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Vor 175 Jahren begann Erfurt mit dem Anschluss an das deutsche Eisenbahnnetz buchstäblich die Fahrt in die Moderne. Die Lokalpresse berichtete enthusiastisch über die erste Probefahrt von Weimar am 22. März 1847: „Nach Verlauf von nicht 1 Stunde kam der imposante Zug, begrüßt von zwei Musikchören und dem Jubel der Volksmenge auf dem hiesigen Bahnhof an.“ Der Zug musste noch die Stadtbefestigungen durchfahren, die sich unmittelbar hinter dem ersten Bahnhof, der späteren Reichsbahndirektion, auftürmten.
[[Datei:HauptbahnhofCorsep.jpg|310px|right]]Vor 175 Jahren begann Erfurt mit dem Anschluss an das deutsche Eisenbahnnetz buchstäblich die Fahrt in die Moderne. Die Lokalpresse berichtete enthusiastisch über die erste Probefahrt von Weimar am 22. März 1847: „Nach Verlauf von nicht 1 Stunde kam der imposante Zug, begrüßt von zwei Musikchören und dem Jubel der Volksmenge auf dem hiesigen Bahnhof an.“ Der Zug musste noch die Stadtbefestigungen durchfahren, die sich unmittelbar hinter dem ersten Bahnhof, der späteren Reichsbahndirektion, auftürmten (Gemälde von Walter Corsep, Stadtmuseum Erfurt).
 
Aus der 30.000 Einwohner zählenden preußischen Festungsstadt wurde nun binnen sechs Jahrzehnten eine Industriegroßstadt von 100.000 Einwohnern (1906). Dabei war es von großer Bedeutung, dass die Verbindung von Halle Richtung Rheinland entlang der Städteachse Naumburg-Erfurt-Eisenach verlegt wurde. Engagierten Bürgern um Stadtrat Karl Herrmann war bewusst, dass dies „von unberechenbarer Wichtigkeit für Erfurts Zukunft ist“.
Aus der 30.000 Einwohner zählenden preußischen Festungsstadt wurde nun binnen sechs Jahrzehnten eine Industriegroßstadt von 100.000 Einwohnern (1906). Dabei war es von großer Bedeutung, dass die Verbindung von Halle Richtung Rheinland entlang der Städteachse Naumburg-Erfurt-Eisenach verlegt wurde. Engagierten Bürgern um Stadtrat Karl Herrmann war bewusst, dass dies „von unberechenbarer Wichtigkeit für Erfurts Zukunft ist“.
Dies gilt auch für den letzten Meilenstein als moderner ICE-Knoten. Der Ende des 19. Jahrhunderts eingeweihte Hauptbahnhof wurde hierfür umgebaut. Am 8. Dezember 2017 nahm die Strecke Berlin-Erfurt-München ihren Betrieb auf. Die Fahrzeit beträgt seither nur noch 4 Stunden. Die Landeshauptstadt ist darüber hinaus in alle Himmelsrichtungen bestens vernetzt.  
Dies gilt auch für den letzten Meilenstein als moderner ICE-Knoten. Der Ende des 19. Jahrhunderts eingeweihte Hauptbahnhof wurde hierfür umgebaut. Am 8. Dezember 2017 nahm die Strecke Berlin-Erfurt-München ihren Betrieb auf. Die Fahrzeit beträgt seither nur noch 4 Stunden. Die Landeshauptstadt ist darüber hinaus in alle Himmelsrichtungen bestens vernetzt.  
Neben der heute weitgehend Geschichte gewordenen Industriestadt sticht Erfurt als Lutherstadt heraus. Seit Beginn der 2000er-Jahre reihte sich ein 500. Jubiläum ans andere: 1501 schrieb sich der junge Martinus Ludher in die Matrikel der ältesten Universität im heutigen Deutschland ein, 1505 trat er ins Augustinerkloster ein und auch nach seinem Wegzug nach Wittenberg 1511 hielt der Theologe Kontakt in die Mittelaltermetropole.
Nicht zuletzt sorgte er durch Besuche dafür, dass die 1517 einsetzende Reformation rasch Fuß fasste. Nach den Monaten im Versteck auf der Wartburg 1521/22, wo Luther seine bahnbrechende Bibelübersetzung begann, galt es die Gläubigen wieder von Angesicht zu Angesicht zu bestärken. Hierfür hielt er im Oktober 1522 zwei viel beachtete Predigten in der Michaelis- und Kaufmannskirche. 
Eine wichtige Epoche der Stadtgeschichte bildet auch die „Preußenzeit“ von 1802 bis 1945, in der Erfurt zur modernen Großstadt aufstieg. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Erfurter zu Thüringern im administrativen Sinne. Durch Zusammenschluss des preußischen Regierungsbezirkes Erfurt und des seit 1920 bestehenden Landes Thüringen mit der Hauptstadt Weimar entstand 1945 erstmals ein Land Thüringen in etwa seiner heutigen Form. 
Die formale Auflösung Preußens erfolgte allerdings erst per Alliiertem Kontrollratsgesetz Nr. 46 vom 25. Februar 1947. Aus der „Provinz“ wurde so vor 75 Jahren endgültig das Land Thüringen. Die im Sinne der SED fortschrittlichere Industriestadt Erfurt übernahm jetzt von Weimar die Funktion als Landeshauptstadt. Hieran erinnert das 1951 als Regierungssitz eingeweihte heutige Landtagshochhaus. 1952 in der DDR bereits wieder in die Bezirke Erfurt, Gera und Suhl aufgelöst, entstand Thüringen mit der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 als Bundesland mit der Hauptstadt Erfurt.


