https://erfurt-web.de/api.php?action=feedcontributions&user=SteffenRassloff&feedformat=atomerfurt-web.de - Benutzerbeiträge [de]2024-03-29T11:28:13ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.39.0https://erfurt-web.de/index.php?title=500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017&diff=35297500. Reformationsjubilaeum Luther 20172017-06-30T12:21:11Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= 500. Reformationsjubiläum 2017 =<br />
<br />
'''Die Lutherstadt Erfurt hat zum 500. Reformationsjubiläum 2017 historisch viel zu bieten.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther.2017.jpg|160px|rechts]]Erfurt blickt auf eine große '''[[Geschichte der Stadt Erfurt|Stadtgeschichte]]''' zurück, deren bekannteste Persönlichkeit '''[[Martin Luther]]''' ist. Es ist die Stadt des Studenten und Magisters, des jungen Mönches und Theologen. Luther selbst umschrieb es so: "Die Erfurter Universität ist meine Mutter, der ich alles verdanke." Hier erfolgte mit dem Eintritt ins Augustinerkloster die entscheidende biographische Zäsur. Ohne den jungen Erfurter Luther wäre der Wittenberger Reformator nicht denkbar. Aber auch beim Reformationsgeschehen selbst hat Erfurt mehrfach eine wichtige Rolle gespielt. <br />
<br />
In der Altstadt mit ihren vielen Erinnerungsorten kann man in die Zeit Luthers abtauchen. Das '''[[Collegium maius Erfurt|Collegium maius]]''' war einst Hauptsitz der Universität, an der "Martinus Ludher ex Mansfeldt" von 1501 bis 1505 studierte und lehrte. Die älteste Universität im heutigen Deutschland galt als eine der renommiertesten Europas. Quartier bezog Luther in der nahen '''[[Georgenburse Erfurt|Georgenburse]]'''. Nach dem Abschluss als Magister Artium 1505 begann er das karriereträchtige Studium der Juristerei. Dieses fand bald nach dem '''[[Lutherstein Stotternheim|Stotternheimer Gewittererlebnis]]''' mit dem Eintritt ins '''[[Augustinerkloster Erfurt|Augustinerkloster]]''' ein Ende. Dort machte Luther sich bis 1511 auf die Suche nach seinem gnädigen Gott, die in die reformatorischen Grundüberzeugungen mündete. Auch zahlreiche '''[[500. Reformationsjubilaeum 2017 Kirchen|Kirchen]]''' gelten als Luther- und Reformationsstätten; hinzu kommt eine Reihe von '''[[500. Reformationsjubilaeum 2017 Denkmale|Denkmalen]]'''. <br />
<br />
Während im Collegium maius heute das Landeskirchenamt der EKMD ansässig ist und die Georgenburse eine Pilgerherberge mit kleiner Ausstellung beherbergt, besitzt besonders das Augustinerkloster als Tagungs- und Begegnungsstätte hohe kulturell-touristische Bedeutung. Das Flaggschiff der Lutherstadt Erfurt bietet Führungen und die Dauerausstellung "Bibel – Kloster – Luther". Krönung des Jubiläums könnte die Aufnahme auf die '''[[UNESCO_Welterbe_Augustinerkloster_juedisches_Erbe|UNESCO-Welterbeliste]]''' werden. <br />
<br />
Neben den authentischen Erinnerungsorten präsentiert das Stadtmuseum die '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Mittelaltermetropole]]''' als wichtigen Erfahrungshorizont des jungen Luthers. Die umstrittene Sonderausstellung '''[[Barfuss_ins_Himmelreich|Barfuß ins Himmelreich?]]''' vom 18. Mai bis 12. November beschäftigt sich mit Luther und den Bettelorden in Erfurt. Das Angermuseum präsentierte vom 22. April bis 18. Juni die Sonderausstellung '''[[Luther Der Auftrag Angermuseum 2017|Luther - Der Auftrag]]''' zu Erfurter Lutherbildern im Wandel. Die Erinnerungslandschaft dauerhaft bereichern soll eine Bronzefigur von Künstler Christian Paschold an der Rathausfassade, die der '''[[Rotary Club Erfurt]]''' finanziert. Das traditionelle "Martini" am 10. November fungiert als Abschlussveranstaltung des Jubiläums in Thüringen, die Evangelische Kirche veranstaltet Ende Mai ihren regionalen "Kirchentag auf dem Weg" unter dem Motto "Licht auf Luther". <br />
<br />
('''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''')<br />
<br />
<br />
'''Siehe auch:''' Leporello präsentiert '''[[Lutherstadt Erfurt]]''', Angebote der '''[https://www.erfurt-tourismus.de/sehens-wissenswertes/persoenlichkeiten/martin-luther/ Tourismusgesellschaft Erfurt]''', TTG bietet '''[http://www.youtube.com/watch?v=piUDRwZTYZI Kurzfilm zu Luther und Erfurt]'''<br />
<br />
<br />
'''Lesetipps''' <br />
<br />
Steffen Raßloff, Volker Leppin, Thomas A. Seidel (Hg.): '''[[Orte der Reformation Erfurt|Orte der Reformation. Erfurt.]]''' Leipzig 2012. <br />
<br />
Andreas Lindner/Steffen Raßloff: '''[[Luther Erfurt Predigten|Reformation konkret. Luther auf Erfurter Kanzeln.]]''' Erfurt 2012 (2. Auflage 2016).<br />
<br />
Steffen Raßloff: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt Rassloff|Geschichte der Stadt Erfurt.]]''' Erfurt 2012 (4. Auflage 2016). <br />
<br />
Kai Uwe Schierz (Hg.): '''[[Luther_Der_Auftrag_Angermuseum_2017|Luther – Der Auftrag. Martin Luther und die Reformation in Erfurt. Rezeption und Reflexion]]'''. Erfurt 2017.<br />
<br />
<br />
[[Datei:TA-28-3-17.jpg|750px|links]]<br />
<br />
(Thüringer Allgemeine vom 28.03.2017, zum Lesen anklicken!)</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Datei:BlumenLutherDom.jpg&diff=35296Datei:BlumenLutherDom.jpg2017-06-30T09:10:28Z<p>SteffenRassloff: Schützte „Datei:BlumenLutherDom.jpg“ ([edit=sysop] (unbeschränkt) [move=sysop] (unbeschränkt))</p>
<hr />
<div></div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Blumenstadt_Erfurt_Buga&diff=35295Blumenstadt Erfurt Buga2017-06-30T09:09:36Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Blumenstadt Erfurt = <br />
<br />
'''Die Bundesgartenschau kehrt 2021 mit Erfurt und seinem egapark zu ihren historischen Wurzeln zurück.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BlumenLutherDom.jpg|300px|right]]Im Frühjahr 1970 stand die iga, die Internationale Gartenbauausstellung in Erfurt, buchstäblich im Fokus der internationalen Medien. Für das erste deutsch-deutsche Gipfeltreffen am 19. März 1970 im Interhotel „Erfurter Hof“ hatte man im iga-Empfangsgebäude das Pressezentrum eingerichtet. Bei jenem historischen Ereignis empfing DDR-Ministerratsvorsitzender Willi Stoph seinen Gast, Bundeskanzler Willy Brandt, auf dem Hauptbahnhof mit den Worten: „Ich begrüße Sie hier auf dem Boden der Deutschen Demokratischen Republik, in der Blumenstadt Erfurt.“ Besonders in der Bundesrepublik und der westlichen Welt brachte die Berichterstattung über den Veranstaltungsort Erfurt eine Auffrischung des traditionellen Rufes als Blumenstadt, als Zentrum von Gartenbau und Gartenbauausstellungen. In der DDR und im „Ostblock“ der sozialistischen Staatengemeinschaft war dieses Image dagegen so frisch wie seit dem Aufkommen im 19. Jahrhundert. <br />
<br />
Die auf eine lange Tradition der Gartenbauausstellungen aufbauende iga spielte für den Ruf der Blumenstadt Erfurt seit 1961 neben den Erzeugnissen der Gartenbaubetriebe oder der Ingenieurschule für Gartenbau „Christian Reichart“ eine zentrale Rolle. 1986 brachte es die von Willibald Gutsche herausgegebene „Geschichte der Stadt Erfurt“ so auf den Punkt: „Erfurt war mit der iga um ein Kleinod bereichert und hatte endgültig seinen internationalen Ruf als Blumenstadt und Stätte der Begegnung für Fachleute des Gartenbaus zurückerobert.“ <br />
<br />
Neben der Funktion als, wie es im April 1961 bei der Eröffnung offiziell hieß, „Internationale Gartenbauausstellung der sozialistischen Länder“ und als beliebtes Freizeitareal spiegelte sich von Anfang an auch die weit zurückreichende Geschichte Erfurts als Waid- und Gartenbaustadt auf dem iga-Gelände. Hierfür diente und dient insbesondere das in der Cyriaksburg untergebrachte Gartenbaumuseum als integraler Bestandteil des iga-Konzeptes. Das Waidmühlrad vor dem Museumsgebäude verweist bereits auf die Waidstadt, im und um das Museum lassen sich viele Facetten der Blumenstadt bis ins Mittelalter zurückverfolgen.<br />
<br />
Trotz aller Zäsuren seit 1961 hat die iga bzw. der heutige egapark nichts von seiner Bedeutung verloren. Das 50. Gründungsjubiläum 2011 brachte sogar, gewissermaßen als „Geburtstagsgeschenk“, den Zuschlag für die Bundesgartenschau 2021, um die sich die Stadt Erfurt intensiv bemüht hatte. Der egapark soll das Herzstück der Buga werden, die auch die Zitadelle Petersberg und die nördliche Geraaue mit einbezieht. Das solcherart mit der wichtigsten nationalen Gartenschau gekrönte Jubiläum war zugleich Anlass für den Erfurter Geschichtsverein, den Spuren der Blumenstadt in einem voluminösen Sammelband mit Hilfe zahlreicher Experten nachzugehen ''(Martin Baumann/Steffen Raßloff (Hg.): '''[[Blumenstadt Erfurt|Blumenstadt Erfurt. Waid – Gartenbau – iga/egapark]]'''. Erfurt 2011)''. Die wichtigsten Erkenntnisse werden im Folgenden schlaglichtartig vorgestellt.<br />
<br />
<br />
'''Blumenstadt Erfurt'''<br />
<br />
Der einst international verbreitete Beiname „Blumenstadt“ stammt zwar aus dem 19. Jahrhundert, aber die Erfurter Geschichte ist seit langem eng mit Pflanzen und deren Verarbeitung verbunden. Im Mittelalter bildete das Blaufärbemittel Waid eine wichtige Grundlage für Wohlstand und Macht der thüringischen Metropole. Diese hatte sich seit der Mitte des 13. Jahrhunderts reichsstadtähnliche Autonomie von ihrem Landesherrn, dem Mainzer Erzbischof, und ein großes Landgebiet erworben. Man muss sich Erfurt in jener Zeit als „Waidstadt“ von europäischer Dimension vorstellen. Vom 13. bis 16. Jahrhundert gehörte es wie das südfranzösische Toulouse zu den wichtigsten Waidstädten Europas. Sogar über den allgemeinen Niedergang des Waidhandels als frühes „Globalisierungsopfer“ durch die Einfuhr des indischen Indigostrauches hinaus erlebte Erfurt eine Spätblüte bis ins frühe 17. Jahrhundert. Allerdings beherrschte der Färberwaid die Erfurter Wirtschaft keineswegs im Sinne einer Monokultur. Insbesondere war Erfurt neben seinem vielgestaltigen Handel und Handwerk auch Zentrum eines intensiv genutzten gartenbaulichen und landwirtschaftlichen Umfeldes. Nicht ohne Grund hat Martin Luther Erfurt als „Gärtner des Reiches“ bezeichnet, spielten auch Gärten im Mittelalter bereits eine wichtige Rolle. <br />
<br />
Im 18. Jahrhundert begann, eng verbunden mit dem Namen Christian Reichart (1685-1775), der Aufschwung des modernen Erwerbsgartenbaus. Als Autor zahlreicher Fachpublikationen und als selbstlos-aufklärerischer Praktiker erwarb sich Reichart große Verdienste. Zugleich galt er mit seinen vielen Funktionen in Gesellschaft und Kommunalpolitik als leuchtendes Vorbild, dem man 1867 das erste Denkmal für einen Bürger der Stadt setzte. Einst an zentraler Stelle am ihm zu Ehren benannten Reichartplatz (später Kaiserplatz, heute Karl-Marx-Platz) errichtet, steht es heute in der Grünanlage an der Pförtchenbrücke. <br />
Erfurt wurde dank Reichart und seiner immer zahlreicheren Gärtnerkollegen fortan zu einem Zentrum des Gartenbaus in Deutschlands. Dies wusste auch der Dichterfürst Goethe im nahen Weimar zu schätzen, der nicht nur seinen Wein aus Erfurt bezog. Der Gartenliebhaber und Mitgestalter des Ilmparks beschäftigte sich intensiv mit Reicharts Hauptwerk, dem „Gartenschatz“. Damit fallen in eine Zeit der weitgehenden Stagnation nach der Unterwerfung unter den kurmainzischen Landesherren 1664 und des Niedergangs des Waidhandels die Anfänge eines für die weitere Stadtentwicklung sehr wichtigen Wirtschaftssektors.<br />
<br />
Der Erfurter Gartenbau erreichte, parallel zum allgemeinen Aufschwung dieser Branche, im 19. und 20. Jahrhundert seinen Höhepunkt. Die großen Erfurter Gartenbaudynastien – Haage, Schmidt, Benary, Heinemann, Chrestensen – erlangten um 1900 Weltgeltung. Mit ihren innovativen Produkten waren sie rund um den Globus präsent und errangen in einzelnen Bereichen, wie etwa dem Samenhandel, eine Führungsstellung. Auf den großen Gartenbau- und Weltausstellungen wurden Erfurter Unternehmen mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt. Auch in der Honoratiorenschicht der Stadt spielten die Gartenbauunternehmer, unter anderem organisiert im Gartenbauverein (1838), eine wichtige Rolle. <br />
<br />
Obwohl mit ca. 4 % der Erfurter Arbeiterschaft längst deutlich hinter den führenden Industriezweigen (Metall, Textil, Lebensmittel) zurückliegend – immerhin war dies der größte Anteil unter allen deutschen Großstädten –, war der Gartenbau dennoch ein profilprägender Wirtschaftszweig. Er hatte mit den Worten des Historikers Hans Haupt von 1908 der Blumenstadt „einen weit über die Grenzen des deutschen Vaterlandes hinaus reichenden Ruf erworben“. Symbolträchtig brachte dies die Stadt 1890 im Monumentalbrunnen am Anger zum Ausdruck, der die beiden ökonomischen Stützen des Gemeinwesens allegorisch darstellt. Neben einer männlichen Figur, die für Industrie und Handwerk steht, erinnert die „Flora“ als Sinnbild des Gartenbaus an die Blütezeit der Blumenstadt Erfurt. <br />
<br />
Die repräsentativen Geschäftshäuser der Gartenbauunternehmen, ihre ausgedehnten Betriebsgelände, Gewächshäuser und Blumenfelder prägten zudem das Stadtbild. Man muss sich Erfurt in dieser Zeit geradezu als Insel in einem „Meer von berauschend duftenden, in allen Farben leuchtenden Blüten: Rosen und Veilchen, Reseden, Levkojen und Tulpen, Balsamienen“ vorstellen, wie es der Reiseschriftsteller Karl Emil Franzos 1901 beschrieben hat. Der Gartenbau der Blumenstadt wurde zunehmend auch zum Imagefaktor im aufstrebenden Fremdenverkehr, die Gartenbaubetriebe zu beliebten Tourismuszielen (siehe Abb.: Stadtführer von 1933). <br />
<br />
Große Gartenbauausstellungen seit Mitte des 19. Jahrhunderts, oft organisiert vom verdienstvollen Gartenbauverein, untermauerten Erfurts Ruf. Den spektakulären Auftakt bildete die „Allgemeine deutsche Ausstellung von Produkten des Land- und Gartenbaues“ mit internationaler Beteiligung 1865, die als eine Art „Ur-Bundesgartenschau“ gilt. Ihr folgten zahlreiche weit über Thüringen und Deutschland ausstrahlende Veranstaltungen. Somit kehrt die Buga 2021 an ihren traditionsreichen Ursprungsort zurück. <br />
<br />
Die Entwicklung des Stadtgrüns im Kontext der gartenbaulichen Tradition trug ebenfalls nachhaltig zur modernen Urbanität und zum spezifischen Image Erfurts bei. Insbesondere auf dem Areal der ab 1873 beseitigten Stadtbefestigungen und im Erweiterungsgebiet der pulsierenden Industriegroßstadt entstanden anspruchsvolle Grünanlagen und Parks, allen voran der Stadtpark auf der Daberstedter Schanze. Zur Blumenstadt Erfurt gehört schließlich auch die Tradition der Gartenbaubildung bis hin zur Fakultät Landschaftsarchitektur, Gartenbau und Forst der Fachhochschule Erfurt.<br />
<br />
<br />
'''iga / egapark'''<br />
<br />
Der egapark selbst blickt ebenfalls bereits auf eine beachtliche Geschichte zurück. Auf dem seit der Entfestigung Erfurts nach 1873 und besonders seit den 1920er-Jahren zur öffentlichen Grünanlage umgestalteten Gelände um die Cyriaksburg am südwestlichen Stadtrand fand – Pläne einer Reichsgartenschau 1942 hatten sich zuvor zerschlagen – bereits 1950 die große Gartenschau „Erfurt blüht“ statt. In hartem Ringen mit Markleeberg, das zum Hauptstandort für Landwirtschaftsausstellungen wurde, sollte Erfurt darüber hinaus laut Empfehlungen des östlichen Wirtschaftsbündnisses RGW und der DDR-Regierung zum Zentrum der Gartenbauausstellungen in der DDR werden. Die große Tradition der Stadt galt hierbei als wichtiges Argument. <br />
<br />
Auf erneut großzügig Richtung Westen erweitertem Areal an der Cyriaksburg eröffnete am 28. April 1961 die „1. Internationale Gartenbauausstellung der sozialistischen Länder“, die iga´61. Sie war „Lehrschau“ und „Bildungszentrum des sozialistischen Gartenbaus“, das bewusst in Konkurrenz mit den westlichen Gartenschauen stand. Nach erfolgreichem Start 1961 wurde die iga als größte Veranstaltung ihrer Art im „Ostblock“ verstetigt. Bis zu einem gewissen Grad konnte damit der in Folge der beiden Weltkriege beeinträchtigte Ruf als Weltmetropole des Gartenbaus wieder gestärkt werden.<br />
<br />
Zugleich war die iga von Beginn an eine „besondere Attraktion der Bezirksstadt am Fuße des Thüringer Waldes“. In ihrer ersten Saison lockte sie bereits 3,5 Mio. Besucher an. Für die Erfurter stellte die iga das beliebteste Freizeitareal ihrer Stadt dar, an dessen Errichtung sie unter anderem im Rahmen des Nationalen Aufbauwerkes (NAW) erheblichen Anteil hatten. Bis heute erinnert daran der „Aufbauhelfer“ von Fritz Cremer vor dem Haupteingang. Mag das NAW wie vieles andere auch der politischen Instrumentalisierung durch die SED unterlegen haben, so konnten dank der tausenden von Aufbaustunden doch bis heute prägende Kultur- und Freizeiteinrichtungen geschaffen werden. Nur zwei Jahre vor der iga hatte etwa der Thüringer Zoopark seine Pforten geöffnet, um der Bezirksstadt mehr Ausstrahlung zu verleihen. <br />
<br />
Und diese neuen Einrichtungen wurden sofort freudig aufgenommen, allen voran die iga, die zudem noch im Rahmen der sozialistischen „Bruderstaaten“ und später sogar mit westlicher Beteiligung internationales Flair an die Gera brachte. Vom Sonntagsausflug in Familie, von Wandertagen und „Ferienspielen“ über Café-Besuche am Südhang und Tanzabende in der „Glashalle“ bis hin zu den großen Sommerveranstaltungen verknüpfen sich mit der iga zahllose persönliche Erinnerungen. <br />
Das „Lichterfest“ und das „Pressefest“ gehörten zu den Fixpunkten im Veranstaltungskalender Erfurts. Bei diesen Massenveranstaltungen konnte es freilich auch bisweilen zur Entladung gesellschaftlicher Spannungen kommen. So sorgten die schweren Ausschreitungen zwischen Volkspolizei und Jugendlichen während des Pressefestes im Mai 1978 für Aufsehen. Von solchen seltenen Zwischenfällen abgesehen bildete die iga also die stimmungsvolle Kulisse für sehr beliebte Veranstaltungen.<br />
<br />
Friedliche Revolution und deutsche Wiedervereinigung 1989/90 brachten auch für die iga einen tiefen Einschnitt. Anfang der 1990er-Jahre stand die Existenz der bisher vom DDR- Ministerium für Land- und Forstwirtschaft getragenen Einrichtung sogar gänzlich in Frage. Nach der Teilung des Geländes 1994 mit MDR-Landesfunkhaus und Messe Erfurt verblieben von den 1961 55 ha und später fast 100 ha noch 36 ha Fläche mit dem historischen Parkbereich um die Cyriaksburg und dem östlichen Kern der iga´61. Die nunmehrige ega (Erfurter Garten und Ausstellungs GmbH) ging in die Verantwortung der Stadt Erfurt über und wurde 2003 ein Unternehmen der Stadtwerke Erfurt. Seit 2006 firmiert sie als egapark. <br />
<br />
Den schwierigen Zeiten unmittelbar nach der „Wende“ folgte die Konsolidierung der nunmehr stärker auf den Erholungs- und Freizeitbereich orientierten ega. Insbesondere in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre und den ersten Jahren nach der Jahrtausendwende kamen viele neue Angebote von Pflanzenschauhäusern und Japanischem Garten bis hin zum Kinderbauernhof hinzu. Zugleich besitzt der egapark nach wie vor als Präsentationsort und Partner große Bedeutung für den Berufsstand des Gärtners in Erfurt und Thüringen, repräsentiert vom Landesverband Gartenbau Thüringen.<br />
<br />
Bei alledem hat sich der Charakter der iga´61 weitgehend erhalten. Die beeindruckende Anlage zählt laut Denkmalausweisung von 1992 zu den „wenigen künstlerisch unumstrittenen und anspruchsvoll gestalteten Gartenanlagen, die nach 1945 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR entstanden sind“. Sie gehört zugleich zu den Hauptwerken des bedeutenden Gartenarchitekten Reinhold Lingner. Am Aushängeschild der DDR-Gartenarchitektur können noch heute die großzügigen Strukturen und Gestaltungsprinzipien der iga von 1961 abgelesen werden. Das Ensemble von großem Blumenbeet und Ausstellungshallen, Springbrunnen und Wasserachse, die vielen typischen Details wie Pavillons, Skulpturen, Bestuhlung usw. gehen in die Ursprungszeit zurück. <br />
<br />
Einmalig ist zudem die Symbiose aus Park und Deutschem Gartenbaumuseum in der Cyriaksburg, das harmonisch in die Gesamtanlage eingepasst wurde. Ideen für ein solches Museum gehen bis in die 1930er-Jahre zurück und konnten im Rahmen der Entscheidung für Erfurt als zentrale Gartenbauausstellung der DDR 1961 verwirklicht werden. Zwischen 1995 und 2000 wurde das Museum – jetzt von der selbstständigen Stiftung „Deutsches Gartenbaumuseum Erfurt“ (Stifter: Freistaat Thüringen, Landeshauptstadt Erfurt, Zentralverband Gartenbau) getragen – saniert und konzeptionell weiterentwickelt. Mit dem nunmehr gesamtdeutschen Gartenbaumuseum konnte Erfurt auf diesem Feld seine Position nicht nur behaupten, sondern sogar ausbauen. <br />
<br />
Das einzigartige Gartendenkmal der 1960er-Jahre darf als Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung, als lebendiger Freizeitpark und künftiger Buga-Hauptstandort weiter auf große Anziehungskraft hoffen. Schon jetzt ist der egapark das meistbesuchte Tourismusziel in Thüringen. Der besondere Charakter der Anlage bietet bei den komplexen Sanierungen und Neugestaltungen für die Buga 2021 zudem die Chance, sich im Wettbewerb mit anderen Parks und Gärten weiter klar zu profilieren. Wegweisende Großvorhaben, wie die in ihrer Kubatur an die einstige „Glashalle“ mit der Rendezvous-Brücke erinnernde „Danakil Klimazonenwelt“, zielen mit kreativen Neuansätzen in diese Richtung. Historische Kernelemente wie Großes Blumenbeet und Wasserachse erstrahlen schon jetzt in neuem Glanze. <br />
<br />
So dürfte der egapark als kommendes Buga-Herzstück zusammen mit dem Deutschen Gartenbaumuseum maßgeblich dazu beitragen, den Ruf Erfurts als Blumenstadt immer wieder zurückzuerobern. Viele weitere Einrichtungen und Aktivitäten haben an jener lebendigen Traditionspflege ihren Anteil: die Fachhochschule, die Lehr- und Versuchsanstalt Gartenbau (LVG) und weitere Lehr- und Forschungseinrichtungen, Traditionsunternehmen des Gartenbaus wie N.L. Chrestensen und Kakteen-Haage, anspruchsvolle historische und neue Grünanlagen, Erfolge in Wettbewerben wie „Entente Florale Deutschland“, ein aktives Stadtmarketing und nicht zuletzt das Engagement der egapark- und Buga-Freunde. <br />
<br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Blumenstadt Erfurt. Die Bundesgartenschau kehrt 2021 zu ihren Wurzeln zurück.''' In: BUGA - Mitschnitt der Jahre 2011-2015. Hg. Verein Freunde der Bundesgartenschau Erfurt 2021 e.V. und BUGA Erfurt 2021 gGmbH. Erfurt 2016. S. 72-79.<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Bundesgartenschau_Erfurt_2021|Bundesgartenschau 2021]]''', '''[[Iga_/_egapark_Erfurt|iga/egapark]]''', '''[[Blumenstadt Erfurt]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Datei:BlumenLutherDom.jpg&diff=35294Datei:BlumenLutherDom.jpg2017-06-30T09:09:10Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div></div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Kritik_Kulturpolitik_Erfurt&diff=35293Kritik Kulturpolitik Erfurt2017-06-30T07:19:29Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Kritik an Erfurter Kulturpolitik =<br />
<br />
'''Es regt sich immer breitere Kritik an der Kulturpolitik der Stadt Erfurt.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:Kulturtuete2016.jpg|430px|right]]Die Kritik an der Kulturpolitik der Stadt Erfurt wird immer lauter. Statt als Profilierungsraum, "weicher" Standortfaktor und Quelle von Lebensqualität wird die Kultur oft nur als Einsparpotenzial betrachtet und wenig wertgeschätzt. <br />
<br />
Kommunale Museen und Kultureinrichtungen sind von ständiger Auszehrung betroffen, einigen droht sogar die Schließung. Bedeutende Kulturdenkmale, historische Traditionen und Jubiläen werden bewusst vernachlässigt. Auch die freie Szene und engagierte Bürgerschaft erfährt zunehmend weniger Unterstützung. <br />
<br />
Andererseits sorgen Maßnahmen wie die umstrittene Berufung eines neuen Direktors der Erfurter Geschichtsmuseen 2014 und die Beseitigung der aufwändigen Reformations-Dauerausstellung des Stadtmuseums ausgrechnet im Jubiläumsjahr 2017 immer wieder für Unverständnis.<br />
<br />
So hat man im Mai 2016 in einer großen Demonstration symbolisch die "Königin Kultur" zu Grabe getragen. Im November 2016 bekam die Stadt für "kollektives Versagen" in der Kulturpolitik den Anti-Preis "Thüringer Kulturtüte 2016" verliehen (Abb.: Chefredakteurin Anne Martin vom Satire-Magazin "UN NU?" überreicht Oberbürgermeister Andreas Bausewein den Preis im Rathausfestsaal, Foto: Hannah Franke).<br />
<br />
<br />
Siehe auch: <br />
<br />
'''>''' '''[[Barfuss_ins_Himmelreich|Kritik an Sonderausstellung im Stadtmuseum zum Reformationsjubiläum 2017]]'''<br />
<br />
'''>''' '''[[Kritik_Programm_Reformationsjubiläum_2017|Kritik am wenig ambitionierten Programm für Reformationsjubiläum 2017]]'''<br />
<br />
'''>''' '''[[Thueringer_Kulturtuete|Stadt Erfurt bekommt kulturpolitischen Anti-Preis "Thüringer Kulturtüte 2016"]]'''<br />
<br />
'''>''' '''[[Schwarzes_Loch_zwischen_Kosmos_und_Universum%3F|Erfurter Museen im "schwarzen Loch" zwischen "Kosmos" Weimar und "Universum" Gotha?]]'''<br />
<br />
'''>''' '''[[Erinnerungskultur_und_Zukunft_Petersberg|Jubiläum 350 Jahre Zitadelle Petersberg 2015 findet bei Kulturverwaltung wenig Beachtung]]'''<br />
<br />
'''>''' '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Kritik an Berufung des neuen Direktors der Geschichtsmuseen 2014]]''' <br />
<br />
'''> [[Preussisches_Erbe|Historisches Erbe der Preußenzeit (1802-1945) wird kaum noch gepflegt]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Rotary_Club_Erfurt&diff=35292Rotary Club Erfurt2017-06-28T13:41:18Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Rotary Club Erfurt =<br />
<br />
<br />
[[Datei:RCErfurtLogo.png|170px|right]]'''Der RC Erfurt ist der älteste der drei Erfurter Rotary Clubs. Er wurde 1933 gegründet, 1937 auf Druck des NS-Regimes aufgelöst und 1991 wiedergegründet.'''<br />
<br />
<br />
'''Präsident:''' Marc Frings<br />
<br />
'''Homepage:''' '''https://erfurt.rotary.de/'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:Paschold-Bonifatius.JPG|350px|right]]Rotary sind international verbreitete Service-Clubs, zu denen sich Angehörige verschiedener Berufe unabhängig von politischen und religiösen Richtungen zusammengeschlossen haben. <br />
<br />
Als seine Ziele gelten humanitäre Dienste, Einsatz für Frieden und Völkerverständigung sowie Dienstbereitschaft im täglichen Leben. Im deutschsprachigen Raum nennen sich die Mitglieder Rotarier.<br />
<br />
Der RC Erfurt ist der älteste Club im Rotary-Distrikt 1950 und zugleich der erste Club, der nach dem Ende der deutschen Teilung 1989/90 wiedergegründet wurde. Die Charterfeier fand am 15. November 1991 im historischen Festsaal des Erfurter Rathauses statt. <br />
<br />
Gegründet wurden vom RC Erfurt aus die Clubs Arnstadt, Erfurt-Krämerbrücke, Sömmerda und Obereichsfeld/Heilbad Heiligenstadt. Er ist Patenclub des Rotaract Clubs Erfurt und arbeitet freundschaftlich mit dem Inner Wheel Club Erfurt-Gotha zusammmen. <br />
<br />
2016 feierte der Club das 25. Jubiläum seiner Wiedergründung. Aus diesem Anlass hat er die Aufstellung von zwei Bronzefiguren an der Rathausfassade initiiert, wo auf Höhe des Festsaals bis 1950 auf Konsolen die Statuen von '''[[Kaiserstatuen Rathaus Erfurt|Kaiser Barbarossa]]''' und '''[[Kaiserstatuen Rathaus Erfurt|Kaiser Wilhelm I.]]''' standen. <br />
<br />
Die Standbilder des Erfurter Künstlers Christian Paschold (Foto: Dr. Steffen Raßloff) stellen den Missionar '''[[Bonifatius]]''' und '''[[Martin Luther]]''' dar. Sie sollen im doppelten '''[[Historisches 2017|Jubiläumsjahr 2017]]''' (500 Jahre Reformation, 1275 Jahre Ersterwähnung Erfurts durch Bonifatius) eingeweiht werden. Bonifatius konnte bereits am 1. Juni 2017 aufgestellt werden.<br />
<br />
<br />
('''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]''', Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit RC Erfurt)</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Bauhaus_Erfurt&diff=35291Bauhaus Erfurt2017-06-28T10:44:31Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Bauhaus-Architektur in Erfurt =<br />
<br />
<br />
'''Beitrag der Serie [[Bauhausjubiläum 2009]] der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]] (06.12.2008)'''<br />
<br />
<br />
'''Mehr Bauhaus als in Weimar'''<br />
<br />
Bauhausjubiläum 2009 (3): Das “neue Bauen” der 1920er Jahre hat das Erfurter Stadtbild mit geprägt<br />
<br />
<br />
[[Datei:MDLB.jpg|320px|right]]In Weimar schlug 1919 die Geburtsstunde des Bauhauses, erblickte die klassische Moderne der Architektur das Licht der Welt. In der benachbarten Großstadt Erfurt hat sie in den Goldenen Zwanzigern aber sehr viel intensiver das Stadtbild geprägt.<br />
<br />
Das Wirken des Staatlichen Bauhauses von 1919 bis 1924 hat Weimar den Ruf als Keimzelle der klassischen Moderne eingetragen. Hier wurden unter der Marke Bauhaus neue Maßstäbe für Architektur und Design gesetzt. Das legendäre Haus am Horn und der Van-de-Velde-Bau der Bauhausuniversität mit dem Gropius-Zimmer gelten als Pilgerstätten. Sieht man sich aber darüber hinaus im beschaulichen Ilm-Athen um, so findet man kaum markante Bauwerke im Bauhaus-Stil. In Erfurt dagegen konnte sich die moderne Architektur der Weimarer Republik mit ihrer klaren, schmucklosen Formensprache nachdrücklich im Stadtbild verewigen.<br />
<br />
Der Architekt und Denkmalpfleger Dr. Mark Escherich hat sich intensiv mit dem “neuen Bauen” in Erfurt beschäftigt und alte Vorurteile widerlegt. Nicht zuletzt ihm ist es zu verdanken, dass der Blick für die durchaus beachtliche moderne Großstadtarchitektur in Erfurt geschärft wurde. Die Reformarchitektur im Bauhaus-Stil sticht besonders bei den ambitionierten Geschäftshäusern und den Wohnungsbauprojekten der Vorstädte hervor. Sie spiegeln zugleich die kurze Phase positiver wirtschaftlicher und städtebaulicher Entwicklung in den mittleren 1920er Jahren, den “Goldenen Zwanzigern”.<br />
<br />
Das Hanseviertel wuchs als herausragendes Beispiel für den sozialen Wohnungsbau im Bauhaus-Stil. Im Innenstadtbereich ragen u.a. das DHV-Haus (1929, heute Anger Entree), die Mitteldeutsche Landesbank am Anger (1929, heute Sparkasse, siehe Abb. Stadtarchiv Erfurt), das Geschäftshaus Schellhorn in der Neuwerkstraße (1930) und der AOK-Neubau in der Augustinerstraße (1930) heraus. Diese Bauwerke heben sich gerade am Anger deutlich von den reich geschmückten Fassaden der Gründerzeit ab, die der Erfurter Einkaufsmeile seit den Jahrzehnten um 1900 das Gepräge geben. So verwundert es auch nicht, dass dieser extreme Traditionsbruch bei den Zeitgenossen keineswegs unumstritten war. Die Kritik reichte bis in den politischen Bereich, verfemte man doch seitens der Rechten den Bauhaus-Stil als “seelenlos” und “undeutsch”, sprach von “semitischen Flachdächern” usw.<br />
<br />
Freilich ist dies längst Geschichte. Mark Escherich betont die “positive Bewertung der klassischen Moderne” für unser heutiges architektonisch-städtebauliches Selbstverständnis. Damit gehört dieser Bereich selbstverständlich als ein Herzstück in die Würdigungen des Bauhausjubiläums 2009. Doch trotz Verehrung der Moderne und städtischem Kulturthema wird ein markantes Geschäftshaus jener Ära, das “Phönix-Haus” mit dem UFA-Palast-Kino in der Bahnhofstraße von 1931, just im kommenden Jahr abgerissen. Leider ist dies nicht der einzige Verlust an Kulturdenkmalen des “neuen Bauens”, fressen sich doch gerade die Abriss-Bagger durch das denkmalgeschützte Eingangsgebäude im Nordbad von 1929. <br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Weimarer Republik|Erfurt in der Weimarer Republik]]''', '''[[Bauhaus_Denkmal_Sparkasse_Anger|Sparkasse Anger]]''', '''[[AOK_Geschäftshaus_Augustinerstraße|AOK-Geschäftshaus]]''', '''[[Margaretha Reichardt]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Steffen_Ra%C3%9Floff&diff=35290Steffen Raßloff2017-06-28T10:00:06Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Dr. Steffen Raßloff =<br />
[[Datei:Portrait2.jpg|210px|right]]'''Historiker, Publizist und Kurator'''<br />
<br />
Kontakt: steffen.rassloff@t-online.de<br />
<br />
<br />
Dr. Steffen Raßloff (Jg. 1968) lebt als freier Historiker, Publizist und Kurator in Erfurt. Nach dem Studium der Geschichte und Germanistik an der Universität Erlangen wirkte er langjährig als Dozent an der '''[[Universität Erfurt]]'''. <br />
<br />
Raßloff ist Mitglied der '''[[Historische Kommission für Thüringen|Historischen Kommission für Thüringen]]''', Stellv. Vorsitzender und Redakteur des '''[[ErfurterGeschichtsverein|Erfurter Geschichtsvereins]]''', Vorsitzender des '''[[Stadtmuseum Erfurt|Fördervereins Stadtmuseum Erfurt]]''', Vorstandsmitglied der '''[[Universitätsgesellschaft Erfurt]]''' und des '''[[Rotary Club Erfurt|Rotary Clubs Erfurt]]''' sowie '''[[Botschafter für Erfurt|Erfurt-Botschafter]]'''. <br />
<br />
Der Autor zahlreicher Publikationen zur Geschichte '''[[Geschichte der Stadt Erfurt Rassloff|Erfurts]]''', '''[[Geschichte Thüringens Beck Wissen|Thüringens]]''' und '''[[Geschichte Mitteldeutschlands|Mitteldeutschlands]]''' wurde mehrfach mit Buchpreisen ausgezeichnet. Zugleich schreibt Raßloff für die Zeitungen der '''[[Mediengruppe Thueringen|Mediengruppe Thüringen]]''' und wirkt als Kurator von '''[[Ausstellungen Raßloff|Ausstellungen und Medienprojekten]]'''. <br />
<br />
<br />
'''Publikationen'''<br />
<br />
'''[[Flucht in die nationale Volksgemeinschaft|Flucht in die nationale Volksgemeinschaft. Das Erfurter Bürgertum zwischen Kaiserreich und NS-Diktatur]]'''. Köln/Weimar/Wien 2003.<br />
<br />
'''[[Wilhelm Knappe|Wilhelm Knappe (1855-1910). Staatsmann und Völkerkundler im Blickpunkt deutscher Weltpolitik]]'''. Jena 2005. <br />
<br />
'''[[Fritz Sauckel|Fritz Sauckel. Hitlers "Muster-Gauleiter" und "Sklavenhalter"]]'''. Erfurt 2007 (4. Auflage 2012). <br />
<br />
'''[[Willy Brandt ans Fenster|"Willy Brandt ans Fenster!" Das Erfurter Gipfeltreffen 1970 und die Geschichte des "Erfurter Hofes"]]'''. Jena 2007. ''(Hg.)''<br />
<br />
'''[[Kaisersaal Erfurt|Der Erfurter Kaisersaal]]'''. Erfurt 2008. ''(mit Ulrich Seidel)''<br />
<br />
'''[[Weimarer Republik|Bürgerkrieg und Goldene Zwanziger. Erfurt in der Weimarer Republik]]'''. Erfurt 2008.<br />
<br />
'''[[Friedliche Revolution und Landesgründung in Thüringen 1989/90]]'''. Erfurt 2009 (6. Auflage 2016).<br />
<br />
'''[[Geschichte Thüringens Beck Wissen|Geschichte Thüringens]]'''. München 2010.<br />
<br />
'''[[Blumenstadt Erfurt|Blumenstadt Erfurt. Waid - Gartenbau - iga/egapark]]'''. Erfurt 2011. ''(Hg. mit Martin Baumann)''<br />
<br />
'''[[Orte der Reformation Erfurt|Orte der Reformation. Erfurt]]'''. Leipzig 2012. ''(Hg. mit Volker Leppin und Thomas A. Seidel)'' <br />
<br />
'''[[Luther_Erfurt_Predigten|Reformation konkret. Luther auf Erfurter Kanzeln]]'''. Erfurt 2012 (2. Auflage 2016). ''(mit Andreas Lindner)''<br />
<br />
'''[[Geschichte der Stadt Erfurt Rassloff|Geschichte der Stadt Erfurt]]'''. Erfurt 2012 (4. Auflage 2016). <br />
<br />
'''[[100 Denkmale in Erfurt|100 Denkmale in Erfurt. Geschichte und Geschichten]]'''. Essen 2013. <br />
<br />
'''[[Lutherland Thüringen]]'''. Erfurt 2013 (3. Auflage 2014). ''(Hg. mit Thomas A. Seidel)''<br />
<br />
'''[[Der "Mustergau" Thüringen im Nationalsozialismus|Der "Mustergau". Thüringen zur Zeit des Nationalsozialismus]]'''. München 2015.<br />
<br />
'''[[Orte der Reformation Gotha|Orte der Reformation. Gotha]]'''. Leipzig 2015. ''(Hg. mit Maik Märtin)'' <br />
<br />
'''[[Orte der Reformation Weimar|Orte der Reformation. Weimar]]'''. Leipzig 2015. ''(Hg. mit Mark Schmidt)'' <br />
<br />
'''[[Erfurt. Eine Stadt im Wandel]]'''. Leipzig 2015. ''(mit Heinz Stade)'' <br />
<br />
'''[[Kleine Geschichte der Stadt Erfurt]]'''. Ilmenau 2016.<br />
<br />
'''[[Kleine Geschichte der Stadt Gotha]]'''. Ilmenau 2016.<br />
<br />
'''[[Geschichte Mitteldeutschlands|Mitteldeutsche Geschichte. Sachsen - Sachsen-Anhalt - Thüringen.]]''' Leipzig 2016.<br />
<br />
'''[[Das Dritte Reich]]'''. Erfurt 2017. <br />
<br />
'''[[Thüringer Landgrafen|Die Thüringer Landgrafen. Geschichte und Sagenwelt]]'''. Ilmenau 2017. ''(mit Lutz Gebhardt, erscheint Sommer 2017)''<br />
<br />
'''[[Kleine Geschichte Thueringens|Kleine Geschichte Thüringens]]'''. Ilmenau 2017. ''(erscheint Sommer 2017)''<br />
<br />
'''[[Malerisches Thueringen Valdeig Rassloff|Malerisches Thüringen. Eine Liebeserklärung in Aquarellen]]'''. Erfurt 2017. ''(mit Jürgen Valdeig, erscheint Oktober 2017)''<br />
<br />
<br />
'''Kleinere Schriften, Aufsätze, Beiträge, Presseserien'''<br />
<br />
'''> [[Kleinere_Schriften_Raßloff|Kleinere Schriften]]'''<br />
<br />
'''> [[Aufsätze Rassloff|Aufsätze und Zeitschriftenbeiträge]]'''<br />
<br />
'''> [[Serien zur Erfurter Stadt- und Kulturgeschichte|Presseserien zur Erfurter Stadtgeschichte]]'''<br />
<br />
<br />
'''Ausstellungen, Medien und Projekte'''<br />
<br />
'''> [[Ausstellungen Raßloff|Ausstellungen und Medienprojekte]]'''<br />
<br />
'''>''' '''[[Visionen_Peterskirche_Stadtkrone_Buga|Initiative Peterskirche]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Der_Mustergau_Th%C3%BCringen_im_Nationalsozialismus&diff=35289Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus2017-06-28T09:57:21Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Thüringen im Nationalsozialismus = <br />
<br />
'''Thüringen war Vorreiter für die Machtergreifung der Nationalsozialisten und "Mustergau" im Dritten Reich'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:GautagNSDAP1938.jpg|280px|right]]Die NSDAP unter Gauleiter Fritz Sauckel erhob im Dritten Reich den Anspruch, in Thüringen einen „Mustergau“ errichtet zu haben. Dieser habe sich „seit Jahren auf Vorpostenstellung befunden“ und nach der „Machtergreifung“ 1933 einen erheblichen „Anteil am Befreiungswerk“ Deutschlands gehabt. Tatsächlich hatte sich hier in den 1920er-Jahren eine der frühen NSDAP-Hochburgen gebildet, gelangten 1930 erstmals Nationalsozialisten auf Ministerposten und erfolgte 1932 die „vorgezogene Machtergreifung“ unter der Regierung Sauckel. Im Dritten Reich ging Sauckel bei der braunen Gewaltherrschaft voran, bündelte regionale Machtkompetenzen, setzte in der Wirtschaftspolitik Akzente, nutzte die Ausstrahlung des Kulturlandes und baute Hitlers „Lieblingsstadt“ Weimar zu einer „Muster-Gauhauptstadt“ aus. Im Krieg sollte Thüringen mit unterirdischen Rüstungsprojekten, Auslagerungen und einem Führerhauptquartier im Jonastal zur letzten „Festung“ des Dritten Reiches werden. <br />
<br />
Thüringen hat also bei Aufstieg, Herrschaft und Verbrechen der NS-Diktatur eine wichtige Rolle gespielt. Unermüdlich war die Gauleitung um Fritz Sauckel bis zum bitteren Ende bemüht, Thüringen in den verschiedensten Bereichen als „Mustergau“ zu profilieren. Häufig ist ihr dies gelungen, wobei tatsächlicher Stellenwert und propagandistische Überhöhung nur schwer zu trennen sind. Im internationalen kollektiven Gedächtnis ist Thüringen mit Blick auf das Dritte Reich fest verankert. Mit dem ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald befindet sich hier der bekannteste Erinnerungsort an die Verbrechen der Nationalsozialisten in Deutschland. „Muster-Gauleiter“ Sauckel wurde als „Hitlers Sklavenhalter“, als Organisator des Zwangsarbeitereinsatzes im Zweiten Weltkrieg, 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
<br />
<br />
'''Vorreiter der „Machtergreifung“'''<br />
<br />
Der verlorene Erste Weltkrieg 1914/18 schuf als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ in Deutschland das Klima für den Aufstieg des Nationalsozialismus. Aus der Novemberrevolution 1918 geboren, sollte die Weimarer Republik stets politische instabil bleiben und durch die Extreme von rechts und links gefährdet werden. Nirgendwo sonst zeigte sich dies so deutlich wie in Thüringen. Die politische Landschaft des 1920 aus den ehemaligen Kleinstaaten gegründeten Freistaates mit der Hauptstadt Weimar, dem die preußischen Gebiete mit Erfurt noch nicht angehörten, war tief gespalten. Von Beginn an standen sich im Landtag die linken Arbeiterparteien und die bürgerlich-nationalen Parteien gegenüber. <br />
<br />
Auf der radikalen Rechten etablierte sich die 1919 in München gegründete Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) als stärkste Kraft. 1921 konnte sich Adolf Hitler als „Führer“ an ihre Spitze stellen. Zentrale Elemente der NS-Ideologie waren eine rassisch einheitliche „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Kampf der „Rassen“ bei Überlegenheit der „nordisch-germanischen Rasse“ und Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages 1919 hinaus sollte sich das deutsche Volk Siedlungsraum im Osten erkämpfen. Hinzu kamen die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung und ein entschiedener Antiparlamentarismus. <br />
<br />
Von Bayern aus etablierten sich seit 1921 erste Ortsgruppen in Thüringen. Bis zum gescheiterten Hitler-Putsch vom 9. November 1923 blieb es allerdings bei einem eher losen Verbund von Stützpunkten, der eine hohe Fluktuation von und zu anderen völkisch-nationalen Organisationen aufwies. Erst mit der offiziellen Gründung des Gaues Thüringen der NSDAP 1925 sollte der rasche Aufstieg beginnen. An dessen Spitze stand zunächst der antisemitische Schriftsteller Artur Dinter. Der Aufstieg wurde begünstigt von den politischen Konstellationen im Land. Die erste sozial-liberale Regierung 1920/21 zerbrach rasch an den Spannungen der Nachkriegszeit. Diese gipfelten im Kapp-Putsch vom März 1920. In beiden Lagern gewannen nun die radikalen Kräfte an Zuspruch. 1921 trat eine SPD-Regierung unter August Frölich ihr Amt an, die von den Kommunisten toleriert wurde. Sie begann eine intensive linksdemokratische Reformpolitik, die besonders im Kulturbereich etwa mit der Einführung neuer Feiertage zu Ungunsten kirchlicher und einer umfassenden Bildungsreform („Greilsche Schulreform“) für Aufsehen sorgte. Jene als „rotes Thüringen“ bezeichnete Periode sollte die politische Atmosphäre weiter aufheizen. Die von Wirtschaftskrise und Inflation begleitete Amtszeit Frölichs gipfelte in der „Volksfrontregierung“ von SPD und KPD im „heißen Herbst“ 1923, die nach dem Einmarsch der Reichswehr zurücktreten musste. <br />
<br />
Die Bürgerparteien setzten danach alles auf die Entmachtung der Linken. Die Landtagswahl 1924 brachte jedoch keine absolute Mehrheit. So gerieten die sieben Abgeordneten der Völkischen und NSDAP in eine Schlüsselposition. Artur Dinter verstand es, ihre Stimmen für die Wahl der bürgerlichen Landesregierung öffentlichkeitswirksam in politische Münze umzuschlagen. Das politische Klima beförderte die Erholung der NSDAP. So fand am 3./4. Juli 1926 ihr erster Reichsparteitag, auf dem die „Hitler-Jugend“ gegründet wurde, in Weimar statt. Hitler erwog sogar die Verlegung der Parteileitung nach Weimar. <br />
<br />
Zudem hielt eine kurzzeitige Stabilisierung der Republik in den „Goldenen Zwanzigern“ nicht lange an. Erneut waren nach der Landtagswahl 1929 die Bürgerlichen bei der Regierungsbildung auf die äußerste Rechte angewiesen. Die NSDAP gab sich allerdings nicht mehr mit einer Tolerierung zufrieden. Adolf Hitler reiste nach Weimar und setzte die Berufung des Hitler-Putsch-Teilnehmers Wilhelm Frick zum Innen- und Volksbildungsminister einer Koalitionsregierung durch. In Thüringen gelangte so 1930 erstmals ein Nationalsozialist auf den Ministersessel eines deutschen Landes. <br />
<br />
Der spätere Reichsinnenminister nutzte sein Amt als „Experimentierfeld für die Machtergreifung“. Frick setzte die „Säuberung“ des Beamtenapparates fort, erließ Maßnahmen wie den Erlass „Wider die Negerkultur für deutsches Volkstum“, nationalistische „Schulgebete“ und die Berufung des Rassekundlers Hans F. K. Günther an die Universität Jena. Neben Minister Frick und Staatsrat Willy Marschler profilierte sich der 1927 ins Amt gerückte NSDAP-Gauleiter Fritz Sauckel zum Einpeitscher seiner Partei. <br />
<br />
Im Landtag führten nicht die Regierungspraxis Fricks zum Bruch der Koalition, sondern die heftigen verbalen Attacken der „Nazis“ gegen die Bürgerlichen. 1931 wurde Frick und Marschler das Misstrauen ausgesprochen. Die NS-Propaganda lief nun auf Hochtouren. Alle Parteigrößen um Hitler, Göring und Goebbels kamen nach Thüringen. Unter den Bedingungen der Weltwirtschaftskrise mit Arbeitslosigkeit und sozialem Elend brachte sich die NSDAP in die Position des „letzten Retters aus der Not“. Die parallel zur Reichstagswahl ausgetragene Landtagswahl vom 31. Juli 1932 konnte sie mit 42,5 % der Stimmen klar gewinnen. <br />
<br />
Nach dieser „Erdrutschwahl“ kam es zur „vorgezogenen Machtübernahme“ in Thüringen. Am 26. August 1932 nahm die vierte NSDAP-geführte Landesregierung nach Anhalt, Oldenburg und Mecklenburg-Schwerin in Weimar ihre Geschäfte auf. In seiner Regierungserklärung nahm Sauckel bereits Grundmaximen des Dritten Reiches voraus. Er betonte, dass „über die wirtschaftliche und politische Sicherung des Landes hinaus die Entfaltung und Gestaltung aller geistigen und seelischen Kräfte in Rasse und Volkstum“ erreicht werden müssten. <br />
<br />
<br />
'''„Mustergau“ im Dritten Reich'''<br />
<br />
Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 begann die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten. Durch die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar konnten politische Gegner ohne gerichtliche Untersuchung in „Schutzhaft“ genommen werden. Tausende NS-Gegner, v.a. Kommunisten und Sozialdemokraten, wurden verschleppt. Am 23. März 1933 sorgte das „Ermächtigungsgesetz“ für die vom Reichstag unabhängige Gesetzgebung der Regierung Hitler. Bis Sommer 1933 wurden alle Parteien außer der NSDAP verboten oder lösten sich auf. Zugleich suggerierten Symbolakte wie der „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933 mit der Verneigung Hitlers vor Reichspräsident Hindenburg, das bürgerliche Deutschland vereinige sich mit der NS-Bewegung zu einem neuen nationalen Ordnungsstaat. <br />
<br />
Der Weg in die Diktatur verlief in Thüringen aufgrund der „vorgezogenen Machtergreifung“ relativ reibungslos. Dabei war die Gauleitung bemüht, weiter als „Vorreiter“ zu glänzen. So wurden schon am 31. Januar Aktivitäten der KPD verboten. Die politische Linke war im Frühjahr 1933 faktisch zerschlagen bzw. in den Untergrund gedrängt. Trotzdem blieb besonders der kommunistische Widerstand aktiv und besaß in der Gruppe um Theodor Neubauer und Magnus Poser ein wichtiges Zentrum. Auch Sozialdemokraten wie Hermann Brill gingen in den Widerstand. Viele von ihnen bezahlten dies ebenso wie Angehörige anderer politisch-gesellschaftlicher Gruppen mit KZ-Haft oder Tod.<br />
