Grünanlage Louisental am Domplatz

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Louisental

Vergessener Park

Vor 140 Jahren übergab die Stadt Erfurt die Grünanlage Louisental an die preußische Justiz, die darauf das Landgericht und die heutige Gedenkstätte Andreasstraße errichtete.


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Das Landgericht am Domplatz gehört ganz selbstverständlichen zum Stadtbild. Als neogotischer Repräsentationsbau aus dem Jahre 1879 reiht es sich ein in die zahlreichen Neubauten aus der „Gründerzeit“. Zugleich gibt es dem außergewöhnlich großen Platz an dieser relativ offenen Seite eine urbane Einfassung. Viele Erfurter wissen auch, dass diese Ausdehnung auf die Ereignisse des Jahres 1813 zurückgeht, nicht zuletzt dank einer noch für einige Wochen zu sehenden Sonderausstellung im Stadtmuseum. Während der Befreiungskriege hatte die Beschießung der Stadt am 6. November 1813 neben dem Peterskloster auch ein Wohnviertel auf dem nördlichen Teil des heutigen Domplatzes zerstört. Dieses wurde nicht wieder aufgebaut und das eingeebnete Areal fortan vom preußischen Militär zum Exerzieren genutzt.

Was aber zwischen 1813 und 1879 mit dem Bereich geschah, auf dem sich heute Landgericht und Gedenkstätte Andreasstraße befinden, ist weit weniger bekannt. Der Name Louisental dürfte nur noch wenigen historisch interessierten Zeitgenossen geläufig sein. So hieß der kleine Park, der sich hier für einige Jahrzehnte als eine der ganz wenigen innerstädtischen Grünanlagen befand. Dank der Untersuchungen des Denkmalpflegers Horst Stecher lässt sich dessen kurze Geschichte rekonstruieren. Schon bald nach den Wirren der Napoleonischen Zeit tauchte der Wunsch auf, den großen Domplatz, damals noch „Vor den Graden“ genannt, zu verschönern. Hierzu sollte eine Baumallee den Platz einrahmen und im Norden ein kleiner Park angelegt werden.

Nach einigen Anlaufschwierigkeiten, die sich um Geld und Reibereien zwischen Stadt und Militär drehten, konnte 1823 der neue Park übergeben werden. Auf dreieckigem Grundriss war eine Grünanlage entstanden (Abb. 1), die einen künstlichen Wasserfall als Anziehungspunkt erhielt. Auf die Spitze des hierfür errichteten Felsens stellte man eine Herkulesfigur aus dem Schlosspark Molsdorf. Zum Friedrich-Wilhelm-Platz, wie der Domplatz seit 1823 hieß, diente der begradigte Falllochkanal als malerische Abgrenzung, der ab 1864 sogar als Badeanstalt genutzt wurde. Die Fürsorge für den Park übernahm der Verschönerungsverein. Hierfür konnte man auch auf die Nachlassschenkung des Offiziers und Lokalhistorikers Leopold Wilhelm von Meinecke (1789-1860) zurückgreifen. Das 1861 für ihn im Louisental errichtete Denkmal musste allerdings schon elf Jahre später vor die Kaufmannskirche umziehen, von wo es wiederum 1889 für das Lutherdenkmal weichen musste. Heute steht der Gedenkstein in der Meineckestraße.

Die Pflege des Parks hatte von Beginn an immer wieder Schwierigkeiten gemacht. Mal war es die Finanzierung, mal Probleme mit dem verantwortlichen „Aufseher“, aber auch schon sehr modern anmutende Klagen über nächtlichen Vandalismus am Parkmobiliar verursachten Frust. Dennoch hielt sich die Begeisterung in der Bevölkerung zunächst verständlicherweise in Grenzen, als 1872 der preußische Staat mit dem Wunsch an die Stadt heran trat, hier ein neues Kreisgericht zu errichten. Dennoch kam das für die Stadt sehr lukrative Immobiliengeschäft rasch zustande. Noch im gleichen Jahr wurde der Vertrag unterzeichnet und 1874, vor genau 140 Jahren, das Louisental an den preußischen Justizfiskus übergeben. (Abbildungen: Horst Stecher, Chronik Meinecke)

(Dr. Steffen Raßloff in: Thüringer Allgemeine vom 02.09.2014)


Lesetipp:

Horst Stecher/Christel Perlik: Das Louisental - Eine parkähnliche Gartenanlage inmitten der Stadt. In: Erfurter Beiträge 3 (1999). S. 129-176.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Geschichte Parks und Gärten, Denkmale in Erfurt, Beschießung 1813, Gedenkstätte Andreasstraße, Domplatz