Dr. Steffen Raßloff
Neben der heute weitgehend Geschichte gewordenen Industriestadt sticht Erfurt als Lutherstadt heraus. Seit Beginn der 2000er-Jahre reihte sich ein 500. Jubiläum ans andere: 1501 schrieb sich der junge Martinus Ludher in die Matrikel der ältesten Universität im heutigen Deutschland ein, 1505 trat er ins Augustinerkloster ein und auch nach seinem Wegzug nach Wittenberg 1511 hielt der Theologe Kontakt in die Mittelaltermetropole. Nicht zuletzt sorgte er durch Besuche dafür, dass die 1517 einsetzende Reformation rasch Fuß fasste. Nach den Monaten im Versteck auf der Wartburg 1521/22, wo Luther seine bahnbrechende Bibelübersetzung begann, galt es die Gläubigen wieder von Angesicht zu Angesicht zu bestärken. Hierfür hielt er im Oktober 1522 zwei viel beachtete Predigten in der Michaelis- und Kaufmannskirche.
Eine wichtige Epoche der Stadtgeschichte bildet auch die „Preußenzeit“ von 1802 bis 1945, in der Erfurt zur modernen Großstadt aufstieg. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Erfurter zu Thüringern im administrativen Sinne. Durch Zusammenschluss des preußischen Regierungsbezirkes Erfurt und des seit 1920 bestehenden Landes Thüringen mit der Hauptstadt Weimar entstand 1945 erstmals ein Land Thüringen in etwa seiner heutigen Form. Die formale Auflösung Preußens erfolgte allerdings erst per Alliiertem Kontrollratsgesetz Nr. 46 vom 25. Februar 1947. Aus der „Provinz“ wurde so vor 75 Jahren endgültig das Land Thüringen. Die im Sinne der SED fortschrittlichere Industriestadt Erfurt übernahm jetzt von Weimar die Funktion als Landeshauptstadt. Hieran erinnert das 1951 als Regierungssitz eingeweihte heutige Landtagshochhaus. 1952 in der DDR bereits wieder in die Bezirke Erfurt, Gera und Suhl aufgelöst, entstand Thüringen mit der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 als Bundesland mit der Hauptstadt Erfurt.
 
''('''[[SteffenRaßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''' in Thürimnger Allgemeine vom 07.01.2022)''




Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Martin Luther]]'''
Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Hauptbahnhof Erfurt|Eisenbahn]]''', '''[[Martin Luther]]''', '''[[Preussen|Preußen]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt|Stadtmuseum]]'''

Version vom 8. Januar 2022, 09:09 Uhr

Historisches 2022

2022 hält neben 175 Jahren Anschluss an die Eisenbahn weiter historische Jubiläen bereit.