<br />
In den Fokus der Verfolgungen durch das Dritte Reich gerieten neben der politischen Linken bald auch die Kirchen. Die NS-Führung kämpfte im „Kernland der Reformation“ und Land der Heiligen Elisabeth heftig gegen die beiden großen Konfessionen und kleinen Religionsgemeinschaften. Die NS-nahen „Deutschen Christen“ beherrschten zudem die Führungsstrukturen der evangelischen Landeskirche. Einzelne kritische Pfarrer und Laien der Bekennenden Kirche wurden gemaßregelt oder ins KZ Buchenwald gebracht. Dort starb 1939 mit Pfarrer Paul Schneider einer der bekanntesten evangelischen Geistlichen.Ganze zwei Wochen nach Hitlers Ernennung kam das Parlament als ein Symbol des verhassten demokratischen „Systems“ an die Reihe. In der Sitzung vom 14. Februar 1933 beschloss der Landtag auf Antrag der NSDAP, „sich auf unbestimmte Zeit“ zu vertagen – das war das faktische Ende des Parlamentarismus. Die erste Welle der „nationalen Revolution“ hatte sich bis Herbst 1933 über das Land ergossen. Es gelang dem neuen Regime in den Folgejahren, sich scheinbar auf Dauer zu etablieren. <br />
<br />
Dem Geschehen in der Provinz des „tausendjährigen Reiches“ kam dabei erhebliches Gewicht zu, was bei aller Machtkonzentration in der NS-Führung um Hitler nicht zu übersehen ist. Gerade Fritz Sauckels Wirken in Thüringen macht dies deutlich. Das regionale Geschehen wurde im Sinne des „Führergedankens“ auf die Person des Gauleiters zugeschnitten und hierarchisch durchgegliedert. Dabei gelang es dem „Vizekönig“ Hitlers, den Wirrwarr der verschiedenen Ämter, Instanzen und Organisationen effektiv zu bündeln. Seit 1932 Regierungschef, wurde Gauleiter Sauckel am 5. Mai 1933 zum Reichsstatthalter für Thüringen ernannt und vereinte so die höchsten Ämter in Partei und Staat.<br />
<br />
Allerdings verlor das Amt des Reichsstatthalters mit der „Gleichschaltung“ der Länder 1933/34 an Bedeutung. Dennoch gelang es Sauckel, mit einem Geflecht aus engen Verbindungen zur NS-Spitze um Hitler, aus Herrschaftsfunktionen, persönlicher Gefolgschaft, Prestigestreben und ökonomischem Einfluss seine Machtstellung zu stärken. Viele „alte Kämpfer“ wurden in Führungspositionen eingesetzt. Die Stellung Sauckels als dominierender „Gaufürst“, die keineswegs allen der 31 Gauleiter beschieden war, durfte Mitte der 1930er-Jahre als gefestigt gelten.<br />
<br />
Hauptanliegen Sauckels war die Profilierung Thüringens zum „Mustergau“. Ein wesentlicher Akzent lag dabei auf der Kultur, ein Hauptelement bildete der Ausbau Weimars zu einer repräsentativen Gauhauptstadt. Sehr entgegen kam Sauckel die Vorliebe Hitlers für die Klassikerstadt, die dieser seit 1925 häufig besucht hatte. Sauckel konnte so die große Popularität des „Führers“ für sich nutzen. Hitler an Weimar zu binden, ließ er sich deshalb einiges kosten. Deutlich wird dies etwa im Neubau des von Hitler bevorzugten Hotels „Elephant“ am Marktplatz 1938.<br />
<br />
Hitlers „Lieblingsstadt“ Weimar sollte darüber hinaus zum Muster für die Umgestaltung aller deutschen Gauhauptstädte werden. Herzstück war das „Gauforum“ (Weimarplatz) mit Bauten für Reichsstatthalterei und Gauleitung, Parteigliederungen, Deutsche Arbeitsfront und Wehrmacht sowie einer für 20.000 Zuschauer konzipierten „Halle der Volksgemeinschaft“. Dieser Platz sollte Machtdemonstration und Kulisse für die Inszenierung der NS-Volksgemeinschaft in Massenveranstaltungen werden. Das Bauprojekt wurde als einzige regionale NS-Machtzentrale in Deutschland fast fertiggestellt. <br />
<br />
Zur Profilierung Weimars gehören aber auch Investitionen in Klassikerstätten wie das Goethe-Nationalmuseum und eine Nietzsche-Gedächtnishalle. Bei alldem sollte die Erinnerung an die Nationalversammlung 1919, an den Geburtsort der Weimarer Republik ausgelöscht werden. Ein weiteres Element waren zahlreiche Kulturveranstaltungen. Viele davon präsentierte Sauckel auch im 1933 eröffneten „Thüringenhaus“ in Berlin. Medium der NS-Kulturpolitik wurde weiterhin die Landesuniversität Jena, seit 1934 „Friedrich-Schiller-Universität“. Dabei ging es besonders um die Darstellung als „Mustergau“ der Rassenkunde. 1939 trat in Jena Karl Astel, 1933 Begründer des Landesamtes für Rassewesen, als erster „Rasseforscher“ an die Spitze einer deutschen Universität.<br />
<br />
Sein politisches Gespür ließ Gauleiter Sauckel auch in der Wirtschaftspolitik aktiv werden. Die Enteignung des Suhler Waffen- und Fahrzeugwerkes der jüdischen Familie Simson 1935 legte den Grundstein für die Wilhelm-Gustloff-Stiftung. Als NS-Musterbetrieb verlieh sie Sauckel ökonomische Macht. Der Ausbau der Rüstung führte zu einem tiefgreifenden Strukturwandel. Gegen Kriegsende wurde Thüringen zum Schauplatz verzweifelter Bemühungen, mit unterirdischen Anlagen die vom Luftkrieg bedrohte Rüstung aufrecht zu erhalten. Für diese mit tausendfachem Häftlingstod verbundenen Maßnahmen steht v.a. das KZ Mittelbau-Dora bei Nordhausen (1943/45) mit seinen V-2-Raketen-Stollen. Auf Initiative von Sauckel wurde 1944/45 unter dem Walpersberg nahe Kahla der Düsenjäger Me 262 hergestellt (REIMAHG). Die Gustloff-Stiftung wurde aber auch zum Feld sozialpolitischer Bemühungen. Es gehörte zur Überzeugungskraft des NS-Regimes, die Volksgemeinschafts-Vision mit Leben zu erfüllen. Hierzu zählten die Maßnahmen der an die Stelle der Gewerkschaften tretenden Deutschen Arbeitsfront. Die Gustloff-Stiftung stilisierte sich zum „Sozialismus der Gesinnung und der Tat“. Weimar sollte mit seinem „Fritz-Sauckel-Werk“ zu einer Muster-Industriestadt von 100.000 Einwohnern ausgebaut werden. Bei zahlreichen Grundsteinlegungen, Inbetriebnahmen usw. verstand es Sauckel, nach zwei Jahrzehnten mit Krieg, Bürgerkrieg und Wirtschaftskrisen Aufbruchsstimmung zu verbreiten. <br />
<br />
Seit langem hatte Sauckel gute Beziehungen zur Wehrmacht gepflegt. Den richtigen Instinkt bewies er im Vorfeld des „Röhm-Putsches“ vom 30. Juni 1934, als Hitler die SA-Führung ermorden ließ. Ganz auf der Linie seines Führers hatte Sauckel die Forderungen nach einer „zweiten Revolution“ und dem Ausbau der SA zu einer Volksmiliz zurückgewiesen. Die Reichswehr blieb der „Waffenträger der Nation“, der ab 1935 als Wehrmacht mit allgemeiner Wehrpflicht rasant aufgerüstet wurde. Auch in Thüringen führte dies zum Ausbau vieler Garnisonen und der Errichtung großer Kasernenkomplexe.<br />
<br />
Zum NSDAP-Gau gehörten das Land Thüringen, der preußischen Regierungsbezirk Erfurt und Kreis Schmalkalden. Damit hatte Sauckel auf der Parteiebene „Großthüringen“ unter seiner Verfügungsgewalt. Dass nach der „Gleichschaltung“ der Länder die Partei an Bedeutung gewann, kam ihm daher entgegen. Seine Bestrebungen nach einem einheitlichen „Reichsgau Thüringen“ scheiterten jedoch. Unter den Bedingungen des Krieges kam Sauckel seinem Ziel aber doch sehr nahe. 1944 verlieh ihm ein Führererlass die Befugnisse eines Oberpräsidenten für den Regierungsbezirk Erfurt.<br />
<br />
Mit zu den schlimmsten Verbrechen der NS-Diktatur gehört die Ermordung Tausender behinderter Menschen durch das Euthanasieprogramm. Der Rassenhygiene (Eugenik) fielen seit Kriegsbeginn 1939 ca. 200.000 Psychiatriepatienten zum Opfer. Das Programm wurde in Thüringen v.a. in den Heilanstalten Blankenhain, Hildburghausen, Pfafferode und Stadtroda durchgeführt, wobei ca. 630 Patienten ums Leben kamen. Hinzu kam die „Kindereuthanasie“ in Stadtroda. <br />
<br />
Auch ihren Judenhass lebten die thüringischen Nationalsozialisten voll aus. Im Gaugebiet wohnten 1933 rund 4500 Juden. Ihnen wurde schon seit 1932 das Leben schwer gemacht. Jetzt galt es, sich auch in der „Judenfrage“ hervorzutun. So galt die „Arisierung“ der Simson-Werke als international beachteter Präzedenzfall. Vom Judenboykott am 1. April 1933 über die Nürnberger Gesetze 1935, die „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 bis hin zu den „Endlösungs“-Deportationen nach der Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942 zieht sich die Spur der Entrechtung und Vernichtung jüdischer Mitbürger. 1945 lebten noch ganze 400 von ihnen in Thüringen. <br />
<br />
Am eindringlichsten symbolisiert wird die verbrecherische NS-Herrschaft vom Konzentrationslager Buchenwald nahe Weimar, ab 1937 eines der drei Großlager im Reich neben Dachau und Sachsenhausen. Das KZ mit seiner großen SS-Besatzung gehörte mit zur Profilierung als „Mustergau“. Die Häftlinge waren zudem billige Arbeitskräfte, mit denen die Weimarer Bauvorhaben und die Rüstungswirtschaft forciert wurden. Buchenwald sollte nach der Befreiung am 11. April 1945 schlagartig zum Synonym des Mord- und Terrorortes in Deutschland werden. Jenes Lagers, in dem rund 56.000 Menschen ums Leben kamen, zeichnet so für die vielzitierte Janusköpfigkeit der zum UNESCO-Welterbe zählenden Kulturstadt Weimar verantwortlich. <br />
<br />
Nach der Auslösung des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939, besonders aber mit dem Ende der erfolgreichen „Blitzkriege“ 1942/43 hatte Reichsverteidigungskommissar Sauckel die „Heimatfront“ zu organisieren. Neben der Lösung vieler Probleme vom verstärkten Luftkrieg bis hin zum Mangel an Dingen des Lebensbedarfes fiel ihm auch die Aufgabe zu, die Bevölkerung zum Durchhalten zu mobilisieren. Die britischen und amerikanischen Bomberangriffe kosteten etwa 20.000 Thüringern das Leben, einige Städte, besonders Nordhausen, Jena und Gera, wurden stark zerstört. Auch die Kämpfe zwischen der Wehrmacht und den am 1. April 1945 von Westen in Thüringen einrückenden Truppen der 3. US-Armee kosteten noch zahlreiche Menschenleben. Am 16. April 1945 war für Thüringen der Krieg und damit die Herrschaft der Nationalsozialisten beendet.<br />
<br />
<br />
'''Historische Erinnerungskultur'''<br />
<br />
Die exponierte Rolle Thüringens im Nationalsozialismus ist auch eine besondere Verpflichtung und Herausforderung an die Erinnerungskultur im heutigen Freistaat. Dem wird man an zentralen Erinnerungsorten wie den Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora vollauf gerecht. Dort hat man auch eine breite Aufarbeitung des Umgangs mit den beiden KZ nach 1945 vorgenommen. Der Erinnerungsort „Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz“ in Erfurt erinnert an jenes Unternehmen, das die Krematorien für die KZ von Buchenwald bis Auschwitz hergestellt hat. Dabei wird besonders die Frage nach der moralischen Verantwortung der Wirtschaft und jedes Einzelnen aufgeworfen. <br />
<br />
Zahlreiche weitere Gedenkstätten, Museen und Bildungseinrichtungen, oft aus bürgerschaftlichem Engagement geboren, leisten einen wichtigen Beitrag. So erinnert ein Dokumentationszentrum an das REIMAHG-Werk im Walpersberg bei Kahla, eine Ausstellung in Turmgebäude des „Gauforums“ in Weimar an die architektonischen Ambitionen der „Muster-Gauhauptstadt“. Viele kleinere Gedenkorte, Denkmale und Erinnerungstafeln machen auf die Spuren der NS-Diktatur aufmerksam. Gefragt sind daneben politische Bildung, Schulen und Medien, das Wissen an die nachwachsenden Generationen weiter zu geben. Und nicht zuletzt gilt es, die Erinnerung durch die Landesgeschichtsschreibung wach zu halten. (Foto: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar) <br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Der "Mustergau" Thüringen im Nationalsozialismus''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 106). Erfurt 2015.<br />
<br />
<br />
Lesetipp: <br />
<br />
Steffen Raßloff: '''[[Der "Mustergau" Thüringen im Nationalsozialismus|Der "Mustergau". Thüringen zur Zeit des Nationalsozialismus]]'''. München 2015.<br />
<br />
Filmdokumentation: <br />
<br />
'''[https://www.youtube.com/watch?v=GlfDbUNNaq8 Fritz Sauckel - Hitlers Mann in Thüringen]''' (MDR, "Geschichte Mitteldeutschlands", 2009, Fachberatung: Dr. Steffen Raßloff)<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Fritz Sauckel]]''', '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Geschichte Thüringens]]''', '''[[Das Dritte Reich|Geschichte des Dritten Reiches]]''', '''[[Nietzsche Gedaechtnishalle Weimar|Nietzsche-Gedächtnishalle in Weimar]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35288Barfuss ins Himmelreich2017-06-27T15:01:21Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiH.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon mit der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor der Eröffnung am 18. Mai 2017 für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauer Analyse sehen einige Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" (Abb. 2) beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt|Stadtmuseum]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017, zum Lesen anklicken:<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|500px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|500px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35287Barfuss ins Himmelreich2017-06-27T15:00:37Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiH.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon mit der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor der Eröffnung am 18. Mai 2017 für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauer Analyse sehen einige Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" (Abb. 2) beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt|Stadtmuseum]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017, zum Lesen anklicken:<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|500px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|500px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35284Barfuss ins Himmelreich2017-06-27T12:11:43Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiH.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon mit der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor der Eröffnung am 18. Mai 2017 für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauer Analyse sehen einige Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Der Kulturdirektor versucht zu suggerieren, es handele sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt|Stadtmuseum]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017, zum Lesen anklicken:<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|500px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|500px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Das_Dritte_Reich&diff=35283Das Dritte Reich2017-06-27T12:08:47Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Das Dritte Reich =<br />
<br />
'''1933 errichteten die Nationalsozialisten eine Diktatur der „Verführung und Gewalt“. Die Verbrechen des Dritten Reiches gipfelten im Zweiten Weltkrieg und dem Mord an Millionen politisch und rassisch verfolgter Menschen. Der Erfurter Historiker Dr. Steffen Raßloff bietet hierzu einen populärwissenschaftlichen Überblick.''' <br />
<br />
<br />
'''Aufstieg des Nationalsozialismus bis 1933'''<br />
<br />
[[Datei:DrittesReich.17.jpg|300px|right]]Das Dritte Reich stellt einen Höhepunkt im „Zeitalter der Extreme“ dar, wie der Historiker Eric Hobsbawm das 20. Jahrhundert genannt hat. Am Beginn dieses Jahrhunderts der Kriege, Bürgerkriege und Diktaturen stand der Erste Weltkrieg 1914-1918. In jener „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) wurzeln viele der weiteren historischen Entwicklungen. Das „alte Europa“ ging in den Verheerungen des modernen Massenkrieges unter. Die dem Verlierer Deutschland und seinen Verbündeten diktierten Pariser Friedensverträge 1919 mit Gebietsabtretungen, Verlust der Kolonien, Reparationsforderungen, Entmilitarisierung usw. trugen bereits die Keime eines neuen Revanchekrieges in sich. Für das Deutsche Kaiserreich, vor 1914 eine prosperierende Industrienation mit Weltmachtanspruch, war die „Fallhöhe“ besonders groß. <br />
<br />
Die Demokratien, die zunächst im Nachkriegseuropa dominierten, wurden von linken und rechten Extremismen bedrängt. Deren totalitäre Ideologien (Kommunismus bzw. Bolschewismus, Faschismus bzw. Nationalsozialismus) sollten die Krise der kapitalistischen Massengesellschaft und des „liberalen Systems“ überwinden. Jene angestrebte „Versöhnung mit der Moderne“ (Gunther Mai) war in bislang unbekanntem Maße mit Gewalt verbunden. Seit der russischen Oktoberrevolution der Bolschewiki unter Führung Waldimir Iljitsch Lenins 1917 existierte erstmals eine kommunistische Diktatur, seit der Machtübernahme der „Schwarzhemden“ Benito Mussolinis in Italien 1922 ein faschistisches Regime. Ab 1926 entstanden in den meisten Ländern Süd-, Mittel- und Osteuropas rechtsdiktatorische Staatswesen, während sich die Demokratien West- und Nordeuropas behaupten konnten. <br />
<br />
In Deutschland hatte das Kriegsende 1918 auch das Ende der Monarchie gebracht. Am 9. November 1918 wurde in Berlin die Republik ausgerufen, wurde aus dem Kaiserreich der Hohenzollern die Weimarer Republik. Die extreme Rechte lehnte die neue Demokratie, getragen von gemäßigter Arbeiterbewegung und liberalem Bürgertum, hasserfüllt ab. Sie hielt an dem im Krieg radikalisierten Nationalismus fest, wobei die Niederlage des Heeres durch den „Dolchstoß“ aus der von Linken, Demokraten und Juden unterwanderten Heimatfront erklärt wurde. Die Exponenten der Republik wurden als „Novemberverbrecher“ verfemt und bis hin zu politischen Morden verfolgt, etwa an Finanzminister Matthias Erzberger (1921) und Außenminister Walther Rathenau (1922).<br />
<br />
Zur stärksten Kraft im anfangs breit gefächerten Spektrum der Rechten wurde die 1919 in München gegründete Deutsche Arbeiterpartei, 1920 umbenannt in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). 1921 konnte sich der Weltkriegsgefreite Adolf Hitler (1889-1945) als „Führer“ mit diktatorischer Machtfülle an deren Spitze stellen. Der Österreicher Hitler stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Geboren in Braunau am Inn als Sohn eines Zollbeamten, hatte er sich vor dem Ersten Weltkrieg vergeblich an der Kunstakademie in Wien beworben. Er lebte zeitweise im Obdachlosenheim und schlug sich mit dem Malen von Postkarten durch. Das deutschnational-antisemitische Milieu der Hauptstadt des habsburgischen Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn prägte den jungen Mann. 1913 nach München umgezogen, meldete sich Hitler bei Kriegsbeginn freiwillig ins deutsche Heer. Nach der Niederlage 1918 begann in München der Aufstieg in der rechtsextremen Szene, der sich vor allem seinem rednerischen Talent und populistischen Gespür verdankte. <br />
<br />
Die NS-Ideologie griff gängige Ideen der völkischen Szene seit dem späten 19. Jahrhundert auf. Sie flossen in Hitlers „Weltbild“ zusammen, das schon in seiner Schrift „Mein Kampf“ (1925/27) in den Grundzügen formuliert wurde. Zentrale Elemente waren die Utopie einer rassisch einheitlichen „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Weltgeschichte als ständiger Kampf der Rassen bei Überlegenheit der arischen, nordisch-germanischen Rasse, rassischer Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages hinaus sollte sich das deutsche „Volk ohne Raum“ (Hans Grimm) neue Siedlungsgebiete im Osten erkämpfen. Hinzu kam die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung mit Antimarxismus bzw. Antibolschewismus sowie ein entschiedener Antiparlamentarismus. All dies waren keine eigenständigen Ideen Hitlers und der Nationalsozialisten, die ihre diffuse Ideologie nicht in ein schlüssiges Denkgebäude fassten. Auch der Begriff vom erstrebten tausendjährigen „Dritten Reich“ nach altem Kaiserreich und Bismarcks Reich von 1871 entstammte einem Buchtitel Arthur Moeller van den Brucks, Vordenker der „konservativen Revolution“.<br />
<br />
Die politische und wirtschaftlich-soziale Krise der Nachkriegszeit, gipfelnd in rechten und linken Putschversuchen sowie der Hochinflation vom Herbst 1923, bescherte der NSDAP beachtliche Anfangserfolge. Der gescheiterte Münchner „Hitler-Putsch“ vom 9. November 1923 führte dann allerdings zu einem Rückschlag. Zudem folgte eine mehrjährige Erholungsphase 1924-1929, die „Goldenen Zwanziger“. Sie schien die Republik unter dem prägenden Einfluss des Kanzlers und Außenministers Gustav Stresemann zu festigen. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die NSDAP nur 2,6% der Stimmen. Allerdings konnte sich die demokratische Staatsform nicht nachhaltig etablieren. Das sozialistische Lager der Arbeiterparteien und das bürgerlich-nationale Lager mit fester Verankerung in den jeweiligen Milieus standen sich unversöhnlich gegenüber. Zugleich setzte eine Erosion der Parteienlandschaft mit vielen neuen Interessen- und Splitterparteien ein, die das Regieren auf nationaler und regionaler Ebene immer schwieriger machten. <br />
<br />
Der Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei erfolgte mit Beginn der in den USA ausgelösten Weltwirtschaftskrise Ende 1929. Schon im September 1930 war die Partei mit 18,3% die zweitstärkste Fraktion im Reichstag nach der SPD. Auf dem Höhepunkt der Krise mit sechs Millionen Arbeitslosen und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen wurde sie im Juli 1932 mit 37,4% zur mit Abstand stärksten Partei. Schon 1932 konnte sie die Landesregierungen in Anhalt, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Thüringen übernehmen. Die junge, dynamische Massenpartei mit ihren modernen Propaganda- und Wahlkampfmethoden hatte eine Volksbewegung entfesselt, für die sie als „letzte Rettung“ und Hitler als „nationaler Messias“ erschien. In einer tief ausgeprägten Krisenstimmung der industriell-urbanen Moderne traten große Bevölkerungsteile, insbesondere der bürgerliche Mittelstand, eine förmliche Flucht in die „nationale Volksgemeinschaft“ des charismatischen „Führers“ an.<br />
<br />
<br />
'''Aufbau und Formierung der NS-Diktatur 1933-1935'''<br />
<br />
Nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg bereits seit 1930 „halbdemokratische“ Präsidialregierungen auf Grundlage des Notverordnungsrechtes der Weimarer Verfassung (Artikel 48) berufen hatte, erfolgte am 30. Januar 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Konservative Kreise um den Ex-Kanzler Franz von Papen hatten Hindenburg zu diesem Schritt veranlasst. Es war ihr Ziel, die Nationalsozialisten in der Regierungsverantwortung zu „verschleißen“ sowie sie durch starke konservative Kräfte „einzurahmen“. Tatsächlich gehörten zur neuen Regierung der „nationalen Konzentration“ neben Hitler mit Innenminister Wilhelm Frick und dem späteren „Reichsmarschall“ Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich nur zwei weitere Nationalsozialisten. Einigkeit bestand in der Frontstellung gegen die politische Linke und den Parlamentarismus, die die alten Eliten mit Hilfe der rechten Massenbewegung zu verdrängen hofften. „Wir haben ihn uns engagiert“, so tönte Vizekanzler Papen. „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“ <br />
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass Papens „Zähmungskonzept“ nicht aufging. Vielmehr bildete der 30. Januar 1933 den Beginn der „Machtergreifung“ Hitlers und der NSDAP. Für die sofort verkündeten Reichstagswahlen am 5. März 1933 lief nunmehr mit staatlicher Unterstützung die Wahlkampfmaschinerie der NSDAP erneut an. Der politische Gegner auf der Linken, vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wurde unterdrückt und benachteiligt.<br />
<br />
Einen entscheidenden Schritt hin zur NS-Diktatur bildete die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933. Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin, der den Kommunisten angelastet wurde, setzte jene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ alle Grundrechte (persönliche Freiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis usw.) außer Kraft. Politische Gegner konnten fortan ohne Gerichtsbeschluss in „Schutzhaft“ genommen werden, wovon tausendfach Gebrauch gemacht wurde. Ohne die Verfassung der Weimarer Republik formal aufzuheben, bot die „Verfassungsurkunde“ des Dritten Reiches (Ernst Fraenkel) die juristische Grundlage der NS-Gewaltherrschaft. <br />
<br />
Trotz einer absoluten Mehrheit von NSDAP und Konservativen von 51,9% bei den Reichstagswahlen strebte Hitler nunmehr auch die Ausschaltung des parlamentarischen „Weimarer Systems“ an. Das am 24. März 1933 vom Reichstag mit den Stimmen der NSDAP und der Bürgerparteien verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“ übertrug der Regierung die Gesetzgebungskompetenz. Im Juni wurde die SPD verboten (die KPD war seit Februar in den Untergrund abgedrängt), die übrigen Parteien lösten sich resigniert selbst auf. Am 14. Juli 1933 wurde per Gesetz der Einparteienstaat der NSDAP festgeschrieben.<br />
<br />
Neben den Parteien galt es die großen unabhängigen Interessenvertretungen auszuschalten. Hierbei praktizierte die NSDAP eine erfolgreiche Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik. So wurde der 1. Mai 1933 zum Feiertag erhoben und damit ein altes Ziel der sozialistischen Arbeiterbewegung erfüllt. Schon am Tag darauf erfolgte die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. Als neue Zwangsvereinigung diente fortan die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Sie vermittelte mit ihrem sozial- und kulturpolitischen Angebot bis hin zu KdF- („Kraft durch Freude“-) Kreuzfahrten dem „kleinen Mann“ das Gefühl, die Vision einer gerechten „Volksgemeinschaft“ sei ernst gemeint. <br />
<br />
Das Regime ging in jener Formierungsphase daran, seine Machtstellung auszubauen. Parteieinrichtungen und neue parteinahe Institutionen traten neben die traditionellen Staats- und Gesellschaftsstrukturen, die mit Nationalsozialisten durchsetzt wurden. Dies sorgte in vielen Bereichen für Kompetenzgerangel und Reibungsverluste, ohne die NS-Herrschaft zu gefährden. Die großen Massenorganisationen der NSDAP spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Jene „Gliederungen“ und „angeschlossenen Verbände“ erfassten über SA und SS hinaus als ideologische „Transmissionsriemen“ die Menschen vieler Berufe, Interessenlagen und Altersgruppen (Hitlerjugend, NS-Studentenbund, NS-Lehrerbund, NS-Ärztebund, NS-Beamtenbund, NS-Kraftfahr-Korps usw.). <br />
<br />
Seit März 1933 erfolgte auch die schrittweise „Gleichschaltung“ der Länder. Mit dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ vom 30. Januar 1934 wurden sie zu reinen Verwaltungseinheiten zurückgestuft. Damit kam den Gauen der NSDAP und ihren Gauleitern wachsendes Gewicht zu. Jene „Vizekönige“ Hitlers konnten sich je nach politisch-administrativen Rahmenbedingungen und persönlicher Durchsetzungskraft eine beachtliche Machtstellung aufbauen. Der Thüringer Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel etwa profilierte sich zu Hitlers „Muster-Gauleiter“. In Weimar entstand mit dem gigantischen „Gauforum“ (Weimarplatz) eine NS-Machtzentrale, nach deren Vorbild alle deutschen Gauhauptstädte hätten umgebaut werden sollen. Sauckel zeichnete auch für den Zwangsarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Der 1942 ernannte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (GBA) wurde als „Hitlers Sklavenhalter“ 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
<br />
Eine weitere wichtige Zäsur für die Stabilisierung des Dritten Reiches bildete der „Röhm-Putsch“ 1934, als die gesamte Führung der SA (Sturmabteilung) um Stabschef Ernst Röhm ermordet wurde. Die SA war 1921 in der „Kampfzeit“ der „Bewegung“ als Saalschutz gegründet und zum paramilitärischen Wehrverband der NSDAP ausgebaut worden. Aus den Kreisen der „Braunhemden“ wurde jetzt der Ruf nach einer weitergehenden sozialen Revolution laut, Röhm strebte in Konfrontation zur Reichswehr die Umwandlung der SA in eine Volksmiliz an. Die Mordaktion am 30. Juni 1934 entmachtete den letzten ernsthaften Konkurrenten Hitlers, die Reichswehr blieb „Waffenträger der Nation“. Die 1925 gegründete SS (Schutzstaffel) rückte unter ihrem Reichsführer Heinrich Himmler als „schwarzer Orden“ zur Elite des Dritten Reiches auf. Mit dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 und der Proklamation Hitlers zum „Führer und Reichskanzler“ sowie der Vereidigung der Reichswehr auf seine Person war die Führerdiktatur weitgehend vollendet. <br />
<br />
Diese auf den „Führer“ zugeschnittene Diktatur wurde durch einen vor allem von Joseph Goebbels‘ Propagandaministerium verbreiteten Hitlermythos gestützt. Immer perfekter steuerte Goebbels durch Propagandakampagnen, Informationsmonopol, staatliche Kulturlenkung und theatralische Massenveranstaltungen wie die Nürnberger Reichsparteitage die öffentliche Meinung. Der absolute Kontroll- und Lenkungsanspruch kam besonders in den jungen Medien Rundfunk und Film zum Ausdruck. Stets wurde die neue nationale Volksgemeinschaft beschworen, aber auch der Anschein einer Versöhnung der jungen NS-Bewegung mit dem alten preußisch-konservativen Deutschland suggeriert. Hierfür steht der minutiös geplante „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, der Zusammenkunft des neuen Reichstags in der Potsdamer Garnisonkirche, mit der symbolischen Verneigung Hitlers vor dem kaiserlichen Generalfeldmarschall und Weltkriegs-Helden Hindenburg.<br />
<br />
Von Beginn an schlug sich aber auch die aggressive NS-Rassenideologie, insbesondere der Antisemitismus, in der Politik des Dritten Reiches deutlich nieder. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten unterschied sich von der traditionellen, eher religiös-kulturellen Judenfeindschaft durch seine starke Bezogenheit auf die Rasse, auf das „Blut“. Hitler sah in den Juden ein „parasitäres“ Volk, das auf Kosten seiner „Wirtsvölker“, besonders der Deutschen lebe und gar in Form des „jüdischen Bolschewismus“ die Weltherrschaft anstrebe. Daher müsse dieser „Bazillus“ ausgemerzt werden. Erste Maßnahmen waren der Boykott jüdischer Geschäfte vom 1. April 1933, das Herausdrängen der Juden aus dem öffentlichen Dienst und weitere alltagsweltliche Diskriminierungen. Mit den „Nürnberger Gesetzen“ vom September 1935 wurden Juden zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert, Eheschließungen und sexuelle Beziehungen mit Bürgern „deutschen und artverwandten Blutes“ als „Rassenschande“ verboten und unter Strafe gestellt.<br />
<br />
<br />
'''Konsolidierung und Kriegsvorbereitung 1936-1939'''<br />
<br />
Mit der Konsolidierung der Macht des Nationalsozialismus radikalisierte sich dessen zunächst noch recht vage Ideologie. Dies schlug sich besonders in der Verschärfung des Antisemitismus nieder. Mit der „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 fand die Gewalteskalation einen weiteren Höhepunkt. Hunderte Synagogen wurden niedergebrannt, tausende Menschen misshandelt und verschleppt, wobei etwa hundert ums Leben kamen. In der Folge wurden die Juden endgültig aus dem Wirtschaftsleben verdrängt („Arisierung“) und zur Ausreise genötigt. Bis zum Auswanderungsverbot 1941 hatten rund 300.000 der ursprünglich 500.000 jüdischen Bürger Deutschland verlassen. Ähnlichen Verfolgungen ausgesetzt war auch die Volksgruppe der Sinti und Roma („Zigeuner“).<br />
<br />
Bis 1937 wurden die vielen teils provisorischen Konzentrationslager (KZ) unter Leitung der SS in ein System fest ausgebauter KZ umgewandelt, allen voran die drei Großlager Dachau bei München, Buchenwald bei Weimar und Sachsenhausen bei Berlin. Die Konzentrationslager bildeten ein zentrales Element im „SS-Staat“ (Eugen Kogon), mit dem politisch, rassisch und sozial „minderwertige“ Menschen von der „Volksgemeinschaft“ isoliert, „umerzogen“ oder vernichtet werden sollten. Im Krieg dienten viele Lager mit ihren tausenden von Häftlingen auch der Rüstungswirtschaft. Zugleich verfolgte SS-Reichsführer Heinrich Himmler als „Chef der deutschen Polizei“ (1936) insbesondere mit der berüchtigten Geheimen Staatspolizei (Gestapo) jegliche Form von Widerspruch gegen das NS-Regime.<br />
<br />
Andererseits gelang es dem Regime weiter, sich als moderner, sozial engagierter Volksstaat zu profilieren, der bei aller bleibenden Alltagskritik von einer Bevölkerungsmehrheit getragen wurde. Schon 1934 ging die Arbeitslosenzahl (auch dank allgemeiner Konjunkturbelebung) nominell um über 50% zurück, 1938 herrschte (insbesondere wegen der Aufrüstung) praktisch Vollbeschäftigung – der „Führer“ hatte in den Augen vieler Deutscher „Wort gehalten“. Großprojekte, wie der bereits in der Weimarer Republik geplante Autobahnbau oder die Olympischen Spiele 1936 in Berlin verschafften erhebliche innen- und außenpolitische Prestigegewinne. <br />
<br />
So hatte es der Widerstand gegen das NS-Regime bis in den Krieg hinein schwer, wirkliche Unterstützung zu finden. Der aktive linke, v.a. kommunistische Widerstand musste die meisten Opfer beklagen. Auch Vertreter der protestantischen Bekennenden Kirche wie Dietrich Bonhoeffer und anderer Konfessionen ließen für ihre Überzeugung das Leben. Gruppen wie die „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl in München 1943 endeten ebenso wie der militärische Widerstand um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Carl Goerdeler und Julius Leber durch braune Henker. Nicht nur dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 durch die Gruppe um Stauffenberg blieb der Erfolg versagt, auch andere Versuche scheiterten, wie das Bombenattentat am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller durch den Einzeltäter Georg Elser.<br />
<br />
Durch die wachsende Popularität gestärkt, konnte Hitler ab Mitte der 1930er-Jahre auch an eine schrittweise Ausschaltung der alten Eliten herangehen. Über den rasanten Aufrüstungskurs, der nur noch durch spätere „Kriegsbeute“ zu finanzieren war, kam es zum Bruch mit Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, der 1937 als Wirtschaftsminister abgelöst wurde. Auch aus Diplomatie und Militär kamen warnende Stimmen. Daher wurde 1938 Außenminister Konstantin von Neurath durch den überzeugten Nationalsozialisten Joachim von Ribbentrop ersetzt und in der inszenierten „Blomberg-Fritsch-Krise“ Kriegsminister Werner von Blomberg und Heeres-Oberbefehlshaber Werner von Fritsch abgelöst. Hitler übernahm direkt die Befehlsgewalt und schuf sich mit dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unter General Wilhelm Keitel eine für ihn zuverlässige Führungsspitze. <br />
<br />
Die fortschreitende Konsolidierung der NS-Diktatur hatte eine wichtige Ursache in ihren außenpolitischen Erfolgen. Die von Hitler stets verkündete Revision der Versailler Friedensordnung von 1919 galt nahezu allen Deutschen als notwendig. Ein erster Erfolg fiel ihm im Januar 1935 mit der Abstimmung im vom Völkerbund verwalteten Saarland zu, wo sich über 90% der Bevölkerung für die „Heimkehr ins Reich“ entschieden. Zwei Monate später verkündete Hitler die Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Aufbau einer starken Wehrmacht, worauf die Großmächte nur mit Protesten reagierten. Eine Intervention blieb auch aus, als die Wehrmacht im März 1936 in das laut Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland einmarschierte. <br />
<br />
Einen enormen Popularitätsschub für das Hitler-Regime brachte der Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes an das Reich im März und September 1938. Mit dem „Großdeutschen Reich“ einschließlich Österreichs, dem 1919 ein Anschluss von den Siegermächten verboten worden war, erfüllte sich ein alter nationaler Traum der Deutschen. Die Abtretung der Sudetengebiete von der Tschechoslowakei erfolgte unter Zustimmung Großbritanniens, Frankreichs und Italiens im Münchner Abkommen vom 29. September 1938. Der Erfolg dieser Maßnahmen wurzelte auch darin, dass Hitler „etwas bis zu einem gewissen Grad Verständliches auf unrechtmäßige Weise“ (Klaus Hildebrand) tat und dabei immer seine Friedensliebe betonte. Zugleich sah man besonders in London Deutschland als ein wichtiges Bollwerk gegen die kommunistische Sowjetunion. <br />
<br />
Hatte das Dritte Reich bisher in seiner rasanten Expansionspolitik Territorien mit überwiegend deutscher Bevölkerung an sich gerissen, bildete die Zerschlagung der „Resttschechei“ und deren Umwandlung in das „Protektorat Böhmen und Mähren“ im März 1939 jedoch eindeutig einen Akt gewaltsamer Unterwerfung. Jetzt erkannte man auch in Großbritannien, dass die Appeasement- (Beschwichtigungs-) Politik von Premier Neville Chamberlain gescheitert war, der um des Friedens willen Deutschland seine vermeintlich traditionelle Revisionspolitik hatte betreiben lassen. Unmissverständlich machte der Westen Hitler nunmehr klar, dass jeder weitere Überfall auf einen Nachbarn Krieg zur Folge haben werde. Untermauert wurde dies durch eine englisch-französische Garantieerklärung für Polen. <br />
<br />
<br />
'''Zweiter Weltkrieg 1939-1945'''<br />
<br />
Damit war der gezielte Kriegskurs des Dritten Reiches freilich nicht mehr zu stoppen. Schon am 3. Februar 1933 hatte Hitler gegenüber führenden Generälen die „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“ als Ziel seiner Außenpolitik genannt. Auch die von ihm insgeheim angestrebte Weltherrschaft und Vernichtung der Juden waren nur durch Krieg realisierbar. Hierzu hatte Hitler 1936/37 Italien und Japan („Achse Berlin-Rom-Tokio“) als wichtigste Verbündete gewinnen können.<br />
<br />
Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Er gilt als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte mit bis zu 60 Millionen Todesopfern. Den Rücken im Osten hatte sich Deutschland zunächst durch den spektakulären „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 freigehalten, in dem die Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion in einem geheimen Zusatzprotokoll festgelegt wurde. Trotz formeller Kriegserklärung griffen Großbritannien und Frankreich praktisch nicht ein und schon am 28. September musste Polen kapitulieren. Der Besetzung Dänemarks und Norwegens im Frühjahr 1940 folgte der „Westfeldzug“ vom 10. Mai bis 22. Juni 1940, der mit der Kapitulation Frankreichs endete. Die Siege der „Blitzkrieg“-Phase führten Hitler auf den Höhepunkt seiner Popularität in Deutschland („Größter Feldherr aller Zeiten“) und trugen der Wehrmacht den Ruf der Unbesiegbarkeit ein. <br />
<br />
Allerdings gelang es anschließend nicht, Großbritannien in der erbitterten „Luftschlacht um England“ („Battle of Britain“) in die Knie zu zwingen. Auch musste Deutschland seinem Bündnispartner Italien in Nordafrika und auf dem Balkan zu Hilfe eilen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 („Fall Barbarossa“) begann der rassistische Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Osten. Trotz großer Anfangserfolge bekam die Wehrmacht in den Weiten Russlands bald Probleme. Deutlich zeichnete sich die Kriegswende spätestens nach der Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/43 ab, als die 6. Armee unter General Friedrich Paulus vernichtet wurde. Auch der von Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner Berliner Sportpalastrede ausgerufene „totale Krieg“ oder die U-Boot-Waffe konnten die strategische Unterlegenheit der „Achsenmächte“ nicht mehr kompensieren. Zudem befand sich Deutschland seit dem japanischen Angriff auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor im Dezember 1941 auch im Krieg mit den USA. <br />
<br />
Die Alliierten USA, Großbritannien und Sowjetunion eroberten, beschleunigt durch die Eröffnung der „zweiten Front“ in Frankreich am 6. Juni 1944, die deutsche „Festung Europa“. Rund 600.000 Deutsche verloren, nachdem die deutsche Luftwaffe zuvor rücksichtslos gegnerische Städte bombardiert hatte, bei den seit 1943 massiv verstärkten angloamerikanischen Luftangriffen ihr Leben. Symbolisch hierfür steht das barocke „Elbflorenz“ Dresden, das vom 13. bis 15. Februar 1945 in Schutt und Asche versank. Bemühungen, die aus der Luft gefährdete Rüstung untertage aufrecht zu erhalten, kosteten hunderttausenden Zwangsarbeitern und Häftlingen das Leben. Am bekanntesten ist die Verlagerung der V2-Raketenproduktion von Peenemünde auf der Insel Usedom in Stollen bei Nordhausen mit dem eigens hierfür errichteten KZ Mittelbau-Dora 1943/45. Mit „Wunderwaffen“ wie der V2 („Vergeltungswaffe“) sollte der Glaube an den „Endsieg“ aufrechterhalten werden. <br />
<br />
Alle verzweifelten Mobilisierungsversuche schoben die Niederlage aber nur um einen hohen Preis hinaus, zumal die Intensität des Krieges noch einmal dramatisch zunahm. Mehr als die Hälfte der 3,2 Millionen gefallenen deutschen Soldaten etwa verlor in den letzten zehn Kriegsmonaten ihr Leben. Begleitet war die Schlussphase des NS-Regimes auch von schweren Ausschreitungen vor allem der Sowjetarmee gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Die Flucht und Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa setzte sich über das Kriegsende hinaus unter Akzeptanz der Alliierten ebenfalls mit teils erheblicher Brutalität fort. Bis zu zwei Millionen Deutsche verloren hierbei ihr Leben. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht bedingungslos, Hitler hatte bereits am 30. April im Bunker der Berliner Reichskanzlei Selbstmord begangen.<br />
<br />
Der Weltkrieg brachte auch einen letzten Radikalisierungsschub bei der Umsetzung der ideologischen Ziele des Dritten Reiches. Ein beispielloses Verbrechen stellt der Holocaust bzw. die Shoa dar, die systematische Vernichtung der europäischen Juden. Nach verschiedenen Überlegungen, u.a. einer gigantischen Umsiedlungsaktion nach Madagaskar, beauftragte Hermann Göring am 31. Juli 1941 SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich mit der „Endlösung der Judenfrage“. Auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 wurde die Umsetzung zwischen SS und beteiligten Reichsbehörden abgestimmt. In Ghettos, bei Erschießungsaktionen und der industriellen Vernichtung in den Konzentrationslagern des Ostens (Auschwitz, Belzec, Chelmno, Sobibor, Treblinka) kamen rund sechs Millionen Juden ums Leben. Dieses Schicksal teilten rund 200.000 Sinti und Roma.<br />
<br />
Millionen Menschen besonders in Polen und der Sowjetunion, die die Nationalsozialisten als slawische „Untermenschen“ ansahen, fielen ebenfalls der Besatzungsherrschaft zum Opfer. Auf bis zu 14 Millionen wird letztlich die Gesamtzahl der Toten außerhalb von Kampfhandlungen im deutschen Machtbereich geschätzt, darunter auch 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene. In Polen hatte man schon 1939 gezielt die Eliten des Landes auszulöschen versucht. Zunächst im polnischen „Generalgouvernement“, dann in den eroberten Gebieten der Sowjetunion sollte ein landwirtschaftlich geprägtes Kolonialreich entstehen. Dort hatten die überlebenden Einwohner als Arbeitskräfte den deutschen „Herrenmenschen“ zu dienen. Der „Rassenhygiene“ am deutschen „Volkskörper“ fielen rund 150.000 behinderte Menschen und andere „Ballastexistenzen“ zum Opfer (Euthanasie), zugleich wurden ca. 350.000 Menschen wegen Erbkrankheiten sterilisiert. Tausende Deutsche zahlten für ihre kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime, für „Wehrkraftzersetzung“ oder Hören von „Feindsendern“ mit dem Leben. <br />
<br />
<br />
'''Forschung und Erinnerungskultur''' <br />
<br />
Das Dritte Reich bildet die heute wohl am besten erforschte Epoche der deutschen Geschichte. Dabei spielte zunächst das unmittelbare Entsetzen über den „Irrweg einer Nation“ (Alexander Abusch), über „Die deutsche Katastrophe“ (Friedrich Meinecke) eine zentrale Rolle. Man suchte nach den historischen Wurzeln des Nationalsozialismus und konstruierte einen teils weit zurückreichenden „deutschen Sonderweg“, der vom westlich-demokratischen Normalfall abgewichen sei. Spuren für die Vorgeschichte von NS-Diktatur und Holocaust sah man bis hin zum Preußen Friedrichs des Großen oder judenfeindlichen Äußerungen des Reformators Martin Luther. Diese Sicht hat sich allerdings als „wenig substanziell“ (Ulrich Herbert) erwiesen. <br />
Die marxistische Theorie definierte „Faschismus“ als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Georgi Dimitroff). Westliche Historiker betonten den Charakter des Dritten Reiches als moderne totalitäre Diktatur. Ähnlich wie die Sowjetunion als „linkes Gegenstück“ erfüllte es Kriterien wie eine durch Personenkult überhöhte autoritäre Führerpersönlichkeit, Machtmittel wie terroristische Geheimpolizei, Nachrichtenmonopol und Einparteienstaat, eine absolute Geltung beanspruchende Ideologie, totale Erfassung der Bevölkerung, bis zum Massenmord reichende Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen.<br />
<br />
Allerdings ist das Totalitarismus-Modell (Carl J. Friedrich, Hannah Arendt) nicht unumstritten geblieben. So bringt es die dynamischen Wandlungen der NS-Diktatur von der „Machtergreifung“ bis hin zur Radikalisierung im Zweiten Weltkrieg nicht deutlich genug zum Ausdruck. Zugleich hat man zeigen können, dass das Dritte Reich in Ideologie und Machtausübung keineswegs einen homogenen Block darstellte. Mit dem Begriff der „Polykratie“ wurde auf die vielen konkurrierenden Machtgruppen im NS-Staat hingewiesen, der letztlich nur im „Führer“ eine unumstrittene Spitze besaß. <br />
<br />
Norbert Frei hat dieses vom „Führer“-Mythos überwölbte Herrschaftssystem mit dem Begriff „Führerstaat“ gekennzeichnet. Dennoch wird nicht nur in den großen Biographien (Joachim C. Fest, Allan Bullock, Ian Kershaw, Peter Longerich) die zweifellos wichtige Rolle Hitlers unterschiedlich bewertet. Auch die Kombination aus „Verführung und Gewalt“ (Hans-Ulrich Thamer), die massenpsychologischen und sozialpolitischen Angebote der „nationalen Volksgemeinschaft“ sind als wichtige Herrschaftselemente einer modernen „Konsensdikatur“ betont worden. Einigkeit besteht bei allen seriösen Forschungsrichtungen über den Unrechtscharakter des Dritten Reichen mit seinen singulären Verbrechen, die in Weltkrieg und Völkermord gipfelten.<br />
<br />
Unter den zahlreichen Gedenkorten und Museen zur Geschichte des Dritten Reiches ragen einige heraus. Den Opfern gewidmet sind große Gedenkstätten wie in den ehemaligen Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, aber auch in vielen kleineren Lagern, Gefängnissen, Euthanasie-Anstalten usw. Das gilt auch für Stätten des Widerstandes, wie den Bendlerblock in Berlin, wo die Hitler-Attentäter um Stauffenberg erschossen wurden und heute die zentrale „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ angesiedelt ist. Den Tätern widmet sich der Erinnerungsort „Topographie des Terrors“ in der ehemaligen Zentrale von Gestapo, SS und Reichs¬sicherheits¬hauptamt in Berlin. Die Verstrickung von Wirtschaft und Gesellschaft in die NS-Verbrechen wird u.a. im Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt plastisch sichtbar, wo man die Krematorien für Auschwitz und andere KZ gebaut hatte. Nicht zuletzt mit dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin hat sich die Bundesrepublik Deutschland klar zu ihrer historischen Verantwortung bekannt. <br />
