Nordpark Buga

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Chancen für den Norden Erfurts

Die Buga-Maßnahmen in der nördlichen Geraaue knüpfen an ältere soziale Projekte wie den Nordpark an und bieten große Chancen für das einstige "Blechbüchsenviertel".


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Momentan wird viel darüber diskutiert, ob und in wieweit die städtebauliche Aufwertung durch die Buga-Projekte in der Geraaue den Norden Erfurts als Wohnstandort attraktiver machen. Diese Frage ist durchaus berechtigt, gilt die Gegend doch seit gut einem Jahrhundert als sozial unterprivilegiertes „Blechbüchsenviertel“.

Die Industrialisierung war von einer dynamischen Stadtentwicklung begleitet. Die Stadt breitete sich nach der Entfestigung 1873 rasant aus. Dies geschah unter klarer sozialer Ausdifferenzierung. Im Norden und Osten entstanden einfache Vorstädte für Arbeiter und Kleinbürger sowie große Industrieareale, während sich im Süden und Westen die „besseren Viertel“ des Bürgertums etablierten.

Nach einer gewissen Durchmischung in der DDR-Zeit hat sich das soziale Südwest-Nordost-Gefälle nach 1990 wieder weitgehend reproduziert. Jüngere sozialwissenschaftliche Studien bescheinigen Erfurt mit seinen 215.000 Einwohnern sogar einen der höchsten Segregationsgrade deutscher Großstädte, will heißen: die Gutbetuchten wohnen wieder mehrheitlich in der Altstadt und am Steigerrand, die weniger Wohlhabenden im Norden.

Dieser sozialen Schieflage mit Parkanlagen beizukommen ist keine Erfindung der Buga-Macher unserer Tage. Hierfür steht seit rund 100 Jahren beispielhaft der Nordpark als grüne Lunge der nördlichen Erfurter Vorstädte (Foto: Michael Sander). Die Anlage wurde 1912 von Gartenbaudirektor Max Bromme entworfen. Allerdings konnten die Arbeiten erst nach dem Ersten Weltkrieg bis 1927 fertig gestellt werden. Mit der Einweihung des Nordbades im Bauhaus-Stil 1929 hatte die Parkanlage ihre Abrundung gefunden.

Bromme, später Gartenbaudirektor in Frankfurt am Main, gehörte zu jener neuen Generation von Gartenarchitekten, die in ihre Arbeit soziale Aspekte breit einfließen ließen. Zu seinem Erfurter Hauptwerk erklärte er: „Der Zweck des Nordparkes wird sein, für die Bevölkerung der dem Steigerwald abgewendeten Stadtteile freie Erholungs- und Bewegungsmöglichkeiten zu geben.“ Der Nordpark wird dem bis heute voll und ganz gerecht.

Die Bundesgartenschau 2021 bietet nunmehr die Chance, diese soziale Funktion des Nordparks wieder aufzugreifen und gewissermaßen durch die weitgehend sanierten DDR-Plattenbaugebiete bis nach Gispersleben zu tragen. Hierbei sollte man die Chancen dieser Aufwertung betonen, nicht deren unstrittige Grenzen. Eine Stigmatisierung als Hartz 4- und Flüchtlings-Getto bringt den Norden jedenfalls nicht weiter.

Auch dank des Nordparks ist die einst als „Blechbüchsenviertel“ verschriene Gründerzeitvorstadt der Kaiserzeit längst zur beliebten Wohnlage geworden. Ohne sich übertriebenen Illusionen hinzugeben, könnte die Buga ähnlich positive Effekte für den „hohen Norden“ mit sich bringen. Die ersten komplexen Wohnungs-Neubauprojekte seit mehr als 30 Jahren am Moskauer und Berliner Platz sind hierbei ein gutes Signal.

(Dr. Steffen Raßloff in Thüringer Allgemeine vom 03.07.2018)


Siehe auch: Bundesgartenschau 2021, Blumenstadt Erfurt, Nordpark als Gartendenkmal