Flughafen Erfurt Weimarer Republik

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Der Erfurter Flughafen in der Weimarer Republik

Beitrag der Serie Außen Quadrat - Innen Biedermeier von Dr. Steffen Raßloff (19.09.2009)


Ein Mittelpunkt im deutschen Luftverkehr

Außen Quadrat - Innen Biedermeier (3): Der Flughafen läutete 1925 ein neues Verkehrszeitalter ein


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Die Einweihung des Flughafens am Roten Berg 1925 stellt einen Meilenstein in der Erfurter Verkehrsgeschichte dar. Sofort konnte sich die Stadt als wichtiger Knotenpunkt des noch jungen Verkehrsmittles etablieren. Ein Flugplan aus dem Jahre 1927 in der Sonderausstellung des Stadtmuseums wirft interessante Schlaglichter auf den stolzen “Mittelpunkt im deutschen Luftverkehr”.

Der Flughafen Erfurt in Bindersleben gehört zu den kleineren seiner Art in Deutschland. Neben Urlaubsfliegern gibt es nur zwei direkte Linienverbindungen nach Hamburg und München. Im mitteldeutschen Raum besitzt der Flughafen Leipzig/Halle ganz klar die Lufthoheit. Vor acht Jahrzehnten dagegen präsentierte sich Erfurt noch als ein “Mittelpunkt im deutschen Luftverkehr”. So steht es zu lesen im Flugplan von 1927. Er ermöglicht in der aktuellen Sonderausstellung des Stadtmuseums zur Zeit der Weimarer Republik interessante Einblicke in die Welt des Luftverkehrs.

Für damalige Verhältnisse “sicher, bequem und preiswert” konnte man auf elf direkten Linien Ziele in Mitteleuropa von Amsterdam bis Berlin, von Hannover bis Genf anfliegen. Freilich dauerte ein Ausflug in die holländische Hauptstadt noch stolze fünf Stunden und 15 Minuten, nach Berlin waren es zwei Stunden zwanzig Minuten. Die Preise klingen dafür mit 75,00 und 35,00 Mark nach Billigflieger, wobei natürlich die Einkommensverhältnisse vor 80 Jahren beachtet werden müssen. Mit täglich elf Starts und elf Landungen zwischen 8.00 und 17.00 Uhr herrschte im Norden der Stadt reger Luftverkehr. Neben den großen Städten konnte man u.a. auch für 17,00 Mark zur Kur nach Bad Kissingen fliegen.

Die Flugzeuge etwa der legendären Marke Junkers starteten aber noch nicht von Bindersleben, sondern vom Roten Berg. Dort, wo sich heute die Rote-Berg-Siedlung zwischen Stotternheimer Straße und Nördlicher Querverbindung erstreckt, befanden sich die Anlagen mit Empfangsgebäude, Hangar und Rollfeld (siehe Abb.). All dies kann in Text und Bild im Stadtmuseum nachvollzogen werden. Am 10. Mai 1925, und damit zwei Jahre vor Leipzig-Schkeuditz, war mit einer riesigen Menschenmenge Einweihung gefeiert worden. Oberbürgermeister Bruno Mann begrüßte die Piloten und Passagiere der beiden Eindecker-Ganzmetallmaschinen, die mit großem Jubel begrüßt wurden. Die Thüringer Allgemeine Zeitung sprach zu Recht von dem “seit Jahrzehnten wichtigsten Tag” für die Erfurter Verkehrsgeschichte.

1927 war die Anlage komplett fertig gestellt und technisch auf dem neuesten Stand. Im Dritten Reich erhielt sie 1936 nach dem gewichtigen Reichsmarschall und einstigen Kampfflieger den Namen Hermann Göring Flughafen Erfurt. Während des Zweiten Weltkrieges entstanden im Umfeld große Hangars und ein Reparaturwerk für Militärflugzeuge. Diese Anlagen wurden mehrfach durch Luftangriffe stark zerstört. Nach dem Krieg verlagerte sich schließlich die zivile Luftfahrt vom Roten Berg an den heutigen Standort nach Bindersleben, wo im Dritten Reich ein wichtiger Militärflughafen entstanden war. (Foto: Stadtarchiv Erfurt)