Debatte Tourismus Gruenes Herz Thueringen

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Tourismus-Debatte Grünes Herz

Kommentar: Gegen die Diskreditierung des eingängigen und identitätsstiftenden Slogans "Thüringen - das Grüne Herz Deutschlands" im Thüringen-Tourismus regt sich breiter Widerstand.


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1990 knüpfte man im wiedergegründeten Land Thüringen an die traditionelle Marke "Grünes Herz Deutschlands" an (s.o.). Nun aber meinen Politiker der rot-rot-grünen Landesregierung, diese sei verstaubt und spiegele nicht das Potenzial des Landes. Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) erteilt dem Slogan aus „Kaisers Zeiten“ eine klare Absage (Thüringer Allgemeine [TA] 05.10.2022). Ihm sekundiert Archivar Dr. Bernhard Post, der den Slogan unter Verweis auf die „völkische Vergangenheit“ und die Nutzung durch die Nationalsozialisten für "abgenutzt" erklärt (TA 27.10.2022). Gegen diese negative Sicht regt sich breiter Widerspruch (TA 06.10.2022). Es wird eine Rückkehr des deutlich kriselnden Thüringen-Tourismus' zum Grünen Herzen gefordert, kombiniert mit den Kulturschätzen des Landes – parteiübergreifend etwa vom Bad Liebensteiner Bürgermeister Dr. Michael Brodführer (CDU) und vom Gothaer Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD).

Auch der Autor dieser Zeilen plädiert für eine zeitgemäße Nutzung des Slogans (TA 08.10.2022). Kulturhistoriker Frank Lindner betont dessen tiefe Verwurzelung: "Im Übrigen steht heute das 'grüne Herz Deutschlands' ganz bestimmt nicht nur für Wald, Wiese und Wasser, es steht für die meisten Menschen zwischen Wartburg und Altenburg für Heimat und Harmonie, für Verwurzelt- und Verbundensein." (TA 05.11.2022) Instrumentalisierung im NSDAP-Mustergau, wie sie Post beklagt, findet sich zudem bei vielen profilprägenden Themen bis hin zu UNESCO-Welterbe Wartburg und Weimar. Man sollte dies nicht dazu nutzen, historisch-kulturelle Traditionen unseres Landes in verengender Perspektive zu diskreditieren. Auch die einseitige Charakterisierung von August Trinius als "Wegbereiter des Nationalsozialismus" wird dem 1919 verstorbenen Heimat- und Wanderschriftsteller, dem "Fontane Thüringens" (Lindner), nicht gerecht. Mit seinem Klassiker "Das grüne Herz Deutschlands" und vielen weiteren Publikationen hat er wesentlich zur Popularität Thüringens beigetragen.

Zudem gibt es lebendige demokratische Traditionslinien des Grünen Herzens, die bis in die Weimarer Republik zurückreichen. In der Friedlichen Revolution 1989 gehörte die Renaissance des in der DDR aufgelösten Landes mit zu den ersten Forderungen und wurde mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 Wirklichkeit. Hierbei tauchte bald das Grüne Herz als identitätsstiftendes Motto wieder auf und wurde unter demokratischen Landesregierungen in die Tourismuswerbung aufgenommen. Der noch immer weithin bekannte Slogan, der offenbar vielen Thüringern am Herzen liegt, liefert letztlich zwei zeitlose Botschaften: Thüringen liegt in der Mitte Deutschlands und wird von einer reizvollen Landschaft geprägt. Warum sollte ein zeitgemäßes Image nicht damit werben – in Kombination mit dem einzigartigen Kulturland? Motto: "Weltkultur im Grünen Herzen Deutschlands". Überzeugende Alternativen gibt es in den aktuellen Tourismusstrategien des Freistaats jedenfalls nicht.

(Dr. Steffen Raßloff)


Siehe auch: Thüringen - das Grüne Herz Deutschlands