Preussen Denkmale: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:BismarckturmErfurt.jpg|300px|right]]Das Erfurter Bürgertum brachte immer wieder seinen Stolz auf das Deutsche Kaiserreich sowie auf den preußischen Staat und seine Monarchie zum Ausdruck. Man sah hierin auch ein festes Bollwerk gegen die sozialistische Arbeiterbewegung. Gerade in der pulsierenden Industriestadt hatten sich Bürgertum und Arbeiterschaft in klar abgegrenzten Milieus polarisiert. Hier musste der schier unaufhaltsame Aufstieg der SPD, gipfelnd im erstmaligen Gewinn des Erfurter Reichstagsmandates 1912, äußerst beunruhigend wirken. Andererseits besaß das Bürgertum auf der lokalen Ebene eine weitgehend unangefochtene politische, wirtschaftliche und kulturelle Vormachtstellung. In deren Erhaltung gegen die Bevölkerungsmehrheit der Arbeiter und deren Partei, den „vaterlandslosen Gesellen“ der Sozialdemokratie, sah sich das Bürgertum auf den preußischen Staat und dessen konservative Eliten verwiesen.  
[[Datei:BismarckturmErfurt.jpg|310px|right]]Das Erfurter Bürgertum brachte immer wieder seinen Stolz auf das Deutsche Kaiserreich sowie auf den preußischen Staat und seine Monarchie zum Ausdruck. Man sah hierin auch ein festes Bollwerk gegen die sozialistische Arbeiterbewegung. Gerade in der pulsierenden Industriestadt hatten sich Bürgertum und Arbeiterschaft in klar abgegrenzten Milieus polarisiert. Hier musste der schier unaufhaltsame Aufstieg der SPD, gipfelnd im erstmaligen Gewinn des Erfurter Reichstagsmandates 1912, äußerst beunruhigend wirken. Andererseits besaß das Bürgertum auf der lokalen Ebene eine weitgehend unangefochtene politische, wirtschaftliche und kulturelle Vormachtstellung. In deren Erhaltung gegen die Bevölkerungsmehrheit der Arbeiter und deren Partei, den „vaterlandslosen Gesellen“ der Sozialdemokratie, sah sich das Bürgertum auf den preußischen Staat und dessen konservative Eliten verwiesen.  


Das integrierende Feindbild der revolutionär und internationalistisch auftretenden Sozialdemokraten wurde durch deren Haltung zur „Preußenfrage“ zusätzlich bestärkt. Während beispielsweise Vertreter der städtischen Führungsschicht und deren Presse die Feierlichkeiten zum 100. Preußen-Jubiläum am 21. August 1902 uneingeschränkt begrüßten, ging die SPD zu diesem borussischen Geschichtsverständnis auf Distanz. In ihrer Zeitung „Thüringer Tribüne“ hieß es zu dem bombastischen, stark auf Nation und Monarchie ausgerichteten Festzug: „Mit riesigen Kosten ist ein Festzug, der die ruhmreiche Geschichte Erfurts bedeuten soll, zusammengestellt. Gerade die Anlage des Festzugs charakterisiert die bürgerliche Geschichtsklitterung.“
Das integrierende Feindbild der revolutionär und internationalistisch auftretenden Sozialdemokraten wurde durch deren Haltung zur „Preußenfrage“ zusätzlich bestärkt. Während beispielsweise Vertreter der städtischen Führungsschicht und deren Presse die Feierlichkeiten zum 100. Preußen-Jubiläum am 21. August 1902 uneingeschränkt begrüßten, ging die SPD zu diesem borussischen Geschichtsverständnis auf Distanz. In ihrer Zeitung „Thüringer Tribüne“ hieß es zu dem bombastischen, stark auf Nation und Monarchie ausgerichteten Festzug: „Mit riesigen Kosten ist ein Festzug, der die ruhmreiche Geschichte Erfurts bedeuten soll, zusammengestellt. Gerade die Anlage des Festzugs charakterisiert die bürgerliche Geschichtsklitterung.“


Als Symbole bürgerlich-nationaler Werte dürfen auch die Denkmale betrachtet werden. Erfurts Denkmallandschaft fügte sich hierbei der allgemeinen Konjunktur jener Zeit ein. In vielen größeren Städten zumal in Preußen waren ein Kaiser-Wilhelm-Denkmal und ein Bismarckturm zu finden. Das Denkmal „Kaiser Wilhelms des Großen“ am Kaiserplatz (1900), dem heutigen Karl-Marx-Platz, stand für die preußisch-deutsche Monarchie, der martialische Bismarckturm (1901) für die Verwirklichung des nationalen Einigungswillens unter dem „Eisernen Kanzler“. Letzterer steht bis heute im Steiger. Der im Kyffhäuserdenkmal zur Legitimation der Hohenzollern genutzte Barbarossa-Mythos fand in der Ornamentik des neuen Rathauses seinen Niederschlag. An der Frontseite zum Fischmarkt wurden auf zwei heute leeren Konsolen zwischen den Fenstern des Festsaales die Kaiser Friedrich I. Barbarossa und Wilhelm I. platziert. Hierin kam die Vorstellung zum Ausdruck, der preußische König Wilhelm habe als Reichsgründer 1871 den Barbarossa-Mythos erfüllt.   
Als Symbole bürgerlich-nationaler Werte dürfen auch die Denkmale betrachtet werden. Erfurts Denkmallandschaft fügte sich hierbei der allgemeinen Konjunktur jener Zeit ein. In vielen größeren Städten zumal in Preußen waren ein Kaiser-Wilhelm-Denkmal und ein Bismarckturm zu finden. Das Denkmal „Kaiser Wilhelms des Großen“ am Kaiserplatz (1900), dem heutigen Karl-Marx-Platz, stand für die preußisch-deutsche Monarchie, der martialische Bismarckturm (1901) für die Verwirklichung des nationalen Einigungswillens unter dem „Eisernen Kanzler“ (Abb., Postkarte privat). Letzterer steht bis heute im Steiger. Der im Kyffhäuserdenkmal zur Legitimation der Hohenzollern genutzte Barbarossa-Mythos fand in der Ornamentik des neuen Rathauses seinen Niederschlag. An der Frontseite zum Fischmarkt wurden auf zwei heute leeren Konsolen zwischen den Fenstern des Festsaales die Kaiser Friedrich I. Barbarossa und Wilhelm I. platziert. Hierin kam die Vorstellung zum Ausdruck, der preußische König Wilhelm habe als Reichsgründer 1871 den Barbarossa-Mythos erfüllt.   




