Erfurt älteste Universität in Deutschland: Unterschied zwischen den Versionen

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Gramsch-Stehfest belegt jedoch, dass das Privileg von 1379 sehr wohl als "Geburtsurkunde" der Alma mater Erfordensis gelten kann. Er hat dies mit dem Buch '''[[Gründung_Universität_Erfurt|Erfurt - Die älteste Hochschule Deutschlands. Vom Generalstudium zur Universität]]''' (2012) wissenschaftlich untermauert. Darüber hinaus verweist Gramsch auf das bis ins 13. Jahrhundert zurück reichende universitätsähnliche Generalstudium, mit dem Erfurt in jedem Falle die älteste Hochschultradition aufweist.
Gramsch-Stehfest belegt jedoch, dass das Privileg von 1379 sehr wohl als "Geburtsurkunde" der Alma mater Erfordensis gelten kann. Er hat dies mit dem Buch '''[[Gründung_Universität_Erfurt|Erfurt - Die älteste Hochschule Deutschlands. Vom Generalstudium zur Universität]]''' (2012) wissenschaftlich untermauert. Darüber hinaus verweist Gramsch auf das bis ins 13. Jahrhundert zurück reichende universitätsähnliche Generalstudium, mit dem Erfurt in jedem Falle die älteste Hochschultradition aufweist.


Die neuen Forschungen haben eine intensive Diskussion in Gang gesetzt, wobei auch Gegenargumente ins Spiel gebracht wurden. Die Erklärung der Heidelberger Universitäts-Sprecherin Marietta Fuhrmann-Koch, "entscheidendes Kriterium für das Alter von Universitäten ist nach Ansicht der meisten Experten, wie lange die Hochschule ihren Lehrbetrieb ohne Unterbrechungen aufrecht erhalten hat" (Thüringer Allgemeine vom 22.11.2012), ist jedoch nicht haltbar. Die Ansichten hierüber sind zumindest geteilt. Schon für Prag und Wien als den ältesten Universitäten des Reiches gilt dies eindeutig nicht; hier beruft man sich unangefochten auf die Gründungsprivilegien von 1348 und 1365, obwohl der Lehrbetrieb erst deutlich später begann. Im Falle von Erfurt und Köln gab es erhebliche "Unterbrechungen" 1816/1994 und 1798/1919 - womit allein schon von den fünf ältesten Universitäten im Reich nur Heidelberg dieses vermeintlich "entscheidende Kriterium" erfüllen würde.  
Die neuen Forschungen haben eine intensive Diskussion in Gang gesetzt. Die Erklärung der Heidelberger Universitäts-Sprecherin Marietta Fuhrmann-Koch, "entscheidendes Kriterium für das Alter von Universitäten ist nach Ansicht der meisten Experten, wie lange die Hochschule ihren Lehrbetrieb ohne Unterbrechungen aufrecht erhalten hat" (Thüringer Allgemeine vom 22.11.2012), ist dabei jedoch nicht haltbar. Die Ansichten hierüber sind zumindest geteilt. Schon für Prag und Wien als den ältesten Universitäten des Reiches gilt dies eindeutig nicht; hier beruft man sich unangefochten auf die Gründungsprivilegien von 1348 und 1365, obwohl der Lehrbetrieb erst deutlich später begann. Im Falle von Erfurt und Köln gab es erhebliche "Unterbrechungen" 1816/1994 und 1798/1919 - womit allein schon von den fünf ältesten Universitäten im Reich nur Heidelberg dieses vermeintlich "entscheidende Kriterium" erfüllen würde.  


Viele Traditionsuniversitäten des 15. und 16. Jahrhunderts (Würzburg 1402, Leipzig 1409, Rostock 1419, Greifswald 1456 etc.) berufen sich ausdrücklich auf ihr Gründungsprivileg. Im Falle Jenas hat dies sogar dazu geführt, dass man sich nach intensiver wissenschaftlicher Diskussion für das Privileg von 1558 entschieden hat, obwohl die Hohe Schule an der Saale praktisch schon seit 1548 existierte. Es ist also ganz überwiegend üblich, bei der Datierung der Universitäten auf deren Gründungsprivileg zurück zu greifen - was damit auch für Erfurt völlig legitim ist. Die Alma Mater Erfordensis, an der Martin Luther sein akademisches Rüstzeug erwarb, sah sich mit ihrer Wiedergründung 1994 übrigens auch als '''[[Erfurt. Die älteste und jüngste Universität Deutschlands|älteste und jüngste Universität Deutschlands]]''', wobei mit der TU Nürnberg (2021) unterdessen eine echte Neugründung hinzugekommen ist.
Viele Traditionsuniversitäten des 15. und 16. Jahrhunderts (Würzburg 1402, Leipzig 1409, Rostock 1419, Greifswald 1456 etc.) berufen sich ausdrücklich auf ihr Gründungsprivileg. Im Falle Jenas hat dies sogar dazu geführt, dass man sich nach intensiver wissenschaftlicher Diskussion für das Privileg von 1558 entschieden hat, obwohl die Hohe Schule an der Saale praktisch schon seit 1548 existierte. Es ist also ganz überwiegend üblich, bei der Datierung der Universitäten auf deren Gründungsprivileg zurück zu greifen - was damit auch für Erfurt völlig legitim ist. Die Alma Mater Erfordensis, an der Martin Luther sein akademisches Rüstzeug erwarb, sah sich mit ihrer Wiedergründung 1994 übrigens auch als '''[[Erfurt. Die älteste und jüngste Universität Deutschlands|älteste und jüngste Universität Deutschlands]]''', wobei mit der TU Nürnberg (2021) unterdessen eine echte Neugründung hinzugekommen ist.