<br />
Schwierig gestaltet sich bisweilen der Umgang mit „sperrigen“ Erinnerungsorten vom riesigen KdF-Erholungsheim Prora auf Rügen über das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und Weimarer „Gauforum“ bis hin zu „Hitlers Sommerresidenz“ auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Aber auch hier konnte in vielen Fällen neben pragmatischen Lösungen eine erinnerungskulturelle Aufarbeitung erreicht werden. Das Thema wird schließlich vom Deutschen Historischen Museum in Berlin bis hin zu vielen regionalen Geschichts- und Spezialmuseen dargestellt, findet in der politischen Bildung und in den Medien breiten Widerhall. <br />
<br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Das Dritte Reich''' (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen). Erfurt 2017.<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus|Thüringen im Nationalsozialismus]]''', '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Datei:Malerisches_Thueringen.jpg&diff=35282Datei:Malerisches Thueringen.jpg2017-06-25T11:53:56Z<p>SteffenRassloff: Schützte „Datei:Malerisches Thueringen.jpg“ ([edit=sysop] (unbeschränkt) [move=sysop] (unbeschränkt))</p>
<hr />
<div></div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Der_Mustergau_Th%C3%BCringen_im_Nationalsozialismus&diff=35281Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus2017-06-23T14:08:01Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Thüringen im Nationalsozialismus = <br />
<br />
'''Thüringen war Vorreiter für die Machtergreifung der Nationalsozialisten und "Mustergau" im Dritten Reich'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:GautagNSDAP1938.jpg|280px|right]]Die NSDAP unter Gauleiter Fritz Sauckel erhob im Dritten Reich den Anspruch, in Thüringen einen „Mustergau“ errichtet zu haben. Dieser habe sich „seit Jahren auf Vorpostenstellung befunden“ und nach der „Machtergreifung“ 1933 einen erheblichen „Anteil am Befreiungswerk“ Deutschlands gehabt. Tatsächlich hatte sich hier in den 1920er-Jahren eine der frühen NSDAP-Hochburgen gebildet, gelangten 1930 erstmals Nationalsozialisten auf Ministerposten und erfolgte 1932 die „vorgezogene Machtergreifung“ unter der Regierung Sauckel. Im Dritten Reich ging Sauckel bei der braunen Gewaltherrschaft voran, bündelte regionale Machtkompetenzen, setzte in der Wirtschaftspolitik Akzente, nutzte die Ausstrahlung des Kulturlandes und baute Hitlers „Lieblingsstadt“ Weimar zu einer „Muster-Gauhauptstadt“ aus. Im Krieg sollte Thüringen mit unterirdischen Rüstungsprojekten, Auslagerungen und einem Führerhauptquartier im Jonastal zur letzten „Festung“ des Dritten Reiches werden. <br />
<br />
Thüringen hat also bei Aufstieg, Herrschaft und Verbrechen der NS-Diktatur eine wichtige Rolle gespielt. Unermüdlich war die Gauleitung um Fritz Sauckel bis zum bitteren Ende bemüht, Thüringen in den verschiedensten Bereichen als „Mustergau“ zu profilieren. Häufig ist ihr dies gelungen, wobei tatsächlicher Stellenwert und propagandistische Überhöhung nur schwer zu trennen sind. Im internationalen kollektiven Gedächtnis ist Thüringen mit Blick auf das Dritte Reich fest verankert. Mit dem ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald befindet sich hier der bekannteste Erinnerungsort an die Verbrechen der Nationalsozialisten in Deutschland. „Muster-Gauleiter“ Sauckel wurde als „Hitlers Sklavenhalter“, als Organisator des Zwangsarbeitereinsatzes im Zweiten Weltkrieg, 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
<br />
<br />
'''Vorreiter der „Machtergreifung“'''<br />
<br />
Der verlorene Erste Weltkrieg 1914/18 schuf als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ in Deutschland das Klima für den Aufstieg des Nationalsozialismus. Aus der Novemberrevolution 1918 geboren, sollte die Weimarer Republik stets politische instabil bleiben und durch die Extreme von rechts und links gefährdet werden. Nirgendwo sonst zeigte sich dies so deutlich wie in Thüringen. Die politische Landschaft des 1920 aus den ehemaligen Kleinstaaten gegründeten Freistaates mit der Hauptstadt Weimar, dem die preußischen Gebiete mit Erfurt noch nicht angehörten, war tief gespalten. Von Beginn an standen sich im Landtag die linken Arbeiterparteien und die bürgerlich-nationalen Parteien gegenüber. <br />
<br />
Auf der radikalen Rechten etablierte sich die 1919 in München gegründete Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) als stärkste Kraft. 1921 konnte sich Adolf Hitler als „Führer“ an ihre Spitze stellen. Zentrale Elemente der NS-Ideologie waren eine rassisch einheitliche „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Kampf der „Rassen“ bei Überlegenheit der „nordisch-germanischen Rasse“ und Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages 1919 hinaus sollte sich das deutsche Volk Siedlungsraum im Osten erkämpfen. Hinzu kamen die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung und ein entschiedener Antiparlamentarismus. <br />
<br />
Von Bayern aus etablierten sich seit 1921 erste Ortsgruppen in Thüringen. Bis zum gescheiterten Hitler-Putsch vom 9. November 1923 blieb es allerdings bei einem eher losen Verbund von Stützpunkten, der eine hohe Fluktuation von und zu anderen völkisch-nationalen Organisationen aufwies. Erst mit der offiziellen Gründung des Gaues Thüringen der NSDAP 1925 sollte der rasche Aufstieg beginnen. An dessen Spitze stand zunächst der antisemitische Schriftsteller Artur Dinter. Der Aufstieg wurde begünstigt von den politischen Konstellationen im Land. Die erste sozial-liberale Regierung 1920/21 zerbrach rasch an den Spannungen der Nachkriegszeit. Diese gipfelten im Kapp-Putsch vom März 1920. In beiden Lagern gewannen nun die radikalen Kräfte an Zuspruch. 1921 trat eine SPD-Regierung unter August Frölich ihr Amt an, die von den Kommunisten toleriert wurde. Sie begann eine intensive linksdemokratische Reformpolitik, die besonders im Kulturbereich etwa mit der Einführung neuer Feiertage zu Ungunsten kirchlicher und einer umfassenden Bildungsreform („Greilsche Schulreform“) für Aufsehen sorgte. Jene als „rotes Thüringen“ bezeichnete Periode sollte die politische Atmosphäre weiter aufheizen. Die von Wirtschaftskrise und Inflation begleitete Amtszeit Frölichs gipfelte in der „Volksfrontregierung“ von SPD und KPD im „heißen Herbst“ 1923, die nach dem Einmarsch der Reichswehr zurücktreten musste. <br />
<br />
Die Bürgerparteien setzten danach alles auf die Entmachtung der Linken. Die Landtagswahl 1924 brachte jedoch keine absolute Mehrheit. So gerieten die sieben Abgeordneten der Völkischen und NSDAP in eine Schlüsselposition. Artur Dinter verstand es, ihre Stimmen für die Wahl der bürgerlichen Landesregierung öffentlichkeitswirksam in politische Münze umzuschlagen. Das politische Klima beförderte die Erholung der NSDAP. So fand am 3./4. Juli 1926 ihr erster Reichsparteitag, auf dem die „Hitler-Jugend“ gegründet wurde, in Weimar statt. Hitler erwog sogar die Verlegung der Parteileitung nach Weimar. <br />
<br />
Zudem hielt eine kurzzeitige Stabilisierung der Republik in den „Goldenen Zwanzigern“ nicht lange an. Erneut waren nach der Landtagswahl 1929 die Bürgerlichen bei der Regierungsbildung auf die äußerste Rechte angewiesen. Die NSDAP gab sich allerdings nicht mehr mit einer Tolerierung zufrieden. Adolf Hitler reiste nach Weimar und setzte die Berufung des Hitler-Putsch-Teilnehmers Wilhelm Frick zum Innen- und Volksbildungsminister einer Koalitionsregierung durch. In Thüringen gelangte so 1930 erstmals ein Nationalsozialist auf den Ministersessel eines deutschen Landes. <br />
<br />
Der spätere Reichsinnenminister nutzte sein Amt als „Experimentierfeld für die Machtergreifung“. Frick setzte die „Säuberung“ des Beamtenapparates fort, erließ Maßnahmen wie den Erlass „Wider die Negerkultur für deutsches Volkstum“, nationalistische „Schulgebete“ und die Berufung des Rassekundlers Hans F. K. Günther an die Universität Jena. Neben Minister Frick und Staatsrat Willy Marschler profilierte sich der 1927 ins Amt gerückte NSDAP-Gauleiter Fritz Sauckel zum Einpeitscher seiner Partei. <br />
<br />
Im Landtag führten nicht die Regierungspraxis Fricks zum Bruch der Koalition, sondern die heftigen verbalen Attacken der „Nazis“ gegen die Bürgerlichen. 1931 wurde Frick und Marschler das Misstrauen ausgesprochen. Die NS-Propaganda lief nun auf Hochtouren. Alle Parteigrößen um Hitler, Göring und Goebbels kamen nach Thüringen. Unter den Bedingungen der Weltwirtschaftskrise mit Arbeitslosigkeit und sozialem Elend brachte sich die NSDAP in die Position des „letzten Retters aus der Not“. Die parallel zur Reichstagswahl ausgetragene Landtagswahl vom 31. Juli 1932 konnte sie mit 42,5 % der Stimmen klar gewinnen. <br />
<br />
Nach dieser „Erdrutschwahl“ kam es zur „vorgezogenen Machtübernahme“ in Thüringen. Am 26. August 1932 nahm die vierte NSDAP-geführte Landesregierung nach Anhalt, Oldenburg und Mecklenburg-Schwerin in Weimar ihre Geschäfte auf. In seiner Regierungserklärung nahm Sauckel bereits Grundmaximen des Dritten Reiches voraus. Er betonte, dass „über die wirtschaftliche und politische Sicherung des Landes hinaus die Entfaltung und Gestaltung aller geistigen und seelischen Kräfte in Rasse und Volkstum“ erreicht werden müssten. <br />
<br />
<br />
'''„Mustergau“ im Dritten Reich'''<br />
<br />
Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 begann die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten. Durch die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar konnten politische Gegner ohne gerichtliche Untersuchung in „Schutzhaft“ genommen werden. Tausende NS-Gegner, v.a. Kommunisten und Sozialdemokraten, wurden verschleppt. Am 23. März 1933 sorgte das „Ermächtigungsgesetz“ für die vom Reichstag unabhängige Gesetzgebung der Regierung Hitler. Bis Sommer 1933 wurden alle Parteien außer der NSDAP verboten oder lösten sich auf. Zugleich suggerierten Symbolakte wie der „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933 mit der Verneigung Hitlers vor Reichspräsident Hindenburg, das bürgerliche Deutschland vereinige sich mit der NS-Bewegung zu einem neuen nationalen Ordnungsstaat. <br />
<br />
Der Weg in die Diktatur verlief in Thüringen aufgrund der „vorgezogenen Machtergreifung“ relativ reibungslos. Dabei war die Gauleitung bemüht, weiter als „Vorreiter“ zu glänzen. So wurden schon am 31. Januar Aktivitäten der KPD verboten. Die politische Linke war im Frühjahr 1933 faktisch zerschlagen bzw. in den Untergrund gedrängt. Trotzdem blieb besonders der kommunistische Widerstand aktiv und besaß in der Gruppe um Theodor Neubauer und Magnus Poser ein wichtiges Zentrum. Auch Sozialdemokraten wie Hermann Brill gingen in den Widerstand. Viele von ihnen bezahlten dies ebenso wie Angehörige anderer politisch-gesellschaftlicher Gruppen mit KZ-Haft oder Tod.<br />
<br />
In den Fokus der Verfolgungen durch das Dritte Reich gerieten neben der politischen Linken bald auch die Kirchen. Die NS-Führung kämpfte im „Kernland der Reformation“ und Land der Heiligen Elisabeth heftig gegen die beiden großen Konfessionen und kleinen Religionsgemeinschaften. Die NS-nahen „Deutschen Christen“ beherrschten zudem die Führungsstrukturen der evangelischen Landeskirche. Einzelne kritische Pfarrer und Laien der Bekennenden Kirche wurden gemaßregelt oder ins KZ Buchenwald gebracht. Dort starb 1939 mit Pfarrer Paul Schneider einer der bekanntesten evangelischen Geistlichen.Ganze zwei Wochen nach Hitlers Ernennung kam das Parlament als ein Symbol des verhassten demokratischen „Systems“ an die Reihe. In der Sitzung vom 14. Februar 1933 beschloss der Landtag auf Antrag der NSDAP, „sich auf unbestimmte Zeit“ zu vertagen – das war das faktische Ende des Parlamentarismus. Die erste Welle der „nationalen Revolution“ hatte sich bis Herbst 1933 über das Land ergossen. Es gelang dem neuen Regime in den Folgejahren, sich scheinbar auf Dauer zu etablieren. <br />
<br />
Dem Geschehen in der Provinz des „tausendjährigen Reiches“ kam dabei erhebliches Gewicht zu, was bei aller Machtkonzentration in der NS-Führung um Hitler nicht zu übersehen ist. Gerade Fritz Sauckels Wirken in Thüringen macht dies deutlich. Das regionale Geschehen wurde im Sinne des „Führergedankens“ auf die Person des Gauleiters zugeschnitten und hierarchisch durchgegliedert. Dabei gelang es dem „Vizekönig“ Hitlers, den Wirrwarr der verschiedenen Ämter, Instanzen und Organisationen effektiv zu bündeln. Seit 1932 Regierungschef, wurde Gauleiter Sauckel am 5. Mai 1933 zum Reichsstatthalter für Thüringen ernannt und vereinte so die höchsten Ämter in Partei und Staat.<br />
<br />
Allerdings verlor das Amt des Reichsstatthalters mit der „Gleichschaltung“ der Länder 1933/34 an Bedeutung. Dennoch gelang es Sauckel, mit einem Geflecht aus engen Verbindungen zur NS-Spitze um Hitler, aus Herrschaftsfunktionen, persönlicher Gefolgschaft, Prestigestreben und ökonomischem Einfluss seine Machtstellung zu stärken. Viele „alte Kämpfer“ wurden in Führungspositionen eingesetzt. Die Stellung Sauckels als dominierender „Gaufürst“, die keineswegs allen der 31 Gauleiter beschieden war, durfte Mitte der 1930er-Jahre als gefestigt gelten.<br />
<br />
Hauptanliegen Sauckels war die Profilierung Thüringens zum „Mustergau“. Ein wesentlicher Akzent lag dabei auf der Kultur, ein Hauptelement bildete der Ausbau Weimars zu einer repräsentativen Gauhauptstadt. Sehr entgegen kam Sauckel die Vorliebe Hitlers für die Klassikerstadt, die dieser seit 1925 häufig besucht hatte. Sauckel konnte so die große Popularität des „Führers“ für sich nutzen. Hitler an Weimar zu binden, ließ er sich deshalb einiges kosten. Deutlich wird dies etwa im Neubau des von Hitler bevorzugten Hotels „Elephant“ am Marktplatz 1938.<br />
<br />
Hitlers „Lieblingsstadt“ Weimar sollte darüber hinaus zum Muster für die Umgestaltung aller deutschen Gauhauptstädte werden. Herzstück war das „Gauforum“ (Weimarplatz) mit Bauten für Reichsstatthalterei und Gauleitung, Parteigliederungen, Deutsche Arbeitsfront und Wehrmacht sowie einer für 20.000 Zuschauer konzipierten „Halle der Volksgemeinschaft“. Dieser Platz sollte Machtdemonstration und Kulisse für die Inszenierung der NS-Volksgemeinschaft in Massenveranstaltungen werden. Das Bauprojekt wurde als einzige regionale NS-Machtzentrale in Deutschland fast fertiggestellt. <br />
<br />
Zur Profilierung Weimars gehören aber auch Investitionen in Klassikerstätten wie das Goethe-Nationalmuseum und eine Nietzsche-Gedächtnishalle. Bei alldem sollte die Erinnerung an die Nationalversammlung 1919, an den Geburtsort der Weimarer Republik ausgelöscht werden. Ein weiteres Element waren zahlreiche Kulturveranstaltungen. Viele davon präsentierte Sauckel auch im 1933 eröffneten „Thüringenhaus“ in Berlin. Medium der NS-Kulturpolitik wurde weiterhin die Landesuniversität Jena, seit 1934 „Friedrich-Schiller-Universität“. Dabei ging es besonders um die Darstellung als „Mustergau“ der Rassenkunde. 1939 trat in Jena Karl Astel, 1933 Begründer des Landesamtes für Rassewesen, als erster „Rasseforscher“ an die Spitze einer deutschen Universität.<br />
<br />
Sein politisches Gespür ließ Gauleiter Sauckel auch in der Wirtschaftspolitik aktiv werden. Die Enteignung des Suhler Waffen- und Fahrzeugwerkes der jüdischen Familie Simson 1935 legte den Grundstein für die Wilhelm-Gustloff-Stiftung. Als NS-Musterbetrieb verlieh sie Sauckel ökonomische Macht. Der Ausbau der Rüstung führte zu einem tiefgreifenden Strukturwandel. Gegen Kriegsende wurde Thüringen zum Schauplatz verzweifelter Bemühungen, mit unterirdischen Anlagen die vom Luftkrieg bedrohte Rüstung aufrecht zu erhalten. Für diese mit tausendfachem Häftlingstod verbundenen Maßnahmen steht v.a. das KZ Mittelbau-Dora bei Nordhausen (1943/45) mit seinen V-2-Raketen-Stollen. Auf Initiative von Sauckel wurde 1944/45 unter dem Walpersberg nahe Kahla der Düsenjäger Me 262 hergestellt (REIMAHG). Die Gustloff-Stiftung wurde aber auch zum Feld sozialpolitischer Bemühungen. Es gehörte zur Überzeugungskraft des NS-Regimes, die Volksgemeinschafts-Vision mit Leben zu erfüllen. Hierzu zählten die Maßnahmen der an die Stelle der Gewerkschaften tretenden Deutschen Arbeitsfront. Die Gustloff-Stiftung stilisierte sich zum „Sozialismus der Gesinnung und der Tat“. Weimar sollte mit seinem „Fritz-Sauckel-Werk“ zu einer Muster-Industriestadt von 100.000 Einwohnern ausgebaut werden. Bei zahlreichen Grundsteinlegungen, Inbetriebnahmen usw. verstand es Sauckel, nach zwei Jahrzehnten mit Krieg, Bürgerkrieg und Wirtschaftskrisen Aufbruchsstimmung zu verbreiten. <br />
<br />
Seit langem hatte Sauckel gute Beziehungen zur Wehrmacht gepflegt. Den richtigen Instinkt bewies er im Vorfeld des „Röhm-Putsches“ vom 30. Juni 1934, als Hitler die SA-Führung ermorden ließ. Ganz auf der Linie seines Führers hatte Sauckel die Forderungen nach einer „zweiten Revolution“ und dem Ausbau der SA zu einer Volksmiliz zurückgewiesen. Die Reichswehr blieb der „Waffenträger der Nation“, der ab 1935 als Wehrmacht mit allgemeiner Wehrpflicht rasant aufgerüstet wurde. Auch in Thüringen führte dies zum Ausbau vieler Garnisonen und der Errichtung großer Kasernenkomplexe.<br />
<br />
Zum NSDAP-Gau gehörten das Land Thüringen, der preußischen Regierungsbezirk Erfurt und Kreis Schmalkalden. Damit hatte Sauckel auf der Parteiebene „Großthüringen“ unter seiner Verfügungsgewalt. Dass nach der „Gleichschaltung“ der Länder die Partei an Bedeutung gewann, kam ihm daher entgegen. Seine Bestrebungen nach einem einheitlichen „Reichsgau Thüringen“ scheiterten jedoch. Unter den Bedingungen des Krieges kam Sauckel seinem Ziel aber doch sehr nahe. 1944 verlieh ihm ein Führererlass die Befugnisse eines Oberpräsidenten für den Regierungsbezirk Erfurt.<br />
<br />
Mit zu den schlimmsten Verbrechen der NS-Diktatur gehört die Ermordung Tausender behinderter Menschen durch das Euthanasieprogramm. Der Rassenhygiene (Eugenik) fielen seit Kriegsbeginn 1939 ca. 200.000 Psychiatriepatienten zum Opfer. Das Programm wurde in Thüringen v.a. in den Heilanstalten Blankenhain, Hildburghausen, Pfafferode und Stadtroda durchgeführt, wobei ca. 630 Patienten ums Leben kamen. Hinzu kam die „Kindereuthanasie“ in Stadtroda. <br />
<br />
Auch ihren Judenhass lebten die thüringischen Nationalsozialisten voll aus. Im Gaugebiet wohnten 1933 rund 4500 Juden. Ihnen wurde schon seit 1932 das Leben schwer gemacht. Jetzt galt es, sich auch in der „Judenfrage“ hervorzutun. So galt die „Arisierung“ der Simson-Werke als international beachteter Präzedenzfall. Vom Judenboykott am 1. April 1933 über die Nürnberger Gesetze 1935, die „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 bis hin zu den „Endlösungs“-Deportationen nach der Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942 zieht sich die Spur der Entrechtung und Vernichtung jüdischer Mitbürger. 1945 lebten noch ganze 400 von ihnen in Thüringen. <br />
<br />
Am eindringlichsten symbolisiert wird die verbrecherische NS-Herrschaft vom Konzentrationslager Buchenwald nahe Weimar, ab 1937 eines der drei Großlager im Reich neben Dachau und Sachsenhausen. Das KZ mit seiner großen SS-Besatzung gehörte mit zur Profilierung als „Mustergau“. Die Häftlinge waren zudem billige Arbeitskräfte, mit denen die Weimarer Bauvorhaben und die Rüstungswirtschaft forciert wurden. Buchenwald sollte nach der Befreiung am 11. April 1945 schlagartig zum Synonym des Mord- und Terrorortes in Deutschland werden. Jenes Lagers, in dem rund 56.000 Menschen ums Leben kamen, zeichnet so für die vielzitierte Janusköpfigkeit der zum UNESCO-Welterbe zählenden Kulturstadt Weimar verantwortlich. <br />
<br />
Nach der Auslösung des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939, besonders aber mit dem Ende der erfolgreichen „Blitzkriege“ 1942/43 hatte Reichsverteidigungskommissar Sauckel die „Heimatfront“ zu organisieren. Neben der Lösung vieler Probleme vom verstärkten Luftkrieg bis hin zum Mangel an Dingen des Lebensbedarfes fiel ihm auch die Aufgabe zu, die Bevölkerung zum Durchhalten zu mobilisieren. Die britischen und amerikanischen Bomberangriffe kosteten etwa 20.000 Thüringern das Leben, einige Städte, besonders Nordhausen, Jena und Gera, wurden stark zerstört. Auch die Kämpfe zwischen der Wehrmacht und den am 1. April 1945 von Westen in Thüringen einrückenden Truppen der 3. US-Armee kosteten noch zahlreiche Menschenleben. Am 16. April 1945 war für Thüringen der Krieg und damit die Herrschaft der Nationalsozialisten beendet.<br />
<br />
<br />
'''Historische Erinnerungskultur'''<br />
<br />
Die exponierte Rolle Thüringens im Nationalsozialismus ist auch eine besondere Verpflichtung und Herausforderung an die Erinnerungskultur im heutigen Freistaat. Dem wird man an zentralen Erinnerungsorten wie den Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora vollauf gerecht. Dort hat man auch eine breite Aufarbeitung des Umgangs mit den beiden KZ nach 1945 vorgenommen. Der Erinnerungsort „Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz“ in Erfurt erinnert an jenes Unternehmen, das die Krematorien für die KZ von Buchenwald bis Auschwitz hergestellt hat. Dabei wird besonders die Frage nach der moralischen Verantwortung der Wirtschaft und jedes Einzelnen aufgeworfen. <br />
<br />
Zahlreiche weitere Gedenkstätten, Museen und Bildungseinrichtungen, oft aus bürgerschaftlichem Engagement geboren, leisten einen wichtigen Beitrag. So erinnert ein Dokumentationszentrum an das REIMAHG-Werk im Walpersberg bei Kahla, eine Ausstellung in Turmgebäude des „Gauforums“ in Weimar an die architektonischen Ambitionen der „Muster-Gauhauptstadt“. Viele kleinere Gedenkorte, Denkmale und Erinnerungstafeln machen auf die Spuren der NS-Diktatur aufmerksam. Gefragt sind daneben politische Bildung, Schulen und Medien, das Wissen an die nachwachsenden Generationen weiter zu geben. Und nicht zuletzt gilt es, die Erinnerung durch die Landesgeschichtsschreibung wach zu halten. (Foto: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar) <br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Der "Mustergau" Thüringen im Nationalsozialismus''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 106). Erfurt 2015.<br />
<br />
<br />
Lesetipp: Steffen Raßloff: '''[[Der "Mustergau" Thüringen im Nationalsozialismus|Der "Mustergau". Thüringen zur Zeit des Nationalsozialismus]]'''. München 2015.<br />
<br />
Filmdokumentation: '''[https://www.youtube.com/watch?v=GlfDbUNNaq8 Fritz Sauckel - Hitlers Mann in Thüringen]''' (MDR, "Geschichte Mitteldeutschlands", 2009, Fachberatung: Dr. Steffen Raßloff)<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Fritz Sauckel]]''', '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Geschichte Thüringens]]''', '''[[Das Dritte Reich|Geschichte des Dritten Reiches]]''', '''[[Nietzsche Gedaechtnishalle Weimar|Nietzsche-Gedächtnishalle in Weimar]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35280Barfuss ins Himmelreich2017-06-23T12:47:14Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiH.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon mit der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor der Eröffnung am 18. Mai 2017 für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauer Analyse sehen einige Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Die Dauerausstellung wird zudem noch immer beworben, was für Verwirrung sorgt. Laut Kulturdirektor handele es sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt|Stadtmuseum]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017, zum Lesen anklicken:<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|500px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|500px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Das_Dritte_Reich&diff=35279Das Dritte Reich2017-06-23T11:40:29Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Das Dritte Reich =<br />
<br />
'''1933 errichteten die Nationalsozialisten eine Diktatur der „Verführung und Gewalt“. Die Verbrechen des Dritten Reiches gipfelten im Zweiten Weltkrieg und dem Mord an Millionen politisch und rassisch verfolgter Menschen. Der Erfurter Historiker Dr. Steffen Raßloff bietet hierzu einen populärwissenschaftlichen Überblick.''' <br />
<br />
<br />
'''Aufstieg des Nationalsozialismus bis 1933'''<br />
<br />
[[Datei:DrittesReich.17.jpg|300px|right]]Das Dritte Reich stellt einen Höhepunkt im „Zeitalter der Extreme“ dar, wie der Historiker Eric Hobsbawm das 20. Jahrhundert genannt hat. Am Beginn dieses Jahrhunderts der Kriege, Bürgerkriege und Diktaturen stand der Erste Weltkrieg 1914-1918. In jener „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) wurzeln viele der weiteren historischen Entwicklungen. Das „alte Europa“ ging in den Verheerungen des modernen Massenkrieges unter. Die dem Verlierer Deutschland und seinen Verbündeten diktierten Pariser Friedensverträge 1919 mit Gebietsabtretungen, Verlust der Kolonien, Reparationsforderungen, Entmilitarisierung usw. trugen bereits die Keime eines neuen Revanchekrieges in sich. Für das Deutsche Kaiserreich, vor 1914 eine prosperierende Industrienation mit Weltmachtanspruch, war die „Fallhöhe“ besonders groß. <br />
<br />
Die Demokratien, die zunächst im Nachkriegseuropa dominierten, wurden von linken und rechten Extremismen bedrängt. Deren totalitäre Ideologien (Kommunismus bzw. Bolschewismus, Faschismus bzw. Nationalsozialismus) sollten die Krise der kapitalistischen Massengesellschaft und des „liberalen Systems“ überwinden. Jene angestrebte „Versöhnung mit der Moderne“ (Gunther Mai) war in bislang unbekanntem Maße mit Gewalt verbunden. Seit der russischen Oktoberrevolution der Bolschewiki unter Führung Waldimir Iljitsch Lenins 1917 existierte erstmals eine kommunistische Diktatur, seit der Machtübernahme der „Schwarzhemden“ Benito Mussolinis in Italien 1922 ein faschistisches Regime. Ab 1926 entstanden in den meisten Ländern Süd-, Mittel- und Osteuropas rechtsdiktatorische Staatswesen, während sich die Demokratien West- und Nordeuropas behaupten konnten. <br />
<br />
In Deutschland hatte das Kriegsende 1918 auch das Ende der Monarchie gebracht. Am 9. November 1918 wurde in Berlin die Republik ausgerufen, wurde aus dem Kaiserreich der Hohenzollern die Weimarer Republik. Die extreme Rechte lehnte die neue Demokratie, getragen von gemäßigter Arbeiterbewegung und liberalem Bürgertum, hasserfüllt ab. Sie hielt an dem im Krieg radikalisierten Nationalismus fest, wobei die Niederlage des Heeres durch den „Dolchstoß“ aus der von Linken, Demokraten und Juden unterwanderten Heimatfront erklärt wurde. Die Exponenten der Republik wurden als „Novemberverbrecher“ verfemt und bis hin zu politischen Morden verfolgt, etwa an Finanzminister Matthias Erzberger (1921) und Außenminister Walther Rathenau (1922).<br />
<br />
Zur stärksten Kraft im anfangs breit gefächerten Spektrum der Rechten wurde die 1919 in München gegründete Deutsche Arbeiterpartei, 1920 umbenannt in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). 1921 konnte sich der Weltkriegsgefreite Adolf Hitler (1889-1945) als „Führer“ mit diktatorischer Machtfülle an deren Spitze stellen. Der Österreicher Hitler stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Geboren in Braunau am Inn als Sohn eines Zollbeamten, hatte er sich vor dem Ersten Weltkrieg vergeblich an der Kunstakademie in Wien beworben. Er lebte zeitweise im Obdachlosenheim und schlug sich mit dem Malen von Postkarten durch. Das deutschnational-antisemitische Milieu der Hauptstadt des habsburgischen Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn prägte den jungen Mann. 1913 nach München umgezogen, meldete sich Hitler bei Kriegsbeginn freiwillig ins deutsche Heer. Nach der Niederlage 1918 begann in München der Aufstieg in der rechtsextremen Szene, der sich vor allem seinem rednerischen Talent und populistischen Gespür verdankte. <br />
<br />
Die NS-Ideologie griff gängige Ideen der völkischen Szene seit dem späten 19. Jahrhundert auf. Sie flossen in Hitlers „Weltbild“ zusammen, das schon in seiner Schrift „Mein Kampf“ (1925/27) in den Grundzügen formuliert wurde. Zentrale Elemente waren die Utopie einer rassisch einheitlichen „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Weltgeschichte als ständiger Kampf der Rassen bei Überlegenheit der arischen, nordisch-germanischen Rasse, rassischer Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages hinaus sollte sich das deutsche „Volk ohne Raum“ (Hans Grimm) neue Siedlungsgebiete im Osten erkämpfen. Hinzu kam die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung mit Antimarxismus bzw. Antibolschewismus sowie ein entschiedener Antiparlamentarismus. All dies waren keine eigenständigen Ideen Hitlers und der Nationalsozialisten, die ihre diffuse Ideologie nicht in ein schlüssiges Denkgebäude fassten. Auch der Begriff vom erstrebten tausendjährigen „Dritten Reich“ nach altem Kaiserreich und Bismarcks Reich von 1871 entstammte einem Buchtitel Arthur Moeller van den Brucks, Vordenker der „konservativen Revolution“.<br />
<br />
Die politische und wirtschaftlich-soziale Krise der Nachkriegszeit, gipfelnd in rechten und linken Putschversuchen sowie der Hochinflation vom Herbst 1923, bescherte der NSDAP beachtliche Anfangserfolge. Der gescheiterte Münchner „Hitler-Putsch“ vom 9. November 1923 führte dann allerdings zu einem Rückschlag. Zudem folgte eine mehrjährige Erholungsphase 1924-1929, die „Goldenen Zwanziger“. Sie schien die Republik unter dem prägenden Einfluss des Kanzlers und Außenministers Gustav Stresemann zu festigen. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die NSDAP nur 2,6% der Stimmen. Allerdings konnte sich die demokratische Staatsform nicht nachhaltig etablieren. Das sozialistische Lager der Arbeiterparteien und das bürgerlich-nationale Lager mit fester Verankerung in den jeweiligen Milieus standen sich unversöhnlich gegenüber. Zugleich setzte eine Erosion der Parteienlandschaft mit vielen neuen Interessen- und Splitterparteien ein, die das Regieren auf nationaler und regionaler Ebene immer schwieriger machten. <br />
<br />
Der Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei erfolgte mit Beginn der in den USA ausgelösten Weltwirtschaftskrise Ende 1929. Schon im September 1930 war die Partei mit 18,3% die zweitstärkste Fraktion im Reichstag nach der SPD. Auf dem Höhepunkt der Krise mit sechs Millionen Arbeitslosen und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen wurde sie im Juli 1932 mit 37,4% zur mit Abstand stärksten Partei. Schon 1932 konnte sie die Landesregierungen in Anhalt, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Thüringen übernehmen. Die junge, dynamische Massenpartei mit ihren modernen Propaganda- und Wahlkampfmethoden hatte eine Volksbewegung entfesselt, für die sie als „letzte Rettung“ und Hitler als „nationaler Messias“ erschien. In einer tief ausgeprägten Krisenstimmung der industriell-urbanen Moderne traten große Bevölkerungsteile, insbesondere der bürgerliche Mittelstand, eine förmliche Flucht in die „nationale Volksgemeinschaft“ des charismatischen „Führers“ an.<br />
<br />
<br />
'''Aufbau und Formierung der NS-Diktatur 1933-1935'''<br />
<br />
Nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg bereits seit 1930 „halbdemokratische“ Präsidialregierungen auf Grundlage des Notverordnungsrechtes der Weimarer Verfassung (Artikel 48) berufen hatte, erfolgte am 30. Januar 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Konservative Kreise um den Ex-Kanzler Franz von Papen hatten Hindenburg zu diesem Schritt veranlasst. Es war ihr Ziel, die Nationalsozialisten in der Regierungsverantwortung zu „verschleißen“ sowie sie durch starke konservative Kräfte „einzurahmen“. Tatsächlich gehörten zur neuen Regierung der „nationalen Konzentration“ neben Hitler mit Innenminister Wilhelm Frick und dem späteren „Reichsmarschall“ Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich nur zwei weitere Nationalsozialisten. Einigkeit bestand in der Frontstellung gegen die politische Linke und den Parlamentarismus, die die alten Eliten mit Hilfe der rechten Massenbewegung zu verdrängen hofften. „Wir haben ihn uns engagiert“, so tönte Vizekanzler Papen. „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“ <br />
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass Papens „Zähmungskonzept“ nicht aufging. Vielmehr bildete der 30. Januar 1933 den Beginn der „Machtergreifung“ Hitlers und der NSDAP. Für die sofort verkündeten Reichstagswahlen am 5. März 1933 lief nunmehr mit staatlicher Unterstützung die Wahlkampfmaschinerie der NSDAP erneut an. Der politische Gegner auf der Linken, vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wurde unterdrückt und benachteiligt.<br />
<br />
Einen entscheidenden Schritt hin zur NS-Diktatur bildete die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933. Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin, der den Kommunisten angelastet wurde, setzte jene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ alle Grundrechte (persönliche Freiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis usw.) außer Kraft. Politische Gegner konnten fortan ohne Gerichtsbeschluss in „Schutzhaft“ genommen werden, wovon tausendfach Gebrauch gemacht wurde. Ohne die Verfassung der Weimarer Republik formal aufzuheben, bot die „Verfassungsurkunde“ des Dritten Reiches (Ernst Fraenkel) die juristische Grundlage der NS-Gewaltherrschaft. <br />
<br />
Trotz einer absoluten Mehrheit von NSDAP und Konservativen von 51,9% bei den Reichstagswahlen strebte Hitler nunmehr auch die Ausschaltung des parlamentarischen „Weimarer Systems“ an. Das am 24. März 1933 vom Reichstag mit den Stimmen der NSDAP und der Bürgerparteien verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“ übertrug der Regierung die Gesetzgebungskompetenz. Im Juni wurde die SPD verboten (die KPD war seit Februar in den Untergrund abgedrängt), die übrigen Parteien lösten sich resigniert selbst auf. Am 14. Juli 1933 wurde per Gesetz der Einparteienstaat der NSDAP festgeschrieben.<br />
<br />
Neben den Parteien galt es die großen unabhängigen Interessenvertretungen auszuschalten. Hierbei praktizierte die NSDAP eine erfolgreiche Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik. So wurde der 1. Mai 1933 zum Feiertag erhoben und damit ein altes Ziel der sozialistischen Arbeiterbewegung erfüllt. Schon am Tag darauf erfolgte die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. Als neue Zwangsvereinigung diente fortan die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Sie vermittelte mit ihrem sozial- und kulturpolitischen Angebot bis hin zu KdF- („Kraft durch Freude“-) Kreuzfahrten dem „kleinen Mann“ das Gefühl, die Vision einer gerechten „Volksgemeinschaft“ sei ernst gemeint. <br />
<br />
Das Regime ging in jener Formierungsphase daran, seine Machtstellung auszubauen. Parteieinrichtungen und neue parteinahe Institutionen traten neben die traditionellen Staats- und Gesellschaftsstrukturen, die mit Nationalsozialisten durchsetzt wurden. Dies sorgte in vielen Bereichen für Kompetenzgerangel und Reibungsverluste, ohne die NS-Herrschaft zu gefährden. Die großen Massenorganisationen der NSDAP spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Jene „Gliederungen“ und „angeschlossenen Verbände“ erfassten über SA und SS hinaus als ideologische „Transmissionsriemen“ die Menschen vieler Berufe, Interessenlagen und Altersgruppen (Hitlerjugend, NS-Studentenbund, NS-Lehrerbund, NS-Ärztebund, NS-Beamtenbund, NS-Kraftfahr-Korps usw.). <br />
<br />
Seit März 1933 erfolgte auch die schrittweise „Gleichschaltung“ der Länder. Mit dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ vom 30. Januar 1934 wurden sie zu reinen Verwaltungseinheiten zurückgestuft. Damit kam den Gauen der NSDAP und ihren Gauleitern wachsendes Gewicht zu. Jene „Vizekönige“ Hitlers konnten sich je nach politisch-administrativen Rahmenbedingungen und persönlicher Durchsetzungskraft eine beachtliche Machtstellung aufbauen. Der Thüringer Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel etwa profilierte sich zu Hitlers „Muster-Gauleiter“. In Weimar entstand mit dem gigantischen „Gauforum“ (Weimarplatz) eine NS-Machtzentrale, nach deren Vorbild alle deutschen Gauhauptstädte hätten umgebaut werden sollen. Sauckel zeichnete auch für den Zwangsarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Der 1942 ernannte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (GBA) wurde als „Hitlers Sklavenhalter“ 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
<br />
Eine weitere wichtige Zäsur für die Stabilisierung des Dritten Reiches bildete der „Röhm-Putsch“ 1934, als die gesamte Führung der SA (Sturmabteilung) um Stabschef Ernst Röhm ermordet wurde. Die SA war 1921 in der „Kampfzeit“ der „Bewegung“ als Saalschutz gegründet und zum paramilitärischen Wehrverband der NSDAP ausgebaut worden. Aus den Kreisen der „Braunhemden“ wurde jetzt der Ruf nach einer weitergehenden sozialen Revolution laut, Röhm strebte in Konfrontation zur Reichswehr die Umwandlung der SA in eine Volksmiliz an. Die Mordaktion am 30. Juni 1934 entmachtete den letzten ernsthaften Konkurrenten Hitlers, die Reichswehr blieb „Waffenträger der Nation“. Die 1925 gegründete SS (Schutzstaffel) rückte unter ihrem Reichsführer Heinrich Himmler als „schwarzer Orden“ zur Elite des Dritten Reiches auf. Mit dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 und der Proklamation Hitlers zum „Führer und Reichskanzler“ sowie der Vereidigung der Reichswehr auf seine Person war die Führerdiktatur weitgehend vollendet. <br />
<br />
Diese auf den „Führer“ zugeschnittene Diktatur wurde durch einen vor allem von Joseph Goebbels‘ Propagandaministerium verbreiteten Hitlermythos gestützt. Immer perfekter steuerte Goebbels durch Propagandakampagnen, Informationsmonopol, staatliche Kulturlenkung und theatralische Massenveranstaltungen wie die Nürnberger Reichsparteitage die öffentliche Meinung. Der absolute Kontroll- und Lenkungsanspruch kam besonders in den jungen Medien Rundfunk und Film zum Ausdruck. Stets wurde die neue nationale Volksgemeinschaft beschworen, aber auch der Anschein einer Versöhnung der jungen NS-Bewegung mit dem alten preußisch-konservativen Deutschland suggeriert. Hierfür steht der minutiös geplante „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, der Zusammenkunft des neuen Reichstags in der Potsdamer Garnisonkirche, mit der symbolischen Verneigung Hitlers vor dem kaiserlichen Generalfeldmarschall und Weltkriegs-Helden Hindenburg.<br />
<br />
Von Beginn an schlug sich aber auch die aggressive NS-Rassenideologie, insbesondere der Antisemitismus, in der Politik des Dritten Reiches deutlich nieder. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten unterschied sich von der traditionellen, eher religiös-kulturellen Judenfeindschaft durch seine starke Bezogenheit auf die Rasse, auf das „Blut“. Hitler sah in den Juden ein „parasitäres“ Volk, das auf Kosten seiner „Wirtsvölker“, besonders der Deutschen lebe und gar in Form des „jüdischen Bolschewismus“ die Weltherrschaft anstrebe. Daher müsse dieser „Bazillus“ ausgemerzt werden. Erste Maßnahmen waren der Boykott jüdischer Geschäfte vom 1. April 1933, das Herausdrängen der Juden aus dem öffentlichen Dienst und weitere alltagsweltliche Diskriminierungen. Mit den „Nürnberger Gesetzen“ vom September 1935 wurden Juden zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert, Eheschließungen und sexuelle Beziehungen mit Bürgern „deutschen und artverwandten Blutes“ als „Rassenschande“ verboten und unter Strafe gestellt.<br />
<br />
<br />
'''Konsolidierung und Kriegsvorbereitung 1936-1939'''<br />
<br />
Mit der Konsolidierung der Macht des Nationalsozialismus radikalisierte sich dessen zunächst noch recht vage Ideologie. Dies schlug sich besonders in der Verschärfung des Antisemitismus nieder. Mit der „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 fand die Gewalteskalation einen weiteren Höhepunkt. Hunderte Synagogen wurden niedergebrannt, tausende Menschen misshandelt und verschleppt, wobei etwa hundert ums Leben kamen. In der Folge wurden die Juden endgültig aus dem Wirtschaftsleben verdrängt („Arisierung“) und zur Ausreise genötigt. Bis zum Auswanderungsverbot 1941 hatten rund 300.000 der ursprünglich 500.000 jüdischen Bürger Deutschland verlassen. Ähnlichen Verfolgungen ausgesetzt war auch die Volksgruppe der Sinti und Roma („Zigeuner“).<br />
<br />
Bis 1937 wurden die vielen teils provisorischen Konzentrationslager (KZ) unter Leitung der SS in ein System fest ausgebauter KZ umgewandelt, allen voran die drei Großlager Dachau bei München, Buchenwald bei Weimar und Sachsenhausen bei Berlin. Die Konzentrationslager bildeten ein zentrales Element im „SS-Staat“ (Eugen Kogon), mit dem politisch, rassisch und sozial „minderwertige“ Menschen von der „Volksgemeinschaft“ isoliert, „umerzogen“ oder vernichtet werden sollten. Im Krieg dienten viele Lager mit ihren tausenden von Häftlingen auch der Rüstungswirtschaft. Zugleich verfolgte SS-Reichsführer Heinrich Himmler als „Chef der deutschen Polizei“ (1936) insbesondere mit der berüchtigten Geheimen Staatspolizei (Gestapo) jegliche Form von Widerspruch gegen das NS-Regime.<br />
<br />
Andererseits gelang es dem Regime weiter, sich als moderner, sozial engagierter Volksstaat zu profilieren, der bei aller bleibenden Alltagskritik von einer Bevölkerungsmehrheit getragen wurde. Schon 1934 ging die Arbeitslosenzahl (auch dank allgemeiner Konjunkturbelebung) nominell um über 50% zurück, 1938 herrschte (insbesondere wegen der Aufrüstung) praktisch Vollbeschäftigung – der „Führer“ hatte in den Augen vieler Deutscher „Wort gehalten“. Großprojekte, wie der bereits in der Weimarer Republik geplante Autobahnbau oder die Olympischen Spiele 1936 in Berlin verschafften erhebliche innen- und außenpolitische Prestigegewinne. <br />
<br />
So hatte es der Widerstand gegen das NS-Regime bis in den Krieg hinein schwer, wirkliche Unterstützung zu finden. Der aktive linke, v.a. kommunistische Widerstand musste die meisten Opfer beklagen. Auch Vertreter der protestantischen Bekennenden Kirche wie Dietrich Bonhoeffer und anderer Konfessionen ließen für ihre Überzeugung das Leben. Gruppen wie die „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl in München 1943 endeten ebenso wie der militärische Widerstand um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Carl Goerdeler und Julius Leber durch braune Henker. Nicht nur dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 durch die Gruppe um Stauffenberg blieb der Erfolg versagt, auch andere Versuche scheiterten, wie das Bombenattentat am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller durch den Einzeltäter Georg Elser.<br />
<br />
Durch die wachsende Popularität gestärkt, konnte Hitler ab Mitte der 1930er-Jahre auch an eine schrittweise Ausschaltung der alten Eliten herangehen. Über den rasanten Aufrüstungskurs, der nur noch durch spätere „Kriegsbeute“ zu finanzieren war, kam es zum Bruch mit Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, der 1937 als Wirtschaftsminister abgelöst wurde. Auch aus Diplomatie und Militär kamen warnende Stimmen. Daher wurde 1938 Außenminister Konstantin von Neurath durch den überzeugten Nationalsozialisten Joachim von Ribbentrop ersetzt und in der inszenierten „Blomberg-Fritsch-Krise“ Kriegsminister Werner von Blomberg und Heeres-Oberbefehlshaber Werner von Fritsch abgelöst. Hitler übernahm direkt die Befehlsgewalt und schuf sich mit dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unter General Wilhelm Keitel eine für ihn zuverlässige Führungsspitze. <br />
<br />
Die fortschreitende Konsolidierung der NS-Diktatur hatte eine wichtige Ursache in ihren außenpolitischen Erfolgen. Die von Hitler stets verkündete Revision der Versailler Friedensordnung von 1919 galt nahezu allen Deutschen als notwendig. Ein erster Erfolg fiel ihm im Januar 1935 mit der Abstimmung im vom Völkerbund verwalteten Saarland zu, wo sich über 90% der Bevölkerung für die „Heimkehr ins Reich“ entschieden. Zwei Monate später verkündete Hitler die Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Aufbau einer starken Wehrmacht, worauf die Großmächte nur mit Protesten reagierten. Eine Intervention blieb auch aus, als die Wehrmacht im März 1936 in das laut Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland einmarschierte. <br />
<br />
Einen enormen Popularitätsschub für das Hitler-Regime brachte der Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes an das Reich im März und September 1938. Mit dem „Großdeutschen Reich“ einschließlich Österreichs, dem 1919 ein Anschluss von den Siegermächten verboten worden war, erfüllte sich ein alter nationaler Traum der Deutschen. Die Abtretung der Sudetengebiete von der Tschechoslowakei erfolgte unter Zustimmung Großbritanniens, Frankreichs und Italiens im Münchner Abkommen vom 29. September 1938. Der Erfolg dieser Maßnahmen wurzelte auch darin, dass Hitler „etwas bis zu einem gewissen Grad Verständliches auf unrechtmäßige Weise“ (Klaus Hildebrand) tat und dabei immer seine Friedensliebe betonte. Zugleich sah man besonders in London Deutschland als ein wichtiges Bollwerk gegen die kommunistische Sowjetunion. <br />
<br />
Hatte das Dritte Reich bisher in seiner rasanten Expansionspolitik Territorien mit überwiegend deutscher Bevölkerung an sich gerissen, bildete die Zerschlagung der „Resttschechei“ und deren Umwandlung in das „Protektorat Böhmen und Mähren“ im März 1939 jedoch eindeutig einen Akt gewaltsamer Unterwerfung. Jetzt erkannte man auch in Großbritannien, dass die Appeasement- (Beschwichtigungs-) Politik von Premier Neville Chamberlain gescheitert war, der um des Friedens willen Deutschland seine vermeintlich traditionelle Revisionspolitik hatte betreiben lassen. Unmissverständlich machte der Westen Hitler nunmehr klar, dass jeder weitere Überfall auf einen Nachbarn Krieg zur Folge haben werde. Untermauert wurde dies durch eine englisch-französische Garantieerklärung für Polen. <br />
<br />
<br />
'''Zweiter Weltkrieg 1939-1945'''<br />
<br />
