Steigerwaldstadion Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen

Aus erfurt-web.de
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
(62 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
= Steigerwaldstadion =
= Steigerwaldstadion =


'''1931 eröffnetes Stadion der [[Geschichte der Stadt Erfurt|Stadt Erfurt]], früher Mitteldeutsche Kampfbahn und Georgij-Dimitroff-Stadion'''
'''Beitrag der Serie [[Denkmale in Erfurt|Denkmale in Erfurt]] aus der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]] (11.01.2014)'''




[[Datei:Stadionweb.jpg|400px|right]]1931 wurde in Erfurt unter großer medialer Anteilnahme die „Mitteldeutsche Kampfbahn“ eingeweiht, das heutige Steigerwaldstadion. Ein Jahrhundertprojekt, das der Stadt wichtige Impulse verleihen wird, so der Grundtenor in der Presse. Die Pläne hierfür reichten bis in die frühen 1920er Jahre zurück. Gerade in der schwierigen Zeit nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg 1914/18 wollte Erfurt seine Rolle als alte '''[[Landeshauptstadt Erfurt|Metropole]]''' und damals noch „heimliche Hauptstadt“ '''[[Geschichte Thüringens|Thüringens]]''' oder sogar Mitteldeutschlands untermauern. Trotz aller Zerstrittenheit der politischen Lager und Parteien während der '''[[Weimarer Republik]]''' war man sich hierüber in Erfurt einig. Niemand wollte dieses wichtige Infrastrukturprojekt durch parteipolitisches Kalkül gefährden.
'''Denkmal der Sportgeschichte'''


Überhaupt spielte der Städtebau im Erfurt der 1920er Jahre eine große Rolle. Er gehört mit zur Aufbruchstimmung der '''[[Weimarer Republik|Goldenen Zwanziger]]'''. Weitere Großprojekte wie der Nordpark mit dem '''[[Nordbad Erfurt|Nordbad]]''' (1925/29), der Flughafen am Roten Berg (1925) und eine Reihe von öffentlichen Bauten im Bauhausstil prägen ebenso das Stadtbild wie die modernen Wohnungsbaukomplexe etwa im Hanse-Viertel. Herzstück dieser selbstbewussten Metropole sollte das Areal rund um das neue Stadion werden. Geplant war u.a. noch eine moderne Stadthalle direkt neben der Sportanlage. Damit wäre, wie man heute wohl sagen würde, ein Multifunktionskomplex entstanden. Die Weltwirtschaftskrise machte allerdings den Planern einen Strich durch die Rechnung. In den 1930er Jahren kam lediglich noch eine Holztribüne hinzu (siehe Abb.), die 1994 durch die heutige moderne Tribüne ersetzt wurde.
DENKMALE IN ERFURT (132): Das Steigerwaldstadion hat Sternstunden des Sports erlebt und darf auf eine Zukunft als Multifunktionsarena hoffen.  


Das Steigerwaldstadion hat große Momente der Sportgeschichte erlebt. Hier wurde der SC Turbine Erfurt, Vorgänger des FC Rot-Weiß, 1954 und 1955 DDR-Meister im Fußball. In Spitzenspielen wie gegen die BSG Chemie Leipzig zog es fast 50.000 Zuschauer ins Stadion. Auch später verfolgten noch an die 30.000 Fans die Spiele des 1966 umbenannten FC Rot-Weiß Erfurt. Begeisternder Offensivfußball der Heun, Busse, Romstedt & Co. versetzte sie in den 1980er Jahren in Verzückung. Letzte Höhepunkte waren der Aufstieg in die Zweite Bundesliga 1990 und 2004.