Version vom 15. Dezember 2021, 14:43 Uhr

Älteste Universität Deutschlands

Neuere Forschungen sehen Erfurt mit dem Gründungsprivileg von 1379 als älteste Universität Deutschlands vor Heidelberg und Köln.


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Wer hat die älteste Universität im heutigen Deutschland? Heidelberg, so war lange Zeit die allgemeine Überzeugung. Der Jenaer Historiker Prof. Dr. Robert Gramsch-Stehfest bot 2012 eine neue Antwort an: Erfurt. Dies hat die Forschung zur frühen Universitätsgeschichte im Reich belebt. Die Universität Erfurt galt lange Zeit als drittälteste Universität. Ein erstes päpstliches Privileg von 1379 (Foto: Stadtarchiv Erfurt) war 1389 wegen des Großen Schismas erneuert worden, worauf 1392 der Lehrbetrieb nach Heidelberg (1386) und Köln (1389) begann.

Gramsch-Stehfest belegt jedoch, dass das Privileg von 1379 sehr wohl als "Geburtsurkunde" der Alma mater Erfordensis gelten kann. Er hat dies mit dem Buch Erfurt - Die älteste Hochschule Deutschlands. Vom Generalstudium zur Universität (2012) wissenschaftlich untermauert. Darüber hinaus verweist Gramsch auf das bis ins 13. Jahrhundert zurück reichende universitätsähnliche Generalstudium, mit dem Erfurt in jedem Falle die älteste Hochschultradition aufweist.

Die neuen Forschungen haben eine intensive Diskussion in Gang gesetzt. Die Erklärung der Heidelberger Universitäts-Sprecherin Marietta Fuhrmann-Koch, "entscheidendes Kriterium für das Alter von Universitäten ist nach Ansicht der meisten Experten, wie lange die Hochschule ihren Lehrbetrieb ohne Unterbrechungen aufrecht erhalten hat" (Thüringer Allgemeine vom 22.11.2012), ist dabei jedoch nicht haltbar. Die Ansichten hierüber sind zumindest geteilt. Schon für Prag und Wien als den ältesten Universitäten des Reiches gilt dies eindeutig nicht; hier beruft man sich unangefochten auf die Gründungsprivilegien von 1348 und 1365, obwohl der Lehrbetrieb erst deutlich später begann. Im Falle von Erfurt und Köln gab es erhebliche "Unterbrechungen" 1816/1994 und 1798/1919 - womit allein schon von den fünf ältesten Universitäten im Reich nur Heidelberg dieses vermeintlich "entscheidende Kriterium" erfüllen würde.

Viele Traditionsuniversitäten des 15. und 16. Jahrhunderts (Würzburg 1402, Leipzig 1409, Rostock 1419, Greifswald 1456 etc.) berufen sich ausdrücklich auf ihr Gründungsprivileg. Im Falle Jenas hat dies sogar dazu geführt, dass man sich nach intensiver wissenschaftlicher Diskussion für das Privileg von 1558 entschieden hat, obwohl die Hohe Schule an der Saale praktisch schon seit 1548 existierte. Es ist also ganz überwiegend üblich, bei der Datierung der Universitäten auf deren Gründungsprivileg zurück zu greifen - was damit auch für Erfurt völlig legitim ist. Die Alma Mater Erfordensis, an der Martin Luther sein akademisches Rüstzeug erwarb, sah sich mit ihrer Wiedergründung 1994 übrigens auch als älteste und jüngste Universität Deutschlands, wobei mit der TU Nürnberg (2021) unterdessen eine echte Neugründung hinzugekommen ist.

(Dr. Steffen Raßloff)


Lesetipp:

Robert Gramsch: Erfurt - Die älteste Hochschule Deutschlands. Vom Generalstudium zur Universität. Erfurt 2012.

Steffen Raßloff: Älteste und jüngste Universität. Die Alma Mater Erfordensis. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 36f.

Die mittelalterliche Universität. In: Roland Steinacher/Stefan Donecker/Patrick Oelze/Oliver Domzalski/Daniel Mollenhauer/Steffen Raßloff/Michael Gehler: Deutsche Geschichte. Die große Bild-Enzyklopädie. München 2018. S. 100 f.