Damit war der gezielte Kriegskurs des Dritten Reiches freilich nicht mehr zu stoppen. Schon am 3. Februar 1933 hatte Hitler gegenüber führenden Generälen die „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“ als Ziel seiner Außenpolitik genannt. Auch die von ihm insgeheim angestrebte Weltherrschaft und Vernichtung der Juden waren nur durch Krieg realisierbar. Hierzu hatte Hitler 1936/37 Italien und Japan („Achse Berlin-Rom-Tokio“) als wichtigste Verbündete gewinnen können.<br />
<br />
Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Er gilt als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte mit bis zu 60 Millionen Todesopfern. Den Rücken im Osten hatte sich Deutschland zunächst durch den spektakulären „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 freigehalten, in dem die Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion in einem geheimen Zusatzprotokoll festgelegt wurde. Trotz formeller Kriegserklärung griffen Großbritannien und Frankreich praktisch nicht ein und schon am 28. September musste Polen kapitulieren. Der Besetzung Dänemarks und Norwegens im Frühjahr 1940 folgte der „Westfeldzug“ vom 10. Mai bis 22. Juni 1940, der mit der Kapitulation Frankreichs endete. Die Siege der „Blitzkrieg“-Phase führten Hitler auf den Höhepunkt seiner Popularität in Deutschland („Größter Feldherr aller Zeiten“) und trugen der Wehrmacht den Ruf der Unbesiegbarkeit ein. <br />
<br />
Allerdings gelang es anschließend nicht, Großbritannien in der erbitterten „Luftschlacht um England“ („Battle of Britain“) in die Knie zu zwingen. Auch musste Deutschland seinem Bündnispartner Italien in Nordafrika und auf dem Balkan zu Hilfe eilen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 („Fall Barbarossa“) begann der rassistische Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Osten. Trotz großer Anfangserfolge bekam die Wehrmacht in den Weiten Russlands bald Probleme. Deutlich zeichnete sich die Kriegswende spätestens nach der Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/43 ab, als die 6. Armee unter General Friedrich Paulus vernichtet wurde. Auch der von Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner Berliner Sportpalastrede ausgerufene „totale Krieg“ oder die U-Boot-Waffe konnten die strategische Unterlegenheit der „Achsenmächte“ nicht mehr kompensieren. Zudem befand sich Deutschland seit dem japanischen Angriff auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor im Dezember 1941 auch im Krieg mit den USA. <br />
<br />
Die Alliierten USA, Großbritannien und Sowjetunion eroberten, beschleunigt durch die Eröffnung der „zweiten Front“ in Frankreich am 6. Juni 1944, die deutsche „Festung Europa“. Rund 600.000 Deutsche verloren, nachdem die deutsche Luftwaffe zuvor rücksichtslos gegnerische Städte bombardiert hatte, bei den seit 1943 massiv verstärkten angloamerikanischen Luftangriffen ihr Leben. Symbolisch hierfür steht das barocke „Elbflorenz“ Dresden, das vom 13. bis 15. Februar 1945 in Schutt und Asche versank. Bemühungen, die aus der Luft gefährdete Rüstung untertage aufrecht zu erhalten, kosteten hunderttausenden Zwangsarbeitern und Häftlingen das Leben. Am bekanntesten ist die Verlagerung der V2-Raketenproduktion von Peenemünde auf der Insel Usedom in Stollen bei Nordhausen mit dem eigens hierfür errichteten KZ Mittelbau-Dora 1943/45. Mit „Wunderwaffen“ wie der V2 („Vergeltungswaffe“) sollte der Glaube an den „Endsieg“ aufrechterhalten werden. <br />
<br />
Alle verzweifelten Mobilisierungsversuche schoben die Niederlage aber nur um einen hohen Preis hinaus, zumal die Intensität des Krieges noch einmal dramatisch zunahm. Mehr als die Hälfte der 3,2 Millionen gefallenen deutschen Soldaten etwa verlor in den letzten zehn Kriegsmonaten ihr Leben. Begleitet war die Schlussphase des NS-Regimes auch von schweren Ausschreitungen vor allem der Sowjetarmee gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Die Flucht und Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa setzte sich über das Kriegsende hinaus unter Akzeptanz der Alliierten ebenfalls mit teils erheblicher Brutalität fort. Bis zu zwei Millionen Deutsche verloren hierbei ihr Leben. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht bedingungslos, Hitler hatte bereits am 30. April im Bunker der Berliner Reichskanzlei Selbstmord begangen.<br />
<br />
Der Weltkrieg brachte auch einen letzten Radikalisierungsschub bei der Umsetzung der ideologischen Ziele des Dritten Reiches. Ein beispielloses Verbrechen stellt der Holocaust bzw. die Shoa dar, die systematische Vernichtung der europäischen Juden. Nach verschiedenen Überlegungen, u.a. einer gigantischen Umsiedlungsaktion nach Madagaskar, beauftragte Hermann Göring am 31. Juli 1941 SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich mit der „Endlösung der Judenfrage“. Auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 wurde die Umsetzung zwischen SS und beteiligten Reichsbehörden abgestimmt. In Ghettos, bei Erschießungsaktionen und der industriellen Vernichtung in den Konzentrationslagern des Ostens (Auschwitz, Belzec, Chelmno, Sobibor, Treblinka) kamen rund sechs Millionen Juden ums Leben. Dieses Schicksal teilten rund 200.000 Sinti und Roma.<br />
<br />
Millionen Menschen besonders in Polen und der Sowjetunion, die die Nationalsozialisten als slawische „Untermenschen“ ansahen, fielen ebenfalls der Besatzungsherrschaft zum Opfer. Auf bis zu 14 Millionen wird letztlich die Gesamtzahl der Toten außerhalb von Kampfhandlungen im deutschen Machtbereich geschätzt, darunter auch 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene. In Polen hatte man schon 1939 gezielt die Eliten des Landes auszulöschen versucht. Zunächst im polnischen „Generalgouvernement“, dann in den eroberten Gebieten der Sowjetunion sollte ein landwirtschaftlich geprägtes Kolonialreich entstehen. Dort hatten die überlebenden Einwohner als Arbeitskräfte den deutschen „Herrenmenschen“ zu dienen. Der „Rassenhygiene“ am deutschen „Volkskörper“ fielen rund 150.000 behinderte Menschen und andere „Ballastexistenzen“ zum Opfer (Euthanasie), zugleich wurden ca. 350.000 Menschen wegen Erbkrankheiten sterilisiert. Tausende Deutsche zahlten für ihre kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime, für „Wehrkraftzersetzung“ oder Hören von „Feindsendern“ mit dem Leben. <br />
<br />
<br />
'''Forschung und Erinnerungskultur''' <br />
<br />
Das Dritte Reich bildet die heute wohl am besten erforschte Epoche der deutschen Geschichte. Dabei spielte zunächst das unmittelbare Entsetzen über den „Irrweg einer Nation“ (Alexander Abusch), über „Die deutsche Katastrophe“ (Friedrich Meinecke) eine zentrale Rolle. Man suchte nach den historischen Wurzeln des Nationalsozialismus und konstruierte einen teils weit zurückreichenden „deutschen Sonderweg“, der vom westlich-demokratischen Normalfall abgewichen sei. Spuren für die Vorgeschichte von NS-Diktatur und Holocaust sah man bis hin zum Preußen Friedrichs des Großen oder judenfeindlichen Äußerungen des Reformators Martin Luther. Diese Sicht hat sich allerdings als „wenig substanziell“ (Ulrich Herbert) erwiesen. <br />
Die marxistische Theorie definierte „Faschismus“ als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Georgi Dimitroff). Westliche Historiker betonten den Charakter des Dritten Reiches als moderne totalitäre Diktatur. Ähnlich wie die Sowjetunion als „linkes Gegenstück“ erfüllte es Kriterien wie eine durch Personenkult überhöhte autoritäre Führerpersönlichkeit, Machtmittel wie terroristische Geheimpolizei, Nachrichtenmonopol und Einparteienstaat, eine absolute Geltung beanspruchende Ideologie, totale Erfassung der Bevölkerung, bis zum Massenmord reichende Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen.<br />
<br />
Allerdings ist das Totalitarismus-Modell (Carl J. Friedrich, Hannah Arendt) nicht unumstritten geblieben. So bringt es die dynamischen Wandlungen der NS-Diktatur von der „Machtergreifung“ bis hin zur Radikalisierung im Zweiten Weltkrieg nicht deutlich genug zum Ausdruck. Zugleich hat man zeigen können, dass das Dritte Reich in Ideologie und Machtausübung keineswegs einen homogenen Block darstellte. Mit dem Begriff der „Polykratie“ wurde auf die vielen konkurrierenden Machtgruppen im NS-Staat hingewiesen, der letztlich nur im „Führer“ eine unumstrittene Spitze besaß. <br />
<br />
Norbert Frei hat dieses vom „Führer“-Mythos überwölbte Herrschaftssystem mit dem Begriff „Führerstaat“ gekennzeichnet. Dennoch wird nicht nur in den großen Biographien (Joachim C. Fest, Allan Bullock, Ian Kershaw, Peter Longerich) die zweifellos wichtige Rolle Hitlers unterschiedlich bewertet. Auch die Kombination aus „Verführung und Gewalt“ (Hans-Ulrich Thamer), die massenpsychologischen und sozialpolitischen Angebote der „nationalen Volksgemeinschaft“ sind als wichtige Herrschaftselemente einer modernen „Konsensdikatur“ betont worden. Einigkeit besteht bei allen seriösen Forschungsrichtungen über den Unrechtscharakter des Dritten Reichen mit seinen singulären Verbrechen, die in Weltkrieg und Völkermord gipfelten.<br />
<br />
Unter den zahlreichen Gedenkorten und Museen zur Geschichte des Dritten Reiches ragen einige heraus. Den Opfern gewidmet sind große Gedenkstätten wie in den ehemaligen Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, aber auch in vielen kleineren Lagern, Gefängnissen, Euthanasie-Anstalten usw. Das gilt auch für Stätten des Widerstandes, wie den Bendlerblock in Berlin, wo die Hitler-Attentäter um Stauffenberg erschossen wurden und heute die zentrale „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ angesiedelt ist. Den Tätern widmet sich der Erinnerungsort „Topographie des Terrors“ in der ehemaligen Zentrale von Gestapo, SS und Reichs¬sicherheits¬hauptamt in Berlin. Die Verstrickung von Wirtschaft und Gesellschaft in die NS-Verbrechen wird u.a. im Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt plastisch sichtbar, wo man die Krematorien für Auschwitz und andere KZ gebaut hatte. Nicht zuletzt mit dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin hat sich die Bundesrepublik Deutschland klar zu ihrer historischen Verantwortung bekannt. <br />
<br />
Schwierig gestaltet sich bisweilen der Umgang mit „sperrigen“ Erinnerungsorten vom riesigen KdF-Erholungsheim Prora auf Rügen über das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und Weimarer „Gauforum“ bis hin zu „Hitlers Sommerresidenz“ auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Aber auch hier konnte in vielen Fällen neben pragmatischen Lösungen eine erinnerungskulturelle Aufarbeitung erreicht werden. Das Thema wird schließlich vom Deutschen Historischen Museum in Berlin bis hin zu vielen regionalen Geschichts- und Spezialmuseen dargestellt, findet in der politischen Bildung und in den Medien breiten Widerhall. <br />
<br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Das Dritte Reich''' (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen). Erfurt 2017.<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus|Thüringen im Nationalsozialismus]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Das_Dritte_Reich&diff=35278Das Dritte Reich2017-06-23T11:38:40Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Das Dritte Reich =<br />
<br />
'''1933 errichteten die Nationalsozialisten eine Diktatur der „Verführung und Gewalt“. Die Verbrechen des Dritte Reiches gipfelten im Zweiten Weltkrieg und dem Mord an Millionen politisch und rassisch verfolgter Menschen. Der Erfurter Historiker Dr. Steffen Raßloff bietet hierzu einen populärwissenschaftlichen Überblick.''' <br />
<br />
<br />
'''Aufstieg des Nationalsozialismus bis 1933'''<br />
<br />
[[Datei:DrittesReich.17.jpg|300px|right]]Das Dritte Reich stellt einen Höhepunkt im „Zeitalter der Extreme“ dar, wie der Historiker Eric Hobsbawm das 20. Jahrhundert genannt hat. Am Beginn dieses Jahrhunderts der Kriege, Bürgerkriege und Diktaturen stand der Erste Weltkrieg 1914-1918. In jener „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) wurzeln viele der weiteren historischen Entwicklungen. Das „alte Europa“ ging in den Verheerungen des modernen Massenkrieges unter. Die dem Verlierer Deutschland und seinen Verbündeten diktierten Pariser Friedensverträge 1919 mit Gebietsabtretungen, Verlust der Kolonien, Reparationsforderungen, Entmilitarisierung usw. trugen bereits die Keime eines neuen Revanchekrieges in sich. Für das Deutsche Kaiserreich, vor 1914 eine prosperierende Industrienation mit Weltmachtanspruch, war die „Fallhöhe“ besonders groß. <br />
<br />
Die Demokratien, die zunächst im Nachkriegseuropa dominierten, wurden von linken und rechten Extremismen bedrängt. Deren totalitäre Ideologien (Kommunismus bzw. Bolschewismus, Faschismus bzw. Nationalsozialismus) sollten die Krise der kapitalistischen Massengesellschaft und des „liberalen Systems“ überwinden. Jene angestrebte „Versöhnung mit der Moderne“ (Gunther Mai) war in bislang unbekanntem Maße mit Gewalt verbunden. Seit der russischen Oktoberrevolution der Bolschewiki unter Führung Waldimir Iljitsch Lenins 1917 existierte erstmals eine kommunistische Diktatur, seit der Machtübernahme der „Schwarzhemden“ Benito Mussolinis in Italien 1922 ein faschistisches Regime. Ab 1926 entstanden in den meisten Ländern Süd-, Mittel- und Osteuropas rechtsdiktatorische Staatswesen, während sich die Demokratien West- und Nordeuropas behaupten konnten. <br />
<br />
In Deutschland hatte das Kriegsende 1918 auch das Ende der Monarchie gebracht. Am 9. November 1918 wurde in Berlin die Republik ausgerufen, wurde aus dem Kaiserreich der Hohenzollern die Weimarer Republik. Die extreme Rechte lehnte die neue Demokratie, getragen von gemäßigter Arbeiterbewegung und liberalem Bürgertum, hasserfüllt ab. Sie hielt an dem im Krieg radikalisierten Nationalismus fest, wobei die Niederlage des Heeres durch den „Dolchstoß“ aus der von Linken, Demokraten und Juden unterwanderten Heimatfront erklärt wurde. Die Exponenten der Republik wurden als „Novemberverbrecher“ verfemt und bis hin zu politischen Morden verfolgt, etwa an Finanzminister Matthias Erzberger (1921) und Außenminister Walther Rathenau (1922).<br />
<br />
Zur stärksten Kraft im anfangs breit gefächerten Spektrum der Rechten wurde die 1919 in München gegründete Deutsche Arbeiterpartei, 1920 umbenannt in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). 1921 konnte sich der Weltkriegsgefreite Adolf Hitler (1889-1945) als „Führer“ mit diktatorischer Machtfülle an deren Spitze stellen. Der Österreicher Hitler stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Geboren in Braunau am Inn als Sohn eines Zollbeamten, hatte er sich vor dem Ersten Weltkrieg vergeblich an der Kunstakademie in Wien beworben. Er lebte zeitweise im Obdachlosenheim und schlug sich mit dem Malen von Postkarten durch. Das deutschnational-antisemitische Milieu der Hauptstadt des habsburgischen Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn prägte den jungen Mann. 1913 nach München umgezogen, meldete sich Hitler bei Kriegsbeginn freiwillig ins deutsche Heer. Nach der Niederlage 1918 begann in München der Aufstieg in der rechtsextremen Szene, der sich vor allem seinem rednerischen Talent und populistischen Gespür verdankte. <br />
<br />
Die NS-Ideologie griff gängige Ideen der völkischen Szene seit dem späten 19. Jahrhundert auf. Sie flossen in Hitlers „Weltbild“ zusammen, das schon in seiner Schrift „Mein Kampf“ (1925/27) in den Grundzügen formuliert wurde. Zentrale Elemente waren die Utopie einer rassisch einheitlichen „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Weltgeschichte als ständiger Kampf der Rassen bei Überlegenheit der arischen, nordisch-germanischen Rasse, rassischer Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages hinaus sollte sich das deutsche „Volk ohne Raum“ (Hans Grimm) neue Siedlungsgebiete im Osten erkämpfen. Hinzu kam die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung mit Antimarxismus bzw. Antibolschewismus sowie ein entschiedener Antiparlamentarismus. All dies waren keine eigenständigen Ideen Hitlers und der Nationalsozialisten, die ihre diffuse Ideologie nicht in ein schlüssiges Denkgebäude fassten. Auch der Begriff vom erstrebten tausendjährigen „Dritten Reich“ nach altem Kaiserreich und Bismarcks Reich von 1871 entstammte einem Buchtitel Arthur Moeller van den Brucks, Vordenker der „konservativen Revolution“.<br />
<br />
Die politische und wirtschaftlich-soziale Krise der Nachkriegszeit, gipfelnd in rechten und linken Putschversuchen sowie der Hochinflation vom Herbst 1923, bescherte der NSDAP beachtliche Anfangserfolge. Der gescheiterte Münchner „Hitler-Putsch“ vom 9. November 1923 führte dann allerdings zu einem Rückschlag. Zudem folgte eine mehrjährige Erholungsphase 1924-1929, die „Goldenen Zwanziger“. Sie schien die Republik unter dem prägenden Einfluss des Kanzlers und Außenministers Gustav Stresemann zu festigen. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die NSDAP nur 2,6% der Stimmen. Allerdings konnte sich die demokratische Staatsform nicht nachhaltig etablieren. Das sozialistische Lager der Arbeiterparteien und das bürgerlich-nationale Lager mit fester Verankerung in den jeweiligen Milieus standen sich unversöhnlich gegenüber. Zugleich setzte eine Erosion der Parteienlandschaft mit vielen neuen Interessen- und Splitterparteien ein, die das Regieren auf nationaler und regionaler Ebene immer schwieriger machten. <br />
<br />
Der Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei erfolgte mit Beginn der in den USA ausgelösten Weltwirtschaftskrise Ende 1929. Schon im September 1930 war die Partei mit 18,3% die zweitstärkste Fraktion im Reichstag nach der SPD. Auf dem Höhepunkt der Krise mit sechs Millionen Arbeitslosen und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen wurde sie im Juli 1932 mit 37,4% zur mit Abstand stärksten Partei. Schon 1932 konnte sie die Landesregierungen in Anhalt, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Thüringen übernehmen. Die junge, dynamische Massenpartei mit ihren modernen Propaganda- und Wahlkampfmethoden hatte eine Volksbewegung entfesselt, für die sie als „letzte Rettung“ und Hitler als „nationaler Messias“ erschien. In einer tief ausgeprägten Krisenstimmung der industriell-urbanen Moderne traten große Bevölkerungsteile, insbesondere der bürgerliche Mittelstand, eine förmliche Flucht in die „nationale Volksgemeinschaft“ des charismatischen „Führers“ an.<br />
<br />
<br />
'''Aufbau und Formierung der NS-Diktatur 1933-1935'''<br />
<br />
Nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg bereits seit 1930 „halbdemokratische“ Präsidialregierungen auf Grundlage des Notverordnungsrechtes der Weimarer Verfassung (Artikel 48) berufen hatte, erfolgte am 30. Januar 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Konservative Kreise um den Ex-Kanzler Franz von Papen hatten Hindenburg zu diesem Schritt veranlasst. Es war ihr Ziel, die Nationalsozialisten in der Regierungsverantwortung zu „verschleißen“ sowie sie durch starke konservative Kräfte „einzurahmen“. Tatsächlich gehörten zur neuen Regierung der „nationalen Konzentration“ neben Hitler mit Innenminister Wilhelm Frick und dem späteren „Reichsmarschall“ Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich nur zwei weitere Nationalsozialisten. Einigkeit bestand in der Frontstellung gegen die politische Linke und den Parlamentarismus, die die alten Eliten mit Hilfe der rechten Massenbewegung zu verdrängen hofften. „Wir haben ihn uns engagiert“, so tönte Vizekanzler Papen. „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“ <br />
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass Papens „Zähmungskonzept“ nicht aufging. Vielmehr bildete der 30. Januar 1933 den Beginn der „Machtergreifung“ Hitlers und der NSDAP. Für die sofort verkündeten Reichstagswahlen am 5. März 1933 lief nunmehr mit staatlicher Unterstützung die Wahlkampfmaschinerie der NSDAP erneut an. Der politische Gegner auf der Linken, vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wurde unterdrückt und benachteiligt.<br />
<br />
Einen entscheidenden Schritt hin zur NS-Diktatur bildete die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933. Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin, der den Kommunisten angelastet wurde, setzte jene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ alle Grundrechte (persönliche Freiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis usw.) außer Kraft. Politische Gegner konnten fortan ohne Gerichtsbeschluss in „Schutzhaft“ genommen werden, wovon tausendfach Gebrauch gemacht wurde. Ohne die Verfassung der Weimarer Republik formal aufzuheben, bot die „Verfassungsurkunde“ des Dritten Reiches (Ernst Fraenkel) die juristische Grundlage der NS-Gewaltherrschaft. <br />
<br />
Trotz einer absoluten Mehrheit von NSDAP und Konservativen von 51,9% bei den Reichstagswahlen strebte Hitler nunmehr auch die Ausschaltung des parlamentarischen „Weimarer Systems“ an. Das am 24. März 1933 vom Reichstag mit den Stimmen der NSDAP und der Bürgerparteien verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“ übertrug der Regierung die Gesetzgebungskompetenz. Im Juni wurde die SPD verboten (die KPD war seit Februar in den Untergrund abgedrängt), die übrigen Parteien lösten sich resigniert selbst auf. Am 14. Juli 1933 wurde per Gesetz der Einparteienstaat der NSDAP festgeschrieben.<br />
<br />
Neben den Parteien galt es die großen unabhängigen Interessenvertretungen auszuschalten. Hierbei praktizierte die NSDAP eine erfolgreiche Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik. So wurde der 1. Mai 1933 zum Feiertag erhoben und damit ein altes Ziel der sozialistischen Arbeiterbewegung erfüllt. Schon am Tag darauf erfolgte die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. Als neue Zwangsvereinigung diente fortan die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Sie vermittelte mit ihrem sozial- und kulturpolitischen Angebot bis hin zu KdF- („Kraft durch Freude“-) Kreuzfahrten dem „kleinen Mann“ das Gefühl, die Vision einer gerechten „Volksgemeinschaft“ sei ernst gemeint. <br />
<br />
Das Regime ging in jener Formierungsphase daran, seine Machtstellung auszubauen. Parteieinrichtungen und neue parteinahe Institutionen traten neben die traditionellen Staats- und Gesellschaftsstrukturen, die mit Nationalsozialisten durchsetzt wurden. Dies sorgte in vielen Bereichen für Kompetenzgerangel und Reibungsverluste, ohne die NS-Herrschaft zu gefährden. Die großen Massenorganisationen der NSDAP spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Jene „Gliederungen“ und „angeschlossenen Verbände“ erfassten über SA und SS hinaus als ideologische „Transmissionsriemen“ die Menschen vieler Berufe, Interessenlagen und Altersgruppen (Hitlerjugend, NS-Studentenbund, NS-Lehrerbund, NS-Ärztebund, NS-Beamtenbund, NS-Kraftfahr-Korps usw.). <br />
<br />
Seit März 1933 erfolgte auch die schrittweise „Gleichschaltung“ der Länder. Mit dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ vom 30. Januar 1934 wurden sie zu reinen Verwaltungseinheiten zurückgestuft. Damit kam den Gauen der NSDAP und ihren Gauleitern wachsendes Gewicht zu. Jene „Vizekönige“ Hitlers konnten sich je nach politisch-administrativen Rahmenbedingungen und persönlicher Durchsetzungskraft eine beachtliche Machtstellung aufbauen. Der Thüringer Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel etwa profilierte sich zu Hitlers „Muster-Gauleiter“. In Weimar entstand mit dem gigantischen „Gauforum“ (Weimarplatz) eine NS-Machtzentrale, nach deren Vorbild alle deutschen Gauhauptstädte hätten umgebaut werden sollen. Sauckel zeichnete auch für den Zwangsarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Der 1942 ernannte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (GBA) wurde als „Hitlers Sklavenhalter“ 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
<br />
Eine weitere wichtige Zäsur für die Stabilisierung des Dritten Reiches bildete der „Röhm-Putsch“ 1934, als die gesamte Führung der SA (Sturmabteilung) um Stabschef Ernst Röhm ermordet wurde. Die SA war 1921 in der „Kampfzeit“ der „Bewegung“ als Saalschutz gegründet und zum paramilitärischen Wehrverband der NSDAP ausgebaut worden. Aus den Kreisen der „Braunhemden“ wurde jetzt der Ruf nach einer weitergehenden sozialen Revolution laut, Röhm strebte in Konfrontation zur Reichswehr die Umwandlung der SA in eine Volksmiliz an. Die Mordaktion am 30. Juni 1934 entmachtete den letzten ernsthaften Konkurrenten Hitlers, die Reichswehr blieb „Waffenträger der Nation“. Die 1925 gegründete SS (Schutzstaffel) rückte unter ihrem Reichsführer Heinrich Himmler als „schwarzer Orden“ zur Elite des Dritten Reiches auf. Mit dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 und der Proklamation Hitlers zum „Führer und Reichskanzler“ sowie der Vereidigung der Reichswehr auf seine Person war die Führerdiktatur weitgehend vollendet. <br />
<br />
Diese auf den „Führer“ zugeschnittene Diktatur wurde durch einen vor allem von Joseph Goebbels‘ Propagandaministerium verbreiteten Hitlermythos gestützt. Immer perfekter steuerte Goebbels durch Propagandakampagnen, Informationsmonopol, staatliche Kulturlenkung und theatralische Massenveranstaltungen wie die Nürnberger Reichsparteitage die öffentliche Meinung. Der absolute Kontroll- und Lenkungsanspruch kam besonders in den jungen Medien Rundfunk und Film zum Ausdruck. Stets wurde die neue nationale Volksgemeinschaft beschworen, aber auch der Anschein einer Versöhnung der jungen NS-Bewegung mit dem alten preußisch-konservativen Deutschland suggeriert. Hierfür steht der minutiös geplante „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, der Zusammenkunft des neuen Reichstags in der Potsdamer Garnisonkirche, mit der symbolischen Verneigung Hitlers vor dem kaiserlichen Generalfeldmarschall und Weltkriegs-Helden Hindenburg.<br />
<br />
Von Beginn an schlug sich aber auch die aggressive NS-Rassenideologie, insbesondere der Antisemitismus, in der Politik des Dritten Reiches deutlich nieder. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten unterschied sich von der traditionellen, eher religiös-kulturellen Judenfeindschaft durch seine starke Bezogenheit auf die Rasse, auf das „Blut“. Hitler sah in den Juden ein „parasitäres“ Volk, das auf Kosten seiner „Wirtsvölker“, besonders der Deutschen lebe und gar in Form des „jüdischen Bolschewismus“ die Weltherrschaft anstrebe. Daher müsse dieser „Bazillus“ ausgemerzt werden. Erste Maßnahmen waren der Boykott jüdischer Geschäfte vom 1. April 1933, das Herausdrängen der Juden aus dem öffentlichen Dienst und weitere alltagsweltliche Diskriminierungen. Mit den „Nürnberger Gesetzen“ vom September 1935 wurden Juden zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert, Eheschließungen und sexuelle Beziehungen mit Bürgern „deutschen und artverwandten Blutes“ als „Rassenschande“ verboten und unter Strafe gestellt.<br />
<br />
<br />
'''Konsolidierung und Kriegsvorbereitung 1936-1939'''<br />
<br />
Mit der Konsolidierung der Macht des Nationalsozialismus radikalisierte sich dessen zunächst noch recht vage Ideologie. Dies schlug sich besonders in der Verschärfung des Antisemitismus nieder. Mit der „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 fand die Gewalteskalation einen weiteren Höhepunkt. Hunderte Synagogen wurden niedergebrannt, tausende Menschen misshandelt und verschleppt, wobei etwa hundert ums Leben kamen. In der Folge wurden die Juden endgültig aus dem Wirtschaftsleben verdrängt („Arisierung“) und zur Ausreise genötigt. Bis zum Auswanderungsverbot 1941 hatten rund 300.000 der ursprünglich 500.000 jüdischen Bürger Deutschland verlassen. Ähnlichen Verfolgungen ausgesetzt war auch die Volksgruppe der Sinti und Roma („Zigeuner“).<br />
<br />
Bis 1937 wurden die vielen teils provisorischen Konzentrationslager (KZ) unter Leitung der SS in ein System fest ausgebauter KZ umgewandelt, allen voran die drei Großlager Dachau bei München, Buchenwald bei Weimar und Sachsenhausen bei Berlin. Die Konzentrationslager bildeten ein zentrales Element im „SS-Staat“ (Eugen Kogon), mit dem politisch, rassisch und sozial „minderwertige“ Menschen von der „Volksgemeinschaft“ isoliert, „umerzogen“ oder vernichtet werden sollten. Im Krieg dienten viele Lager mit ihren tausenden von Häftlingen auch der Rüstungswirtschaft. Zugleich verfolgte SS-Reichsführer Heinrich Himmler als „Chef der deutschen Polizei“ (1936) insbesondere mit der berüchtigten Geheimen Staatspolizei (Gestapo) jegliche Form von Widerspruch gegen das NS-Regime.<br />
<br />
Andererseits gelang es dem Regime weiter, sich als moderner, sozial engagierter Volksstaat zu profilieren, der bei aller bleibenden Alltagskritik von einer Bevölkerungsmehrheit getragen wurde. Schon 1934 ging die Arbeitslosenzahl (auch dank allgemeiner Konjunkturbelebung) nominell um über 50% zurück, 1938 herrschte (insbesondere wegen der Aufrüstung) praktisch Vollbeschäftigung – der „Führer“ hatte in den Augen vieler Deutscher „Wort gehalten“. Großprojekte, wie der bereits in der Weimarer Republik geplante Autobahnbau oder die Olympischen Spiele 1936 in Berlin verschafften erhebliche innen- und außenpolitische Prestigegewinne. <br />
<br />
So hatte es der Widerstand gegen das NS-Regime bis in den Krieg hinein schwer, wirkliche Unterstützung zu finden. Der aktive linke, v.a. kommunistische Widerstand musste die meisten Opfer beklagen. Auch Vertreter der protestantischen Bekennenden Kirche wie Dietrich Bonhoeffer und anderer Konfessionen ließen für ihre Überzeugung das Leben. Gruppen wie die „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl in München 1943 endeten ebenso wie der militärische Widerstand um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Carl Goerdeler und Julius Leber durch braune Henker. Nicht nur dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 durch die Gruppe um Stauffenberg blieb der Erfolg versagt, auch andere Versuche scheiterten, wie das Bombenattentat am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller durch den Einzeltäter Georg Elser.<br />
<br />
Durch die wachsende Popularität gestärkt, konnte Hitler ab Mitte der 1930er-Jahre auch an eine schrittweise Ausschaltung der alten Eliten herangehen. Über den rasanten Aufrüstungskurs, der nur noch durch spätere „Kriegsbeute“ zu finanzieren war, kam es zum Bruch mit Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, der 1937 als Wirtschaftsminister abgelöst wurde. Auch aus Diplomatie und Militär kamen warnende Stimmen. Daher wurde 1938 Außenminister Konstantin von Neurath durch den überzeugten Nationalsozialisten Joachim von Ribbentrop ersetzt und in der inszenierten „Blomberg-Fritsch-Krise“ Kriegsminister Werner von Blomberg und Heeres-Oberbefehlshaber Werner von Fritsch abgelöst. Hitler übernahm direkt die Befehlsgewalt und schuf sich mit dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unter General Wilhelm Keitel eine für ihn zuverlässige Führungsspitze. <br />
<br />
Die fortschreitende Konsolidierung der NS-Diktatur hatte eine wichtige Ursache in ihren außenpolitischen Erfolgen. Die von Hitler stets verkündete Revision der Versailler Friedensordnung von 1919 galt nahezu allen Deutschen als notwendig. Ein erster Erfolg fiel ihm im Januar 1935 mit der Abstimmung im vom Völkerbund verwalteten Saarland zu, wo sich über 90% der Bevölkerung für die „Heimkehr ins Reich“ entschieden. Zwei Monate später verkündete Hitler die Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Aufbau einer starken Wehrmacht, worauf die Großmächte nur mit Protesten reagierten. Eine Intervention blieb auch aus, als die Wehrmacht im März 1936 in das laut Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland einmarschierte. <br />
<br />
Einen enormen Popularitätsschub für das Hitler-Regime brachte der Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes an das Reich im März und September 1938. Mit dem „Großdeutschen Reich“ einschließlich Österreichs, dem 1919 ein Anschluss von den Siegermächten verboten worden war, erfüllte sich ein alter nationaler Traum der Deutschen. Die Abtretung der Sudetengebiete von der Tschechoslowakei erfolgte unter Zustimmung Großbritanniens, Frankreichs und Italiens im Münchner Abkommen vom 29. September 1938. Der Erfolg dieser Maßnahmen wurzelte auch darin, dass Hitler „etwas bis zu einem gewissen Grad Verständliches auf unrechtmäßige Weise“ (Klaus Hildebrand) tat und dabei immer seine Friedensliebe betonte. Zugleich sah man besonders in London Deutschland als ein wichtiges Bollwerk gegen die kommunistische Sowjetunion. <br />
<br />
Hatte das Dritte Reich bisher in seiner rasanten Expansionspolitik Territorien mit überwiegend deutscher Bevölkerung an sich gerissen, bildete die Zerschlagung der „Resttschechei“ und deren Umwandlung in das „Protektorat Böhmen und Mähren“ im März 1939 jedoch eindeutig einen Akt gewaltsamer Unterwerfung. Jetzt erkannte man auch in Großbritannien, dass die Appeasement- (Beschwichtigungs-) Politik von Premier Neville Chamberlain gescheitert war, der um des Friedens willen Deutschland seine vermeintlich traditionelle Revisionspolitik hatte betreiben lassen. Unmissverständlich machte der Westen Hitler nunmehr klar, dass jeder weitere Überfall auf einen Nachbarn Krieg zur Folge haben werde. Untermauert wurde dies durch eine englisch-französische Garantieerklärung für Polen. <br />
<br />
<br />
'''Zweiter Weltkrieg 1939-1945'''<br />
<br />
Damit war der gezielte Kriegskurs des Dritten Reiches freilich nicht mehr zu stoppen. Schon am 3. Februar 1933 hatte Hitler gegenüber führenden Generälen die „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“ als Ziel seiner Außenpolitik genannt. Auch die von ihm insgeheim angestrebte Weltherrschaft und Vernichtung der Juden waren nur durch Krieg realisierbar. Hierzu hatte Hitler 1936/37 Italien und Japan („Achse Berlin-Rom-Tokio“) als wichtigste Verbündete gewinnen können.<br />
<br />
Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Er gilt als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte mit bis zu 60 Millionen Todesopfern. Den Rücken im Osten hatte sich Deutschland zunächst durch den spektakulären „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 freigehalten, in dem die Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion in einem geheimen Zusatzprotokoll festgelegt wurde. Trotz formeller Kriegserklärung griffen Großbritannien und Frankreich praktisch nicht ein und schon am 28. September musste Polen kapitulieren. Der Besetzung Dänemarks und Norwegens im Frühjahr 1940 folgte der „Westfeldzug“ vom 10. Mai bis 22. Juni 1940, der mit der Kapitulation Frankreichs endete. Die Siege der „Blitzkrieg“-Phase führten Hitler auf den Höhepunkt seiner Popularität in Deutschland („Größter Feldherr aller Zeiten“) und trugen der Wehrmacht den Ruf der Unbesiegbarkeit ein. <br />
<br />
Allerdings gelang es anschließend nicht, Großbritannien in der erbitterten „Luftschlacht um England“ („Battle of Britain“) in die Knie zu zwingen. Auch musste Deutschland seinem Bündnispartner Italien in Nordafrika und auf dem Balkan zu Hilfe eilen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 („Fall Barbarossa“) begann der rassistische Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Osten. Trotz großer Anfangserfolge bekam die Wehrmacht in den Weiten Russlands bald Probleme. Deutlich zeichnete sich die Kriegswende spätestens nach der Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/43 ab, als die 6. Armee unter General Friedrich Paulus vernichtet wurde. Auch der von Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner Berliner Sportpalastrede ausgerufene „totale Krieg“ oder die U-Boot-Waffe konnten die strategische Unterlegenheit der „Achsenmächte“ nicht mehr kompensieren. Zudem befand sich Deutschland seit dem japanischen Angriff auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor im Dezember 1941 auch im Krieg mit den USA. <br />
<br />
Die Alliierten USA, Großbritannien und Sowjetunion eroberten, beschleunigt durch die Eröffnung der „zweiten Front“ in Frankreich am 6. Juni 1944, die deutsche „Festung Europa“. Rund 600.000 Deutsche verloren, nachdem die deutsche Luftwaffe zuvor rücksichtslos gegnerische Städte bombardiert hatte, bei den seit 1943 massiv verstärkten angloamerikanischen Luftangriffen ihr Leben. Symbolisch hierfür steht das barocke „Elbflorenz“ Dresden, das vom 13. bis 15. Februar 1945 in Schutt und Asche versank. Bemühungen, die aus der Luft gefährdete Rüstung untertage aufrecht zu erhalten, kosteten hunderttausenden Zwangsarbeitern und Häftlingen das Leben. Am bekanntesten ist die Verlagerung der V2-Raketenproduktion von Peenemünde auf der Insel Usedom in Stollen bei Nordhausen mit dem eigens hierfür errichteten KZ Mittelbau-Dora 1943/45. Mit „Wunderwaffen“ wie der V2 („Vergeltungswaffe“) sollte der Glaube an den „Endsieg“ aufrechterhalten werden. <br />
<br />
Alle verzweifelten Mobilisierungsversuche schoben die Niederlage aber nur um einen hohen Preis hinaus, zumal die Intensität des Krieges noch einmal dramatisch zunahm. Mehr als die Hälfte der 3,2 Millionen gefallenen deutschen Soldaten etwa verlor in den letzten zehn Kriegsmonaten ihr Leben. Begleitet war die Schlussphase des NS-Regimes auch von schweren Ausschreitungen vor allem der Sowjetarmee gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Die Flucht und Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa setzte sich über das Kriegsende hinaus unter Akzeptanz der Alliierten ebenfalls mit teils erheblicher Brutalität fort. Bis zu zwei Millionen Deutsche verloren hierbei ihr Leben. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht bedingungslos, Hitler hatte bereits am 30. April im Bunker der Berliner Reichskanzlei Selbstmord begangen.<br />
<br />
Der Weltkrieg brachte auch einen letzten Radikalisierungsschub bei der Umsetzung der ideologischen Ziele des Dritten Reiches. Ein beispielloses Verbrechen stellt der Holocaust bzw. die Shoa dar, die systematische Vernichtung der europäischen Juden. Nach verschiedenen Überlegungen, u.a. einer gigantischen Umsiedlungsaktion nach Madagaskar, beauftragte Hermann Göring am 31. Juli 1941 SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich mit der „Endlösung der Judenfrage“. Auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 wurde die Umsetzung zwischen SS und beteiligten Reichsbehörden abgestimmt. In Ghettos, bei Erschießungsaktionen und der industriellen Vernichtung in den Konzentrationslagern des Ostens (Auschwitz, Belzec, Chelmno, Sobibor, Treblinka) kamen rund sechs Millionen Juden ums Leben. Dieses Schicksal teilten rund 200.000 Sinti und Roma.<br />
<br />
Millionen Menschen besonders in Polen und der Sowjetunion, die die Nationalsozialisten als slawische „Untermenschen“ ansahen, fielen ebenfalls der Besatzungsherrschaft zum Opfer. Auf bis zu 14 Millionen wird letztlich die Gesamtzahl der Toten außerhalb von Kampfhandlungen im deutschen Machtbereich geschätzt, darunter auch 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene. In Polen hatte man schon 1939 gezielt die Eliten des Landes auszulöschen versucht. Zunächst im polnischen „Generalgouvernement“, dann in den eroberten Gebieten der Sowjetunion sollte ein landwirtschaftlich geprägtes Kolonialreich entstehen. Dort hatten die überlebenden Einwohner als Arbeitskräfte den deutschen „Herrenmenschen“ zu dienen. Der „Rassenhygiene“ am deutschen „Volkskörper“ fielen rund 150.000 behinderte Menschen und andere „Ballastexistenzen“ zum Opfer (Euthanasie), zugleich wurden ca. 350.000 Menschen wegen Erbkrankheiten sterilisiert. Tausende Deutsche zahlten für ihre kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime, für „Wehrkraftzersetzung“ oder Hören von „Feindsendern“ mit dem Leben. <br />
<br />
<br />
'''Forschung und Erinnerungskultur''' <br />
<br />
Das Dritte Reich bildet die heute wohl am besten erforschte Epoche der deutschen Geschichte. Dabei spielte zunächst das unmittelbare Entsetzen über den „Irrweg einer Nation“ (Alexander Abusch), über „Die deutsche Katastrophe“ (Friedrich Meinecke) eine zentrale Rolle. Man suchte nach den historischen Wurzeln des Nationalsozialismus und konstruierte einen teils weit zurückreichenden „deutschen Sonderweg“, der vom westlich-demokratischen Normalfall abgewichen sei. Spuren für die Vorgeschichte von NS-Diktatur und Holocaust sah man bis hin zum Preußen Friedrichs des Großen oder judenfeindlichen Äußerungen des Reformators Martin Luther. Diese Sicht hat sich allerdings als „wenig substanziell“ (Ulrich Herbert) erwiesen. <br />
Die marxistische Theorie definierte „Faschismus“ als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Georgi Dimitroff). Westliche Historiker betonten den Charakter des Dritten Reiches als moderne totalitäre Diktatur. Ähnlich wie die Sowjetunion als „linkes Gegenstück“ erfüllte es Kriterien wie eine durch Personenkult überhöhte autoritäre Führerpersönlichkeit, Machtmittel wie terroristische Geheimpolizei, Nachrichtenmonopol und Einparteienstaat, eine absolute Geltung beanspruchende Ideologie, totale Erfassung der Bevölkerung, bis zum Massenmord reichende Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen.<br />
<br />
Allerdings ist das Totalitarismus-Modell (Carl J. Friedrich, Hannah Arendt) nicht unumstritten geblieben. So bringt es die dynamischen Wandlungen der NS-Diktatur von der „Machtergreifung“ bis hin zur Radikalisierung im Zweiten Weltkrieg nicht deutlich genug zum Ausdruck. Zugleich hat man zeigen können, dass das Dritte Reich in Ideologie und Machtausübung keineswegs einen homogenen Block darstellte. Mit dem Begriff der „Polykratie“ wurde auf die vielen konkurrierenden Machtgruppen im NS-Staat hingewiesen, der letztlich nur im „Führer“ eine unumstrittene Spitze besaß. <br />
<br />
Norbert Frei hat dieses vom „Führer“-Mythos überwölbte Herrschaftssystem mit dem Begriff „Führerstaat“ gekennzeichnet. Dennoch wird nicht nur in den großen Biographien (Joachim C. Fest, Allan Bullock, Ian Kershaw, Peter Longerich) die zweifellos wichtige Rolle Hitlers unterschiedlich bewertet. Auch die Kombination aus „Verführung und Gewalt“ (Hans-Ulrich Thamer), die massenpsychologischen und sozialpolitischen Angebote der „nationalen Volksgemeinschaft“ sind als wichtige Herrschaftselemente einer modernen „Konsensdikatur“ betont worden. Einigkeit besteht bei allen seriösen Forschungsrichtungen über den Unrechtscharakter des Dritten Reichen mit seinen singulären Verbrechen, die in Weltkrieg und Völkermord gipfelten.<br />
<br />
Unter den zahlreichen Gedenkorten und Museen zur Geschichte des Dritten Reiches ragen einige heraus. Den Opfern gewidmet sind große Gedenkstätten wie in den ehemaligen Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, aber auch in vielen kleineren Lagern, Gefängnissen, Euthanasie-Anstalten usw. Das gilt auch für Stätten des Widerstandes, wie den Bendlerblock in Berlin, wo die Hitler-Attentäter um Stauffenberg erschossen wurden und heute die zentrale „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ angesiedelt ist. Den Tätern widmet sich der Erinnerungsort „Topographie des Terrors“ in der ehemaligen Zentrale von Gestapo, SS und Reichs¬sicherheits¬hauptamt in Berlin. Die Verstrickung von Wirtschaft und Gesellschaft in die NS-Verbrechen wird u.a. im Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt plastisch sichtbar, wo man die Krematorien für Auschwitz und andere KZ gebaut hatte. Nicht zuletzt mit dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin hat sich die Bundesrepublik Deutschland klar zu ihrer historischen Verantwortung bekannt. <br />
<br />
Schwierig gestaltet sich bisweilen der Umgang mit „sperrigen“ Erinnerungsorten vom riesigen KdF-Erholungsheim Prora auf Rügen über das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und Weimarer „Gauforum“ bis hin zu „Hitlers Sommerresidenz“ auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Aber auch hier konnte in vielen Fällen neben pragmatischen Lösungen eine erinnerungskulturelle Aufarbeitung erreicht werden. Das Thema wird schließlich vom Deutschen Historischen Museum in Berlin bis hin zu vielen regionalen Geschichts- und Spezialmuseen dargestellt, findet in der politischen Bildung und in den Medien breiten Widerhall. <br />
<br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Das Dritte Reich''' (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen). Erfurt 2017.<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus|Thüringen im Nationalsozialismus]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Das_Dritte_Reich&diff=35277Das Dritte Reich2017-06-23T11:33:03Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Das Dritte Reich =<br />
<br />
'''1933 errichteten die Nationalsozialisten auf den Trümmern der Weimarer Republik eine Diktatur der „Verführung und Gewalt“. Die Verbrechen des Dritte Reiches gipfelten im Zweiten Weltkrieg und dem Mord an Millionen politisch und rassisch verfolgter Menschen.''' <br />
<br />
<br />
'''Aufstieg des Nationalsozialismus bis 1933'''<br />
<br />
[[Datei:DrittesReich.17.jpg|300px|right]]Das Dritte Reich stellt einen Höhepunkt im „Zeitalter der Extreme“ dar, wie der Historiker Eric Hobsbawm das 20. Jahrhundert genannt hat. Am Beginn dieses Jahrhunderts der Kriege, Bürgerkriege und Diktaturen stand der Erste Weltkrieg 1914-1918. In jener „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) wurzeln viele der weiteren historischen Entwicklungen. Das „alte Europa“ ging in den Verheerungen des modernen Massenkrieges unter. Die dem Verlierer Deutschland und seinen Verbündeten diktierten Pariser Friedensverträge 1919 mit Gebietsabtretungen, Verlust der Kolonien, Reparationsforderungen, Entmilitarisierung usw. trugen bereits die Keime eines neuen Revanchekrieges in sich. Für das Deutsche Kaiserreich, vor 1914 eine prosperierende Industrienation mit Weltmachtanspruch, war die „Fallhöhe“ besonders groß. <br />
<br />
Die Demokratien, die zunächst im Nachkriegseuropa dominierten, wurden von linken und rechten Extremismen bedrängt. Deren totalitäre Ideologien (Kommunismus bzw. Bolschewismus, Faschismus bzw. Nationalsozialismus) sollten die Krise der kapitalistischen Massengesellschaft und des „liberalen Systems“ überwinden. Jene angestrebte „Versöhnung mit der Moderne“ (Gunther Mai) war in bislang unbekanntem Maße mit Gewalt verbunden. Seit der russischen Oktoberrevolution der Bolschewiki unter Führung Waldimir Iljitsch Lenins 1917 existierte erstmals eine kommunistische Diktatur, seit der Machtübernahme der „Schwarzhemden“ Benito Mussolinis in Italien 1922 ein faschistisches Regime. Ab 1926 entstanden in den meisten Ländern Süd-, Mittel- und Osteuropas rechtsdiktatorische Staatswesen, während sich die Demokratien West- und Nordeuropas behaupten konnten. <br />
