Henry van de Velde

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Henry van den Velde

Der verhinderte Van-de-Velde-Bau

Erfurt wollte seine Museen vor 100 Jahren in einem Neubau auf dem Stadtparkgelände bündeln, was durch den Ersten Weltkrieg verhindert wurde.


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2013 gilt in Thüringen als Van-de-Velde-Jahr. Der geniale Universalkünstler Henry Van de Velde, dem der Jugendstil wesentliche Impulse verdankt, hat hierzulande viele Spuren hinterlassen. Als Hauptwerk des Künstlers, Kunsthandwerkers und Architekten gilt das Hauptgebäude der heutigen Bauhaus-Universität in Weimar. Zahlreiche weitere öffentliche Bauwerke und noble Villen künden von seinem Schaffen in Thüringen. Auch Erfurt schickte sich vor dem Ersten Weltkrieg an, einen repräsentativen Bau von dem damaligen Stararchitekten errichten zu lassen.

Es war nichts Geringeres als ein zentraler Museumsneubau geplant, der die bisher verstreut liegenden Sammlungen unter einem Dach vereinen sollte. Engagiert hatten sich hierfür besonders die Erfurter Bürger. Eine der maßgeblichen Institutionen war der 1863 gegründete Verein für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt. Dem Geschichtsverein, der in diesem Jahr sein 150. Gründungsjubiläum begeht, gehörten alle Bildungsbürger von Rang und Namen an. Er hatte eine beachtliche stadtgeschichtliche Sammlung aufgestellt, die seit 1890 mit anderen kulturhistorischen Beständen im heutigen Volkskundemuseum zu sehen war. Zuvor hatte das Vereins-Gründungsmitglied Eduard von Hagen den Nachlass des Erfurter Malers Friedrich Nerly vermittelt, auf dessen Basis 1886 das Städtische Museum im heutigen Angermuseum seinen Anfang nahm.

Diese Sammlungen sollten nun in einem repräsentativen Bau untergebracht werden, was auch dem Selbstverständnis der zur modernen Metropole Thüringens aufgeblühten Industriestadt entsprach. Die Anregung hierfür ging u.a. von Prof. Alfred Overmann aus, Stadtarchivar und Vorstandsmitglied des Geschichtsvereins. Er leitete seit 1901 das Museum im Nebenamt und stellte die konzeptionellen Weichen. 1912 trat an seine Stelle als erster hauptamtlicher Direktor der spätere Reichskunstwart Dr. Edwin Redslob, der zugleich die Sammlung des Geschichtsvereins betreute. Letztere wurde übrigens 1919 vom Verein an die Stadt geschenkt und bildet einen wesentlichen Grundstock für das heutige Stadtmuseum in der Johannesstraße.

Nicht zuletzt dank des Engagements von Oberbürgermeister Dr. Hermann Schmidt und zahlreicher hoher Spenden aus der Bürgerschaft konnte das Projekt weit voran getrieben werden. 1911 wurde als Standort das Stadtparkgelände ausgewählt. 1913, also vor genau 100 Jahren beauftragte der junge und aufgeschlossene Direktor Redslob Van de Velde mit dem Bau. Die Pläne reiften bis hin zu einem konkreten Modell heran. Allerdings konnte das Projekt wegen des baldigen Kriegsausbruchs 1914 und der auf den Krieg folgenden Inflation nicht mehr ausgeführt werden. Ab 4. Mai wird eine Ausstellung im Angermuseum an dieses fast vergessene Kapitel Erfurter Kulturgeschichte erinnern.

(Dr. Steffen Raßloff, Thüringer Allgemeine vom 11.01.2013)


Siehe auch: Erfurter Museumsgeschichte, Stadtmuseum, Geschichte der Stadt Erfurt