Schon 1935 hatte die damalige Mitteldeutsche Kampfbahn das erste Länderspiel gesehen, das Deutschland gegen Rumänien 4:2 gewann. Im Georgij-Dimitroff-Stadion, wie die Sportstätte in der DDR-Zeit hieß, gab es weitere Länderspiele gegen Marokko, Polen, Bulgarien und die Tschechoslowakei. Nach der Wende 1989 fanden im nunmehrigen Steigerwaldstadion mehrere Frauen-Länderspiele bis hin zur Europameisterschaft 2001 statt. Doch sorgte keineswegs der Fußball allein für Hochstimmung. Immer wieder gab es hochkarätige Wettkämpfe, zuletzt die Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften 1994, 1999 und 2007. Unvergessen sind aber auch Etappenankünfte der populären Friedensfahrt mit Radsport-Idol Täve Schur.
[[Datei:Stadion1929.jpg|310px|right]]Ein Jahrhundertbauwerk, das der Stadt Erfurt wichtige Impulse verleihen wird – so handelten die Medien im Mai 1931 die feierlich eingeweihte „Mitteldeutsche Kampfbahn“, das heutige Steigerwaldstadion. Tatsächlich zählte das neue Erfurter Stadion damals zu den modernsten und größten der Region. In der schwierigen Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wollte man so neben anderen ambitionierten städtebaulichen Projekten die Rolle als eine der Metropolen Mitteldeutschlands untermauern. Trotz aller Zerstrittenheit der politischen Lager während der Weimarer Republik war man sich hierüber im Stadtrat einig. Für das Areal rund um das Stadion waren zudem noch weitere Sportstätten sowie eine Stadthalle mit Kongresszentrum geplant (Abb.: Alfred Overmann: Erfurt in zwölf Jahrhunderten, 1929). Die Weltwirtschaftskrise ab 1929 machte allerdings den Planern einen Strich durch die Rechnung.


Jetzt liegt es am Erfurter Stadtrat, mit der Entscheidung zu einer neuen Multifunktionsarena am 29. Februar 2012 die Weichen für die Zukunft zu stellen. Mit dem Steigerwaldstadion in seinem aktuellen Zustand wird man nicht mehr an die großen Momente der Erfurter Sportgeschichte anknüpfen können.
Dennoch hat das Stadion Sternstunden der Sportgeschichte erlebt. Hier wurde Turbine Erfurt, Vorgänger des FC Rot-Weiß, 1954 und 1955 DDR-Meister im Fußball. In Spitzenspielen wie gegen Chemie Leipzig zog es fast 50.000 Zuschauer an den Steigerrand. 1935 fand dort das erste Länderspiel statt, das Deutschland gegen Rumänien 4:2 gewann. Im Georgij-Dimitroff-Stadion, wie die Sportstätte in der DDR-Zeit hieß, gab es weitere Länderspiele gegen Marokko, Polen, Bulgarien und die Tschechoslowakei.  


Nach 1990 fanden im jetzigen Steigerwaldstadion mehrere Frauen-Länderspiele bis hin zur Europameisterschaft 2001 statt. Doch sorgte keineswegs der Fußball allein für Stimmung. Immer wieder gab es hochkarätige Wettkämpfe, zuletzt die Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften 1994, 1999 und 2007. Unvergessen sind auch Etappenankünfte der Friedensfahrt mit Radsport-Idol Gustav-Adolf „Täve“ Schur. Das Stadion war zugleich Heimstätte von Olympiasiegern wie Fünfkämpferin Sigrun Siegl, Hürdenläufer Volker Beck und Geher Hartwig Gauder.


(Text: '''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''')
Nach 1990 wurden aber die baulichen Defizite immer deutlicher sichtbar. Einzige nennenswerte Modernisierungsmaßnahme war die neue Haupttribüne 1994. Der Blick nach Leipzig, Dresden, Halle und Magdeburg mit ihren schicken Fußballarenen machte dies umso schmerzlicher deutlich. Als einstiger Vorreiter in Sachen Stadion drohte Erfurt ins Abseits zu geraten. Der Stadtrat hat deshalb nach langer Diskussion am 29. Februar 2012 mit klarer Mehrheit die Weichen für eine Multifunktionsarena gestellt, die überwiegend mit Fördergeldern finanziert werden soll. Das Konzept verbindet Fußball und Leichtathletik mit einem Kongresszentrum, womit man auch an die Pläne der Weimarer Republik anknüpft. So besteht für das bedeutendste Denkmal der Erfurter Sportgeschichte die Hoffnung, auch zukünftig als lebendige Wettkampf- und Trainingsstätte erhalten zu bleiben.
 
''PS: 2016 wurde das Stadion neu eröffnet als moderne '''[[Multifunktionsarena Erfurt|Multifunktionsarena]]'''.''
 
 
'''Lesetipp:'''
 
Steffen Raßloff: '''Von Olympiasiegern und Weltmeistern. Die Sportstadt Erfurt.''' In: '''[[Erfurt_55_Highlights_aus_der_Geschichte|Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte]]'''. Erfurt 2021. S. 104 f.
 