<br />
In Deutschland hatte das Kriegsende 1918 auch das Ende der Monarchie gebracht. Am 9. November 1918 wurde in Berlin die Republik ausgerufen, wurde aus dem Kaiserreich der Hohenzollern die Weimarer Republik. Die extreme Rechte lehnte die neue Demokratie, getragen von gemäßigter Arbeiterbewegung und liberalem Bürgertum, hasserfüllt ab. Sie hielt an dem im Krieg radikalisierten Nationalismus fest, wobei die Niederlage des Heeres durch den „Dolchstoß“ aus der von Linken, Demokraten und Juden unterwanderten Heimatfront erklärt wurde. Die Exponenten der Republik wurden als „Novemberverbrecher“ verfemt und bis hin zu politischen Morden verfolgt, etwa an Finanzminister Matthias Erzberger (1921) und Außenminister Walther Rathenau (1922).<br />
<br />
Zur stärksten Kraft im anfangs breit gefächerten Spektrum der Rechten wurde die 1919 in München gegründete Deutsche Arbeiterpartei, 1920 umbenannt in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). 1921 konnte sich der Weltkriegsgefreite Adolf Hitler (1889-1945) als „Führer“ mit diktatorischer Machtfülle an deren Spitze stellen. Der Österreicher Hitler stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Geboren in Braunau am Inn als Sohn eines Zollbeamten, hatte er sich vor dem Ersten Weltkrieg vergeblich an der Kunstakademie in Wien beworben. Er lebte zeitweise im Obdachlosenheim und schlug sich mit dem Malen von Postkarten durch. Das deutschnational-antisemitische Milieu der Hauptstadt des habsburgischen Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn prägte den jungen Mann. 1913 nach München umgezogen, meldete sich Hitler bei Kriegsbeginn freiwillig ins deutsche Heer. Nach der Niederlage 1918 begann in München der Aufstieg in der rechtsextremen Szene, der sich vor allem seinem rednerischen Talent und populistischen Gespür verdankte. <br />
<br />
Die NS-Ideologie griff gängige Ideen der völkischen Szene seit dem späten 19. Jahrhundert auf. Sie flossen in Hitlers „Weltbild“ zusammen, das schon in seiner Schrift „Mein Kampf“ (1925/27) in den Grundzügen formuliert wurde. Zentrale Elemente waren die Utopie einer rassisch einheitlichen „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Weltgeschichte als ständiger Kampf der Rassen bei Überlegenheit der arischen, nordisch-germanischen Rasse, rassischer Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages hinaus sollte sich das deutsche „Volk ohne Raum“ (Hans Grimm) neue Siedlungsgebiete im Osten erkämpfen. Hinzu kam die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung mit Antimarxismus bzw. Antibolschewismus sowie ein entschiedener Antiparlamentarismus. All dies waren keine eigenständigen Ideen Hitlers und der Nationalsozialisten, die ihre diffuse Ideologie nicht in ein schlüssiges Denkgebäude fassten. Auch der Begriff vom erstrebten tausendjährigen „Dritten Reich“ nach altem Kaiserreich und Bismarcks Reich von 1871 entstammte einem Buchtitel Arthur Moeller van den Brucks, Vordenker der „konservativen Revolution“.<br />
<br />
Die politische und wirtschaftlich-soziale Krise der Nachkriegszeit, gipfelnd in rechten und linken Putschversuchen sowie der Hochinflation vom Herbst 1923, bescherte der NSDAP beachtliche Anfangserfolge. Der gescheiterte Münchner „Hitler-Putsch“ vom 9. November 1923 führte dann allerdings zu einem Rückschlag. Zudem folgte eine mehrjährige Erholungsphase 1924-1929, die „Goldenen Zwanziger“. Sie schien die Republik unter dem prägenden Einfluss des Kanzlers und Außenministers Gustav Stresemann zu festigen. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die NSDAP nur 2,6% der Stimmen. Allerdings konnte sich die demokratische Staatsform nicht nachhaltig etablieren. Das sozialistische Lager der Arbeiterparteien und das bürgerlich-nationale Lager mit fester Verankerung in den jeweiligen Milieus standen sich unversöhnlich gegenüber. Zugleich setzte eine Erosion der Parteienlandschaft mit vielen neuen Interessen- und Splitterparteien ein, die das Regieren auf nationaler und regionaler Ebene immer schwieriger machten. <br />
<br />
Der Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei erfolgte mit Beginn der in den USA ausgelösten Weltwirtschaftskrise Ende 1929. Schon im September 1930 war die Partei mit 18,3% die zweitstärkste Fraktion im Reichstag nach der SPD. Auf dem Höhepunkt der Krise mit sechs Millionen Arbeitslosen und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen wurde sie im Juli 1932 mit 37,4% zur mit Abstand stärksten Partei. Schon 1932 konnte sie die Landesregierungen in Anhalt, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Thüringen übernehmen. Die junge, dynamische Massenpartei mit ihren modernen Propaganda- und Wahlkampfmethoden hatte eine Volksbewegung entfesselt, für die sie als „letzte Rettung“ und Hitler als „nationaler Messias“ erschien. In einer tief ausgeprägten Krisenstimmung der industriell-urbanen Moderne traten große Bevölkerungsteile, insbesondere der bürgerliche Mittelstand, eine förmliche Flucht in die „nationale Volksgemeinschaft“ des charismatischen „Führers“ an.<br />
<br />
<br />
'''Aufbau und Formierung der NS-Diktatur 1933-1935'''<br />
<br />
Nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg bereits seit 1930 „halbdemokratische“ Präsidialregierungen auf Grundlage des Notverordnungsrechtes der Weimarer Verfassung (Artikel 48) berufen hatte, erfolgte am 30. Januar 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Konservative Kreise um den Ex-Kanzler Franz von Papen hatten Hindenburg zu diesem Schritt veranlasst. Es war ihr Ziel, die Nationalsozialisten in der Regierungsverantwortung zu „verschleißen“ sowie sie durch starke konservative Kräfte „einzurahmen“. Tatsächlich gehörten zur neuen Regierung der „nationalen Konzentration“ neben Hitler mit Innenminister Wilhelm Frick und dem späteren „Reichsmarschall“ Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich nur zwei weitere Nationalsozialisten. Einigkeit bestand in der Frontstellung gegen die politische Linke und den Parlamentarismus, die die alten Eliten mit Hilfe der rechten Massenbewegung zu verdrängen hofften. „Wir haben ihn uns engagiert“, so tönte Vizekanzler Papen. „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“ <br />
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass Papens „Zähmungskonzept“ nicht aufging. Vielmehr bildete der 30. Januar 1933 den Beginn der „Machtergreifung“ Hitlers und der NSDAP. Für die sofort verkündeten Reichstagswahlen am 5. März 1933 lief nunmehr mit staatlicher Unterstützung die Wahlkampfmaschinerie der NSDAP erneut an. Der politische Gegner auf der Linken, vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wurde unterdrückt und benachteiligt.<br />
<br />
Einen entscheidenden Schritt hin zur NS-Diktatur bildete die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933. Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin, der den Kommunisten angelastet wurde, setzte jene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ alle Grundrechte (persönliche Freiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis usw.) außer Kraft. Politische Gegner konnten fortan ohne Gerichtsbeschluss in „Schutzhaft“ genommen werden, wovon tausendfach Gebrauch gemacht wurde. Ohne die Verfassung der Weimarer Republik formal aufzuheben, bot die „Verfassungsurkunde“ des Dritten Reiches (Ernst Fraenkel) die juristische Grundlage der NS-Gewaltherrschaft. <br />
<br />
Trotz einer absoluten Mehrheit von NSDAP und Konservativen von 51,9% bei den Reichstagswahlen strebte Hitler nunmehr auch die Ausschaltung des parlamentarischen „Weimarer Systems“ an. Das am 24. März 1933 vom Reichstag mit den Stimmen der NSDAP und der Bürgerparteien verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“ übertrug der Regierung die Gesetzgebungskompetenz. Im Juni wurde die SPD verboten (die KPD war seit Februar in den Untergrund abgedrängt), die übrigen Parteien lösten sich resigniert selbst auf. Am 14. Juli 1933 wurde per Gesetz der Einparteienstaat der NSDAP festgeschrieben.<br />
<br />
Neben den Parteien galt es die großen unabhängigen Interessenvertretungen auszuschalten. Hierbei praktizierte die NSDAP eine erfolgreiche Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik. So wurde der 1. Mai 1933 zum Feiertag erhoben und damit ein altes Ziel der sozialistischen Arbeiterbewegung erfüllt. Schon am Tag darauf erfolgte die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. Als neue Zwangsvereinigung diente fortan die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Sie vermittelte mit ihrem sozial- und kulturpolitischen Angebot bis hin zu KdF- („Kraft durch Freude“-) Kreuzfahrten dem „kleinen Mann“ das Gefühl, die Vision einer gerechten „Volksgemeinschaft“ sei ernst gemeint. <br />
<br />
Das Regime ging in jener Formierungsphase daran, seine Machtstellung auszubauen. Parteieinrichtungen und neue parteinahe Institutionen traten neben die traditionellen Staats- und Gesellschaftsstrukturen, die mit Nationalsozialisten durchsetzt wurden. Dies sorgte in vielen Bereichen für Kompetenzgerangel und Reibungsverluste, ohne die NS-Herrschaft zu gefährden. Die großen Massenorganisationen der NSDAP spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Jene „Gliederungen“ und „angeschlossenen Verbände“ erfassten über SA und SS hinaus als ideologische „Transmissionsriemen“ die Menschen vieler Berufe, Interessenlagen und Altersgruppen (Hitlerjugend, NS-Studentenbund, NS-Lehrerbund, NS-Ärztebund, NS-Beamtenbund, NS-Kraftfahr-Korps usw.). <br />
<br />
Seit März 1933 erfolgte auch die schrittweise „Gleichschaltung“ der Länder. Mit dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ vom 30. Januar 1934 wurden sie zu reinen Verwaltungseinheiten zurückgestuft. Damit kam den Gauen der NSDAP und ihren Gauleitern wachsendes Gewicht zu. Jene „Vizekönige“ Hitlers konnten sich je nach politisch-administrativen Rahmenbedingungen und persönlicher Durchsetzungskraft eine beachtliche Machtstellung aufbauen. Der Thüringer Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel etwa profilierte sich zu Hitlers „Muster-Gauleiter“. In Weimar entstand mit dem gigantischen „Gauforum“ (Weimarplatz) eine NS-Machtzentrale, nach deren Vorbild alle deutschen Gauhauptstädte hätten umgebaut werden sollen. Sauckel zeichnete auch für den Zwangsarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Der 1942 ernannte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (GBA) wurde als „Hitlers Sklavenhalter“ 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
<br />
Eine weitere wichtige Zäsur für die Stabilisierung des Dritten Reiches bildete der „Röhm-Putsch“ 1934, als die gesamte Führung der SA (Sturmabteilung) um Stabschef Ernst Röhm ermordet wurde. Die SA war 1921 in der „Kampfzeit“ der „Bewegung“ als Saalschutz gegründet und zum paramilitärischen Wehrverband der NSDAP ausgebaut worden. Aus den Kreisen der „Braunhemden“ wurde jetzt der Ruf nach einer weitergehenden sozialen Revolution laut, Röhm strebte in Konfrontation zur Reichswehr die Umwandlung der SA in eine Volksmiliz an. Die Mordaktion am 30. Juni 1934 entmachtete den letzten ernsthaften Konkurrenten Hitlers, die Reichswehr blieb „Waffenträger der Nation“. Die 1925 gegründete SS (Schutzstaffel) rückte unter ihrem Reichsführer Heinrich Himmler als „schwarzer Orden“ zur Elite des Dritten Reiches auf. Mit dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 und der Proklamation Hitlers zum „Führer und Reichskanzler“ sowie der Vereidigung der Reichswehr auf seine Person war die Führerdiktatur weitgehend vollendet. <br />
<br />
Diese auf den „Führer“ zugeschnittene Diktatur wurde durch einen vor allem von Joseph Goebbels‘ Propagandaministerium verbreiteten Hitlermythos gestützt. Immer perfekter steuerte Goebbels durch Propagandakampagnen, Informationsmonopol, staatliche Kulturlenkung und theatralische Massenveranstaltungen wie die Nürnberger Reichsparteitage die öffentliche Meinung. Der absolute Kontroll- und Lenkungsanspruch kam besonders in den jungen Medien Rundfunk und Film zum Ausdruck. Stets wurde die neue nationale Volksgemeinschaft beschworen, aber auch der Anschein einer Versöhnung der jungen NS-Bewegung mit dem alten preußisch-konservativen Deutschland suggeriert. Hierfür steht der minutiös geplante „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, der Zusammenkunft des neuen Reichstags in der Potsdamer Garnisonkirche, mit der symbolischen Verneigung Hitlers vor dem kaiserlichen Generalfeldmarschall und Weltkriegs-Helden Hindenburg.<br />
<br />
Von Beginn an schlug sich aber auch die aggressive NS-Rassenideologie, insbesondere der Antisemitismus, in der Politik des Dritten Reiches deutlich nieder. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten unterschied sich von der traditionellen, eher religiös-kulturellen Judenfeindschaft durch seine starke Bezogenheit auf die Rasse, auf das „Blut“. Hitler sah in den Juden ein „parasitäres“ Volk, das auf Kosten seiner „Wirtsvölker“, besonders der Deutschen lebe und gar in Form des „jüdischen Bolschewismus“ die Weltherrschaft anstrebe. Daher müsse dieser „Bazillus“ ausgemerzt werden. Erste Maßnahmen waren der Boykott jüdischer Geschäfte vom 1. April 1933, das Herausdrängen der Juden aus dem öffentlichen Dienst und weitere alltagsweltliche Diskriminierungen. Mit den „Nürnberger Gesetzen“ vom September 1935 wurden Juden zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert, Eheschließungen und sexuelle Beziehungen mit Bürgern „deutschen und artverwandten Blutes“ als „Rassenschande“ verboten und unter Strafe gestellt.<br />
<br />
<br />
'''Konsolidierung und Kriegsvorbereitung 1936-1939'''<br />
<br />
Mit der Konsolidierung der Macht des Nationalsozialismus radikalisierte sich dessen zunächst noch recht vage Ideologie. Dies schlug sich besonders in der Verschärfung des Antisemitismus nieder. Mit der „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 fand die Gewalteskalation einen weiteren Höhepunkt. Hunderte Synagogen wurden niedergebrannt, tausende Menschen misshandelt und verschleppt, wobei etwa hundert ums Leben kamen. In der Folge wurden die Juden endgültig aus dem Wirtschaftsleben verdrängt („Arisierung“) und zur Ausreise genötigt. Bis zum Auswanderungsverbot 1941 hatten rund 300.000 der ursprünglich 500.000 jüdischen Bürger Deutschland verlassen. Ähnlichen Verfolgungen ausgesetzt war auch die Volksgruppe der Sinti und Roma („Zigeuner“).<br />
<br />
Bis 1937 wurden die vielen teils provisorischen Konzentrationslager (KZ) unter Leitung der SS in ein System fest ausgebauter KZ umgewandelt, allen voran die drei Großlager Dachau bei München, Buchenwald bei Weimar und Sachsenhausen bei Berlin. Die Konzentrationslager bildeten ein zentrales Element im „SS-Staat“ (Eugen Kogon), mit dem politisch, rassisch und sozial „minderwertige“ Menschen von der „Volksgemeinschaft“ isoliert, „umerzogen“ oder vernichtet werden sollten. Im Krieg dienten viele Lager mit ihren tausenden von Häftlingen auch der Rüstungswirtschaft. Zugleich verfolgte SS-Reichsführer Heinrich Himmler als „Chef der deutschen Polizei“ (1936) insbesondere mit der berüchtigten Geheimen Staatspolizei (Gestapo) jegliche Form von Widerspruch gegen das NS-Regime.<br />
<br />
Andererseits gelang es dem Regime weiter, sich als moderner, sozial engagierter Volksstaat zu profilieren, der bei aller bleibenden Alltagskritik von einer Bevölkerungsmehrheit getragen wurde. Schon 1934 ging die Arbeitslosenzahl (auch dank allgemeiner Konjunkturbelebung) nominell um über 50% zurück, 1938 herrschte (insbesondere wegen der Aufrüstung) praktisch Vollbeschäftigung – der „Führer“ hatte in den Augen vieler Deutscher „Wort gehalten“. Großprojekte, wie der bereits in der Weimarer Republik geplante Autobahnbau oder die Olympischen Spiele 1936 in Berlin verschafften erhebliche innen- und außenpolitische Prestigegewinne. <br />
<br />
So hatte es der Widerstand gegen das NS-Regime bis in den Krieg hinein schwer, wirkliche Unterstützung zu finden. Der aktive linke, v.a. kommunistische Widerstand musste die meisten Opfer beklagen. Auch Vertreter der protestantischen Bekennenden Kirche wie Dietrich Bonhoeffer und anderer Konfessionen ließen für ihre Überzeugung das Leben. Gruppen wie die „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl in München 1943 endeten ebenso wie der militärische Widerstand um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Carl Goerdeler und Julius Leber durch braune Henker. Nicht nur dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 durch die Gruppe um Stauffenberg blieb der Erfolg versagt, auch andere Versuche scheiterten, wie das Bombenattentat am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller durch den Einzeltäter Georg Elser.<br />
<br />
Durch die wachsende Popularität gestärkt, konnte Hitler ab Mitte der 1930er-Jahre auch an eine schrittweise Ausschaltung der alten Eliten herangehen. Über den rasanten Aufrüstungskurs, der nur noch durch spätere „Kriegsbeute“ zu finanzieren war, kam es zum Bruch mit Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, der 1937 als Wirtschaftsminister abgelöst wurde. Auch aus Diplomatie und Militär kamen warnende Stimmen. Daher wurde 1938 Außenminister Konstantin von Neurath durch den überzeugten Nationalsozialisten Joachim von Ribbentrop ersetzt und in der inszenierten „Blomberg-Fritsch-Krise“ Kriegsminister Werner von Blomberg und Heeres-Oberbefehlshaber Werner von Fritsch abgelöst. Hitler übernahm direkt die Befehlsgewalt und schuf sich mit dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unter General Wilhelm Keitel eine für ihn zuverlässige Führungsspitze. <br />
<br />
Die fortschreitende Konsolidierung der NS-Diktatur hatte eine wichtige Ursache in ihren außenpolitischen Erfolgen. Die von Hitler stets verkündete Revision der Versailler Friedensordnung von 1919 galt nahezu allen Deutschen als notwendig. Ein erster Erfolg fiel ihm im Januar 1935 mit der Abstimmung im vom Völkerbund verwalteten Saarland zu, wo sich über 90% der Bevölkerung für die „Heimkehr ins Reich“ entschieden. Zwei Monate später verkündete Hitler die Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Aufbau einer starken Wehrmacht, worauf die Großmächte nur mit Protesten reagierten. Eine Intervention blieb auch aus, als die Wehrmacht im März 1936 in das laut Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland einmarschierte. <br />
<br />
Einen enormen Popularitätsschub für das Hitler-Regime brachte der Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes an das Reich im März und September 1938. Mit dem „Großdeutschen Reich“ einschließlich Österreichs, dem 1919 ein Anschluss von den Siegermächten verboten worden war, erfüllte sich ein alter nationaler Traum der Deutschen. Die Abtretung der Sudetengebiete von der Tschechoslowakei erfolgte unter Zustimmung Großbritanniens, Frankreichs und Italiens im Münchner Abkommen vom 29. September 1938. Der Erfolg dieser Maßnahmen wurzelte auch darin, dass Hitler „etwas bis zu einem gewissen Grad Verständliches auf unrechtmäßige Weise“ (Klaus Hildebrand) tat und dabei immer seine Friedensliebe betonte. Zugleich sah man besonders in London Deutschland als ein wichtiges Bollwerk gegen die kommunistische Sowjetunion. <br />
<br />
Hatte das Dritte Reich bisher in seiner rasanten Expansionspolitik Territorien mit überwiegend deutscher Bevölkerung an sich gerissen, bildete die Zerschlagung der „Resttschechei“ und deren Umwandlung in das „Protektorat Böhmen und Mähren“ im März 1939 jedoch eindeutig einen Akt gewaltsamer Unterwerfung. Jetzt erkannte man auch in Großbritannien, dass die Appeasement- (Beschwichtigungs-) Politik von Premier Neville Chamberlain gescheitert war, der um des Friedens willen Deutschland seine vermeintlich traditionelle Revisionspolitik hatte betreiben lassen. Unmissverständlich machte der Westen Hitler nunmehr klar, dass jeder weitere Überfall auf einen Nachbarn Krieg zur Folge haben werde. Untermauert wurde dies durch eine englisch-französische Garantieerklärung für Polen. <br />
<br />
<br />
'''Zweiter Weltkrieg 1939-1945'''<br />
<br />
Damit war der gezielte Kriegskurs des Dritten Reiches freilich nicht mehr zu stoppen. Schon am 3. Februar 1933 hatte Hitler gegenüber führenden Generälen die „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“ als Ziel seiner Außenpolitik genannt. Auch die von ihm insgeheim angestrebte Weltherrschaft und Vernichtung der Juden waren nur durch Krieg realisierbar. Hierzu hatte Hitler 1936/37 Italien und Japan („Achse Berlin-Rom-Tokio“) als wichtigste Verbündete gewinnen können.<br />
<br />
Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Er gilt als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte mit bis zu 60 Millionen Todesopfern. Den Rücken im Osten hatte sich Deutschland zunächst durch den spektakulären „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 freigehalten, in dem die Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion in einem geheimen Zusatzprotokoll festgelegt wurde. Trotz formeller Kriegserklärung griffen Großbritannien und Frankreich praktisch nicht ein und schon am 28. September musste Polen kapitulieren. Der Besetzung Dänemarks und Norwegens im Frühjahr 1940 folgte der „Westfeldzug“ vom 10. Mai bis 22. Juni 1940, der mit der Kapitulation Frankreichs endete. Die Siege der „Blitzkrieg“-Phase führten Hitler auf den Höhepunkt seiner Popularität in Deutschland („Größter Feldherr aller Zeiten“) und trugen der Wehrmacht den Ruf der Unbesiegbarkeit ein. <br />
<br />
Allerdings gelang es anschließend nicht, Großbritannien in der erbitterten „Luftschlacht um England“ („Battle of Britain“) in die Knie zu zwingen. Auch musste Deutschland seinem Bündnispartner Italien in Nordafrika und auf dem Balkan zu Hilfe eilen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 („Fall Barbarossa“) begann der rassistische Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Osten. Trotz großer Anfangserfolge bekam die Wehrmacht in den Weiten Russlands bald Probleme. Deutlich zeichnete sich die Kriegswende spätestens nach der Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/43 ab, als die 6. Armee unter General Friedrich Paulus vernichtet wurde. Auch der von Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner Berliner Sportpalastrede ausgerufene „totale Krieg“ oder die U-Boot-Waffe konnten die strategische Unterlegenheit der „Achsenmächte“ nicht mehr kompensieren. Zudem befand sich Deutschland seit dem japanischen Angriff auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor im Dezember 1941 auch im Krieg mit den USA. <br />
<br />
Die Alliierten USA, Großbritannien und Sowjetunion eroberten, beschleunigt durch die Eröffnung der „zweiten Front“ in Frankreich am 6. Juni 1944, die deutsche „Festung Europa“. Rund 600.000 Deutsche verloren, nachdem die deutsche Luftwaffe zuvor rücksichtslos gegnerische Städte bombardiert hatte, bei den seit 1943 massiv verstärkten angloamerikanischen Luftangriffen ihr Leben. Symbolisch hierfür steht das barocke „Elbflorenz“ Dresden, das vom 13. bis 15. Februar 1945 in Schutt und Asche versank. Bemühungen, die aus der Luft gefährdete Rüstung untertage aufrecht zu erhalten, kosteten hunderttausenden Zwangsarbeitern und Häftlingen das Leben. Am bekanntesten ist die Verlagerung der V2-Raketenproduktion von Peenemünde auf der Insel Usedom in Stollen bei Nordhausen mit dem eigens hierfür errichteten KZ Mittelbau-Dora 1943/45. Mit „Wunderwaffen“ wie der V2 („Vergeltungswaffe“) sollte der Glaube an den „Endsieg“ aufrechterhalten werden. <br />
<br />
Alle verzweifelten Mobilisierungsversuche schoben die Niederlage aber nur um einen hohen Preis hinaus, zumal die Intensität des Krieges noch einmal dramatisch zunahm. Mehr als die Hälfte der 3,2 Millionen gefallenen deutschen Soldaten etwa verlor in den letzten zehn Kriegsmonaten ihr Leben. Begleitet war die Schlussphase des NS-Regimes auch von schweren Ausschreitungen vor allem der Sowjetarmee gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Die Flucht und Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa setzte sich über das Kriegsende hinaus unter Akzeptanz der Alliierten ebenfalls mit teils erheblicher Brutalität fort. Bis zu zwei Millionen Deutsche verloren hierbei ihr Leben. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht bedingungslos, Hitler hatte bereits am 30. April im Bunker der Berliner Reichskanzlei Selbstmord begangen.<br />
<br />
Der Weltkrieg brachte auch einen letzten Radikalisierungsschub bei der Umsetzung der ideologischen Ziele des Dritten Reiches. Ein beispielloses Verbrechen stellt der Holocaust bzw. die Shoa dar, die systematische Vernichtung der europäischen Juden. Nach verschiedenen Überlegungen, u.a. einer gigantischen Umsiedlungsaktion nach Madagaskar, beauftragte Hermann Göring am 31. Juli 1941 SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich mit der „Endlösung der Judenfrage“. Auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 wurde die Umsetzung zwischen SS und beteiligten Reichsbehörden abgestimmt. In Ghettos, bei Erschießungsaktionen und der industriellen Vernichtung in den Konzentrationslagern des Ostens (Auschwitz, Belzec, Chelmno, Sobibor, Treblinka) kamen rund sechs Millionen Juden ums Leben. Dieses Schicksal teilten rund 200.000 Sinti und Roma.<br />
<br />
Millionen Menschen besonders in Polen und der Sowjetunion, die die Nationalsozialisten als slawische „Untermenschen“ ansahen, fielen ebenfalls der Besatzungsherrschaft zum Opfer. Auf bis zu 14 Millionen wird letztlich die Gesamtzahl der Toten außerhalb von Kampfhandlungen im deutschen Machtbereich geschätzt, darunter auch 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene. In Polen hatte man schon 1939 gezielt die Eliten des Landes auszulöschen versucht. Zunächst im polnischen „Generalgouvernement“, dann in den eroberten Gebieten der Sowjetunion sollte ein landwirtschaftlich geprägtes Kolonialreich entstehen. Dort hatten die überlebenden Einwohner als Arbeitskräfte den deutschen „Herrenmenschen“ zu dienen. Der „Rassenhygiene“ am deutschen „Volkskörper“ fielen rund 150.000 behinderte Menschen und andere „Ballastexistenzen“ zum Opfer (Euthanasie), zugleich wurden ca. 350.000 Menschen wegen Erbkrankheiten sterilisiert. Tausende Deutsche zahlten für ihre kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime, für „Wehrkraftzersetzung“ oder Hören von „Feindsendern“ mit dem Leben. <br />
<br />
<br />
'''Forschung und Erinnerungskultur''' <br />
<br />
Das Dritte Reich bildet die heute wohl am besten erforschte Epoche der deutschen Geschichte. Dabei spielte zunächst das unmittelbare Entsetzen über den „Irrweg einer Nation“ (Alexander Abusch), über „Die deutsche Katastrophe“ (Friedrich Meinecke) eine zentrale Rolle. Man suchte nach den historischen Wurzeln des Nationalsozialismus und konstruierte einen teils weit zurückreichenden „deutschen Sonderweg“, der vom westlich-demokratischen Normalfall abgewichen sei. Spuren für die Vorgeschichte von NS-Diktatur und Holocaust sah man bis hin zum Preußen Friedrichs des Großen oder judenfeindlichen Äußerungen des Reformators Martin Luther. Diese Sicht hat sich allerdings als „wenig substanziell“ (Ulrich Herbert) erwiesen. <br />
Die marxistische Theorie definierte „Faschismus“ als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Georgi Dimitroff). Westliche Historiker betonten den Charakter des Dritten Reiches als moderne totalitäre Diktatur. Ähnlich wie die Sowjetunion als „linkes Gegenstück“ erfüllte es Kriterien wie eine durch Personenkult überhöhte autoritäre Führerpersönlichkeit, Machtmittel wie terroristische Geheimpolizei, Nachrichtenmonopol und Einparteienstaat, eine absolute Geltung beanspruchende Ideologie, totale Erfassung der Bevölkerung, bis zum Massenmord reichende Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen.<br />
<br />
Allerdings ist das Totalitarismus-Modell (Carl J. Friedrich, Hannah Arendt) nicht unumstritten geblieben. So bringt es die dynamischen Wandlungen der NS-Diktatur von der „Machtergreifung“ bis hin zur Radikalisierung im Zweiten Weltkrieg nicht deutlich genug zum Ausdruck. Zugleich hat man zeigen können, dass das Dritte Reich in Ideologie und Machtausübung keineswegs einen homogenen Block darstellte. Mit dem Begriff der „Polykratie“ wurde auf die vielen konkurrierenden Machtgruppen im NS-Staat hingewiesen, der letztlich nur im „Führer“ eine unumstrittene Spitze besaß. <br />
<br />
Norbert Frei hat dieses vom „Führer“-Mythos überwölbte Herrschaftssystem mit dem Begriff „Führerstaat“ gekennzeichnet. Dennoch wird nicht nur in den großen Biographien (Joachim C. Fest, Allan Bullock, Ian Kershaw, Peter Longerich) die zweifellos wichtige Rolle Hitlers unterschiedlich bewertet. Auch die Kombination aus „Verführung und Gewalt“ (Hans-Ulrich Thamer), die massenpsychologischen und sozialpolitischen Angebote der „nationalen Volksgemeinschaft“ sind als wichtige Herrschaftselemente einer modernen „Konsensdikatur“ betont worden. Einigkeit besteht bei allen seriösen Forschungsrichtungen über den Unrechtscharakter des Dritten Reichen mit seinen singulären Verbrechen, die in Weltkrieg und Völkermord gipfelten.<br />
<br />
Unter den zahlreichen Gedenkorten und Museen zur Geschichte des Dritten Reiches ragen einige heraus. Den Opfern gewidmet sind große Gedenkstätten wie in den ehemaligen Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, aber auch in vielen kleineren Lagern, Gefängnissen, Euthanasie-Anstalten usw. Das gilt auch für Stätten des Widerstandes, wie den Bendlerblock in Berlin, wo die Hitler-Attentäter um Stauffenberg erschossen wurden und heute die zentrale „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ angesiedelt ist. Den Tätern widmet sich der Erinnerungsort „Topographie des Terrors“ in der ehemaligen Zentrale von Gestapo, SS und Reichs¬sicherheits¬hauptamt in Berlin. Die Verstrickung von Wirtschaft und Gesellschaft in die NS-Verbrechen wird u.a. im Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt plastisch sichtbar, wo man die Krematorien für Auschwitz und andere KZ gebaut hatte. Nicht zuletzt mit dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin hat sich die Bundesrepublik Deutschland klar zu ihrer historischen Verantwortung bekannt. <br />
<br />
Schwierig gestaltet sich bisweilen der Umgang mit „sperrigen“ Erinnerungsorten vom riesigen KdF-Erholungsheim Prora auf Rügen über das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und Weimarer „Gauforum“ bis hin zu „Hitlers Sommerresidenz“ auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Aber auch hier konnte in vielen Fällen neben pragmatischen Lösungen eine erinnerungskulturelle Aufarbeitung erreicht werden. Das Thema wird schließlich vom Deutschen Historischen Museum in Berlin bis hin zu vielen regionalen Geschichts- und Spezialmuseen dargestellt, findet in der politischen Bildung und in den Medien breiten Widerhall. <br />
<br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Das Dritte Reich''' (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen). Erfurt 2017.<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus|Thüringen im Nationalsozialismus]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Datei:DrittesReich.17.jpg&diff=35276Datei:DrittesReich.17.jpg2017-06-23T11:32:29Z<p>SteffenRassloff: Schützte „Datei:DrittesReich.17.jpg“ ([edit=sysop] (unbeschränkt) [move=sysop] (unbeschränkt))</p>
<hr />
<div></div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Das_Dritte_Reich&diff=35275Das Dritte Reich2017-06-23T09:46:06Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Das Dritte Reich =<br />
<br />
'''1933 errichteten die Nationalsozialisten auf den Trümmern der Weimarer Republik eine Diktatur der „Verführung und Gewalt“. Die Verbrechen des Dritte Reiches gipfelten im Zweiten Weltkrieg und dem Mord an Millionen politisch und rassisch verfolgter Menschen.''' <br />
<br />
<br />
'''Aufstieg des Nationalsozialismus bis 1933'''<br />
<br />
[[Datei:DrittesReich.17.jpg|300px|right]]Das Dritte Reich stellt einen Höhepunkt im „Zeitalter der Extreme“ dar, wie der Historiker Eric Hobsbawm das 20. Jahrhundert genannt hat. Am Beginn dieses Jahrhunderts der Kriege, Bürgerkriege und Diktaturen stand der Erste Weltkrieg 1914-1918. In jener „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) wurzeln viele der weiteren historischen Entwicklungen. Das „alte Europa“ ging in den Verheerungen des modernen Massenkrieges unter. Die dem Verlierer Deutschland und seinen Verbündeten diktierten Pariser Friedensverträge 1919 mit Gebietsabtretungen, Verlust der Kolonien, Reparationsforderungen, Entmilitarisierung usw. trugen bereits die Keime eines neuen Revanchekrieges in sich. Für das Deutsche Kaiserreich, vor 1914 eine prosperierende Industrienation mit Weltmachtanspruch, war die „Fallhöhe“ besonders groß. <br />
<br />
Die Demokratien, die zunächst im Nachkriegseuropa dominierten, wurden von linken und rechten Extremismen bedrängt. Deren totalitäre Ideologien (Kommunismus bzw. Bolschewismus, Faschismus bzw. Nationalsozialismus) sollten die Krise der kapitalistischen Massengesellschaft und des „liberalen Systems“ überwinden. Jene angestrebte „Versöhnung mit der Moderne“ (Gunther Mai) war in bislang unbekanntem Maße mit Gewalt verbunden. Seit der russischen Oktoberrevolution der Bolschewiki unter Führung Waldimir Iljitsch Lenins 1917 existierte erstmals eine kommunistische Diktatur, seit der Machtübernahme der „Schwarzhemden“ Benito Mussolinis in Italien 1922 ein faschistisches Regime. Ab 1926 entstanden in den meisten Ländern Süd-, Mittel- und Osteuropas rechtsdiktatorische Staatswesen, während sich die Demokratien West- und Nordeuropas behaupten konnten. <br />
<br />
In Deutschland hatte das Kriegsende 1918 auch das Ende der Monarchie gebracht. Am 9. November 1918 wurde in Berlin die Republik ausgerufen, wurde aus dem Kaiserreich der Hohenzollern die Weimarer Republik. Die extreme Rechte lehnte die neue Demokratie, getragen von gemäßigter Arbeiterbewegung und liberalem Bürgertum, hasserfüllt ab. Sie hielt an dem im Krieg radikalisierten Nationalismus fest, wobei die Niederlage des Heeres durch den „Dolchstoß“ aus der von Linken, Demokraten und Juden unterwanderten Heimatfront erklärt wurde. Die Exponenten der Republik wurden als „Novemberverbrecher“ verfemt und bis hin zu politischen Morden verfolgt, etwa an Finanzminister Matthias Erzberger (1921) und Außenminister Walther Rathenau (1922).<br />
<br />
Zur stärksten Kraft im anfangs breit gefächerten Spektrum der Rechten wurde die 1919 in München gegründete Deutsche Arbeiterpartei, 1920 umbenannt in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). 1921 konnte sich der Weltkriegsgefreite Adolf Hitler (1889-1945) als „Führer“ mit diktatorischer Machtfülle an deren Spitze stellen. Der Österreicher Hitler stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Geboren in Braunau am Inn als Sohn eines Zollbeamten, hatte er sich vor dem Ersten Weltkrieg vergeblich an der Kunstakademie in Wien beworben. Er lebte zeitweise im Obdachlosenheim und schlug sich mit dem Malen von Postkarten durch. Das deutschnational-antisemitische Milieu der Hauptstadt des habsburgischen Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn prägte den jungen Mann. 1913 nach München umgezogen, meldete sich Hitler bei Kriegsbeginn freiwillig ins deutsche Heer. Nach der Niederlage 1918 begann in München der Aufstieg in der rechtsextremen Szene, der sich vor allem seinem rednerischen Talent und populistischen Gespür verdankte. <br />
<br />
Die NS-Ideologie griff gängige Ideen der völkischen Szene seit dem späten 19. Jahrhundert auf. Sie flossen in Hitlers „Weltbild“ zusammen, das schon in seiner Schrift „Mein Kampf“ (1925/27) in den Grundzügen formuliert wurde. Zentrale Elemente waren die Utopie einer rassisch einheitlichen „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Weltgeschichte als ständiger Kampf der Rassen bei Überlegenheit der arischen, nordisch-germanischen Rasse, rassischer Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages hinaus sollte sich das deutsche „Volk ohne Raum“ (Hans Grimm) neue Siedlungsgebiete im Osten erkämpfen. Hinzu kam die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung mit Antimarxismus bzw. Antibolschewismus sowie ein entschiedener Antiparlamentarismus. All dies waren keine eigenständigen Ideen Hitlers und der Nationalsozialisten, die ihre diffuse Ideologie nicht in ein schlüssiges Denkgebäude fassten. Auch der Begriff vom erstrebten tausendjährigen „Dritten Reich“ nach altem Kaiserreich und Bismarcks Reich von 1871 entstammte einem Buchtitel Arthur Moeller van den Brucks, Vordenker der „konservativen Revolution“.<br />
<br />
Die politische und wirtschaftlich-soziale Krise der Nachkriegszeit, gipfelnd in rechten und linken Putschversuchen sowie der Hochinflation vom Herbst 1923, bescherte der NSDAP beachtliche Anfangserfolge. Der gescheiterte Münchner „Hitler-Putsch“ vom 9. November 1923 führte dann allerdings zu einem Rückschlag. Zudem folgte eine mehrjährige Erholungsphase 1924-1929, die „Goldenen Zwanziger“. Sie schien die Republik unter dem prägenden Einfluss des Kanzlers und Außenministers Gustav Stresemann zu festigen. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die NSDAP nur 2,6% der Stimmen. Allerdings konnte sich die demokratische Staatsform nicht nachhaltig etablieren. Das sozialistische Lager der Arbeiterparteien und das bürgerlich-nationale Lager mit fester Verankerung in den jeweiligen Milieus standen sich unversöhnlich gegenüber. Zugleich setzte eine Erosion der Parteienlandschaft mit vielen neuen Interessen- und Splitterparteien ein, die das Regieren auf nationaler und regionaler Ebene immer schwieriger machten. <br />
<br />
Der Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei erfolgte mit Beginn der in den USA ausgelösten Weltwirtschaftskrise Ende 1929. Schon im September 1930 war die Partei mit 18,3% die zweitstärkste Fraktion im Reichstag nach der SPD. Auf dem Höhepunkt der Krise mit sechs Millionen Arbeitslosen und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen wurde sie im Juli 1932 mit 37,4% zur mit Abstand stärksten Partei. Schon 1932 konnte sie die Landesregierungen in Anhalt, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Thüringen übernehmen. Die junge, dynamische Massenpartei mit ihren modernen Propaganda- und Wahlkampfmethoden hatte eine Volksbewegung entfesselt, für die sie als „letzte Rettung“ und Hitler als „nationaler Messias“ erschien. In einer tief ausgeprägten Krisenstimmung der industriell-urbanen Moderne traten große Bevölkerungsteile, insbesondere der bürgerliche Mittelstand, eine förmliche Flucht in die „nationale Volksgemeinschaft“ des charismatischen „Führers“ an.<br />
<br />
'''Aufbau und Formierung der NS-Diktatur 1933-1935'''<br />
<br />
Nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg bereits seit 1930 „halbdemokratische“ Präsidialregierungen auf Grundlage des Notverordnungsrechtes der Weimarer Verfassung (Artikel 48) berufen hatte, erfolgte am 30. Januar 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Konservative Kreise um den Ex-Kanzler Franz von Papen hatten Hindenburg zu diesem Schritt veranlasst. Es war ihr Ziel, die Nationalsozialisten in der Regierungsverantwortung zu „verschleißen“ sowie sie durch starke konservative Kräfte „einzurahmen“. Tatsächlich gehörten zur neuen Regierung der „nationalen Konzentration“ neben Hitler mit Innenminister Wilhelm Frick und dem späteren „Reichsmarschall“ Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich nur zwei weitere Nationalsozialisten. Einigkeit bestand in der Frontstellung gegen die politische Linke und den Parlamentarismus, die die alten Eliten mit Hilfe der rechten Massenbewegung zu verdrängen hofften. „Wir haben ihn uns engagiert“, so tönte Vizekanzler Papen. „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“ <br />
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass Papens „Zähmungskonzept“ nicht aufging. Vielmehr bildete der 30. Januar 1933 den Beginn der „Machtergreifung“ Hitlers und der NSDAP. Für die sofort verkündeten Reichstagswahlen am 5. März 1933 lief nunmehr mit staatlicher Unterstützung die Wahlkampfmaschinerie der NSDAP erneut an. Der politische Gegner auf der Linken, vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wurde unterdrückt und benachteiligt.<br />
<br />
Einen entscheidenden Schritt hin zur NS-Diktatur bildete die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933. Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin, der den Kommunisten angelastet wurde, setzte jene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ alle Grundrechte (persönliche Freiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis usw.) außer Kraft. Politische Gegner konnten fortan ohne Gerichtsbeschluss in „Schutzhaft“ genommen werden, wovon tausendfach Gebrauch gemacht wurde. Ohne die Verfassung der Weimarer Republik formal aufzuheben, bot die „Verfassungsurkunde“ des Dritten Reiches (Ernst Fraenkel) die juristische Grundlage der NS-Gewaltherrschaft. <br />
<br />
Trotz einer absoluten Mehrheit von NSDAP und Konservativen von 51,9% bei den Reichstagswahlen strebte Hitler nunmehr auch die Ausschaltung des parlamentarischen „Weimarer Systems“ an. Das am 24. März 1933 vom Reichstag mit den Stimmen der NSDAP und der Bürgerparteien verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“ übertrug der Regierung die Gesetzgebungskompetenz. Im Juni wurde die SPD verboten (die KPD war seit Februar in den Untergrund abgedrängt), die übrigen Parteien lösten sich resigniert selbst auf. Am 14. Juli 1933 wurde per Gesetz der Einparteienstaat der NSDAP festgeschrieben.<br />
<br />
Neben den Parteien galt es die großen unabhängigen Interessenvertretungen auszuschalten. Hierbei praktizierte die NSDAP eine erfolgreiche Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik. So wurde der 1. Mai 1933 zum Feiertag erhoben und damit ein altes Ziel der sozialistischen Arbeiterbewegung erfüllt. Schon am Tag darauf erfolgte die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. Als neue Zwangsvereinigung diente fortan die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Sie vermittelte mit ihrem sozial- und kulturpolitischen Angebot bis hin zu KdF- („Kraft durch Freude“-) Kreuzfahrten dem „kleinen Mann“ das Gefühl, die Vision einer gerechten „Volksgemeinschaft“ sei ernst gemeint. <br />
<br />
Das Regime ging in jener Formierungsphase daran, seine Machtstellung auszubauen. Parteieinrichtungen und neue parteinahe Institutionen traten neben die traditionellen Staats- und Gesellschaftsstrukturen, die mit Nationalsozialisten durchsetzt wurden. Dies sorgte in vielen Bereichen für Kompetenzgerangel und Reibungsverluste, ohne die NS-Herrschaft zu gefährden. Die großen Massenorganisationen der NSDAP spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Jene „Gliederungen“ und „angeschlossenen Verbände“ erfassten über SA und SS hinaus als ideologische „Transmissionsriemen“ die Menschen vieler Berufe, Interessenlagen und Altersgruppen (Hitlerjugend, NS-Studentenbund, NS-Lehrerbund, NS-Ärztebund, NS-Beamtenbund, NS-Kraftfahr-Korps usw.). <br />
<br />
Seit März 1933 erfolgte auch die schrittweise „Gleichschaltung“ der Länder. Mit dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ vom 30. Januar 1934 wurden sie zu reinen Verwaltungseinheiten zurückgestuft. Damit kam den Gauen der NSDAP und ihren Gauleitern wachsendes Gewicht zu. Jene „Vizekönige“ Hitlers konnten sich je nach politisch-administrativen Rahmenbedingungen und persönlicher Durchsetzungskraft eine beachtliche Machtstellung aufbauen. Der Thüringer Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel etwa profilierte sich zu Hitlers „Muster-Gauleiter“. In Weimar entstand mit dem gigantischen „Gauforum“ (Weimarplatz) eine NS-Machtzentrale, nach deren Vorbild alle deutschen Gauhauptstädte hätten umgebaut werden sollen. Sauckel zeichnete auch für den Zwangsarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Der 1942 ernannte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (GBA) wurde als „Hitlers Sklavenhalter“ 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
<br />
Eine weitere wichtige Zäsur für die Stabilisierung des Dritten Reiches bildete der „Röhm-Putsch“ 1934, als die gesamte Führung der SA (Sturmabteilung) um Stabschef Ernst Röhm ermordet wurde. Die SA war 1921 in der „Kampfzeit“ der „Bewegung“ als Saalschutz gegründet und zum paramilitärischen Wehrverband der NSDAP ausgebaut worden. Aus den Kreisen der „Braunhemden“ wurde jetzt der Ruf nach einer weitergehenden sozialen Revolution laut, Röhm strebte in Konfrontation zur Reichswehr die Umwandlung der SA in eine Volksmiliz an. Die Mordaktion am 30. Juni 1934 entmachtete den letzten ernsthaften Konkurrenten Hitlers, die Reichswehr blieb „Waffenträger der Nation“. Die 1925 gegründete SS (Schutzstaffel) rückte unter ihrem Reichsführer Heinrich Himmler als „schwarzer Orden“ zur Elite des Dritten Reiches auf. Mit dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 und der Proklamation Hitlers zum „Führer und Reichskanzler“ sowie der Vereidigung der Reichswehr auf seine Person war die Führerdiktatur weitgehend vollendet. <br />
<br />
Diese auf den „Führer“ zugeschnittene Diktatur wurde durch einen vor allem von Joseph Goebbels‘ Propagandaministerium verbreiteten Hitlermythos gestützt. Immer perfekter steuerte Goebbels durch Propagandakampagnen, Informationsmonopol, staatliche Kulturlenkung und theatralische Massenveranstaltungen wie die Nürnberger Reichsparteitage die öffentliche Meinung. Der absolute Kontroll- und Lenkungsanspruch kam besonders in den jungen Medien Rundfunk und Film zum Ausdruck. Stets wurde die neue nationale Volksgemeinschaft beschworen, aber auch der Anschein einer Versöhnung der jungen NS-Bewegung mit dem alten preußisch-konservativen Deutschland suggeriert. Hierfür steht der minutiös geplante „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, der Zusammenkunft des neuen Reichstags in der Potsdamer Garnisonkirche, mit der symbolischen Verneigung Hitlers vor dem kaiserlichen Generalfeldmarschall und Weltkriegs-Helden Hindenburg.<br />
<br />