Siehe auch: '''[[Denkmale in Erfurt]]''', '''[[Preussen Erfurt|Erfurt und Preußen]]''', '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]'''
Siehe auch: '''[[Denkmale in Erfurt]]''', '''[[Preussen Erfurt|Erfurt und Preußen]]''', '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]'''

Aktuelle Version vom 1. Oktober 2022, 10:10 Uhr

Preußisch-nationale Denkmale

Beitrag der TA-Serie Erfurt und die Preußen von Dr. Steffen Raßloff (01.08.2015)


Für Monarchie und Nation

ERFURT UND DIE PREUßEN (8) Der Bismarckturm erinnert noch an die einstige preußisch-nationale Denkmallandschaft in Erfurt


BismarckturmErfurt.jpg

Das Erfurter Bürgertum brachte immer wieder seinen Stolz auf das Deutsche Kaiserreich sowie auf den preußischen Staat und seine Monarchie zum Ausdruck. Man sah hierin auch ein festes Bollwerk gegen die sozialistische Arbeiterbewegung. Gerade in der pulsierenden Industriestadt hatten sich Bürgertum und Arbeiterschaft in klar abgegrenzten Milieus polarisiert. Hier musste der schier unaufhaltsame Aufstieg der SPD, gipfelnd im erstmaligen Gewinn des Erfurter Reichstagsmandates 1912, äußerst beunruhigend wirken. Andererseits besaß das Bürgertum auf der lokalen Ebene eine weitgehend unangefochtene politische, wirtschaftliche und kulturelle Vormachtstellung. In deren Erhaltung gegen die Bevölkerungsmehrheit der Arbeiter und deren Partei, den „vaterlandslosen Gesellen“ der Sozialdemokratie, sah sich das Bürgertum auf den preußischen Staat und dessen konservative Eliten verwiesen.

Das integrierende Feindbild der revolutionär und internationalistisch auftretenden Sozialdemokraten wurde durch deren Haltung zur „Preußenfrage“ zusätzlich bestärkt. Während beispielsweise Vertreter der städtischen Führungsschicht und deren Presse die Feierlichkeiten zum 100. Preußen-Jubiläum am 21. August 1902 uneingeschränkt begrüßten, ging die SPD zu diesem borussischen Geschichtsverständnis auf Distanz. In ihrer Zeitung „Thüringer Tribüne“ hieß es zu dem bombastischen, stark auf Nation und Monarchie ausgerichteten Festzug: „Mit riesigen Kosten ist ein Festzug, der die ruhmreiche Geschichte Erfurts bedeuten soll, zusammengestellt. Gerade die Anlage des Festzugs charakterisiert die bürgerliche Geschichtsklitterung.“

Als Symbole bürgerlich-nationaler Werte dürfen auch die Denkmale betrachtet werden. Erfurts Denkmallandschaft fügte sich hierbei der allgemeinen Konjunktur jener Zeit ein. In vielen größeren Städten zumal in Preußen waren ein Kaiser-Wilhelm-Denkmal und ein Bismarckturm zu finden. Das Denkmal „Kaiser Wilhelms des Großen“ am Kaiserplatz (1900), dem heutigen Karl-Marx-Platz, stand für die preußisch-deutsche Monarchie, der martialische Bismarckturm (1901) für die Verwirklichung des nationalen Einigungswillens unter dem „Eisernen Kanzler“ (Abb., Postkarte privat). Letzterer steht bis heute im Steiger. Der im Kyffhäuserdenkmal zur Legitimation der Hohenzollern genutzte Barbarossa-Mythos fand in der Ornamentik des neuen Rathauses seinen Niederschlag. An der Frontseite zum Fischmarkt wurden auf zwei heute leeren Konsolen zwischen den Fenstern des Festsaales die Kaiser Friedrich I. Barbarossa und Wilhelm I. platziert. Hierin kam die Vorstellung zum Ausdruck, der preußische König Wilhelm habe als Reichsgründer 1871 den Barbarossa-Mythos erfüllt.


Siehe auch: Denkmale in Erfurt, Erfurt und Preußen, Geschichte der Stadt Erfurt