HauptbahnhofCorsep.jpg

Vor 175 Jahren begann Erfurt mit dem Anschluss an das deutsche Eisenbahnnetz buchstäblich die Fahrt in die Moderne. Die Lokalpresse berichtete enthusiastisch über die erste Probefahrt von Weimar am 22. März 1847: „Nach Verlauf von nicht 1 Stunde kam der imposante Zug, begrüßt von zwei Musikchören und dem Jubel der Volksmenge auf dem hiesigen Bahnhof an.“ Der Zug musste noch die Stadtbefestigungen durchfahren, die sich unmittelbar hinter dem ersten Bahnhof, der späteren Reichsbahndirektion, auftürmten (Gemälde von Walter Corsep, Stadtmuseum Erfurt).

Aus der 30.000 Einwohner zählenden preußischen Festungsstadt wurde nun binnen sechs Jahrzehnten eine Industriegroßstadt von 100.000 Einwohnern (1906). Dabei war es von großer Bedeutung, dass die Verbindung von Halle Richtung Rheinland entlang der Städteachse Naumburg-Erfurt-Eisenach verlegt wurde. Engagierten Bürgern um Stadtrat Karl Herrmann war bewusst, dass dies „von unberechenbarer Wichtigkeit für Erfurts Zukunft ist“.

Dies gilt auch für den letzten Meilenstein als moderner ICE-Knoten. Der Ende des 19. Jahrhunderts eingeweihte Hauptbahnhof wurde hierfür umgebaut. Am 8. Dezember 2017 nahm die Strecke Berlin-Erfurt-München ihren Betrieb auf. Die Fahrzeit beträgt seither nur noch 4 Stunden. Die Landeshauptstadt ist darüber hinaus in alle Himmelsrichtungen bestens vernetzt.

Neben der heute weitgehend Geschichte gewordenen Industriestadt sticht Erfurt als Lutherstadt heraus. Seit Beginn der 2000er-Jahre reihte sich ein 500. Jubiläum ans andere: 1501 schrieb sich der junge Martinus Ludher in die Matrikel der ältesten Universität im heutigen Deutschland ein, 1505 trat er ins Augustinerkloster ein und auch nach seinem Wegzug nach Wittenberg 1511 hielt der Theologe Kontakt in die Mittelaltermetropole. Nicht zuletzt sorgte er durch Besuche dafür, dass die 1517 einsetzende Reformation rasch Fuß fasste. Nach den Monaten im Versteck auf der Wartburg 1521/22, wo Luther seine bahnbrechende Bibelübersetzung begann, galt es die Gläubigen wieder von Angesicht zu Angesicht zu bestärken. Hierfür hielt er im Oktober 1522 zwei viel beachtete Predigten in der Michaelis- und Kaufmannskirche.

Eine wichtige Epoche der Stadtgeschichte bildet auch die „Preußenzeit“ von 1802 bis 1945, in der Erfurt zur modernen Großstadt aufstieg. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Erfurter zu Thüringern im administrativen Sinne. Durch Zusammenschluss des preußischen Regierungsbezirkes Erfurt und des seit 1920 bestehenden Landes Thüringen mit der Hauptstadt Weimar entstand 1945 erstmals ein Land Thüringen in etwa seiner heutigen Form. Die formale Auflösung Preußens erfolgte allerdings erst per Alliiertem Kontrollratsgesetz Nr. 46 vom 25. Februar 1947. Aus der „Provinz“ wurde so vor 75 Jahren endgültig das Land Thüringen. Die im Sinne der SED fortschrittlichere Industriestadt Erfurt übernahm jetzt von Weimar die Funktion als Landeshauptstadt. Hieran erinnert das 1951 als Regierungssitz eingeweihte heutige Landtagshochhaus. 1952 in der DDR bereits wieder in die Bezirke Erfurt, Gera und Suhl aufgelöst, entstand Thüringen mit der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 als Bundesland mit der Hauptstadt Erfurt.

(Dr. Steffen Raßloff in Thürimnger Allgemeine vom 07.01.2022)


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Eisenbahn, Martin Luther, Preußen, Stadtmuseum