Von Beginn an schlug sich aber auch die aggressive NS-Rassenideologie, insbesondere der Antisemitismus, in der Politik des Dritten Reiches deutlich nieder. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten unterschied sich von der traditionellen, eher religiös-kulturellen Judenfeindschaft durch seine starke Bezogenheit auf die Rasse, auf das „Blut“. Hitler sah in den Juden ein „parasitäres“ Volk, das auf Kosten seiner „Wirtsvölker“, besonders der Deutschen lebe und gar in Form des „jüdischen Bolschewismus“ die Weltherrschaft anstrebe. Daher müsse dieser „Bazillus“ ausgemerzt werden. Erste Maßnahmen waren der Boykott jüdischer Geschäfte vom 1. April 1933, das Herausdrängen der Juden aus dem öffentlichen Dienst und weitere alltagsweltliche Diskriminierungen. Mit den „Nürnberger Gesetzen“ vom September 1935 wurden Juden zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert, Eheschließungen und sexuelle Beziehungen mit Bürgern „deutschen und artverwandten Blutes“ als „Rassenschande“ verboten und unter Strafe gestellt.<br />
<br />
'''Konsolidierung und Kriegsvorbereitung 1936-1939'''<br />
<br />
Mit der Konsolidierung der Macht des Nationalsozialismus radikalisierte sich dessen zunächst noch recht vage Ideologie. Dies schlug sich besonders in der Verschärfung des Antisemitismus nieder. Mit der „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 fand die Gewalteskalation einen weiteren Höhepunkt. Hunderte Synagogen wurden niedergebrannt, tausende Menschen misshandelt und verschleppt, wobei etwa hundert ums Leben kamen. In der Folge wurden die Juden endgültig aus dem Wirtschaftsleben verdrängt („Arisierung“) und zur Ausreise genötigt. Bis zum Auswanderungsverbot 1941 hatten rund 300.000 der ursprünglich 500.000 jüdischen Bürger Deutschland verlassen. Ähnlichen Verfolgungen ausgesetzt war auch die Volksgruppe der Sinti und Roma („Zigeuner“).<br />
<br />
Bis 1937 wurden die vielen teils provisorischen Konzentrationslager (KZ) unter Leitung der SS in ein System fest ausgebauter KZ umgewandelt, allen voran die drei Großlager Dachau bei München, Buchenwald bei Weimar und Sachsenhausen bei Berlin. Die Konzentrationslager bildeten ein zentrales Element im „SS-Staat“ (Eugen Kogon), mit dem politisch, rassisch und sozial „minderwertige“ Menschen von der „Volksgemeinschaft“ isoliert, „umerzogen“ oder vernichtet werden sollten. Im Krieg dienten viele Lager mit ihren tausenden von Häftlingen auch der Rüstungswirtschaft. Zugleich verfolgte SS-Reichsführer Heinrich Himmler als „Chef der deutschen Polizei“ (1936) insbesondere mit der berüchtigten Geheimen Staatspolizei (Gestapo) jegliche Form von Widerspruch gegen das NS-Regime.<br />
<br />
Andererseits gelang es dem Regime weiter, sich als moderner, sozial engagierter Volksstaat zu profilieren, der bei aller bleibenden Alltagskritik von einer Bevölkerungsmehrheit getragen wurde. Schon 1934 ging die Arbeitslosenzahl (auch dank allgemeiner Konjunkturbelebung) nominell um über 50% zurück, 1938 herrschte (insbesondere wegen der Aufrüstung) praktisch Vollbeschäftigung – der „Führer“ hatte in den Augen vieler Deutscher „Wort gehalten“. Großprojekte, wie der bereits in der Weimarer Republik geplante Autobahnbau oder die Olympischen Spiele 1936 in Berlin verschafften erhebliche innen- und außenpolitische Prestigegewinne. <br />
<br />
So hatte es der Widerstand gegen das NS-Regime bis in den Krieg hinein schwer, wirkliche Unterstützung zu finden. Der aktive linke, v.a. kommunistische Widerstand musste die meisten Opfer beklagen. Auch Vertreter der protestantischen Bekennenden Kirche wie Dietrich Bonhoeffer und anderer Konfessionen ließen für ihre Überzeugung das Leben. Gruppen wie die „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl in München 1943 endeten ebenso wie der militärische Widerstand um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Carl Goerdeler und Julius Leber durch braune Henker. Nicht nur dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 durch die Gruppe um Stauffenberg blieb der Erfolg versagt, auch andere Versuche scheiterten, wie das Bombenattentat am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller durch den Einzeltäter Georg Elser.<br />
<br />
Durch die wachsende Popularität gestärkt, konnte Hitler ab Mitte der 1930er-Jahre auch an eine schrittweise Ausschaltung der alten Eliten herangehen. Über den rasanten Aufrüstungskurs, der nur noch durch spätere „Kriegsbeute“ zu finanzieren war, kam es zum Bruch mit Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, der 1937 als Wirtschaftsminister abgelöst wurde. Auch aus Diplomatie und Militär kamen warnende Stimmen. Daher wurde 1938 Außenminister Konstantin von Neurath durch den überzeugten Nationalsozialisten Joachim von Ribbentrop ersetzt und in der inszenierten „Blomberg-Fritsch-Krise“ Kriegsminister Werner von Blomberg und Heeres-Oberbefehlshaber Werner von Fritsch abgelöst. Hitler übernahm direkt die Befehlsgewalt und schuf sich mit dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unter General Wilhelm Keitel eine für ihn zuverlässige Führungsspitze. <br />
<br />
Die fortschreitende Konsolidierung der NS-Diktatur hatte eine wichtige Ursache in ihren außenpolitischen Erfolgen. Die von Hitler stets verkündete Revision der Versailler Friedensordnung von 1919 galt nahezu allen Deutschen als notwendig. Ein erster Erfolg fiel ihm im Januar 1935 mit der Abstimmung im vom Völkerbund verwalteten Saarland zu, wo sich über 90% der Bevölkerung für die „Heimkehr ins Reich“ entschieden. Zwei Monate später verkündete Hitler die Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Aufbau einer starken Wehrmacht, worauf die Großmächte nur mit Protesten reagierten. Eine Intervention blieb auch aus, als die Wehrmacht im März 1936 in das laut Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland einmarschierte. <br />
<br />
Einen enormen Popularitätsschub für das Hitler-Regime brachte der Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes an das Reich im März und September 1938. Mit dem „Großdeutschen Reich“ einschließlich Österreichs, dem 1919 ein Anschluss von den Siegermächten verboten worden war, erfüllte sich ein alter nationaler Traum der Deutschen. Die Abtretung der Sudetengebiete von der Tschechoslowakei erfolgte unter Zustimmung Großbritanniens, Frankreichs und Italiens im Münchner Abkommen vom 29. September 1938. Der Erfolg dieser Maßnahmen wurzelte auch darin, dass Hitler „etwas bis zu einem gewissen Grad Verständliches auf unrechtmäßige Weise“ (Klaus Hildebrand) tat und dabei immer seine Friedensliebe betonte. Zugleich sah man besonders in London Deutschland als ein wichtiges Bollwerk gegen die kommunistische Sowjetunion. <br />
<br />
Hatte das Dritte Reich bisher in seiner rasanten Expansionspolitik Territorien mit überwiegend deutscher Bevölkerung an sich gerissen, bildete die Zerschlagung der „Resttschechei“ und deren Umwandlung in das „Protektorat Böhmen und Mähren“ im März 1939 jedoch eindeutig einen Akt gewaltsamer Unterwerfung. Jetzt erkannte man auch in Großbritannien, dass die Appeasement- (Beschwichtigungs-) Politik von Premier Neville Chamberlain gescheitert war, der um des Friedens willen Deutschland seine vermeintlich traditionelle Revisionspolitik hatte betreiben lassen. Unmissverständlich machte der Westen Hitler nunmehr klar, dass jeder weitere Überfall auf einen Nachbarn Krieg zur Folge haben werde. Untermauert wurde dies durch eine englisch-französische Garantieerklärung für Polen. <br />
<br />
'''Zweiter Weltkrieg 1939-1945'''<br />
<br />
Damit war der gezielte Kriegskurs des Dritten Reiches freilich nicht mehr zu stoppen. Schon am 3. Februar 1933 hatte Hitler gegenüber führenden Generälen die „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“ als Ziel seiner Außenpolitik genannt. Auch die von ihm insgeheim angestrebte Weltherrschaft und Vernichtung der Juden waren nur durch Krieg realisierbar. Hierzu hatte Hitler 1936/37 Italien und Japan („Achse Berlin-Rom-Tokio“) als wichtigste Verbündete gewinnen können.<br />
<br />
Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Er gilt als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte mit bis zu 60 Millionen Todesopfern. Den Rücken im Osten hatte sich Deutschland zunächst durch den spektakulären „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 freigehalten, in dem die Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion in einem geheimen Zusatzprotokoll festgelegt wurde. Trotz formeller Kriegserklärung griffen Großbritannien und Frankreich praktisch nicht ein und schon am 28. September musste Polen kapitulieren. Der Besetzung Dänemarks und Norwegens im Frühjahr 1940 folgte der „Westfeldzug“ vom 10. Mai bis 22. Juni 1940, der mit der Kapitulation Frankreichs endete. Die Siege der „Blitzkrieg“-Phase führten Hitler auf den Höhepunkt seiner Popularität in Deutschland („Größter Feldherr aller Zeiten“) und trugen der Wehrmacht den Ruf der Unbesiegbarkeit ein. <br />
<br />
Allerdings gelang es anschließend nicht, Großbritannien in der erbitterten „Luftschlacht um England“ („Battle of Britain“) in die Knie zu zwingen. Auch musste Deutschland seinem Bündnispartner Italien in Nordafrika und auf dem Balkan zu Hilfe eilen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 („Fall Barbarossa“) begann der rassistische Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Osten. Trotz großer Anfangserfolge bekam die Wehrmacht in den Weiten Russlands bald Probleme. Deutlich zeichnete sich die Kriegswende spätestens nach der Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/43 ab, als die 6. Armee unter General Friedrich Paulus vernichtet wurde. Auch der von Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner Berliner Sportpalastrede ausgerufene „totale Krieg“ oder die U-Boot-Waffe konnten die strategische Unterlegenheit der „Achsenmächte“ nicht mehr kompensieren. Zudem befand sich Deutschland seit dem japanischen Angriff auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor im Dezember 1941 auch im Krieg mit den USA. <br />
<br />
Die Alliierten USA, Großbritannien und Sowjetunion eroberten, beschleunigt durch die Eröffnung der „zweiten Front“ in Frankreich am 6. Juni 1944, die deutsche „Festung Europa“. Rund 600.000 Deutsche verloren, nachdem die deutsche Luftwaffe zuvor rücksichtslos gegnerische Städte bombardiert hatte, bei den seit 1943 massiv verstärkten angloamerikanischen Luftangriffen ihr Leben. Symbolisch hierfür steht das barocke „Elbflorenz“ Dresden, das vom 13. bis 15. Februar 1945 in Schutt und Asche versank. Bemühungen, die aus der Luft gefährdete Rüstung untertage aufrecht zu erhalten, kosteten hunderttausenden Zwangsarbeitern und Häftlingen das Leben. Am bekanntesten ist die Verlagerung der V2-Raketenproduktion von Peenemünde auf der Insel Usedom in Stollen bei Nordhausen mit dem eigens hierfür errichteten KZ Mittelbau-Dora 1943/45. Mit „Wunderwaffen“ wie der V2 („Vergeltungswaffe“) sollte der Glaube an den „Endsieg“ aufrechterhalten werden. <br />
<br />
Alle verzweifelten Mobilisierungsversuche schoben die Niederlage aber nur um einen hohen Preis hinaus, zumal die Intensität des Krieges noch einmal dramatisch zunahm. Mehr als die Hälfte der 3,2 Millionen gefallenen deutschen Soldaten etwa verlor in den letzten zehn Kriegsmonaten ihr Leben. Begleitet war die Schlussphase des NS-Regimes auch von schweren Ausschreitungen vor allem der Sowjetarmee gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Die Flucht und Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa setzte sich über das Kriegsende hinaus unter Akzeptanz der Alliierten ebenfalls mit teils erheblicher Brutalität fort. Bis zu zwei Millionen Deutsche verloren hierbei ihr Leben. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht bedingungslos, Hitler hatte bereits am 30. April im Bunker der Berliner Reichskanzlei Selbstmord begangen.<br />
<br />
Der Weltkrieg brachte auch einen letzten Radikalisierungsschub bei der Umsetzung der ideologischen Ziele des Dritten Reiches. Ein beispielloses Verbrechen stellt der Holocaust bzw. die Shoa dar, die systematische Vernichtung der europäischen Juden. Nach verschiedenen Überlegungen, u.a. einer gigantischen Umsiedlungsaktion nach Madagaskar, beauftragte Hermann Göring am 31. Juli 1941 SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich mit der „Endlösung der Judenfrage“. Auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 wurde die Umsetzung zwischen SS und beteiligten Reichsbehörden abgestimmt. In Ghettos, bei Erschießungsaktionen und der industriellen Vernichtung in den Konzentrationslagern des Ostens (Auschwitz, Belzec, Chelmno, Sobibor, Treblinka) kamen rund sechs Millionen Juden ums Leben. Dieses Schicksal teilten rund 200.000 Sinti und Roma.<br />
<br />
Millionen Menschen besonders in Polen und der Sowjetunion, die die Nationalsozialisten als slawische „Untermenschen“ ansahen, fielen ebenfalls der Besatzungsherrschaft zum Opfer. Auf bis zu 14 Millionen wird letztlich die Gesamtzahl der Toten außerhalb von Kampfhandlungen im deutschen Machtbereich geschätzt, darunter auch 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene. In Polen hatte man schon 1939 gezielt die Eliten des Landes auszulöschen versucht. Zunächst im polnischen „Generalgouvernement“, dann in den eroberten Gebieten der Sowjetunion sollte ein landwirtschaftlich geprägtes Kolonialreich entstehen. Dort hatten die überlebenden Einwohner als Arbeitskräfte den deutschen „Herrenmenschen“ zu dienen. Der „Rassenhygiene“ am deutschen „Volkskörper“ fielen rund 150.000 behinderte Menschen und andere „Ballastexistenzen“ zum Opfer (Euthanasie), zugleich wurden ca. 350.000 Menschen wegen Erbkrankheiten sterilisiert. Tausende Deutsche zahlten für ihre kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime, für „Wehrkraftzersetzung“ oder Hören von „Feindsendern“ mit dem Leben. <br />
<br />
'''Forschung und Erinnerungskultur''' <br />
<br />
Das Dritte Reich bildet die heute wohl am besten erforschte Epoche der deutschen Geschichte. Dabei spielte zunächst das unmittelbare Entsetzen über den „Irrweg einer Nation“ (Alexander Abusch), über „Die deutsche Katastrophe“ (Friedrich Meinecke) eine zentrale Rolle. Man suchte nach den historischen Wurzeln des Nationalsozialismus und konstruierte einen teils weit zurückreichenden „deutschen Sonderweg“, der vom westlich-demokratischen Normalfall abgewichen sei. Spuren für die Vorgeschichte von NS-Diktatur und Holocaust sah man bis hin zum Preußen Friedrichs des Großen oder judenfeindlichen Äußerungen des Reformators Martin Luther. Diese Sicht hat sich allerdings als „wenig substanziell“ (Ulrich Herbert) erwiesen. <br />
Die marxistische Theorie definierte „Faschismus“ als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Georgi Dimitroff). Westliche Historiker betonten den Charakter des Dritten Reiches als moderne totalitäre Diktatur. Ähnlich wie die Sowjetunion als „linkes Gegenstück“ erfüllte es Kriterien wie eine durch Personenkult überhöhte autoritäre Führerpersönlichkeit, Machtmittel wie terroristische Geheimpolizei, Nachrichtenmonopol und Einparteienstaat, eine absolute Geltung beanspruchende Ideologie, totale Erfassung der Bevölkerung, bis zum Massenmord reichende Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen.<br />
<br />
Allerdings ist das Totalitarismus-Modell (Carl J. Friedrich, Hannah Arendt) nicht unumstritten geblieben. So bringt es die dynamischen Wandlungen der NS-Diktatur von der „Machtergreifung“ bis hin zur Radikalisierung im Zweiten Weltkrieg nicht deutlich genug zum Ausdruck. Zugleich hat man zeigen können, dass das Dritte Reich in Ideologie und Machtausübung keineswegs einen homogenen Block darstellte. Mit dem Begriff der „Polykratie“ wurde auf die vielen konkurrierenden Machtgruppen im NS-Staat hingewiesen, der letztlich nur im „Führer“ eine unumstrittene Spitze besaß. <br />
<br />
Norbert Frei hat dieses vom „Führer“-Mythos überwölbte Herrschaftssystem mit dem Begriff „Führerstaat“ gekennzeichnet. Dennoch wird nicht nur in den großen Biographien (Joachim C. Fest, Allan Bullock, Ian Kershaw, Peter Longerich) die zweifellos wichtige Rolle Hitlers unterschiedlich bewertet. Auch die Kombination aus „Verführung und Gewalt“ (Hans-Ulrich Thamer), die massenpsychologischen und sozialpolitischen Angebote der „nationalen Volksgemeinschaft“ sind als wichtige Herrschaftselemente einer modernen „Konsensdikatur“ betont worden. Einigkeit besteht bei allen seriösen Forschungsrichtungen über den Unrechtscharakter des Dritten Reichen mit seinen singulären Verbrechen, die in Weltkrieg und Völkermord gipfelten.<br />
<br />
Unter den zahlreichen Gedenkorten und Museen zur Geschichte des Dritten Reiches ragen einige heraus. Den Opfern gewidmet sind große Gedenkstätten wie in den ehemaligen Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, aber auch in vielen kleineren Lagern, Gefängnissen, Euthanasie-Anstalten usw. Das gilt auch für Stätten des Widerstandes, wie den Bendlerblock in Berlin, wo die Hitler-Attentäter um Stauffenberg erschossen wurden und heute die zentrale „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ angesiedelt ist. Den Tätern widmet sich der Erinnerungsort „Topographie des Terrors“ in der ehemaligen Zentrale von Gestapo, SS und Reichs¬sicherheits¬hauptamt in Berlin. Die Verstrickung von Wirtschaft und Gesellschaft in die NS-Verbrechen wird u.a. im Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt plastisch sichtbar, wo man die Krematorien für Auschwitz und andere KZ gebaut hatte. Nicht zuletzt mit dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin hat sich die Bundesrepublik Deutschland klar zu ihrer historischen Verantwortung bekannt. <br />
<br />
Schwierig gestaltet sich bisweilen der Umgang mit „sperrigen“ Erinnerungsorten vom riesigen KdF-Erholungsheim Prora auf Rügen über das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und Weimarer „Gauforum“ bis hin zu „Hitlers Sommerresidenz“ auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Aber auch hier konnte in vielen Fällen neben pragmatischen Lösungen eine erinnerungskulturelle Aufarbeitung erreicht werden. Das Thema wird schließlich vom Deutschen Historischen Museum in Berlin bis hin zu vielen regionalen Geschichts- und Spezialmuseen dargestellt, findet in der politischen Bildung und in den Medien breiten Widerhall. <br />
<br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Das Dritte Reich''' (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen). Erfurt 2017.<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus|Thüringen im Nationalsozialismus]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Datei:Th%C3%BCringenRhino.jpg&diff=35274Datei:ThüringenRhino.jpg2017-06-23T09:29:41Z<p>SteffenRassloff: Schützte „Datei:ThüringenRhino.jpg“ ([edit=sysop] (unbeschränkt) [move=sysop] (unbeschränkt))</p>
<hr />
<div></div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Kleine_Geschichte_Thueringens&diff=35273Kleine Geschichte Thueringens2017-06-23T09:29:29Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Kleine Geschichte Thüringens =<br />
<br />
'''Das reich illustrierte Buch des Rhino Verlages im handlichen Westentaschen-Format gibt einen populärwissenschaftlichen Überblick zur Geschichte Thüringens.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:ThüringenRhino.jpg|280px|right]]Thüringen zählt unter den 16 deutschen Bundesländern eher zu den Kleinen. Umso größer ist freilich sein kulturgeschichtliches Erbe. Mit Blick auf seine anderthalb Jahrtausende Landesgeschichte wird es oft als „kulturelles Herz Deutschlands“, als „Kernland der Reformation“, „Heimat der Bache“, „Land der Klassik“ und „Wiege der Moderne“ bezeichnet. Darüber hinaus finden sich hier bedeutende Zeugen menschlicher Zivilisation bis hin zur frühen Altsteinzeit. <br />
<br />
Das Land um die UNESCO-Welterbestätten Wartburg und Weimar, um die Wirkungsorte Luthers, Bachs, Goethes und des Bauhauses, war aber bis ins 20. Jahrhundert hinein kein einheitliches Staatsgebilde, sondern vielmehr Inbegriff oft verspotteter Kleinstaaterei. Die jüngere Geschichtsschreibung hat diese negative Sicht korrigiert, hat auch bedeutende politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Innovationen für die Moderne herausgearbeitet. Und aus der Perspektive des heutigen Freistaates Thüringen überwiegt klar das Positive: Fürstlicher Repräsentationsgeist bescherte dem „Land der Residenzen“ prächtige Schlösser, Parks, Museen, Bibliotheken und Theater in einmaliger Dichte, machte es zum Synonym des Landes der Dichter und Denker. In dessen Mitte thront die Mittelaltermetropole und heutige Landeshauptstadt Erfurt. <br />
<br />
Zudem gab es zwei glanzvolle historische Bezugspunkte, die Thüringen über die Jahrhunderte der Kleinstaatenwelt hinweg im kollektiven Bewusstsein bewahrten: das Königreich der Toringi im 5./6. Jahrhundert sowie die sagenumwobene Landgrafschaft Thüringen der Ludowinger im 12./13. Jahrhundert. Hieran konnte das moderne thüringische „Nationalbewusstsein“ anknüpfen. Das heutige Landeswappen des Freistaates greift diese „Einheit in der Vielfalt“ heraldisch auf, indem es den ludowingischen „Thüringer Löwen“ auf blauem Grund mit acht silbernen Sternen umgibt, die für die Kleinstaaten und preußischen Gebiete stehen.<br />
<br />
<br />
'''[[Steffen Raßloff]]: Kleine Geschichte Thüringens''' ([http://shop.vggh.de/RhinoVerlag/Die-kleinen-Rhinos/ Rhino Westentaschen-Bibliothek]). Ilmenau 2017. ''(erscheint Sommer 2017)''<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Geschichte Thüringens]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Datei:Th%C3%BCringenRhino.jpg&diff=35272Datei:ThüringenRhino.jpg2017-06-23T09:29:02Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div></div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35271Barfuss ins Himmelreich2017-06-23T09:25:26Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiH.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon mit der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor der Eröffnung am 18. Mai 2017 für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauer Analyse sehen viele Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Die Dauerausstellung wird zudem noch immer beworben, was für Verwirrung sorgt. Laut Kulturdirektor handele es sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt|Stadtmuseum]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017, zum Lesen anklicken:<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|500px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|500px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35270Barfuss ins Himmelreich2017-06-23T09:25:06Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiH.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon mit der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor der Eröffnung am 18. Mai 2017 für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauer Analyse sehen viele Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Die Dauerausstellung wird zudem noch immer beworben, was für Verwirrung sorgt. Laut Kulturdirektor handele es sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt|Stadtmuseum]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
(Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017, zum Lesen anklicken)<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|500px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|500px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35269Barfuss ins Himmelreich2017-06-23T09:24:12Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiH.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon mit der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor der Eröffnung am 18. Mai 2017 für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauer Analyse sehen viele Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Die Dauerausstellung wird zudem noch immer beworben, was für Verwirrung sorgt. Laut Kulturdirektor handele es sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt|Stadtmuseum]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
(Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017)<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|500px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|500px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Datei:BiH.JPG&diff=35268Datei:BiH.JPG2017-06-23T09:23:56Z<p>SteffenRassloff: hat eine neue Version von „Datei:BiH.JPG“ hochgeladen</p>
<hr />
<div></div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Startseite&diff=35267Startseite2017-06-23T09:17:57Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>__NOTOC__<br />
[[Datei:DomSeveri4.jpg|800px]]<br />
<br />
=Wir haben Erfurt im Blick ...=<br />
Hier entsteht die größte '''Erfurt-Enzyklopädie'''. Und das Beste: Jeder kann '''[[mitmachen]]'''! Am heutigen {{CURRENTDAYNAME}}, {{CURRENTDAY}}. {{CURRENTMONTHNAME}} {{CURRENTYEAR}}, verfügt '''erfurt-web.de''' über '''{{NUMBEROFARTICLES}}''' Artikel und '''{{NUMBEROFFILES}}''' Bilder. Erfurt-web.de verbindet die Vielfalt eines Lexikons mit aktuellen Informationen. Es ist zugleich Plattform von Vereinen und Persönlichkeiten der Stadt Erfurt geworden. Es lohnt sich also, auf erfurt-web.de zu surfen! Blaue Links führen zu weiteren Artikeln oder zu externen Webseiten, rote Links zu noch nicht existierenden Artikeln.<br />
<br />
'''Erfurt-web.de wird als Vereinsseite genutzt vom [[ErfurterGeschichtsverein|Erfurter Geschichtsverein]]'''<br />
<br />
== Geschichte der Stadt Erfurt ==<br />
Hartmann Schedel hat in seiner berühmten Weltchronik von 1493 Erfurt als das „Haupt des Thüringer Landes“ bezeichnet. Diese Stellung zieht sich wie ein roter Faden durch die Erfurter Geschichte – von den bedeutenden Funden aus der Zeit des Thüringer Königreiches bis hin zur heutigen Landeshauptstadt. Darüber hinaus gehörte Erfurt im Mittelalter zu den großen Metropolen des Reiches ... <br />
<br />
'''Weiter lesen über die [[Geschichte der Stadt Erfurt|Erfurter Stadtgeschichte]]'''<br />
<br />
== Aktuelles ==<br />
<br />
'''>''' Erfurter Historiker veröffentlicht populärwissenschaftliche Überblicksdarstellung '''[[Das Dritte Reich]]'''<br />
<br />
'''>''' Stadtmuseum zeigt zum Reformationsjubiläum die umstrittene Sonderausstellung '''[[Barfuss_ins_Himmelreich|Barfuß ins Himmelreich?]]'''<br />
<br />
'''>''' Erfurter Geschichtsverein widmet sein Jahrbuch '''[[MVGAE_2017_Jubilaeum_1275_Jahre_Erfurt_Mainz|1275 Jahren Ersterwähnung Erfurts und Beziehungen zu Mainz]]'''<br />
<br />
'''>''' Erfurt begeht 2017 einige '''[[Historisches_2017|Jubiläen und Gedenktage]]''', allen voran das '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|500. Reformationsjubiläum]]''' <br />
<br />
'''>''' Bürger und Vereine bemühen sich im Rahmen der BUGA-Vorbereitung um die '''[[Visionen Peterskirche Stadtkrone Buga|Stadtkrone Peterskirche]]'''<br />
<br />
== Weitere beliebte Rubriken ==<br />
'''>''' '''[[Denkmale in Erfurt|Denkmale]]''' '''>''' '''[[Museen in Erfurt|Museen]]''' '''>''' '''[[Martin Luther|Lutherstadt]]''' '''>''' '''[[Jüdisches Leben Erfurt|Jüdisches Erbe]]''' '''>''' '''[[Universität Erfurt|Universität]]''' '''>''' '''[[Bundesgartenschau Erfurt 2021|Blumenstadt/BUGA 2021]]''' '''>''' '''[[UNESCO_Welterbe_Augustinerkloster_juedisches_Erbe|UNESCO-Welterbe]]''' '''>''' '''[[Bevölkerungsentwicklung_in_Erfurt|Bevölkerung]]''' '''>''' '''[[Bauwerke|Bauwerke]]''' '''>''' '''[[Baustellen-Bilder|Baustellenfotos]]''' '''>''' '''[[Militär in Erfurt|Militär]]''' '''>''' '''[[FC Rot Weiss Erfurt|RWE]]''' '''>''' '''[[Botschafter für Erfurt|Erfurt Botschafter]]''' '''>''' '''[[Geschichte Thüringens]]''' <br />
<br />
Wissenswertes und Superlative aus Erfurt: '''>''' '''[[Wussten Sie schon, dass ...]]'''<br />
<br />
Veranstaltungreihen: '''> [[Veranstaltungen_des_Erfurter_Geschichtsvereins|Geschichtsverein]]''' '''> [[Collegium Maius Abende]]''' '''> [[Erfurter Synagogenabend]]'''<br />
<br />
Nützliche Seiten zu Stadt, Tourismus, Gastronomie, Freizeit: '''> [[Erfurt Links|Erfurt-Links]]'''<br />
<br />
Die meistbesuchten Seiten finden Sie hier: '''> [[Spezial:Beliebteste_Seiten|Beliebteste Seiten]]'''<br />
<br />
==Kontakt==<br />
Haben Sie Fragen zu erfurt-web.de?<br><br />
Wir helfen Ihnen gerne weiter:<br />
'''[mailto:post@puffbohne.de?subject=erfurt-web.de Email schreiben]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35266Barfuss ins Himmelreich2017-06-23T09:14:34Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiHSM.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon mit der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor der Eröffnung am 18. Mai 2017 für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauer Analyse sehen viele Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Die Dauerausstellung wird zudem noch immer beworben, was für Verwirrung sorgt. Laut Kulturdirektor handele es sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt|Stadtmuseum]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
(Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017)<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|500px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|500px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35265Barfuss ins Himmelreich2017-06-23T09:14:20Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiHSM.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon mit der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor der Eröffnung am 18. Mai 2017 für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauer Analyse sehen viele Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Die Dauerausstellung wird zudem noch immer beworben, was für Verwirrung sorgt. Laut Kulturdirektor handele es sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt|Stadtmuseum]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Direktor Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
(Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017)<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|500px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|500px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Das_Dritte_Reich&diff=35264Das Dritte Reich2017-06-23T09:02:09Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Das Dritte Reich =<br />
<br />
'''1933 errichteten die Nationalsozialisten auf den Trümmern der Weimarer Republik eine Diktatur der „Verführung und Gewalt“. Die Verbrechen des „Dritte Reiches“ gipfelten im Zweiten Weltkrieg und dem Mord an Millionen politisch und rassisch verfolgter Menschen.''' <br />
<br />
<br />
'''Aufstieg des Nationalsozialismus bis 1933'''<br />
<br />
[[Datei:DrittesReich.17.jpg|300px|right]]Das Dritte Reich stellt einen Höhepunkt im „Zeitalter der Extreme“ dar, wie der Historiker Eric Hobsbawm das 20. Jahrhundert genannt hat. Am Beginn dieses Jahrhunderts der Kriege, Bürgerkriege und Diktaturen stand der Erste Weltkrieg 1914-1918. In jener „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) wurzeln viele der weiteren historischen Entwicklungen. Das „alte Europa“ ging in den Verheerungen des modernen Massenkrieges unter. Die dem Verlierer Deutschland und seinen Verbündeten diktierten Pariser Friedensverträge 1919 mit Gebietsabtretungen, Verlust der Kolonien, Reparationsforderungen, Entmilitarisierung usw. trugen bereits die Keime eines neuen Revanchekrieges in sich. Für das Deutsche Kaiserreich, vor 1914 eine prosperierende Industrienation mit Weltmachtanspruch, war die „Fallhöhe“ besonders groß. <br />
<br />
Die Demokratien, die zunächst im Nachkriegseuropa dominierten, wurden von linken und rechten Extremismen bedrängt. Deren totalitäre Ideologien (Kommunismus bzw. Bolschewismus, Faschismus bzw. Nationalsozialismus) sollten die Krise der kapitalistischen Massengesellschaft und des „liberalen Systems“ überwinden. Jene angestrebte „Versöhnung mit der Moderne“ (Gunther Mai) war in bislang unbekanntem Maße mit Gewalt verbunden. Seit der russischen Oktoberrevolution der Bolschewiki unter Führung Waldimir Iljitsch Lenins 1917 existierte erstmals eine kommunistische Diktatur, seit der Machtübernahme der „Schwarzhemden“ Benito Mussolinis in Italien 1922 ein faschistisches Regime. Ab 1926 entstanden in den meisten Ländern Süd-, Mittel- und Osteuropas rechtsdiktatorische Staatswesen, während sich die Demokratien West- und Nordeuropas behaupten konnten. <br />
<br />
In Deutschland hatte das Kriegsende 1918 auch das Ende der Monarchie gebracht. Am 9. November 1918 wurde in Berlin die Republik ausgerufen, wurde aus dem Kaiserreich der Hohenzollern die Weimarer Republik. Die extreme Rechte lehnte die neue Demokratie, getragen von gemäßigter Arbeiterbewegung und liberalem Bürgertum, hasserfüllt ab. Sie hielt an dem im Krieg radikalisierten Nationalismus fest, wobei die Niederlage des Heeres durch den „Dolchstoß“ aus der von Linken, Demokraten und Juden unterwanderten Heimatfront erklärt wurde. Die Exponenten der Republik wurden als „Novemberverbrecher“ verfemt und bis hin zu politischen Morden verfolgt, etwa an Finanzminister Matthias Erzberger (1921) und Außenminister Walther Rathenau (1922).<br />
<br />
Zur stärksten Kraft im anfangs breit gefächerten Spektrum der Rechten wurde die 1919 in München gegründete Deutsche Arbeiterpartei, 1920 umbenannt in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). 1921 konnte sich der Weltkriegsgefreite Adolf Hitler (1889-1945) als „Führer“ mit diktatorischer Machtfülle an deren Spitze stellen. Der Österreicher Hitler stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Geboren in Braunau am Inn als Sohn eines Zollbeamten, hatte er sich vor dem Ersten Weltkrieg vergeblich an der Kunstakademie in Wien beworben. Er lebte zeitweise im Obdachlosenheim und schlug sich mit dem Malen von Postkarten durch. Das deutschnational-antisemitische Milieu der Hauptstadt des habsburgischen Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn prägte den jungen Mann. 1913 nach München umgezogen, meldete sich Hitler bei Kriegsbeginn freiwillig ins deutsche Heer. Nach der Niederlage 1918 begann in München der Aufstieg in der rechtsextremen Szene, der sich vor allem seinem rednerischen Talent und populistischen Gespür verdankte. <br />
<br />
Die NS-Ideologie griff gängige Ideen der völkischen Szene seit dem späten 19. Jahrhundert auf. Sie flossen in Hitlers „Weltbild“ zusammen, das schon in seiner Schrift „Mein Kampf“ (1925/27) in den Grundzügen formuliert wurde. Zentrale Elemente waren die Utopie einer rassisch einheitlichen „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Weltgeschichte als ständiger Kampf der Rassen bei Überlegenheit der arischen, nordisch-germanischen Rasse, rassischer Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages hinaus sollte sich das deutsche „Volk ohne Raum“ (Hans Grimm) neue Siedlungsgebiete im Osten erkämpfen. Hinzu kam die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung mit Antimarxismus bzw. Antibolschewismus sowie ein entschiedener Antiparlamentarismus. All dies waren keine eigenständigen Ideen Hitlers und der Nationalsozialisten, die ihre diffuse Ideologie nicht in ein schlüssiges Denkgebäude fassten. Auch der Begriff vom erstrebten tausendjährigen „Dritten Reich“ nach altem Kaiserreich und Bismarcks Reich von 1871 entstammte einem Buchtitel Arthur Moeller van den Brucks, Vordenker der „konservativen Revolution“.<br />
<br />
Die politische und wirtschaftlich-soziale Krise der Nachkriegszeit, gipfelnd in rechten und linken Putschversuchen sowie der Hochinflation vom Herbst 1923, bescherte der NSDAP beachtliche Anfangserfolge. Der gescheiterte Münchner „Hitler-Putsch“ vom 9. November 1923 führte dann allerdings zu einem Rückschlag. Zudem folgte eine mehrjährige Erholungsphase 1924-1929, die „Goldenen Zwanziger“. Sie schien die Republik unter dem prägenden Einfluss des Kanzlers und Außenministers Gustav Stresemann zu festigen. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die NSDAP nur 2,6% der Stimmen. Allerdings konnte sich die demokratische Staatsform nicht nachhaltig etablieren. Das sozialistische Lager der Arbeiterparteien und das bürgerlich-nationale Lager mit fester Verankerung in den jeweiligen Milieus standen sich unversöhnlich gegenüber. Zugleich setzte eine Erosion der Parteienlandschaft mit vielen neuen Interessen- und Splitterparteien ein, die das Regieren auf nationaler und regionaler Ebene immer schwieriger machten. <br />
<br />
Der Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei erfolgte mit Beginn der in den USA ausgelösten Weltwirtschaftskrise Ende 1929. Schon im September 1930 war die Partei mit 18,3% die zweitstärkste Fraktion im Reichstag nach der SPD. Auf dem Höhepunkt der Krise mit sechs Millionen Arbeitslosen und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen wurde sie im Juli 1932 mit 37,4% zur mit Abstand stärksten Partei. Schon 1932 konnte sie die Landesregierungen in Anhalt, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Thüringen übernehmen. Die junge, dynamische Massenpartei mit ihren modernen Propaganda- und Wahlkampfmethoden hatte eine Volksbewegung entfesselt, für die sie als „letzte Rettung“ und Hitler als „nationaler Messias“ erschien. In einer tief ausgeprägten Krisenstimmung der industriell-urbanen Moderne traten große Bevölkerungsteile, insbesondere der bürgerliche Mittelstand, eine förmliche Flucht in die „nationale Volksgemeinschaft“ des charismatischen „Führers“ an.<br />
<br />
'''Aufbau und Formierung der NS-Diktatur 1933-1935'''<br />
<br />
Nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg bereits seit 1930 „halbdemokratische“ Präsidialregierungen auf Grundlage des Notverordnungsrechtes der Weimarer Verfassung (Artikel 48) berufen hatte, erfolgte am 30. Januar 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Konservative Kreise um den Ex-Kanzler Franz von Papen hatten Hindenburg zu diesem Schritt veranlasst. Es war ihr Ziel, die Nationalsozialisten in der Regierungsverantwortung zu „verschleißen“ sowie sie durch starke konservative Kräfte „einzurahmen“. Tatsächlich gehörten zur neuen Regierung der „nationalen Konzentration“ neben Hitler mit Innenminister Wilhelm Frick und dem späteren „Reichsmarschall“ Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich nur zwei weitere Nationalsozialisten. Einigkeit bestand in der Frontstellung gegen die politische Linke und den Parlamentarismus, die die alten Eliten mit Hilfe der rechten Massenbewegung zu verdrängen hofften. „Wir haben ihn uns engagiert“, so tönte Vizekanzler Papen. „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“ <br />
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass Papens „Zähmungskonzept“ nicht aufging. Vielmehr bildete der 30. Januar 1933 den Beginn der „Machtergreifung“ Hitlers und der NSDAP. Für die sofort verkündeten Reichstagswahlen am 5. März 1933 lief nunmehr mit staatlicher Unterstützung die Wahlkampfmaschinerie der NSDAP erneut an. Der politische Gegner auf der Linken, vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wurde unterdrückt und benachteiligt.<br />
<br />
Einen entscheidenden Schritt hin zur NS-Diktatur bildete die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933. Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin, der den Kommunisten angelastet wurde, setzte jene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ alle Grundrechte (persönliche Freiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis usw.) außer Kraft. Politische Gegner konnten fortan ohne Gerichtsbeschluss in „Schutzhaft“ genommen werden, wovon tausendfach Gebrauch gemacht wurde. Ohne die Verfassung der Weimarer Republik formal aufzuheben, bot die „Verfassungsurkunde“ des Dritten Reiches (Ernst Fraenkel) die juristische Grundlage der NS-Gewaltherrschaft. <br />
<br />
Trotz einer absoluten Mehrheit von NSDAP und Konservativen von 51,9% bei den Reichstagswahlen strebte Hitler nunmehr auch die Ausschaltung des parlamentarischen „Weimarer Systems“ an. Das am 24. März 1933 vom Reichstag mit den Stimmen der NSDAP und der Bürgerparteien verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“ übertrug der Regierung die Gesetzgebungskompetenz. Im Juni wurde die SPD verboten (die KPD war seit Februar in den Untergrund abgedrängt), die übrigen Parteien lösten sich resigniert selbst auf. Am 14. Juli 1933 wurde per Gesetz der Einparteienstaat der NSDAP festgeschrieben.<br />
<br />
Neben den Parteien galt es die großen unabhängigen Interessenvertretungen auszuschalten. Hierbei praktizierte die NSDAP eine erfolgreiche Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik. So wurde der 1. Mai 1933 zum Feiertag erhoben und damit ein altes Ziel der sozialistischen Arbeiterbewegung erfüllt. Schon am Tag darauf erfolgte die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. Als neue Zwangsvereinigung diente fortan die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Sie vermittelte mit ihrem sozial- und kulturpolitischen Angebot bis hin zu KdF- („Kraft durch Freude“-) Kreuzfahrten dem „kleinen Mann“ das Gefühl, die Vision einer gerechten „Volksgemeinschaft“ sei ernst gemeint. <br />
<br />
Das Regime ging in jener Formierungsphase daran, seine Machtstellung auszubauen. Parteieinrichtungen und neue parteinahe Institutionen traten neben die traditionellen Staats- und Gesellschaftsstrukturen, die mit Nationalsozialisten durchsetzt wurden. Dies sorgte in vielen Bereichen für Kompetenzgerangel und Reibungsverluste, ohne die NS-Herrschaft zu gefährden. Die großen Massenorganisationen der NSDAP spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Jene „Gliederungen“ und „angeschlossenen Verbände“ erfassten über SA und SS hinaus als ideologische „Transmissionsriemen“ die Menschen vieler Berufe, Interessenlagen und Altersgruppen (Hitlerjugend, NS-Studentenbund, NS-Lehrerbund, NS-Ärztebund, NS-Beamtenbund, NS-Kraftfahr-Korps usw.). <br />
<br />
Seit März 1933 erfolgte auch die schrittweise „Gleichschaltung“ der Länder. Mit dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ vom 30. Januar 1934 wurden sie zu reinen Verwaltungseinheiten zurückgestuft. Damit kam den Gauen der NSDAP und ihren Gauleitern wachsendes Gewicht zu. Jene „Vizekönige“ Hitlers konnten sich je nach politisch-administrativen Rahmenbedingungen und persönlicher Durchsetzungskraft eine beachtliche Machtstellung aufbauen. Der Thüringer Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel etwa profilierte sich zu Hitlers „Muster-Gauleiter“. In Weimar entstand mit dem gigantischen „Gauforum“ (Weimarplatz) eine NS-Machtzentrale, nach deren Vorbild alle deutschen Gauhauptstädte hätten umgebaut werden sollen. Sauckel zeichnete auch für den Zwangsarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Der 1942 ernannte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (GBA) wurde als „Hitlers Sklavenhalter“ 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
<br />
Eine weitere wichtige Zäsur für die Stabilisierung des Dritten Reiches bildete der „Röhm-Putsch“ 1934, als die gesamte Führung der SA (Sturmabteilung) um Stabschef Ernst Röhm ermordet wurde. Die SA war 1921 in der „Kampfzeit“ der „Bewegung“ als Saalschutz gegründet und zum paramilitärischen Wehrverband der NSDAP ausgebaut worden. Aus den Kreisen der „Braunhemden“ wurde jetzt der Ruf nach einer weitergehenden sozialen Revolution laut, Röhm strebte in Konfrontation zur Reichswehr die Umwandlung der SA in eine Volksmiliz an. Die Mordaktion am 30. Juni 1934 entmachtete den letzten ernsthaften Konkurrenten Hitlers, die Reichswehr blieb „Waffenträger der Nation“. Die 1925 gegründete SS (Schutzstaffel) rückte unter ihrem Reichsführer Heinrich Himmler als „schwarzer Orden“ zur Elite des Dritten Reiches auf. Mit dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 und der Proklamation Hitlers zum „Führer und Reichskanzler“ sowie der Vereidigung der Reichswehr auf seine Person war die Führerdiktatur weitgehend vollendet. <br />
<br />
Diese auf den „Führer“ zugeschnittene Diktatur wurde durch einen vor allem von Joseph Goebbels‘ Propagandaministerium verbreiteten Hitlermythos gestützt. Immer perfekter steuerte Goebbels durch Propagandakampagnen, Informationsmonopol, staatliche Kulturlenkung und theatralische Massenveranstaltungen wie die Nürnberger Reichsparteitage die öffentliche Meinung. Der absolute Kontroll- und Lenkungsanspruch kam besonders in den jungen Medien Rundfunk und Film zum Ausdruck. Stets wurde die neue nationale Volksgemeinschaft beschworen, aber auch der Anschein einer Versöhnung der jungen NS-Bewegung mit dem alten preußisch-konservativen Deutschland suggeriert. Hierfür steht der minutiös geplante „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, der Zusammenkunft des neuen Reichstags in der Potsdamer Garnisonkirche, mit der symbolischen Verneigung Hitlers vor dem kaiserlichen Generalfeldmarschall und Weltkriegs-Helden Hindenburg.<br />
<br />
Von Beginn an schlug sich aber auch die aggressive NS-Rassenideologie, insbesondere der Antisemitismus, in der Politik des Dritten Reiches deutlich nieder. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten unterschied sich von der traditionellen, eher religiös-kulturellen Judenfeindschaft durch seine starke Bezogenheit auf die Rasse, auf das „Blut“. Hitler sah in den Juden ein „parasitäres“ Volk, das auf Kosten seiner „Wirtsvölker“, besonders der Deutschen lebe und gar in Form des „jüdischen Bolschewismus“ die Weltherrschaft anstrebe. Daher müsse dieser „Bazillus“ ausgemerzt werden. Erste Maßnahmen waren der Boykott jüdischer Geschäfte vom 1. April 1933, das Herausdrängen der Juden aus dem öffentlichen Dienst und weitere alltagsweltliche Diskriminierungen. Mit den „Nürnberger Gesetzen“ vom September 1935 wurden Juden zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert, Eheschließungen und sexuelle Beziehungen mit Bürgern „deutschen und artverwandten Blutes“ als „Rassenschande“ verboten und unter Strafe gestellt.<br />
<br />
'''Konsolidierung und Kriegsvorbereitung 1936-1939'''<br />
<br />
Mit der Konsolidierung der Macht des Nationalsozialismus radikalisierte sich dessen zunächst noch recht vage Ideologie. Dies schlug sich besonders in der Verschärfung des Antisemitismus nieder. Mit der „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 fand die Gewalteskalation einen weiteren Höhepunkt. Hunderte Synagogen wurden niedergebrannt, tausende Menschen misshandelt und verschleppt, wobei etwa hundert ums Leben kamen. In der Folge wurden die Juden endgültig aus dem Wirtschaftsleben verdrängt („Arisierung“) und zur Ausreise genötigt. Bis zum Auswanderungsverbot 1941 hatten rund 300.000 der ursprünglich 500.000 jüdischen Bürger Deutschland verlassen. Ähnlichen Verfolgungen ausgesetzt war auch die Volksgruppe der Sinti und Roma („Zigeuner“).<br />
