Kirchen

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Kirchen in Erfurt

Die Mittelaltermetropole Erfurt galt wegen ihrer vielen Kirchen als "Rom des Nordens". Martin Luther schwärmte von der "Erfordia turrita", dem türmereichen Erfurt. Einige der Klöster leisteten einen bedeutenden Beitrag zur Stadtentwicklung.


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Ein Kennzeichen der Mittelaltermetropole Erfurt waren seine außergewöhnlich vielen Kirchen. Es wurde deshalb auch als „thüringisches Rom“ oder „Rom des Nordens“ bezeichnet. Martin Luther sprach mit Blick auf die imposante Stadtsilhouette von der Erfordia turrita, dem türmereichen Erfurt. Als Stadtkronen überragten das Ensemble aus Mariendom und Severikirche auf dem Domhügel und die Peterskirche auf dem Petersberg die über 40 Gotteshäuser. Dementsprechend viele Geistliche lebten in der Stadt. Der Klerus unterteilte sich vor der Reformation in vier Kollegiatstifte (Marienstift, Severistift, Reglerstift, Brunnenstift), elf Klöster (Augustinereremiten, Augustinerinnen/Neuwerk, Benediktiner, Benediktinerinnen/Cyriak, Schotten, Dominikaner, Franziskaner, Kartäuser, Serviten, Weißfrauen, Zisterzienserinnen), eine Hospitalkirche und 27 Pfarrkirchen.

Obwohl das 742 von Missionar Bonifatius gegründete Bistum Erfurt wenig später dem Erzbistum Mainz angegliedert wurde, stellte Erfurt im Mittelalter das kirchliche Zentrum Thüringens dar. Es war Sitz eines Weihbischofs und anderer regionaler Leitungsämter. Zudem stand der Klerus dem Stadtherrn der autonomen Quasi-Reichsstadt, dem Mainzer Erzbischof, sehr nahe. Sitz der kurmainzischen Verwaltung war der Mainzerhof im Brühl in Nachbarschaft des Martinsklosters der Zisterzienserinnen. Auch besaßen einige der Erfurter Klöster Bedeutung weit über die Region hinaus, wie das Benediktinerkloster auf dem Petersberg als ein Zentrum von Geschichtsschreibung und Buchkunst sowie Stätte bedeutender Ereignisse der Reichsgeschichte.

Einen großen Beitrag zur Stadtentwicklung haben die Bettelorden der Franziskaner, Dominikaner und Augustinereremiten geleistet. Zuerst konnten sich die Franziskaner („Barfüßer“) 1224 am südlichen Ufer der Gera nahe dem Rathaus ansiedeln. Nur wenig später folgten ihnen 1229 am nördlich gegenüber liegenden Ufer die Dominikaner („Prediger“). Ihre gewaltigen Klosterkirchen ragten unter den Pfarrkirchen deutlich heraus. Die Augustiner konnten im Nordosten nach einem ersten gescheiterten Anlauf mit Billigung des Rates 1276 ihr Kloster errichten. Die sehr auf Bildung und Spiritualität bedachten Bettelorden brachten große Gelehrte hervor, allen voran den Predigermönch Meister Eckart und den Augustinermönch Martin Luther.

Die Vielzahl der kirchlichen Einrichtungen und seine kirchenpolitische Bedeutung trugen mit dazu bei, dass Erfurt im „Kernland der Reformation“ umso stärker in den Strudel der Geschehnisse auf der Schwelle zur Neuzeit um 1500 hineingezogen wurde. Der Student und junge Mönch Martin Luther erhielt hier von 1501 bis 1511 tiefe Einblicke in die Probleme einer komplexen Kirchenlandschaft mit ihren Klöstern, Stiften und Pfarreien, wie sie nur in wenigen Metropolen anzutreffen war. So wurde das „thüringische Rom“ auch zur „Keimzelle der Reformation“. All dies lässt sich noch heute bei einem Gang durch die weitgehend erhaltene Erfurter Altstadt mit ihren vielen Kirchen nachvollziehen. (Foto: Alexander Raßloff)


Steffen Raßloff: Erfordia turrita. Die Kirchen im "Rom des Nordens". In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 24 f.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Dom