit des anders Denkenden", in der Schrift "Zur russischen Revolution" von 1918 als Randnotiz enthalten, enge Grenzen hatte, die nicht mit unserer heutigen freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Übereinklar zu bringen sind. Luxemburgs Ziel war mit den Worten der gleichen Schrift "nicht etwa Sicherung der bürgerlichen Demokratie, sondern Diktatur des Proletariats zum Zwecke der Verwirklichung des Sozialismus", in dem lediglich für die linke Arbeiterbewegung ein gewisser Pluralismus gelten sollte. Zur Erreichung dieses politischen Zieles befürwortete Rosa Luxemburg ausdrücklich auch Gewalt.
 
 
Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Rosa-Luxemburg-Straße]]''', '''[[Rosa-Luxemburg-Platz]]'''

Aktuelle Version vom 1. Oktober 2022, 12:52 Uhr

Rosa-Luxemburg-Denkmal

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (26.05.2012)


Freiheit des anders Denkenden?

DENKMALE IN ERFURT (47): Rosa Luxemburg gilt den einen als Vordenkerin des demokratischen Sozialismus, den anderen als kommunistische Revolutionärin. An diese schillernde Persönlichkeit erinnert das Denkmal am Talknoten.


LuxemburgDenkmalErfurt.JPG

Rosa Luxemburg gehört zu den großen Persönlichkeiten in der Geschichte der Arbeiterbewegung. Als marxistische Vordenkerin, als Vertreterin des Internationalismus und Pazifismus hat sie sich einen festen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert. Hieran erinnert auch das bronzene Denkmal von Anke Besser-Güth in der Grünanlage am Talknoten von 1974. Mit der sitzenden Haltung und dem Buch in der linken Hand deutet es auf den großen intellektuellen Beitrag der aus Polen stammenden Jüdin in den Auseinandersetzungen um Grundsatzfragen des Sozialismus. Die am 15. Januar 1919 in Berlin von Offizieren der Garde-Kavallerie-Schützen-Division ermordete KPD-Mitbegründerin spielte in der DDR eine wichtige Rolle. Überall im Lande widmete man ihr Namen von Straßen, Schulen oder Betrieben. Jedes Jahr gedachte man Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar als Märtyrer und vermeintliche Wegbereiter der Staatspartei SED.

Das Luxemburg-Denkmal gehört also zweifellos zur offiziösen Erinnerungskultur der DDR. Dennoch verweist es auch auf gewisse Probleme, die die SED-Oberen mit der resoluten Frau und deren Erfurter Denkmal hatten. Dies zeigt schon der ziemlich versteckte Standort. Ursprünglich hatte es im Innenhof der 1972 errichteten SED-Bezirksparteischule am Südpark stehen sollen. Dies mag sich damit erklären, dass die Marxistin auch Gedankengut hinterlassen hatte, das mit dem „realexistierenden Sozialismus“ der DDR nicht in Übereinklang zu bringen war. Insbesondere ihre Vorstellungen von einem demokratischen, toleranten Sozialismus bargen reichlich politischen Sprengstoff. So beriefen sich am 17. Januar 1988 bei der zentralen Gedenkveranstaltung in Ostberlin nicht zufällig protestierende Bürgerrechtler auf das Luxemburg-Zitat „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden“.

Nach der friedlichen Revolution 1989/90 wurde es zunächst recht still um die engagierte Kommunistin. Bald aber entsann sich v.a. die PDS bzw. Linke ihrer Ahnherrin. Jüngst benannte man sogar auf deren Initiative trotz bereits vorhandener Straße den Talknoten in Rosa-Luxemburg-Platz um. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass die vielzitierte "Freiheit des anders Denkenden", in der Schrift "Zur russischen Revolution" von 1918 als Randnotiz enthalten, enge Grenzen hatte, die nicht mit unserer heutigen freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Übereinklar zu bringen sind. Luxemburgs Ziel war mit den Worten der gleichen Schrift "nicht etwa Sicherung der bürgerlichen Demokratie, sondern Diktatur des Proletariats zum Zwecke der Verwirklichung des Sozialismus", in dem lediglich für die linke Arbeiterbewegung ein gewisser Pluralismus gelten sollte. Zur Erreichung dieses politischen Zieles befürwortete Rosa Luxemburg ausdrücklich auch Gewalt.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Rosa-Luxemburg-Straße, Rosa-Luxemburg-Platz