<br />
Bis 1937 wurden die vielen teils provisorischen Konzentrationslager (KZ) unter Leitung der SS in ein System fest ausgebauter KZ umgewandelt, allen voran die drei Großlager Dachau bei München, Buchenwald bei Weimar und Sachsenhausen bei Berlin. Die Konzentrationslager bildeten ein zentrales Element im „SS-Staat“ (Eugen Kogon), mit dem politisch, rassisch und sozial „minderwertige“ Menschen von der „Volksgemeinschaft“ isoliert, „umerzogen“ oder vernichtet werden sollten. Im Krieg dienten viele Lager mit ihren tausenden von Häftlingen auch der Rüstungswirtschaft. Zugleich verfolgte SS-Reichsführer Heinrich Himmler als „Chef der deutschen Polizei“ (1936) insbesondere mit der berüchtigten Geheimen Staatspolizei (Gestapo) jegliche Form von Widerspruch gegen das NS-Regime.<br />
<br />
Andererseits gelang es dem Regime weiter, sich als moderner, sozial engagierter Volksstaat zu profilieren, der bei aller bleibenden Alltagskritik von einer Bevölkerungsmehrheit getragen wurde. Schon 1934 ging die Arbeitslosenzahl (auch dank allgemeiner Konjunkturbelebung) nominell um über 50% zurück, 1938 herrschte (insbesondere wegen der Aufrüstung) praktisch Vollbeschäftigung – der „Führer“ hatte in den Augen vieler Deutscher „Wort gehalten“. Großprojekte, wie der bereits in der Weimarer Republik geplante Autobahnbau oder die Olympischen Spiele 1936 in Berlin verschafften erhebliche innen- und außenpolitische Prestigegewinne. <br />
<br />
So hatte es der Widerstand gegen das NS-Regime bis in den Krieg hinein schwer, wirkliche Unterstützung zu finden. Der aktive linke, v.a. kommunistische Widerstand musste die meisten Opfer beklagen. Auch Vertreter der protestantischen Bekennenden Kirche wie Dietrich Bonhoeffer und anderer Konfessionen ließen für ihre Überzeugung das Leben. Gruppen wie die „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl in München 1943 endeten ebenso wie der militärische Widerstand um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Carl Goerdeler und Julius Leber durch braune Henker. Nicht nur dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 durch die Gruppe um Stauffenberg blieb der Erfolg versagt, auch andere Versuche scheiterten, wie das Bombenattentat am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller durch den Einzeltäter Georg Elser.<br />
<br />
Durch die wachsende Popularität gestärkt, konnte Hitler ab Mitte der 1930er-Jahre auch an eine schrittweise Ausschaltung der alten Eliten herangehen. Über den rasanten Aufrüstungskurs, der nur noch durch spätere „Kriegsbeute“ zu finanzieren war, kam es zum Bruch mit Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, der 1937 als Wirtschaftsminister abgelöst wurde. Auch aus Diplomatie und Militär kamen warnende Stimmen. Daher wurde 1938 Außenminister Konstantin von Neurath durch den überzeugten Nationalsozialisten Joachim von Ribbentrop ersetzt und in der inszenierten „Blomberg-Fritsch-Krise“ Kriegsminister Werner von Blomberg und Heeres-Oberbefehlshaber Werner von Fritsch abgelöst. Hitler übernahm direkt die Befehlsgewalt und schuf sich mit dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unter General Wilhelm Keitel eine für ihn zuverlässige Führungsspitze. <br />
<br />
Die fortschreitende Konsolidierung der NS-Diktatur hatte eine wichtige Ursache in ihren außenpolitischen Erfolgen. Die von Hitler stets verkündete Revision der Versailler Friedensordnung von 1919 galt nahezu allen Deutschen als notwendig. Ein erster Erfolg fiel ihm im Januar 1935 mit der Abstimmung im vom Völkerbund verwalteten Saarland zu, wo sich über 90% der Bevölkerung für die „Heimkehr ins Reich“ entschieden. Zwei Monate später verkündete Hitler die Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Aufbau einer starken Wehrmacht, worauf die Großmächte nur mit Protesten reagierten. Eine Intervention blieb auch aus, als die Wehrmacht im März 1936 in das laut Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland einmarschierte. <br />
<br />
Einen enormen Popularitätsschub für das Hitler-Regime brachte der Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes an das Reich im März und September 1938. Mit dem „Großdeutschen Reich“ einschließlich Österreichs, dem 1919 ein Anschluss von den Siegermächten verboten worden war, erfüllte sich ein alter nationaler Traum der Deutschen. Die Abtretung der Sudetengebiete von der Tschechoslowakei erfolgte unter Zustimmung Großbritanniens, Frankreichs und Italiens im Münchner Abkommen vom 29. September 1938. Der Erfolg dieser Maßnahmen wurzelte auch darin, dass Hitler „etwas bis zu einem gewissen Grad Verständliches auf unrechtmäßige Weise“ (Klaus Hildebrand) tat und dabei immer seine Friedensliebe betonte. Zugleich sah man besonders in London Deutschland als ein wichtiges Bollwerk gegen die kommunistische Sowjetunion. <br />
<br />
Hatte das Dritte Reich bisher in seiner rasanten Expansionspolitik Territorien mit überwiegend deutscher Bevölkerung an sich gerissen, bildete die Zerschlagung der „Resttschechei“ und deren Umwandlung in das „Protektorat Böhmen und Mähren“ im März 1939 jedoch eindeutig einen Akt gewaltsamer Unterwerfung. Jetzt erkannte man auch in Großbritannien, dass die Appeasement- (Beschwichtigungs-) Politik von Premier Neville Chamberlain gescheitert war, der um des Friedens willen Deutschland seine vermeintlich traditionelle Revisionspolitik hatte betreiben lassen. Unmissverständlich machte der Westen Hitler nunmehr klar, dass jeder weitere Überfall auf einen Nachbarn Krieg zur Folge haben werde. Untermauert wurde dies durch eine englisch-französische Garantieerklärung für Polen. <br />
<br />
'''Zweiter Weltkrieg 1939-1945'''<br />
<br />
Damit war der gezielte Kriegskurs des Dritten Reiches freilich nicht mehr zu stoppen. Schon am 3. Februar 1933 hatte Hitler gegenüber führenden Generälen die „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“ als Ziel seiner Außenpolitik genannt. Auch die von ihm insgeheim angestrebte Weltherrschaft und Vernichtung der Juden waren nur durch Krieg realisierbar. Hierzu hatte Hitler 1936/37 Italien und Japan („Achse Berlin-Rom-Tokio“) als wichtigste Verbündete gewinnen können.<br />
<br />
Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Er gilt als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte mit bis zu 60 Millionen Todesopfern. Den Rücken im Osten hatte sich Deutschland zunächst durch den spektakulären „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 freigehalten, in dem die Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion in einem geheimen Zusatzprotokoll festgelegt wurde. Trotz formeller Kriegserklärung griffen Großbritannien und Frankreich praktisch nicht ein und schon am 28. September musste Polen kapitulieren. Der Besetzung Dänemarks und Norwegens im Frühjahr 1940 folgte der „Westfeldzug“ vom 10. Mai bis 22. Juni 1940, der mit der Kapitulation Frankreichs endete. Die Siege der „Blitzkrieg“-Phase führten Hitler auf den Höhepunkt seiner Popularität in Deutschland („Größter Feldherr aller Zeiten“) und trugen der Wehrmacht den Ruf der Unbesiegbarkeit ein. <br />
<br />
Allerdings gelang es anschließend nicht, Großbritannien in der erbitterten „Luftschlacht um England“ („Battle of Britain“) in die Knie zu zwingen. Auch musste Deutschland seinem Bündnispartner Italien in Nordafrika und auf dem Balkan zu Hilfe eilen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 („Fall Barbarossa“) begann der rassistische Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Osten. Trotz großer Anfangserfolge bekam die Wehrmacht in den Weiten Russlands bald Probleme. Deutlich zeichnete sich die Kriegswende spätestens nach der Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/43 ab, als die 6. Armee unter General Friedrich Paulus vernichtet wurde. Auch der von Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner Berliner Sportpalastrede ausgerufene „totale Krieg“ oder die U-Boot-Waffe konnten die strategische Unterlegenheit der „Achsenmächte“ nicht mehr kompensieren. Zudem befand sich Deutschland seit dem japanischen Angriff auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor im Dezember 1941 auch im Krieg mit den USA. <br />
<br />
Die Alliierten USA, Großbritannien und Sowjetunion eroberten, beschleunigt durch die Eröffnung der „zweiten Front“ in Frankreich am 6. Juni 1944, die deutsche „Festung Europa“. Rund 600.000 Deutsche verloren, nachdem die deutsche Luftwaffe zuvor rücksichtslos gegnerische Städte bombardiert hatte, bei den seit 1943 massiv verstärkten angloamerikanischen Luftangriffen ihr Leben. Symbolisch hierfür steht das barocke „Elbflorenz“ Dresden, das vom 13. bis 15. Februar 1945 in Schutt und Asche versank. Bemühungen, die aus der Luft gefährdete Rüstung untertage aufrecht zu erhalten, kosteten hunderttausenden Zwangsarbeitern und Häftlingen das Leben. Am bekanntesten ist die Verlagerung der V2-Raketenproduktion von Peenemünde auf der Insel Usedom in Stollen bei Nordhausen mit dem eigens hierfür errichteten KZ Mittelbau-Dora 1943/45. Mit „Wunderwaffen“ wie der V2 („Vergeltungswaffe“) sollte der Glaube an den „Endsieg“ aufrechterhalten werden. <br />
<br />
Alle verzweifelten Mobilisierungsversuche schoben die Niederlage aber nur um einen hohen Preis hinaus, zumal die Intensität des Krieges noch einmal dramatisch zunahm. Mehr als die Hälfte der 3,2 Millionen gefallenen deutschen Soldaten etwa verlor in den letzten zehn Kriegsmonaten ihr Leben. Begleitet war die Schlussphase des NS-Regimes auch von schweren Ausschreitungen vor allem der Sowjetarmee gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Die Flucht und Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa setzte sich über das Kriegsende hinaus unter Akzeptanz der Alliierten ebenfalls mit teils erheblicher Brutalität fort. Bis zu zwei Millionen Deutsche verloren hierbei ihr Leben. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht bedingungslos, Hitler hatte bereits am 30. April im Bunker der Berliner Reichskanzlei Selbstmord begangen.<br />
<br />
Der Weltkrieg brachte auch einen letzten Radikalisierungsschub bei der Umsetzung der ideologischen Ziele des Dritten Reiches. Ein beispielloses Verbrechen stellt der Holocaust bzw. die Shoa dar, die systematische Vernichtung der europäischen Juden. Nach verschiedenen Überlegungen, u.a. einer gigantischen Umsiedlungsaktion nach Madagaskar, beauftragte Hermann Göring am 31. Juli 1941 SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich mit der „Endlösung der Judenfrage“. Auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 wurde die Umsetzung zwischen SS und beteiligten Reichsbehörden abgestimmt. In Ghettos, bei Erschießungsaktionen und der industriellen Vernichtung in den Konzentrationslagern des Ostens (Auschwitz, Belzec, Chelmno, Sobibor, Treblinka) kamen rund sechs Millionen Juden ums Leben. Dieses Schicksal teilten rund 200.000 Sinti und Roma.<br />
<br />
Millionen Menschen besonders in Polen und der Sowjetunion, die die Nationalsozialisten als slawische „Untermenschen“ ansahen, fielen ebenfalls der Besatzungsherrschaft zum Opfer. Auf bis zu 14 Millionen wird letztlich die Gesamtzahl der Toten außerhalb von Kampfhandlungen im deutschen Machtbereich geschätzt, darunter auch 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene. In Polen hatte man schon 1939 gezielt die Eliten des Landes auszulöschen versucht. Zunächst im polnischen „Generalgouvernement“, dann in den eroberten Gebieten der Sowjetunion sollte ein landwirtschaftlich geprägtes Kolonialreich entstehen. Dort hatten die überlebenden Einwohner als Arbeitskräfte den deutschen „Herrenmenschen“ zu dienen. Der „Rassenhygiene“ am deutschen „Volkskörper“ fielen rund 150.000 behinderte Menschen und andere „Ballastexistenzen“ zum Opfer (Euthanasie), zugleich wurden ca. 350.000 Menschen wegen Erbkrankheiten sterilisiert. Tausende Deutsche zahlten für ihre kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime, für „Wehrkraftzersetzung“ oder Hören von „Feindsendern“ mit dem Leben. <br />
<br />
'''Forschung und Erinnerungskultur''' <br />
<br />
Das Dritte Reich bildet die heute wohl am besten erforschte Epoche der deutschen Geschichte. Dabei spielte zunächst das unmittelbare Entsetzen über den „Irrweg einer Nation“ (Alexander Abusch), über „Die deutsche Katastrophe“ (Friedrich Meinecke) eine zentrale Rolle. Man suchte nach den historischen Wurzeln des Nationalsozialismus und konstruierte einen teils weit zurückreichenden „deutschen Sonderweg“, der vom westlich-demokratischen Normalfall abgewichen sei. Spuren für die Vorgeschichte von NS-Diktatur und Holocaust sah man bis hin zum Preußen Friedrichs des Großen oder judenfeindlichen Äußerungen des Reformators Martin Luther. Diese Sicht hat sich allerdings als „wenig substanziell“ (Ulrich Herbert) erwiesen. <br />
Die marxistische Theorie definierte „Faschismus“ als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Georgi Dimitroff). Westliche Historiker betonten den Charakter des Dritten Reiches als moderne totalitäre Diktatur. Ähnlich wie die Sowjetunion als „linkes Gegenstück“ erfüllte es Kriterien wie eine durch Personenkult überhöhte autoritäre Führerpersönlichkeit, Machtmittel wie terroristische Geheimpolizei, Nachrichtenmonopol und Einparteienstaat, eine absolute Geltung beanspruchende Ideologie, totale Erfassung der Bevölkerung, bis zum Massenmord reichende Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen.<br />
<br />
Allerdings ist das Totalitarismus-Modell (Carl J. Friedrich, Hannah Arendt) nicht unumstritten geblieben. So bringt es die dynamischen Wandlungen der NS-Diktatur von der „Machtergreifung“ bis hin zur Radikalisierung im Zweiten Weltkrieg nicht deutlich genug zum Ausdruck. Zugleich hat man zeigen können, dass das Dritte Reich in Ideologie und Machtausübung keineswegs einen homogenen Block darstellte. Mit dem Begriff der „Polykratie“ wurde auf die vielen konkurrierenden Machtgruppen im NS-Staat hingewiesen, der letztlich nur im „Führer“ eine unumstrittene Spitze besaß. <br />
<br />
Norbert Frei hat dieses vom „Führer“-Mythos überwölbte Herrschaftssystem mit dem Begriff „Führerstaat“ gekennzeichnet. Dennoch wird nicht nur in den großen Biographien (Joachim C. Fest, Allan Bullock, Ian Kershaw, Peter Longerich) die zweifellos wichtige Rolle Hitlers unterschiedlich bewertet. Auch die Kombination aus „Verführung und Gewalt“ (Hans-Ulrich Thamer), die massenpsychologischen und sozialpolitischen Angebote der „nationalen Volksgemeinschaft“ sind als wichtige Herrschaftselemente einer modernen „Konsensdikatur“ betont worden. Einigkeit besteht bei allen seriösen Forschungsrichtungen über den Unrechtscharakter des Dritten Reichen mit seinen singulären Verbrechen, die in Weltkrieg und Völkermord gipfelten.<br />
<br />
Unter den zahlreichen Gedenkorten und Museen zur Geschichte des Dritten Reiches ragen einige heraus. Den Opfern gewidmet sind große Gedenkstätten wie in den ehemaligen Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, aber auch in vielen kleineren Lagern, Gefängnissen, Euthanasie-Anstalten usw. Das gilt auch für Stätten des Widerstandes, wie den Bendlerblock in Berlin, wo die Hitler-Attentäter um Stauffenberg erschossen wurden und heute die zentrale „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ angesiedelt ist. Den Tätern widmet sich der Erinnerungsort „Topographie des Terrors“ in der ehemaligen Zentrale von Gestapo, SS und Reichs¬sicherheits¬hauptamt in Berlin. Die Verstrickung von Wirtschaft und Gesellschaft in die NS-Verbrechen wird u.a. im Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt plastisch sichtbar, wo man die Krematorien für Auschwitz und andere KZ gebaut hatte. Nicht zuletzt mit dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin hat sich die Bundesrepublik Deutschland klar zu ihrer historischen Verantwortung bekannt. <br />
<br />
Schwierig gestaltet sich bisweilen der Umgang mit „sperrigen“ Erinnerungsorten vom riesigen KdF-Erholungsheim Prora auf Rügen über das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und Weimarer „Gauforum“ bis hin zu „Hitlers Sommerresidenz“ auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Aber auch hier konnte in vielen Fällen neben pragmatischen Lösungen eine erinnerungskulturelle Aufarbeitung erreicht werden. Das Thema wird schließlich vom Deutschen Historischen Museum in Berlin bis hin zu vielen regionalen Geschichts- und Spezialmuseen dargestellt, findet in der politischen Bildung und in den Medien breiten Widerhall. <br />
<br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Das Dritte Reich''' (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen). Erfurt 2017.<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus|Thüringen im Nationalsozialismus]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Das_Dritte_Reich&diff=35263Das Dritte Reich2017-06-23T09:01:52Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Das Dritte Reich =<br />
<br />
1933 errichteten die Nationalsozialisten auf den Trümmern der Weimarer Republik eine Diktatur der „Verführung und Gewalt“. Die Verbrechen des „Dritte Reiches“ gipfelten im Zweiten Weltkrieg und dem Mord an Millionen politisch und rassisch verfolgter Menschen. <br />
<br />
<br />
'''Aufstieg des Nationalsozialismus bis 1933'''<br />
<br />
[[Datei:DrittesReich.17.jpg|300px|right]]Das Dritte Reich stellt einen Höhepunkt im „Zeitalter der Extreme“ dar, wie der Historiker Eric Hobsbawm das 20. Jahrhundert genannt hat. Am Beginn dieses Jahrhunderts der Kriege, Bürgerkriege und Diktaturen stand der Erste Weltkrieg 1914-1918. In jener „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) wurzeln viele der weiteren historischen Entwicklungen. Das „alte Europa“ ging in den Verheerungen des modernen Massenkrieges unter. Die dem Verlierer Deutschland und seinen Verbündeten diktierten Pariser Friedensverträge 1919 mit Gebietsabtretungen, Verlust der Kolonien, Reparationsforderungen, Entmilitarisierung usw. trugen bereits die Keime eines neuen Revanchekrieges in sich. Für das Deutsche Kaiserreich, vor 1914 eine prosperierende Industrienation mit Weltmachtanspruch, war die „Fallhöhe“ besonders groß. <br />
<br />
Die Demokratien, die zunächst im Nachkriegseuropa dominierten, wurden von linken und rechten Extremismen bedrängt. Deren totalitäre Ideologien (Kommunismus bzw. Bolschewismus, Faschismus bzw. Nationalsozialismus) sollten die Krise der kapitalistischen Massengesellschaft und des „liberalen Systems“ überwinden. Jene angestrebte „Versöhnung mit der Moderne“ (Gunther Mai) war in bislang unbekanntem Maße mit Gewalt verbunden. Seit der russischen Oktoberrevolution der Bolschewiki unter Führung Waldimir Iljitsch Lenins 1917 existierte erstmals eine kommunistische Diktatur, seit der Machtübernahme der „Schwarzhemden“ Benito Mussolinis in Italien 1922 ein faschistisches Regime. Ab 1926 entstanden in den meisten Ländern Süd-, Mittel- und Osteuropas rechtsdiktatorische Staatswesen, während sich die Demokratien West- und Nordeuropas behaupten konnten. <br />
<br />
In Deutschland hatte das Kriegsende 1918 auch das Ende der Monarchie gebracht. Am 9. November 1918 wurde in Berlin die Republik ausgerufen, wurde aus dem Kaiserreich der Hohenzollern die Weimarer Republik. Die extreme Rechte lehnte die neue Demokratie, getragen von gemäßigter Arbeiterbewegung und liberalem Bürgertum, hasserfüllt ab. Sie hielt an dem im Krieg radikalisierten Nationalismus fest, wobei die Niederlage des Heeres durch den „Dolchstoß“ aus der von Linken, Demokraten und Juden unterwanderten Heimatfront erklärt wurde. Die Exponenten der Republik wurden als „Novemberverbrecher“ verfemt und bis hin zu politischen Morden verfolgt, etwa an Finanzminister Matthias Erzberger (1921) und Außenminister Walther Rathenau (1922).<br />
<br />
Zur stärksten Kraft im anfangs breit gefächerten Spektrum der Rechten wurde die 1919 in München gegründete Deutsche Arbeiterpartei, 1920 umbenannt in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). 1921 konnte sich der Weltkriegsgefreite Adolf Hitler (1889-1945) als „Führer“ mit diktatorischer Machtfülle an deren Spitze stellen. Der Österreicher Hitler stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Geboren in Braunau am Inn als Sohn eines Zollbeamten, hatte er sich vor dem Ersten Weltkrieg vergeblich an der Kunstakademie in Wien beworben. Er lebte zeitweise im Obdachlosenheim und schlug sich mit dem Malen von Postkarten durch. Das deutschnational-antisemitische Milieu der Hauptstadt des habsburgischen Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn prägte den jungen Mann. 1913 nach München umgezogen, meldete sich Hitler bei Kriegsbeginn freiwillig ins deutsche Heer. Nach der Niederlage 1918 begann in München der Aufstieg in der rechtsextremen Szene, der sich vor allem seinem rednerischen Talent und populistischen Gespür verdankte. <br />
<br />
Die NS-Ideologie griff gängige Ideen der völkischen Szene seit dem späten 19. Jahrhundert auf. Sie flossen in Hitlers „Weltbild“ zusammen, das schon in seiner Schrift „Mein Kampf“ (1925/27) in den Grundzügen formuliert wurde. Zentrale Elemente waren die Utopie einer rassisch einheitlichen „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Weltgeschichte als ständiger Kampf der Rassen bei Überlegenheit der arischen, nordisch-germanischen Rasse, rassischer Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages hinaus sollte sich das deutsche „Volk ohne Raum“ (Hans Grimm) neue Siedlungsgebiete im Osten erkämpfen. Hinzu kam die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung mit Antimarxismus bzw. Antibolschewismus sowie ein entschiedener Antiparlamentarismus. All dies waren keine eigenständigen Ideen Hitlers und der Nationalsozialisten, die ihre diffuse Ideologie nicht in ein schlüssiges Denkgebäude fassten. Auch der Begriff vom erstrebten tausendjährigen „Dritten Reich“ nach altem Kaiserreich und Bismarcks Reich von 1871 entstammte einem Buchtitel Arthur Moeller van den Brucks, Vordenker der „konservativen Revolution“.<br />
<br />
Die politische und wirtschaftlich-soziale Krise der Nachkriegszeit, gipfelnd in rechten und linken Putschversuchen sowie der Hochinflation vom Herbst 1923, bescherte der NSDAP beachtliche Anfangserfolge. Der gescheiterte Münchner „Hitler-Putsch“ vom 9. November 1923 führte dann allerdings zu einem Rückschlag. Zudem folgte eine mehrjährige Erholungsphase 1924-1929, die „Goldenen Zwanziger“. Sie schien die Republik unter dem prägenden Einfluss des Kanzlers und Außenministers Gustav Stresemann zu festigen. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die NSDAP nur 2,6% der Stimmen. Allerdings konnte sich die demokratische Staatsform nicht nachhaltig etablieren. Das sozialistische Lager der Arbeiterparteien und das bürgerlich-nationale Lager mit fester Verankerung in den jeweiligen Milieus standen sich unversöhnlich gegenüber. Zugleich setzte eine Erosion der Parteienlandschaft mit vielen neuen Interessen- und Splitterparteien ein, die das Regieren auf nationaler und regionaler Ebene immer schwieriger machten. <br />
<br />
Der Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei erfolgte mit Beginn der in den USA ausgelösten Weltwirtschaftskrise Ende 1929. Schon im September 1930 war die Partei mit 18,3% die zweitstärkste Fraktion im Reichstag nach der SPD. Auf dem Höhepunkt der Krise mit sechs Millionen Arbeitslosen und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen wurde sie im Juli 1932 mit 37,4% zur mit Abstand stärksten Partei. Schon 1932 konnte sie die Landesregierungen in Anhalt, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Thüringen übernehmen. Die junge, dynamische Massenpartei mit ihren modernen Propaganda- und Wahlkampfmethoden hatte eine Volksbewegung entfesselt, für die sie als „letzte Rettung“ und Hitler als „nationaler Messias“ erschien. In einer tief ausgeprägten Krisenstimmung der industriell-urbanen Moderne traten große Bevölkerungsteile, insbesondere der bürgerliche Mittelstand, eine förmliche Flucht in die „nationale Volksgemeinschaft“ des charismatischen „Führers“ an.<br />
<br />
'''Aufbau und Formierung der NS-Diktatur 1933-1935'''<br />
<br />
Nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg bereits seit 1930 „halbdemokratische“ Präsidialregierungen auf Grundlage des Notverordnungsrechtes der Weimarer Verfassung (Artikel 48) berufen hatte, erfolgte am 30. Januar 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Konservative Kreise um den Ex-Kanzler Franz von Papen hatten Hindenburg zu diesem Schritt veranlasst. Es war ihr Ziel, die Nationalsozialisten in der Regierungsverantwortung zu „verschleißen“ sowie sie durch starke konservative Kräfte „einzurahmen“. Tatsächlich gehörten zur neuen Regierung der „nationalen Konzentration“ neben Hitler mit Innenminister Wilhelm Frick und dem späteren „Reichsmarschall“ Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich nur zwei weitere Nationalsozialisten. Einigkeit bestand in der Frontstellung gegen die politische Linke und den Parlamentarismus, die die alten Eliten mit Hilfe der rechten Massenbewegung zu verdrängen hofften. „Wir haben ihn uns engagiert“, so tönte Vizekanzler Papen. „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“ <br />
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass Papens „Zähmungskonzept“ nicht aufging. Vielmehr bildete der 30. Januar 1933 den Beginn der „Machtergreifung“ Hitlers und der NSDAP. Für die sofort verkündeten Reichstagswahlen am 5. März 1933 lief nunmehr mit staatlicher Unterstützung die Wahlkampfmaschinerie der NSDAP erneut an. Der politische Gegner auf der Linken, vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wurde unterdrückt und benachteiligt.<br />
<br />
Einen entscheidenden Schritt hin zur NS-Diktatur bildete die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933. Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin, der den Kommunisten angelastet wurde, setzte jene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ alle Grundrechte (persönliche Freiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis usw.) außer Kraft. Politische Gegner konnten fortan ohne Gerichtsbeschluss in „Schutzhaft“ genommen werden, wovon tausendfach Gebrauch gemacht wurde. Ohne die Verfassung der Weimarer Republik formal aufzuheben, bot die „Verfassungsurkunde“ des Dritten Reiches (Ernst Fraenkel) die juristische Grundlage der NS-Gewaltherrschaft. <br />
<br />
Trotz einer absoluten Mehrheit von NSDAP und Konservativen von 51,9% bei den Reichstagswahlen strebte Hitler nunmehr auch die Ausschaltung des parlamentarischen „Weimarer Systems“ an. Das am 24. März 1933 vom Reichstag mit den Stimmen der NSDAP und der Bürgerparteien verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“ übertrug der Regierung die Gesetzgebungskompetenz. Im Juni wurde die SPD verboten (die KPD war seit Februar in den Untergrund abgedrängt), die übrigen Parteien lösten sich resigniert selbst auf. Am 14. Juli 1933 wurde per Gesetz der Einparteienstaat der NSDAP festgeschrieben.<br />
<br />
Neben den Parteien galt es die großen unabhängigen Interessenvertretungen auszuschalten. Hierbei praktizierte die NSDAP eine erfolgreiche Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik. So wurde der 1. Mai 1933 zum Feiertag erhoben und damit ein altes Ziel der sozialistischen Arbeiterbewegung erfüllt. Schon am Tag darauf erfolgte die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. Als neue Zwangsvereinigung diente fortan die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Sie vermittelte mit ihrem sozial- und kulturpolitischen Angebot bis hin zu KdF- („Kraft durch Freude“-) Kreuzfahrten dem „kleinen Mann“ das Gefühl, die Vision einer gerechten „Volksgemeinschaft“ sei ernst gemeint. <br />
<br />
Das Regime ging in jener Formierungsphase daran, seine Machtstellung auszubauen. Parteieinrichtungen und neue parteinahe Institutionen traten neben die traditionellen Staats- und Gesellschaftsstrukturen, die mit Nationalsozialisten durchsetzt wurden. Dies sorgte in vielen Bereichen für Kompetenzgerangel und Reibungsverluste, ohne die NS-Herrschaft zu gefährden. Die großen Massenorganisationen der NSDAP spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Jene „Gliederungen“ und „angeschlossenen Verbände“ erfassten über SA und SS hinaus als ideologische „Transmissionsriemen“ die Menschen vieler Berufe, Interessenlagen und Altersgruppen (Hitlerjugend, NS-Studentenbund, NS-Lehrerbund, NS-Ärztebund, NS-Beamtenbund, NS-Kraftfahr-Korps usw.). <br />
<br />
Seit März 1933 erfolgte auch die schrittweise „Gleichschaltung“ der Länder. Mit dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ vom 30. Januar 1934 wurden sie zu reinen Verwaltungseinheiten zurückgestuft. Damit kam den Gauen der NSDAP und ihren Gauleitern wachsendes Gewicht zu. Jene „Vizekönige“ Hitlers konnten sich je nach politisch-administrativen Rahmenbedingungen und persönlicher Durchsetzungskraft eine beachtliche Machtstellung aufbauen. Der Thüringer Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel etwa profilierte sich zu Hitlers „Muster-Gauleiter“. In Weimar entstand mit dem gigantischen „Gauforum“ (Weimarplatz) eine NS-Machtzentrale, nach deren Vorbild alle deutschen Gauhauptstädte hätten umgebaut werden sollen. Sauckel zeichnete auch für den Zwangsarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Der 1942 ernannte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (GBA) wurde als „Hitlers Sklavenhalter“ 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
<br />
Eine weitere wichtige Zäsur für die Stabilisierung des Dritten Reiches bildete der „Röhm-Putsch“ 1934, als die gesamte Führung der SA (Sturmabteilung) um Stabschef Ernst Röhm ermordet wurde. Die SA war 1921 in der „Kampfzeit“ der „Bewegung“ als Saalschutz gegründet und zum paramilitärischen Wehrverband der NSDAP ausgebaut worden. Aus den Kreisen der „Braunhemden“ wurde jetzt der Ruf nach einer weitergehenden sozialen Revolution laut, Röhm strebte in Konfrontation zur Reichswehr die Umwandlung der SA in eine Volksmiliz an. Die Mordaktion am 30. Juni 1934 entmachtete den letzten ernsthaften Konkurrenten Hitlers, die Reichswehr blieb „Waffenträger der Nation“. Die 1925 gegründete SS (Schutzstaffel) rückte unter ihrem Reichsführer Heinrich Himmler als „schwarzer Orden“ zur Elite des Dritten Reiches auf. Mit dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 und der Proklamation Hitlers zum „Führer und Reichskanzler“ sowie der Vereidigung der Reichswehr auf seine Person war die Führerdiktatur weitgehend vollendet. <br />
<br />
Diese auf den „Führer“ zugeschnittene Diktatur wurde durch einen vor allem von Joseph Goebbels‘ Propagandaministerium verbreiteten Hitlermythos gestützt. Immer perfekter steuerte Goebbels durch Propagandakampagnen, Informationsmonopol, staatliche Kulturlenkung und theatralische Massenveranstaltungen wie die Nürnberger Reichsparteitage die öffentliche Meinung. Der absolute Kontroll- und Lenkungsanspruch kam besonders in den jungen Medien Rundfunk und Film zum Ausdruck. Stets wurde die neue nationale Volksgemeinschaft beschworen, aber auch der Anschein einer Versöhnung der jungen NS-Bewegung mit dem alten preußisch-konservativen Deutschland suggeriert. Hierfür steht der minutiös geplante „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, der Zusammenkunft des neuen Reichstags in der Potsdamer Garnisonkirche, mit der symbolischen Verneigung Hitlers vor dem kaiserlichen Generalfeldmarschall und Weltkriegs-Helden Hindenburg.<br />
<br />
Von Beginn an schlug sich aber auch die aggressive NS-Rassenideologie, insbesondere der Antisemitismus, in der Politik des Dritten Reiches deutlich nieder. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten unterschied sich von der traditionellen, eher religiös-kulturellen Judenfeindschaft durch seine starke Bezogenheit auf die Rasse, auf das „Blut“. Hitler sah in den Juden ein „parasitäres“ Volk, das auf Kosten seiner „Wirtsvölker“, besonders der Deutschen lebe und gar in Form des „jüdischen Bolschewismus“ die Weltherrschaft anstrebe. Daher müsse dieser „Bazillus“ ausgemerzt werden. Erste Maßnahmen waren der Boykott jüdischer Geschäfte vom 1. April 1933, das Herausdrängen der Juden aus dem öffentlichen Dienst und weitere alltagsweltliche Diskriminierungen. Mit den „Nürnberger Gesetzen“ vom September 1935 wurden Juden zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert, Eheschließungen und sexuelle Beziehungen mit Bürgern „deutschen und artverwandten Blutes“ als „Rassenschande“ verboten und unter Strafe gestellt.<br />
<br />
'''Konsolidierung und Kriegsvorbereitung 1936-1939'''<br />
<br />
Mit der Konsolidierung der Macht des Nationalsozialismus radikalisierte sich dessen zunächst noch recht vage Ideologie. Dies schlug sich besonders in der Verschärfung des Antisemitismus nieder. Mit der „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 fand die Gewalteskalation einen weiteren Höhepunkt. Hunderte Synagogen wurden niedergebrannt, tausende Menschen misshandelt und verschleppt, wobei etwa hundert ums Leben kamen. In der Folge wurden die Juden endgültig aus dem Wirtschaftsleben verdrängt („Arisierung“) und zur Ausreise genötigt. Bis zum Auswanderungsverbot 1941 hatten rund 300.000 der ursprünglich 500.000 jüdischen Bürger Deutschland verlassen. Ähnlichen Verfolgungen ausgesetzt war auch die Volksgruppe der Sinti und Roma („Zigeuner“).<br />
<br />
Bis 1937 wurden die vielen teils provisorischen Konzentrationslager (KZ) unter Leitung der SS in ein System fest ausgebauter KZ umgewandelt, allen voran die drei Großlager Dachau bei München, Buchenwald bei Weimar und Sachsenhausen bei Berlin. Die Konzentrationslager bildeten ein zentrales Element im „SS-Staat“ (Eugen Kogon), mit dem politisch, rassisch und sozial „minderwertige“ Menschen von der „Volksgemeinschaft“ isoliert, „umerzogen“ oder vernichtet werden sollten. Im Krieg dienten viele Lager mit ihren tausenden von Häftlingen auch der Rüstungswirtschaft. Zugleich verfolgte SS-Reichsführer Heinrich Himmler als „Chef der deutschen Polizei“ (1936) insbesondere mit der berüchtigten Geheimen Staatspolizei (Gestapo) jegliche Form von Widerspruch gegen das NS-Regime.<br />
<br />
Andererseits gelang es dem Regime weiter, sich als moderner, sozial engagierter Volksstaat zu profilieren, der bei aller bleibenden Alltagskritik von einer Bevölkerungsmehrheit getragen wurde. Schon 1934 ging die Arbeitslosenzahl (auch dank allgemeiner Konjunkturbelebung) nominell um über 50% zurück, 1938 herrschte (insbesondere wegen der Aufrüstung) praktisch Vollbeschäftigung – der „Führer“ hatte in den Augen vieler Deutscher „Wort gehalten“. Großprojekte, wie der bereits in der Weimarer Republik geplante Autobahnbau oder die Olympischen Spiele 1936 in Berlin verschafften erhebliche innen- und außenpolitische Prestigegewinne. <br />
<br />
So hatte es der Widerstand gegen das NS-Regime bis in den Krieg hinein schwer, wirkliche Unterstützung zu finden. Der aktive linke, v.a. kommunistische Widerstand musste die meisten Opfer beklagen. Auch Vertreter der protestantischen Bekennenden Kirche wie Dietrich Bonhoeffer und anderer Konfessionen ließen für ihre Überzeugung das Leben. Gruppen wie die „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl in München 1943 endeten ebenso wie der militärische Widerstand um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Carl Goerdeler und Julius Leber durch braune Henker. Nicht nur dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 durch die Gruppe um Stauffenberg blieb der Erfolg versagt, auch andere Versuche scheiterten, wie das Bombenattentat am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller durch den Einzeltäter Georg Elser.<br />
<br />
Durch die wachsende Popularität gestärkt, konnte Hitler ab Mitte der 1930er-Jahre auch an eine schrittweise Ausschaltung der alten Eliten herangehen. Über den rasanten Aufrüstungskurs, der nur noch durch spätere „Kriegsbeute“ zu finanzieren war, kam es zum Bruch mit Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, der 1937 als Wirtschaftsminister abgelöst wurde. Auch aus Diplomatie und Militär kamen warnende Stimmen. Daher wurde 1938 Außenminister Konstantin von Neurath durch den überzeugten Nationalsozialisten Joachim von Ribbentrop ersetzt und in der inszenierten „Blomberg-Fritsch-Krise“ Kriegsminister Werner von Blomberg und Heeres-Oberbefehlshaber Werner von Fritsch abgelöst. Hitler übernahm direkt die Befehlsgewalt und schuf sich mit dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unter General Wilhelm Keitel eine für ihn zuverlässige Führungsspitze. <br />
<br />
Die fortschreitende Konsolidierung der NS-Diktatur hatte eine wichtige Ursache in ihren außenpolitischen Erfolgen. Die von Hitler stets verkündete Revision der Versailler Friedensordnung von 1919 galt nahezu allen Deutschen als notwendig. Ein erster Erfolg fiel ihm im Januar 1935 mit der Abstimmung im vom Völkerbund verwalteten Saarland zu, wo sich über 90% der Bevölkerung für die „Heimkehr ins Reich“ entschieden. Zwei Monate später verkündete Hitler die Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Aufbau einer starken Wehrmacht, worauf die Großmächte nur mit Protesten reagierten. Eine Intervention blieb auch aus, als die Wehrmacht im März 1936 in das laut Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland einmarschierte. <br />
<br />
Einen enormen Popularitätsschub für das Hitler-Regime brachte der Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes an das Reich im März und September 1938. Mit dem „Großdeutschen Reich“ einschließlich Österreichs, dem 1919 ein Anschluss von den Siegermächten verboten worden war, erfüllte sich ein alter nationaler Traum der Deutschen. Die Abtretung der Sudetengebiete von der Tschechoslowakei erfolgte unter Zustimmung Großbritanniens, Frankreichs und Italiens im Münchner Abkommen vom 29. September 1938. Der Erfolg dieser Maßnahmen wurzelte auch darin, dass Hitler „etwas bis zu einem gewissen Grad Verständliches auf unrechtmäßige Weise“ (Klaus Hildebrand) tat und dabei immer seine Friedensliebe betonte. Zugleich sah man besonders in London Deutschland als ein wichtiges Bollwerk gegen die kommunistische Sowjetunion. <br />
<br />
Hatte das Dritte Reich bisher in seiner rasanten Expansionspolitik Territorien mit überwiegend deutscher Bevölkerung an sich gerissen, bildete die Zerschlagung der „Resttschechei“ und deren Umwandlung in das „Protektorat Böhmen und Mähren“ im März 1939 jedoch eindeutig einen Akt gewaltsamer Unterwerfung. Jetzt erkannte man auch in Großbritannien, dass die Appeasement- (Beschwichtigungs-) Politik von Premier Neville Chamberlain gescheitert war, der um des Friedens willen Deutschland seine vermeintlich traditionelle Revisionspolitik hatte betreiben lassen. Unmissverständlich machte der Westen Hitler nunmehr klar, dass jeder weitere Überfall auf einen Nachbarn Krieg zur Folge haben werde. Untermauert wurde dies durch eine englisch-französische Garantieerklärung für Polen. <br />
<br />
'''Zweiter Weltkrieg 1939-1945'''<br />
<br />
Damit war der gezielte Kriegskurs des Dritten Reiches freilich nicht mehr zu stoppen. Schon am 3. Februar 1933 hatte Hitler gegenüber führenden Generälen die „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“ als Ziel seiner Außenpolitik genannt. Auch die von ihm insgeheim angestrebte Weltherrschaft und Vernichtung der Juden waren nur durch Krieg realisierbar. Hierzu hatte Hitler 1936/37 Italien und Japan („Achse Berlin-Rom-Tokio“) als wichtigste Verbündete gewinnen können.<br />
<br />
Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Er gilt als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte mit bis zu 60 Millionen Todesopfern. Den Rücken im Osten hatte sich Deutschland zunächst durch den spektakulären „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 freigehalten, in dem die Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion in einem geheimen Zusatzprotokoll festgelegt wurde. Trotz formeller Kriegserklärung griffen Großbritannien und Frankreich praktisch nicht ein und schon am 28. September musste Polen kapitulieren. Der Besetzung Dänemarks und Norwegens im Frühjahr 1940 folgte der „Westfeldzug“ vom 10. Mai bis 22. Juni 1940, der mit der Kapitulation Frankreichs endete. Die Siege der „Blitzkrieg“-Phase führten Hitler auf den Höhepunkt seiner Popularität in Deutschland („Größter Feldherr aller Zeiten“) und trugen der Wehrmacht den Ruf der Unbesiegbarkeit ein. <br />
<br />
Allerdings gelang es anschließend nicht, Großbritannien in der erbitterten „Luftschlacht um England“ („Battle of Britain“) in die Knie zu zwingen. Auch musste Deutschland seinem Bündnispartner Italien in Nordafrika und auf dem Balkan zu Hilfe eilen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 („Fall Barbarossa“) begann der rassistische Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Osten. Trotz großer Anfangserfolge bekam die Wehrmacht in den Weiten Russlands bald Probleme. Deutlich zeichnete sich die Kriegswende spätestens nach der Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/43 ab, als die 6. Armee unter General Friedrich Paulus vernichtet wurde. Auch der von Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner Berliner Sportpalastrede ausgerufene „totale Krieg“ oder die U-Boot-Waffe konnten die strategische Unterlegenheit der „Achsenmächte“ nicht mehr kompensieren. Zudem befand sich Deutschland seit dem japanischen Angriff auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor im Dezember 1941 auch im Krieg mit den USA. <br />
<br />
Die Alliierten USA, Großbritannien und Sowjetunion eroberten, beschleunigt durch die Eröffnung der „zweiten Front“ in Frankreich am 6. Juni 1944, die deutsche „Festung Europa“. Rund 600.000 Deutsche verloren, nachdem die deutsche Luftwaffe zuvor rücksichtslos gegnerische Städte bombardiert hatte, bei den seit 1943 massiv verstärkten angloamerikanischen Luftangriffen ihr Leben. Symbolisch hierfür steht das barocke „Elbflorenz“ Dresden, das vom 13. bis 15. Februar 1945 in Schutt und Asche versank. Bemühungen, die aus der Luft gefährdete Rüstung untertage aufrecht zu erhalten, kosteten hunderttausenden Zwangsarbeitern und Häftlingen das Leben. Am bekanntesten ist die Verlagerung der V2-Raketenproduktion von Peenemünde auf der Insel Usedom in Stollen bei Nordhausen mit dem eigens hierfür errichteten KZ Mittelbau-Dora 1943/45. Mit „Wunderwaffen“ wie der V2 („Vergeltungswaffe“) sollte der Glaube an den „Endsieg“ aufrechterhalten werden. <br />
<br />
Alle verzweifelten Mobilisierungsversuche schoben die Niederlage aber nur um einen hohen Preis hinaus, zumal die Intensität des Krieges noch einmal dramatisch zunahm. Mehr als die Hälfte der 3,2 Millionen gefallenen deutschen Soldaten etwa verlor in den letzten zehn Kriegsmonaten ihr Leben. Begleitet war die Schlussphase des NS-Regimes auch von schweren Ausschreitungen vor allem der Sowjetarmee gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Die Flucht und Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa setzte sich über das Kriegsende hinaus unter Akzeptanz der Alliierten ebenfalls mit teils erheblicher Brutalität fort. Bis zu zwei Millionen Deutsche verloren hierbei ihr Leben. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht bedingungslos, Hitler hatte bereits am 30. April im Bunker der Berliner Reichskanzlei Selbstmord begangen.<br />
<br />
Der Weltkrieg brachte auch einen letzten Radikalisierungsschub bei der Umsetzung der ideologischen Ziele des Dritten Reiches. Ein beispielloses Verbrechen stellt der Holocaust bzw. die Shoa dar, die systematische Vernichtung der europäischen Juden. Nach verschiedenen Überlegungen, u.a. einer gigantischen Umsiedlungsaktion nach Madagaskar, beauftragte Hermann Göring am 31. Juli 1941 SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich mit der „Endlösung der Judenfrage“. Auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 wurde die Umsetzung zwischen SS und beteiligten Reichsbehörden abgestimmt. In Ghettos, bei Erschießungsaktionen und der industriellen Vernichtung in den Konzentrationslagern des Ostens (Auschwitz, Belzec, Chelmno, Sobibor, Treblinka) kamen rund sechs Millionen Juden ums Leben. Dieses Schicksal teilten rund 200.000 Sinti und Roma.<br />
<br />
Millionen Menschen besonders in Polen und der Sowjetunion, die die Nationalsozialisten als slawische „Untermenschen“ ansahen, fielen ebenfalls der Besatzungsherrschaft zum Opfer. Auf bis zu 14 Millionen wird letztlich die Gesamtzahl der Toten außerhalb von Kampfhandlungen im deutschen Machtbereich geschätzt, darunter auch 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene. In Polen hatte man schon 1939 gezielt die Eliten des Landes auszulöschen versucht. Zunächst im polnischen „Generalgouvernement“, dann in den eroberten Gebieten der Sowjetunion sollte ein landwirtschaftlich geprägtes Kolonialreich entstehen. Dort hatten die überlebenden Einwohner als Arbeitskräfte den deutschen „Herrenmenschen“ zu dienen. Der „Rassenhygiene“ am deutschen „Volkskörper“ fielen rund 150.000 behinderte Menschen und andere „Ballastexistenzen“ zum Opfer (Euthanasie), zugleich wurden ca. 350.000 Menschen wegen Erbkrankheiten sterilisiert. Tausende Deutsche zahlten für ihre kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime, für „Wehrkraftzersetzung“ oder Hören von „Feindsendern“ mit dem Leben. <br />
<br />
'''Forschung und Erinnerungskultur''' <br />
<br />
Das Dritte Reich bildet die heute wohl am besten erforschte Epoche der deutschen Geschichte. Dabei spielte zunächst das unmittelbare Entsetzen über den „Irrweg einer Nation“ (Alexander Abusch), über „Die deutsche Katastrophe“ (Friedrich Meinecke) eine zentrale Rolle. Man suchte nach den historischen Wurzeln des Nationalsozialismus und konstruierte einen teils weit zurückreichenden „deutschen Sonderweg“, der vom westlich-demokratischen Normalfall abgewichen sei. Spuren für die Vorgeschichte von NS-Diktatur und Holocaust sah man bis hin zum Preußen Friedrichs des Großen oder judenfeindlichen Äußerungen des Reformators Martin Luther. Diese Sicht hat sich allerdings als „wenig substanziell“ (Ulrich Herbert) erwiesen. <br />