'''>''' '''[http://www.radio-frei.de/index.php?iid=7&ksubmit_show=Artikel&kartikel_id=5910 Interview zur Stadiongeschichte]''' anlässlich der Arena-Fertigstellung 2016 mit Dr. Steffen Raßloff bei Radio FREI
 
 
Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt|Geschichte Erfurts]]''', '''[[Sportstadt Erfurt]]''', '''[[Weimarer Republik]]''', '''[[Geschichte Stadion|Geschichte des Stadions]]''', '''[[FC Rot Weiss Erfurt|RWE]]''', '''[[Radrennbahn Andreasried|Radrennbahn]]'''

Version vom 14. März 2021, 16:50 Uhr

Steigerwaldstadion

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (11.01.2014)


Denkmal der Sportgeschichte

DENKMALE IN ERFURT (132): Das Steigerwaldstadion hat Sternstunden des Sports erlebt und darf auf eine Zukunft als Multifunktionsarena hoffen.


Stadion1929.jpg

Ein Jahrhundertbauwerk, das der Stadt Erfurt wichtige Impulse verleihen wird – so handelten die Medien im Mai 1931 die feierlich eingeweihte „Mitteldeutsche Kampfbahn“, das heutige Steigerwaldstadion. Tatsächlich zählte das neue Erfurter Stadion damals zu den modernsten und größten der Region. In der schwierigen Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wollte man so neben anderen ambitionierten städtebaulichen Projekten die Rolle als eine der Metropolen Mitteldeutschlands untermauern. Trotz aller Zerstrittenheit der politischen Lager während der Weimarer Republik war man sich hierüber im Stadtrat einig. Für das Areal rund um das Stadion waren zudem noch weitere Sportstätten sowie eine Stadthalle mit Kongresszentrum geplant (Abb.: Alfred Overmann: Erfurt in zwölf Jahrhunderten, 1929). Die Weltwirtschaftskrise ab 1929 machte allerdings den Planern einen Strich durch die Rechnung.

Dennoch hat das Stadion Sternstunden der Sportgeschichte erlebt. Hier wurde Turbine Erfurt, Vorgänger des FC Rot-Weiß, 1954 und 1955 DDR-Meister im Fußball. In Spitzenspielen wie gegen Chemie Leipzig zog es fast 50.000 Zuschauer an den Steigerrand. 1935 fand dort das erste Länderspiel statt, das Deutschland gegen Rumänien 4:2 gewann. Im Georgij-Dimitroff-Stadion, wie die Sportstätte in der DDR-Zeit hieß, gab es weitere Länderspiele gegen Marokko, Polen, Bulgarien und die Tschechoslowakei.

Nach 1990 fanden im jetzigen Steigerwaldstadion mehrere Frauen-Länderspiele bis hin zur Europameisterschaft 2001 statt. Doch sorgte keineswegs der Fußball allein für Stimmung. Immer wieder gab es hochkarätige Wettkämpfe, zuletzt die Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften 1994, 1999 und 2007. Unvergessen sind auch Etappenankünfte der Friedensfahrt mit Radsport-Idol Gustav-Adolf „Täve“ Schur. Das Stadion war zugleich Heimstätte von Olympiasiegern wie Fünfkämpferin Sigrun Siegl, Hürdenläufer Volker Beck und Geher Hartwig Gauder.

Nach 1990 wurden aber die baulichen Defizite immer deutlicher sichtbar. Einzige nennenswerte Modernisierungsmaßnahme war die neue Haupttribüne 1994. Der Blick nach Leipzig, Dresden, Halle und Magdeburg mit ihren schicken Fußballarenen machte dies umso schmerzlicher deutlich. Als einstiger Vorreiter in Sachen Stadion drohte Erfurt ins Abseits zu geraten. Der Stadtrat hat deshalb nach langer Diskussion am 29. Februar 2012 mit klarer Mehrheit die Weichen für eine Multifunktionsarena gestellt, die überwiegend mit Fördergeldern finanziert werden soll. Das Konzept verbindet Fußball und Leichtathletik mit einem Kongresszentrum, womit man auch an die Pläne der Weimarer Republik anknüpft. So besteht für das bedeutendste Denkmal der Erfurter Sportgeschichte die Hoffnung, auch zukünftig als lebendige Wettkampf- und Trainingsstätte erhalten zu bleiben.

PS: 2016 wurde das Stadion neu eröffnet als moderne Multifunktionsarena.


Lesetipp:

Steffen Raßloff: Von Olympiasiegern und Weltmeistern. Die Sportstadt Erfurt. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 104 f.


> Interview zur Stadiongeschichte anlässlich der Arena-Fertigstellung 2016 mit Dr. Steffen Raßloff bei Radio FREI


Siehe auch: Geschichte Erfurts, Sportstadt Erfurt, Weimarer Republik, Geschichte des Stadions, RWE, Radrennbahn