Christoph Martin Wieland

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Christoph Martin Wieland

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (20.10.2012)


Der Voltaire der Deutschen

DENKMALE IN ERFURT (68): Christoph Martin Wieland war vor seiner Weimarer Zeit Professor an der Universität Erfurt.


Staatskanzlei.jpg

Der Bereich hinter der Krämerbrücke gehört zu den beliebtesten Ecken in unserer schönen Altstadt. Tausende Menschen passieren täglich den schmalen Gang vom Wenigemarkt zur Furt hinter der Brücke Richtung Norden. Genau an jener Stelle, wo die für Erfurt namensgebende seichte Flussüberquerung beginnt, befindet sich seit Jahrhunderten das Gasthaus „Zum Alten Schwan“. Hier wohnte, so verrät eine Gedenktafel an der Fassade, von 1769 bis 1772 der berühmte Dichter Christoph Martin Wieland. Sicher hat sich schon so mancher Tourist gefragt, was Wieland hier in Erfurt zu suchen hat, gehört er doch zum illustren Kreis der Dichter und Denker im Weimar Goethes. Nun, die Biografie des bedeutenden Schriftstellers der Aufklärung weist mehrfache Berührungspunkte mit der damals kurmainzischen Stadt Erfurt auf, bevor er in Weimar endgültig in den Olymp des deutschen Bildungsbürgertums aufstieg.

Der Sohn eines Pfarrers aus dem schwäbischen Oberholzheim begann 1749 ein Studium an der Universität Erfurt. Die einst weitgerühmte Alma mater Luthers hatte zwar längst den Zenit ihrer Geltung überschritten, zählte aber immer noch Persönlichkeiten wie den Gartenbaupionier Christian Reichart oder später den bedeutenden Pharmazeuten und Apotheker J. B. Trommsdorff zu ihren Lehrern. Zu diesen angesehenen Professoren gehörte auch der Mediziner Johann Wilhelm Baumer, nach dem heute eine Nebenstraße der Nordhäuser Straße benannt ist. Bei diesem Verwandten wohnte Wieland, ehe er 1750 sein Studium in Tübingen fortsetzte.

Zwanzig Jahre später zog es Wieland erneut nach Erfurt. Nach unruhigen Wanderjahren u.a. als Hauslehrer erreichte ihn 1769 der Ruf auf die neue Professur für Philosophie an der Universität. Jener Lehrstuhl gehörte zu den Bemühungen, der Universität im Geiste der Aufklärung zu neuer Blüte zu verhelfen. Allerdings stieß Wieland hierbei auf allerlei Widerstände vor Ort, was ihm die Freude an der neuen Stellung bald verdarb. In jener Zeit schrieb er seinen pädagogischen Staatsroman „Der goldene Spiegel“. Nicht zuletzt dieses Werk machte die Herzogin-Witwe Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach auf den aufstrebenden Autor aufmerksam. Sie berief Wieland 1772 als Prinzenerzieher an die Ilm, was gemeinhin als Beginn des „Goldenen Zeitalters“ in Weimar gilt. Aber auch von dort rissen die Kontakte ins Erfurt der Dalberg-Zeit (1772-1802) nicht ab. 1808 traf Wieland, der „Voltaire der Deutschen“, am Rande des Erfurter Fürstenkongresses in der heutigen Staatskanzlei am Hirschgarten auf Napoleon.