Die marxistische Theorie definierte „Faschismus“ als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Georgi Dimitroff). Westliche Historiker betonten den Charakter des Dritten Reiches als moderne totalitäre Diktatur. Ähnlich wie die Sowjetunion als „linkes Gegenstück“ erfüllte es Kriterien wie eine durch Personenkult überhöhte autoritäre Führerpersönlichkeit, Machtmittel wie terroristische Geheimpolizei, Nachrichtenmonopol und Einparteienstaat, eine absolute Geltung beanspruchende Ideologie, totale Erfassung der Bevölkerung, bis zum Massenmord reichende Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen.<br />
<br />
Allerdings ist das Totalitarismus-Modell (Carl J. Friedrich, Hannah Arendt) nicht unumstritten geblieben. So bringt es die dynamischen Wandlungen der NS-Diktatur von der „Machtergreifung“ bis hin zur Radikalisierung im Zweiten Weltkrieg nicht deutlich genug zum Ausdruck. Zugleich hat man zeigen können, dass das Dritte Reich in Ideologie und Machtausübung keineswegs einen homogenen Block darstellte. Mit dem Begriff der „Polykratie“ wurde auf die vielen konkurrierenden Machtgruppen im NS-Staat hingewiesen, der letztlich nur im „Führer“ eine unumstrittene Spitze besaß. <br />
<br />
Norbert Frei hat dieses vom „Führer“-Mythos überwölbte Herrschaftssystem mit dem Begriff „Führerstaat“ gekennzeichnet. Dennoch wird nicht nur in den großen Biographien (Joachim C. Fest, Allan Bullock, Ian Kershaw, Peter Longerich) die zweifellos wichtige Rolle Hitlers unterschiedlich bewertet. Auch die Kombination aus „Verführung und Gewalt“ (Hans-Ulrich Thamer), die massenpsychologischen und sozialpolitischen Angebote der „nationalen Volksgemeinschaft“ sind als wichtige Herrschaftselemente einer modernen „Konsensdikatur“ betont worden. Einigkeit besteht bei allen seriösen Forschungsrichtungen über den Unrechtscharakter des Dritten Reichen mit seinen singulären Verbrechen, die in Weltkrieg und Völkermord gipfelten.<br />
<br />
Unter den zahlreichen Gedenkorten und Museen zur Geschichte des Dritten Reiches ragen einige heraus. Den Opfern gewidmet sind große Gedenkstätten wie in den ehemaligen Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, aber auch in vielen kleineren Lagern, Gefängnissen, Euthanasie-Anstalten usw. Das gilt auch für Stätten des Widerstandes, wie den Bendlerblock in Berlin, wo die Hitler-Attentäter um Stauffenberg erschossen wurden und heute die zentrale „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ angesiedelt ist. Den Tätern widmet sich der Erinnerungsort „Topographie des Terrors“ in der ehemaligen Zentrale von Gestapo, SS und Reichs¬sicherheits¬hauptamt in Berlin. Die Verstrickung von Wirtschaft und Gesellschaft in die NS-Verbrechen wird u.a. im Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt plastisch sichtbar, wo man die Krematorien für Auschwitz und andere KZ gebaut hatte. Nicht zuletzt mit dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin hat sich die Bundesrepublik Deutschland klar zu ihrer historischen Verantwortung bekannt. <br />
<br />
Schwierig gestaltet sich bisweilen der Umgang mit „sperrigen“ Erinnerungsorten vom riesigen KdF-Erholungsheim Prora auf Rügen über das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und Weimarer „Gauforum“ bis hin zu „Hitlers Sommerresidenz“ auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Aber auch hier konnte in vielen Fällen neben pragmatischen Lösungen eine erinnerungskulturelle Aufarbeitung erreicht werden. Das Thema wird schließlich vom Deutschen Historischen Museum in Berlin bis hin zu vielen regionalen Geschichts- und Spezialmuseen dargestellt, findet in der politischen Bildung und in den Medien breiten Widerhall. <br />
<br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Das Dritte Reich''' (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen). Erfurt 2017.<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus|Thüringen im Nationalsozialismus]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Das_Dritte_Reich&diff=35262Das Dritte Reich2017-06-23T09:01:29Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Das Dritte reich =<br />
<br />
'''1933 errichteten die Nationalsozialisten auf den Trümmern der Weimarer Republik eine Diktatur der „Verführung und Gewalt“. Die Verbrechen des „Dritte Reiches“ gipfelten im Zweiten Weltkrieg und dem Mord an Millionen politisch und rassisch verfolgter Menschen.''' <br />
<br />
<br />
'''Aufstieg des Nationalsozialismus bis 1933'''<br />
<br />
[[Datei:DrittesReich.17.jpg|300px|right]]Das Dritte Reich stellt einen Höhepunkt im „Zeitalter der Extreme“ dar, wie der Historiker Eric Hobsbawm das 20. Jahrhundert genannt hat. Am Beginn dieses Jahrhunderts der Kriege, Bürgerkriege und Diktaturen stand der Erste Weltkrieg 1914-1918. In jener „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) wurzeln viele der weiteren historischen Entwicklungen. Das „alte Europa“ ging in den Verheerungen des modernen Massenkrieges unter. Die dem Verlierer Deutschland und seinen Verbündeten diktierten Pariser Friedensverträge 1919 mit Gebietsabtretungen, Verlust der Kolonien, Reparationsforderungen, Entmilitarisierung usw. trugen bereits die Keime eines neuen Revanchekrieges in sich. Für das Deutsche Kaiserreich, vor 1914 eine prosperierende Industrienation mit Weltmachtanspruch, war die „Fallhöhe“ besonders groß. <br />
<br />
Die Demokratien, die zunächst im Nachkriegseuropa dominierten, wurden von linken und rechten Extremismen bedrängt. Deren totalitäre Ideologien (Kommunismus bzw. Bolschewismus, Faschismus bzw. Nationalsozialismus) sollten die Krise der kapitalistischen Massengesellschaft und des „liberalen Systems“ überwinden. Jene angestrebte „Versöhnung mit der Moderne“ (Gunther Mai) war in bislang unbekanntem Maße mit Gewalt verbunden. Seit der russischen Oktoberrevolution der Bolschewiki unter Führung Waldimir Iljitsch Lenins 1917 existierte erstmals eine kommunistische Diktatur, seit der Machtübernahme der „Schwarzhemden“ Benito Mussolinis in Italien 1922 ein faschistisches Regime. Ab 1926 entstanden in den meisten Ländern Süd-, Mittel- und Osteuropas rechtsdiktatorische Staatswesen, während sich die Demokratien West- und Nordeuropas behaupten konnten. <br />
<br />
In Deutschland hatte das Kriegsende 1918 auch das Ende der Monarchie gebracht. Am 9. November 1918 wurde in Berlin die Republik ausgerufen, wurde aus dem Kaiserreich der Hohenzollern die Weimarer Republik. Die extreme Rechte lehnte die neue Demokratie, getragen von gemäßigter Arbeiterbewegung und liberalem Bürgertum, hasserfüllt ab. Sie hielt an dem im Krieg radikalisierten Nationalismus fest, wobei die Niederlage des Heeres durch den „Dolchstoß“ aus der von Linken, Demokraten und Juden unterwanderten Heimatfront erklärt wurde. Die Exponenten der Republik wurden als „Novemberverbrecher“ verfemt und bis hin zu politischen Morden verfolgt, etwa an Finanzminister Matthias Erzberger (1921) und Außenminister Walther Rathenau (1922).<br />
<br />
Zur stärksten Kraft im anfangs breit gefächerten Spektrum der Rechten wurde die 1919 in München gegründete Deutsche Arbeiterpartei, 1920 umbenannt in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). 1921 konnte sich der Weltkriegsgefreite Adolf Hitler (1889-1945) als „Führer“ mit diktatorischer Machtfülle an deren Spitze stellen. Der Österreicher Hitler stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Geboren in Braunau am Inn als Sohn eines Zollbeamten, hatte er sich vor dem Ersten Weltkrieg vergeblich an der Kunstakademie in Wien beworben. Er lebte zeitweise im Obdachlosenheim und schlug sich mit dem Malen von Postkarten durch. Das deutschnational-antisemitische Milieu der Hauptstadt des habsburgischen Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn prägte den jungen Mann. 1913 nach München umgezogen, meldete sich Hitler bei Kriegsbeginn freiwillig ins deutsche Heer. Nach der Niederlage 1918 begann in München der Aufstieg in der rechtsextremen Szene, der sich vor allem seinem rednerischen Talent und populistischen Gespür verdankte. <br />
<br />
Die NS-Ideologie griff gängige Ideen der völkischen Szene seit dem späten 19. Jahrhundert auf. Sie flossen in Hitlers „Weltbild“ zusammen, das schon in seiner Schrift „Mein Kampf“ (1925/27) in den Grundzügen formuliert wurde. Zentrale Elemente waren die Utopie einer rassisch einheitlichen „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Weltgeschichte als ständiger Kampf der Rassen bei Überlegenheit der arischen, nordisch-germanischen Rasse, rassischer Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages hinaus sollte sich das deutsche „Volk ohne Raum“ (Hans Grimm) neue Siedlungsgebiete im Osten erkämpfen. Hinzu kam die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung mit Antimarxismus bzw. Antibolschewismus sowie ein entschiedener Antiparlamentarismus. All dies waren keine eigenständigen Ideen Hitlers und der Nationalsozialisten, die ihre diffuse Ideologie nicht in ein schlüssiges Denkgebäude fassten. Auch der Begriff vom erstrebten tausendjährigen „Dritten Reich“ nach altem Kaiserreich und Bismarcks Reich von 1871 entstammte einem Buchtitel Arthur Moeller van den Brucks, Vordenker der „konservativen Revolution“.<br />
<br />
Die politische und wirtschaftlich-soziale Krise der Nachkriegszeit, gipfelnd in rechten und linken Putschversuchen sowie der Hochinflation vom Herbst 1923, bescherte der NSDAP beachtliche Anfangserfolge. Der gescheiterte Münchner „Hitler-Putsch“ vom 9. November 1923 führte dann allerdings zu einem Rückschlag. Zudem folgte eine mehrjährige Erholungsphase 1924-1929, die „Goldenen Zwanziger“. Sie schien die Republik unter dem prägenden Einfluss des Kanzlers und Außenministers Gustav Stresemann zu festigen. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die NSDAP nur 2,6% der Stimmen. Allerdings konnte sich die demokratische Staatsform nicht nachhaltig etablieren. Das sozialistische Lager der Arbeiterparteien und das bürgerlich-nationale Lager mit fester Verankerung in den jeweiligen Milieus standen sich unversöhnlich gegenüber. Zugleich setzte eine Erosion der Parteienlandschaft mit vielen neuen Interessen- und Splitterparteien ein, die das Regieren auf nationaler und regionaler Ebene immer schwieriger machten. <br />
<br />
Der Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei erfolgte mit Beginn der in den USA ausgelösten Weltwirtschaftskrise Ende 1929. Schon im September 1930 war die Partei mit 18,3% die zweitstärkste Fraktion im Reichstag nach der SPD. Auf dem Höhepunkt der Krise mit sechs Millionen Arbeitslosen und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen wurde sie im Juli 1932 mit 37,4% zur mit Abstand stärksten Partei. Schon 1932 konnte sie die Landesregierungen in Anhalt, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Thüringen übernehmen. Die junge, dynamische Massenpartei mit ihren modernen Propaganda- und Wahlkampfmethoden hatte eine Volksbewegung entfesselt, für die sie als „letzte Rettung“ und Hitler als „nationaler Messias“ erschien. In einer tief ausgeprägten Krisenstimmung der industriell-urbanen Moderne traten große Bevölkerungsteile, insbesondere der bürgerliche Mittelstand, eine förmliche Flucht in die „nationale Volksgemeinschaft“ des charismatischen „Führers“ an.<br />
<br />
'''Aufbau und Formierung der NS-Diktatur 1933-1935'''<br />
<br />
Nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg bereits seit 1930 „halbdemokratische“ Präsidialregierungen auf Grundlage des Notverordnungsrechtes der Weimarer Verfassung (Artikel 48) berufen hatte, erfolgte am 30. Januar 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Konservative Kreise um den Ex-Kanzler Franz von Papen hatten Hindenburg zu diesem Schritt veranlasst. Es war ihr Ziel, die Nationalsozialisten in der Regierungsverantwortung zu „verschleißen“ sowie sie durch starke konservative Kräfte „einzurahmen“. Tatsächlich gehörten zur neuen Regierung der „nationalen Konzentration“ neben Hitler mit Innenminister Wilhelm Frick und dem späteren „Reichsmarschall“ Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich nur zwei weitere Nationalsozialisten. Einigkeit bestand in der Frontstellung gegen die politische Linke und den Parlamentarismus, die die alten Eliten mit Hilfe der rechten Massenbewegung zu verdrängen hofften. „Wir haben ihn uns engagiert“, so tönte Vizekanzler Papen. „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“ <br />
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass Papens „Zähmungskonzept“ nicht aufging. Vielmehr bildete der 30. Januar 1933 den Beginn der „Machtergreifung“ Hitlers und der NSDAP. Für die sofort verkündeten Reichstagswahlen am 5. März 1933 lief nunmehr mit staatlicher Unterstützung die Wahlkampfmaschinerie der NSDAP erneut an. Der politische Gegner auf der Linken, vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wurde unterdrückt und benachteiligt.<br />
<br />
Einen entscheidenden Schritt hin zur NS-Diktatur bildete die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933. Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin, der den Kommunisten angelastet wurde, setzte jene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ alle Grundrechte (persönliche Freiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis usw.) außer Kraft. Politische Gegner konnten fortan ohne Gerichtsbeschluss in „Schutzhaft“ genommen werden, wovon tausendfach Gebrauch gemacht wurde. Ohne die Verfassung der Weimarer Republik formal aufzuheben, bot die „Verfassungsurkunde“ des Dritten Reiches (Ernst Fraenkel) die juristische Grundlage der NS-Gewaltherrschaft. <br />
<br />
Trotz einer absoluten Mehrheit von NSDAP und Konservativen von 51,9% bei den Reichstagswahlen strebte Hitler nunmehr auch die Ausschaltung des parlamentarischen „Weimarer Systems“ an. Das am 24. März 1933 vom Reichstag mit den Stimmen der NSDAP und der Bürgerparteien verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“ übertrug der Regierung die Gesetzgebungskompetenz. Im Juni wurde die SPD verboten (die KPD war seit Februar in den Untergrund abgedrängt), die übrigen Parteien lösten sich resigniert selbst auf. Am 14. Juli 1933 wurde per Gesetz der Einparteienstaat der NSDAP festgeschrieben.<br />
<br />
Neben den Parteien galt es die großen unabhängigen Interessenvertretungen auszuschalten. Hierbei praktizierte die NSDAP eine erfolgreiche Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik. So wurde der 1. Mai 1933 zum Feiertag erhoben und damit ein altes Ziel der sozialistischen Arbeiterbewegung erfüllt. Schon am Tag darauf erfolgte die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. Als neue Zwangsvereinigung diente fortan die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Sie vermittelte mit ihrem sozial- und kulturpolitischen Angebot bis hin zu KdF- („Kraft durch Freude“-) Kreuzfahrten dem „kleinen Mann“ das Gefühl, die Vision einer gerechten „Volksgemeinschaft“ sei ernst gemeint. <br />
<br />
Das Regime ging in jener Formierungsphase daran, seine Machtstellung auszubauen. Parteieinrichtungen und neue parteinahe Institutionen traten neben die traditionellen Staats- und Gesellschaftsstrukturen, die mit Nationalsozialisten durchsetzt wurden. Dies sorgte in vielen Bereichen für Kompetenzgerangel und Reibungsverluste, ohne die NS-Herrschaft zu gefährden. Die großen Massenorganisationen der NSDAP spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Jene „Gliederungen“ und „angeschlossenen Verbände“ erfassten über SA und SS hinaus als ideologische „Transmissionsriemen“ die Menschen vieler Berufe, Interessenlagen und Altersgruppen (Hitlerjugend, NS-Studentenbund, NS-Lehrerbund, NS-Ärztebund, NS-Beamtenbund, NS-Kraftfahr-Korps usw.). <br />
<br />
Seit März 1933 erfolgte auch die schrittweise „Gleichschaltung“ der Länder. Mit dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ vom 30. Januar 1934 wurden sie zu reinen Verwaltungseinheiten zurückgestuft. Damit kam den Gauen der NSDAP und ihren Gauleitern wachsendes Gewicht zu. Jene „Vizekönige“ Hitlers konnten sich je nach politisch-administrativen Rahmenbedingungen und persönlicher Durchsetzungskraft eine beachtliche Machtstellung aufbauen. Der Thüringer Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel etwa profilierte sich zu Hitlers „Muster-Gauleiter“. In Weimar entstand mit dem gigantischen „Gauforum“ (Weimarplatz) eine NS-Machtzentrale, nach deren Vorbild alle deutschen Gauhauptstädte hätten umgebaut werden sollen. Sauckel zeichnete auch für den Zwangsarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Der 1942 ernannte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (GBA) wurde als „Hitlers Sklavenhalter“ 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
<br />
Eine weitere wichtige Zäsur für die Stabilisierung des Dritten Reiches bildete der „Röhm-Putsch“ 1934, als die gesamte Führung der SA (Sturmabteilung) um Stabschef Ernst Röhm ermordet wurde. Die SA war 1921 in der „Kampfzeit“ der „Bewegung“ als Saalschutz gegründet und zum paramilitärischen Wehrverband der NSDAP ausgebaut worden. Aus den Kreisen der „Braunhemden“ wurde jetzt der Ruf nach einer weitergehenden sozialen Revolution laut, Röhm strebte in Konfrontation zur Reichswehr die Umwandlung der SA in eine Volksmiliz an. Die Mordaktion am 30. Juni 1934 entmachtete den letzten ernsthaften Konkurrenten Hitlers, die Reichswehr blieb „Waffenträger der Nation“. Die 1925 gegründete SS (Schutzstaffel) rückte unter ihrem Reichsführer Heinrich Himmler als „schwarzer Orden“ zur Elite des Dritten Reiches auf. Mit dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 und der Proklamation Hitlers zum „Führer und Reichskanzler“ sowie der Vereidigung der Reichswehr auf seine Person war die Führerdiktatur weitgehend vollendet. <br />
<br />
Diese auf den „Führer“ zugeschnittene Diktatur wurde durch einen vor allem von Joseph Goebbels‘ Propagandaministerium verbreiteten Hitlermythos gestützt. Immer perfekter steuerte Goebbels durch Propagandakampagnen, Informationsmonopol, staatliche Kulturlenkung und theatralische Massenveranstaltungen wie die Nürnberger Reichsparteitage die öffentliche Meinung. Der absolute Kontroll- und Lenkungsanspruch kam besonders in den jungen Medien Rundfunk und Film zum Ausdruck. Stets wurde die neue nationale Volksgemeinschaft beschworen, aber auch der Anschein einer Versöhnung der jungen NS-Bewegung mit dem alten preußisch-konservativen Deutschland suggeriert. Hierfür steht der minutiös geplante „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, der Zusammenkunft des neuen Reichstags in der Potsdamer Garnisonkirche, mit der symbolischen Verneigung Hitlers vor dem kaiserlichen Generalfeldmarschall und Weltkriegs-Helden Hindenburg.<br />
<br />
Von Beginn an schlug sich aber auch die aggressive NS-Rassenideologie, insbesondere der Antisemitismus, in der Politik des Dritten Reiches deutlich nieder. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten unterschied sich von der traditionellen, eher religiös-kulturellen Judenfeindschaft durch seine starke Bezogenheit auf die Rasse, auf das „Blut“. Hitler sah in den Juden ein „parasitäres“ Volk, das auf Kosten seiner „Wirtsvölker“, besonders der Deutschen lebe und gar in Form des „jüdischen Bolschewismus“ die Weltherrschaft anstrebe. Daher müsse dieser „Bazillus“ ausgemerzt werden. Erste Maßnahmen waren der Boykott jüdischer Geschäfte vom 1. April 1933, das Herausdrängen der Juden aus dem öffentlichen Dienst und weitere alltagsweltliche Diskriminierungen. Mit den „Nürnberger Gesetzen“ vom September 1935 wurden Juden zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert, Eheschließungen und sexuelle Beziehungen mit Bürgern „deutschen und artverwandten Blutes“ als „Rassenschande“ verboten und unter Strafe gestellt.<br />
<br />
'''Konsolidierung und Kriegsvorbereitung 1936-1939'''<br />
<br />
Mit der Konsolidierung der Macht des Nationalsozialismus radikalisierte sich dessen zunächst noch recht vage Ideologie. Dies schlug sich besonders in der Verschärfung des Antisemitismus nieder. Mit der „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 fand die Gewalteskalation einen weiteren Höhepunkt. Hunderte Synagogen wurden niedergebrannt, tausende Menschen misshandelt und verschleppt, wobei etwa hundert ums Leben kamen. In der Folge wurden die Juden endgültig aus dem Wirtschaftsleben verdrängt („Arisierung“) und zur Ausreise genötigt. Bis zum Auswanderungsverbot 1941 hatten rund 300.000 der ursprünglich 500.000 jüdischen Bürger Deutschland verlassen. Ähnlichen Verfolgungen ausgesetzt war auch die Volksgruppe der Sinti und Roma („Zigeuner“).<br />
<br />
Bis 1937 wurden die vielen teils provisorischen Konzentrationslager (KZ) unter Leitung der SS in ein System fest ausgebauter KZ umgewandelt, allen voran die drei Großlager Dachau bei München, Buchenwald bei Weimar und Sachsenhausen bei Berlin. Die Konzentrationslager bildeten ein zentrales Element im „SS-Staat“ (Eugen Kogon), mit dem politisch, rassisch und sozial „minderwertige“ Menschen von der „Volksgemeinschaft“ isoliert, „umerzogen“ oder vernichtet werden sollten. Im Krieg dienten viele Lager mit ihren tausenden von Häftlingen auch der Rüstungswirtschaft. Zugleich verfolgte SS-Reichsführer Heinrich Himmler als „Chef der deutschen Polizei“ (1936) insbesondere mit der berüchtigten Geheimen Staatspolizei (Gestapo) jegliche Form von Widerspruch gegen das NS-Regime.<br />
<br />
Andererseits gelang es dem Regime weiter, sich als moderner, sozial engagierter Volksstaat zu profilieren, der bei aller bleibenden Alltagskritik von einer Bevölkerungsmehrheit getragen wurde. Schon 1934 ging die Arbeitslosenzahl (auch dank allgemeiner Konjunkturbelebung) nominell um über 50% zurück, 1938 herrschte (insbesondere wegen der Aufrüstung) praktisch Vollbeschäftigung – der „Führer“ hatte in den Augen vieler Deutscher „Wort gehalten“. Großprojekte, wie der bereits in der Weimarer Republik geplante Autobahnbau oder die Olympischen Spiele 1936 in Berlin verschafften erhebliche innen- und außenpolitische Prestigegewinne. <br />
<br />
So hatte es der Widerstand gegen das NS-Regime bis in den Krieg hinein schwer, wirkliche Unterstützung zu finden. Der aktive linke, v.a. kommunistische Widerstand musste die meisten Opfer beklagen. Auch Vertreter der protestantischen Bekennenden Kirche wie Dietrich Bonhoeffer und anderer Konfessionen ließen für ihre Überzeugung das Leben. Gruppen wie die „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl in München 1943 endeten ebenso wie der militärische Widerstand um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Carl Goerdeler und Julius Leber durch braune Henker. Nicht nur dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 durch die Gruppe um Stauffenberg blieb der Erfolg versagt, auch andere Versuche scheiterten, wie das Bombenattentat am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller durch den Einzeltäter Georg Elser.<br />
<br />
Durch die wachsende Popularität gestärkt, konnte Hitler ab Mitte der 1930er-Jahre auch an eine schrittweise Ausschaltung der alten Eliten herangehen. Über den rasanten Aufrüstungskurs, der nur noch durch spätere „Kriegsbeute“ zu finanzieren war, kam es zum Bruch mit Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, der 1937 als Wirtschaftsminister abgelöst wurde. Auch aus Diplomatie und Militär kamen warnende Stimmen. Daher wurde 1938 Außenminister Konstantin von Neurath durch den überzeugten Nationalsozialisten Joachim von Ribbentrop ersetzt und in der inszenierten „Blomberg-Fritsch-Krise“ Kriegsminister Werner von Blomberg und Heeres-Oberbefehlshaber Werner von Fritsch abgelöst. Hitler übernahm direkt die Befehlsgewalt und schuf sich mit dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unter General Wilhelm Keitel eine für ihn zuverlässige Führungsspitze. <br />
<br />
Die fortschreitende Konsolidierung der NS-Diktatur hatte eine wichtige Ursache in ihren außenpolitischen Erfolgen. Die von Hitler stets verkündete Revision der Versailler Friedensordnung von 1919 galt nahezu allen Deutschen als notwendig. Ein erster Erfolg fiel ihm im Januar 1935 mit der Abstimmung im vom Völkerbund verwalteten Saarland zu, wo sich über 90% der Bevölkerung für die „Heimkehr ins Reich“ entschieden. Zwei Monate später verkündete Hitler die Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Aufbau einer starken Wehrmacht, worauf die Großmächte nur mit Protesten reagierten. Eine Intervention blieb auch aus, als die Wehrmacht im März 1936 in das laut Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland einmarschierte. <br />
<br />
Einen enormen Popularitätsschub für das Hitler-Regime brachte der Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes an das Reich im März und September 1938. Mit dem „Großdeutschen Reich“ einschließlich Österreichs, dem 1919 ein Anschluss von den Siegermächten verboten worden war, erfüllte sich ein alter nationaler Traum der Deutschen. Die Abtretung der Sudetengebiete von der Tschechoslowakei erfolgte unter Zustimmung Großbritanniens, Frankreichs und Italiens im Münchner Abkommen vom 29. September 1938. Der Erfolg dieser Maßnahmen wurzelte auch darin, dass Hitler „etwas bis zu einem gewissen Grad Verständliches auf unrechtmäßige Weise“ (Klaus Hildebrand) tat und dabei immer seine Friedensliebe betonte. Zugleich sah man besonders in London Deutschland als ein wichtiges Bollwerk gegen die kommunistische Sowjetunion. <br />
<br />
Hatte das Dritte Reich bisher in seiner rasanten Expansionspolitik Territorien mit überwiegend deutscher Bevölkerung an sich gerissen, bildete die Zerschlagung der „Resttschechei“ und deren Umwandlung in das „Protektorat Böhmen und Mähren“ im März 1939 jedoch eindeutig einen Akt gewaltsamer Unterwerfung. Jetzt erkannte man auch in Großbritannien, dass die Appeasement- (Beschwichtigungs-) Politik von Premier Neville Chamberlain gescheitert war, der um des Friedens willen Deutschland seine vermeintlich traditionelle Revisionspolitik hatte betreiben lassen. Unmissverständlich machte der Westen Hitler nunmehr klar, dass jeder weitere Überfall auf einen Nachbarn Krieg zur Folge haben werde. Untermauert wurde dies durch eine englisch-französische Garantieerklärung für Polen. <br />
<br />
'''Zweiter Weltkrieg 1939-1945'''<br />
<br />
Damit war der gezielte Kriegskurs des Dritten Reiches freilich nicht mehr zu stoppen. Schon am 3. Februar 1933 hatte Hitler gegenüber führenden Generälen die „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“ als Ziel seiner Außenpolitik genannt. Auch die von ihm insgeheim angestrebte Weltherrschaft und Vernichtung der Juden waren nur durch Krieg realisierbar. Hierzu hatte Hitler 1936/37 Italien und Japan („Achse Berlin-Rom-Tokio“) als wichtigste Verbündete gewinnen können.<br />
<br />
Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Er gilt als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte mit bis zu 60 Millionen Todesopfern. Den Rücken im Osten hatte sich Deutschland zunächst durch den spektakulären „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 freigehalten, in dem die Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion in einem geheimen Zusatzprotokoll festgelegt wurde. Trotz formeller Kriegserklärung griffen Großbritannien und Frankreich praktisch nicht ein und schon am 28. September musste Polen kapitulieren. Der Besetzung Dänemarks und Norwegens im Frühjahr 1940 folgte der „Westfeldzug“ vom 10. Mai bis 22. Juni 1940, der mit der Kapitulation Frankreichs endete. Die Siege der „Blitzkrieg“-Phase führten Hitler auf den Höhepunkt seiner Popularität in Deutschland („Größter Feldherr aller Zeiten“) und trugen der Wehrmacht den Ruf der Unbesiegbarkeit ein. <br />
<br />
Allerdings gelang es anschließend nicht, Großbritannien in der erbitterten „Luftschlacht um England“ („Battle of Britain“) in die Knie zu zwingen. Auch musste Deutschland seinem Bündnispartner Italien in Nordafrika und auf dem Balkan zu Hilfe eilen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 („Fall Barbarossa“) begann der rassistische Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Osten. Trotz großer Anfangserfolge bekam die Wehrmacht in den Weiten Russlands bald Probleme. Deutlich zeichnete sich die Kriegswende spätestens nach der Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/43 ab, als die 6. Armee unter General Friedrich Paulus vernichtet wurde. Auch der von Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner Berliner Sportpalastrede ausgerufene „totale Krieg“ oder die U-Boot-Waffe konnten die strategische Unterlegenheit der „Achsenmächte“ nicht mehr kompensieren. Zudem befand sich Deutschland seit dem japanischen Angriff auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor im Dezember 1941 auch im Krieg mit den USA. <br />
<br />
Die Alliierten USA, Großbritannien und Sowjetunion eroberten, beschleunigt durch die Eröffnung der „zweiten Front“ in Frankreich am 6. Juni 1944, die deutsche „Festung Europa“. Rund 600.000 Deutsche verloren, nachdem die deutsche Luftwaffe zuvor rücksichtslos gegnerische Städte bombardiert hatte, bei den seit 1943 massiv verstärkten angloamerikanischen Luftangriffen ihr Leben. Symbolisch hierfür steht das barocke „Elbflorenz“ Dresden, das vom 13. bis 15. Februar 1945 in Schutt und Asche versank. Bemühungen, die aus der Luft gefährdete Rüstung untertage aufrecht zu erhalten, kosteten hunderttausenden Zwangsarbeitern und Häftlingen das Leben. Am bekanntesten ist die Verlagerung der V2-Raketenproduktion von Peenemünde auf der Insel Usedom in Stollen bei Nordhausen mit dem eigens hierfür errichteten KZ Mittelbau-Dora 1943/45. Mit „Wunderwaffen“ wie der V2 („Vergeltungswaffe“) sollte der Glaube an den „Endsieg“ aufrechterhalten werden. <br />
<br />
Alle verzweifelten Mobilisierungsversuche schoben die Niederlage aber nur um einen hohen Preis hinaus, zumal die Intensität des Krieges noch einmal dramatisch zunahm. Mehr als die Hälfte der 3,2 Millionen gefallenen deutschen Soldaten etwa verlor in den letzten zehn Kriegsmonaten ihr Leben. Begleitet war die Schlussphase des NS-Regimes auch von schweren Ausschreitungen vor allem der Sowjetarmee gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Die Flucht und Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa setzte sich über das Kriegsende hinaus unter Akzeptanz der Alliierten ebenfalls mit teils erheblicher Brutalität fort. Bis zu zwei Millionen Deutsche verloren hierbei ihr Leben. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht bedingungslos, Hitler hatte bereits am 30. April im Bunker der Berliner Reichskanzlei Selbstmord begangen.<br />
<br />
Der Weltkrieg brachte auch einen letzten Radikalisierungsschub bei der Umsetzung der ideologischen Ziele des Dritten Reiches. Ein beispielloses Verbrechen stellt der Holocaust bzw. die Shoa dar, die systematische Vernichtung der europäischen Juden. Nach verschiedenen Überlegungen, u.a. einer gigantischen Umsiedlungsaktion nach Madagaskar, beauftragte Hermann Göring am 31. Juli 1941 SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich mit der „Endlösung der Judenfrage“. Auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 wurde die Umsetzung zwischen SS und beteiligten Reichsbehörden abgestimmt. In Ghettos, bei Erschießungsaktionen und der industriellen Vernichtung in den Konzentrationslagern des Ostens (Auschwitz, Belzec, Chelmno, Sobibor, Treblinka) kamen rund sechs Millionen Juden ums Leben. Dieses Schicksal teilten rund 200.000 Sinti und Roma.<br />
<br />
Millionen Menschen besonders in Polen und der Sowjetunion, die die Nationalsozialisten als slawische „Untermenschen“ ansahen, fielen ebenfalls der Besatzungsherrschaft zum Opfer. Auf bis zu 14 Millionen wird letztlich die Gesamtzahl der Toten außerhalb von Kampfhandlungen im deutschen Machtbereich geschätzt, darunter auch 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene. In Polen hatte man schon 1939 gezielt die Eliten des Landes auszulöschen versucht. Zunächst im polnischen „Generalgouvernement“, dann in den eroberten Gebieten der Sowjetunion sollte ein landwirtschaftlich geprägtes Kolonialreich entstehen. Dort hatten die überlebenden Einwohner als Arbeitskräfte den deutschen „Herrenmenschen“ zu dienen. Der „Rassenhygiene“ am deutschen „Volkskörper“ fielen rund 150.000 behinderte Menschen und andere „Ballastexistenzen“ zum Opfer (Euthanasie), zugleich wurden ca. 350.000 Menschen wegen Erbkrankheiten sterilisiert. Tausende Deutsche zahlten für ihre kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime, für „Wehrkraftzersetzung“ oder Hören von „Feindsendern“ mit dem Leben. <br />
<br />
'''Forschung und Erinnerungskultur''' <br />
<br />
Das Dritte Reich bildet die heute wohl am besten erforschte Epoche der deutschen Geschichte. Dabei spielte zunächst das unmittelbare Entsetzen über den „Irrweg einer Nation“ (Alexander Abusch), über „Die deutsche Katastrophe“ (Friedrich Meinecke) eine zentrale Rolle. Man suchte nach den historischen Wurzeln des Nationalsozialismus und konstruierte einen teils weit zurückreichenden „deutschen Sonderweg“, der vom westlich-demokratischen Normalfall abgewichen sei. Spuren für die Vorgeschichte von NS-Diktatur und Holocaust sah man bis hin zum Preußen Friedrichs des Großen oder judenfeindlichen Äußerungen des Reformators Martin Luther. Diese Sicht hat sich allerdings als „wenig substanziell“ (Ulrich Herbert) erwiesen. <br />
Die marxistische Theorie definierte „Faschismus“ als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Georgi Dimitroff). Westliche Historiker betonten den Charakter des Dritten Reiches als moderne totalitäre Diktatur. Ähnlich wie die Sowjetunion als „linkes Gegenstück“ erfüllte es Kriterien wie eine durch Personenkult überhöhte autoritäre Führerpersönlichkeit, Machtmittel wie terroristische Geheimpolizei, Nachrichtenmonopol und Einparteienstaat, eine absolute Geltung beanspruchende Ideologie, totale Erfassung der Bevölkerung, bis zum Massenmord reichende Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen.<br />
<br />
Allerdings ist das Totalitarismus-Modell (Carl J. Friedrich, Hannah Arendt) nicht unumstritten geblieben. So bringt es die dynamischen Wandlungen der NS-Diktatur von der „Machtergreifung“ bis hin zur Radikalisierung im Zweiten Weltkrieg nicht deutlich genug zum Ausdruck. Zugleich hat man zeigen können, dass das Dritte Reich in Ideologie und Machtausübung keineswegs einen homogenen Block darstellte. Mit dem Begriff der „Polykratie“ wurde auf die vielen konkurrierenden Machtgruppen im NS-Staat hingewiesen, der letztlich nur im „Führer“ eine unumstrittene Spitze besaß. <br />
<br />
Norbert Frei hat dieses vom „Führer“-Mythos überwölbte Herrschaftssystem mit dem Begriff „Führerstaat“ gekennzeichnet. Dennoch wird nicht nur in den großen Biographien (Joachim C. Fest, Allan Bullock, Ian Kershaw, Peter Longerich) die zweifellos wichtige Rolle Hitlers unterschiedlich bewertet. Auch die Kombination aus „Verführung und Gewalt“ (Hans-Ulrich Thamer), die massenpsychologischen und sozialpolitischen Angebote der „nationalen Volksgemeinschaft“ sind als wichtige Herrschaftselemente einer modernen „Konsensdikatur“ betont worden. Einigkeit besteht bei allen seriösen Forschungsrichtungen über den Unrechtscharakter des Dritten Reichen mit seinen singulären Verbrechen, die in Weltkrieg und Völkermord gipfelten.<br />
<br />
Unter den zahlreichen Gedenkorten und Museen zur Geschichte des Dritten Reiches ragen einige heraus. Den Opfern gewidmet sind große Gedenkstätten wie in den ehemaligen Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, aber auch in vielen kleineren Lagern, Gefängnissen, Euthanasie-Anstalten usw. Das gilt auch für Stätten des Widerstandes, wie den Bendlerblock in Berlin, wo die Hitler-Attentäter um Stauffenberg erschossen wurden und heute die zentrale „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ angesiedelt ist. Den Tätern widmet sich der Erinnerungsort „Topographie des Terrors“ in der ehemaligen Zentrale von Gestapo, SS und Reichs¬sicherheits¬hauptamt in Berlin. Die Verstrickung von Wirtschaft und Gesellschaft in die NS-Verbrechen wird u.a. im Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt plastisch sichtbar, wo man die Krematorien für Auschwitz und andere KZ gebaut hatte. Nicht zuletzt mit dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin hat sich die Bundesrepublik Deutschland klar zu ihrer historischen Verantwortung bekannt. <br />
<br />
Schwierig gestaltet sich bisweilen der Umgang mit „sperrigen“ Erinnerungsorten vom riesigen KdF-Erholungsheim Prora auf Rügen über das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und Weimarer „Gauforum“ bis hin zu „Hitlers Sommerresidenz“ auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Aber auch hier konnte in vielen Fällen neben pragmatischen Lösungen eine erinnerungskulturelle Aufarbeitung erreicht werden. Das Thema wird schließlich vom Deutschen Historischen Museum in Berlin bis hin zu vielen regionalen Geschichts- und Spezialmuseen dargestellt, findet in der politischen Bildung und in den Medien breiten Widerhall. <br />
<br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Das Dritte Reich''' (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen). Erfurt 2017.<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus|Thüringen im Nationalsozialismus]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Das_Dritte_Reich&diff=35261Das Dritte Reich2017-06-23T09:01:15Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Das Dritte reich =<br />
<br />
'''1933 errichteten die Nationalsozialisten auf den Trümmern der Weimarer Republik eine Diktatur der „Verführung und Gewalt“. Die Verbrechen des „Dritte Reiches“ gipfelten im Zweiten Weltkrieg und dem Mord an Millionen politisch und rassisch verfolgter Menschen.''' <br />
<br />
<br />
'''Aufstieg des Nationalsozialismus bis 1933'''<br />
<br />
[[Datei:DrittesReich.17.jpg|320px|right]]Das Dritte Reich stellt einen Höhepunkt im „Zeitalter der Extreme“ dar, wie der Historiker Eric Hobsbawm das 20. Jahrhundert genannt hat. Am Beginn dieses Jahrhunderts der Kriege, Bürgerkriege und Diktaturen stand der Erste Weltkrieg 1914-1918. In jener „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) wurzeln viele der weiteren historischen Entwicklungen. Das „alte Europa“ ging in den Verheerungen des modernen Massenkrieges unter. Die dem Verlierer Deutschland und seinen Verbündeten diktierten Pariser Friedensverträge 1919 mit Gebietsabtretungen, Verlust der Kolonien, Reparationsforderungen, Entmilitarisierung usw. trugen bereits die Keime eines neuen Revanchekrieges in sich. Für das Deutsche Kaiserreich, vor 1914 eine prosperierende Industrienation mit Weltmachtanspruch, war die „Fallhöhe“ besonders groß. <br />
<br />
Die Demokratien, die zunächst im Nachkriegseuropa dominierten, wurden von linken und rechten Extremismen bedrängt. Deren totalitäre Ideologien (Kommunismus bzw. Bolschewismus, Faschismus bzw. Nationalsozialismus) sollten die Krise der kapitalistischen Massengesellschaft und des „liberalen Systems“ überwinden. Jene angestrebte „Versöhnung mit der Moderne“ (Gunther Mai) war in bislang unbekanntem Maße mit Gewalt verbunden. Seit der russischen Oktoberrevolution der Bolschewiki unter Führung Waldimir Iljitsch Lenins 1917 existierte erstmals eine kommunistische Diktatur, seit der Machtübernahme der „Schwarzhemden“ Benito Mussolinis in Italien 1922 ein faschistisches Regime. Ab 1926 entstanden in den meisten Ländern Süd-, Mittel- und Osteuropas rechtsdiktatorische Staatswesen, während sich die Demokratien West- und Nordeuropas behaupten konnten. <br />
<br />
In Deutschland hatte das Kriegsende 1918 auch das Ende der Monarchie gebracht. Am 9. November 1918 wurde in Berlin die Republik ausgerufen, wurde aus dem Kaiserreich der Hohenzollern die Weimarer Republik. Die extreme Rechte lehnte die neue Demokratie, getragen von gemäßigter Arbeiterbewegung und liberalem Bürgertum, hasserfüllt ab. Sie hielt an dem im Krieg radikalisierten Nationalismus fest, wobei die Niederlage des Heeres durch den „Dolchstoß“ aus der von Linken, Demokraten und Juden unterwanderten Heimatfront erklärt wurde. Die Exponenten der Republik wurden als „Novemberverbrecher“ verfemt und bis hin zu politischen Morden verfolgt, etwa an Finanzminister Matthias Erzberger (1921) und Außenminister Walther Rathenau (1922).<br />
<br />
Zur stärksten Kraft im anfangs breit gefächerten Spektrum der Rechten wurde die 1919 in München gegründete Deutsche Arbeiterpartei, 1920 umbenannt in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). 1921 konnte sich der Weltkriegsgefreite Adolf Hitler (1889-1945) als „Führer“ mit diktatorischer Machtfülle an deren Spitze stellen. Der Österreicher Hitler stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Geboren in Braunau am Inn als Sohn eines Zollbeamten, hatte er sich vor dem Ersten Weltkrieg vergeblich an der Kunstakademie in Wien beworben. Er lebte zeitweise im Obdachlosenheim und schlug sich mit dem Malen von Postkarten durch. Das deutschnational-antisemitische Milieu der Hauptstadt des habsburgischen Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn prägte den jungen Mann. 1913 nach München umgezogen, meldete sich Hitler bei Kriegsbeginn freiwillig ins deutsche Heer. Nach der Niederlage 1918 begann in München der Aufstieg in der rechtsextremen Szene, der sich vor allem seinem rednerischen Talent und populistischen Gespür verdankte. <br />
<br />
Die NS-Ideologie griff gängige Ideen der völkischen Szene seit dem späten 19. Jahrhundert auf. Sie flossen in Hitlers „Weltbild“ zusammen, das schon in seiner Schrift „Mein Kampf“ (1925/27) in den Grundzügen formuliert wurde. Zentrale Elemente waren die Utopie einer rassisch einheitlichen „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Weltgeschichte als ständiger Kampf der Rassen bei Überlegenheit der arischen, nordisch-germanischen Rasse, rassischer Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages hinaus sollte sich das deutsche „Volk ohne Raum“ (Hans Grimm) neue Siedlungsgebiete im Osten erkämpfen. Hinzu kam die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung mit Antimarxismus bzw. Antibolschewismus sowie ein entschiedener Antiparlamentarismus. All dies waren keine eigenständigen Ideen Hitlers und der Nationalsozialisten, die ihre diffuse Ideologie nicht in ein schlüssiges Denkgebäude fassten. Auch der Begriff vom erstrebten tausendjährigen „Dritten Reich“ nach altem Kaiserreich und Bismarcks Reich von 1871 entstammte einem Buchtitel Arthur Moeller van den Brucks, Vordenker der „konservativen Revolution“.<br />
<br />
Die politische und wirtschaftlich-soziale Krise der Nachkriegszeit, gipfelnd in rechten und linken Putschversuchen sowie der Hochinflation vom Herbst 1923, bescherte der NSDAP beachtliche Anfangserfolge. Der gescheiterte Münchner „Hitler-Putsch“ vom 9. November 1923 führte dann allerdings zu einem Rückschlag. Zudem folgte eine mehrjährige Erholungsphase 1924-1929, die „Goldenen Zwanziger“. Sie schien die Republik unter dem prägenden Einfluss des Kanzlers und Außenministers Gustav Stresemann zu festigen. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die NSDAP nur 2,6% der Stimmen. Allerdings konnte sich die demokratische Staatsform nicht nachhaltig etablieren. Das sozialistische Lager der Arbeiterparteien und das bürgerlich-nationale Lager mit fester Verankerung in den jeweiligen Milieus standen sich unversöhnlich gegenüber. Zugleich setzte eine Erosion der Parteienlandschaft mit vielen neuen Interessen- und Splitterparteien ein, die das Regieren auf nationaler und regionaler Ebene immer schwieriger machten. <br />
<br />
Der Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei erfolgte mit Beginn der in den USA ausgelösten Weltwirtschaftskrise Ende 1929. Schon im September 1930 war die Partei mit 18,3% die zweitstärkste Fraktion im Reichstag nach der SPD. Auf dem Höhepunkt der Krise mit sechs Millionen Arbeitslosen und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen wurde sie im Juli 1932 mit 37,4% zur mit Abstand stärksten Partei. Schon 1932 konnte sie die Landesregierungen in Anhalt, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Thüringen übernehmen. Die junge, dynamische Massenpartei mit ihren modernen Propaganda- und Wahlkampfmethoden hatte eine Volksbewegung entfesselt, für die sie als „letzte Rettung“ und Hitler als „nationaler Messias“ erschien. In einer tief ausgeprägten Krisenstimmung der industriell-urbanen Moderne traten große Bevölkerungsteile, insbesondere der bürgerliche Mittelstand, eine förmliche Flucht in die „nationale Volksgemeinschaft“ des charismatischen „Führers“ an.<br />
<br />
'''Aufbau und Formierung der NS-Diktatur 1933-1935'''<br />
<br />
Nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg bereits seit 1930 „halbdemokratische“ Präsidialregierungen auf Grundlage des Notverordnungsrechtes der Weimarer Verfassung (Artikel 48) berufen hatte, erfolgte am 30. Januar 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Konservative Kreise um den Ex-Kanzler Franz von Papen hatten Hindenburg zu diesem Schritt veranlasst. Es war ihr Ziel, die Nationalsozialisten in der Regierungsverantwortung zu „verschleißen“ sowie sie durch starke konservative Kräfte „einzurahmen“. Tatsächlich gehörten zur neuen Regierung der „nationalen Konzentration“ neben Hitler mit Innenminister Wilhelm Frick und dem späteren „Reichsmarschall“ Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich nur zwei weitere Nationalsozialisten. Einigkeit bestand in der Frontstellung gegen die politische Linke und den Parlamentarismus, die die alten Eliten mit Hilfe der rechten Massenbewegung zu verdrängen hofften. „Wir haben ihn uns engagiert“, so tönte Vizekanzler Papen. „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“ <br />
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass Papens „Zähmungskonzept“ nicht aufging. Vielmehr bildete der 30. Januar 1933 den Beginn der „Machtergreifung“ Hitlers und der NSDAP. Für die sofort verkündeten Reichstagswahlen am 5. März 1933 lief nunmehr mit staatlicher Unterstützung die Wahlkampfmaschinerie der NSDAP erneut an. Der politische Gegner auf der Linken, vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wurde unterdrückt und benachteiligt.<br />
<br />
Einen entscheidenden Schritt hin zur NS-Diktatur bildete die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933. Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin, der den Kommunisten angelastet wurde, setzte jene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ alle Grundrechte (persönliche Freiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis usw.) außer Kraft. Politische Gegner konnten fortan ohne Gerichtsbeschluss in „Schutzhaft“ genommen werden, wovon tausendfach Gebrauch gemacht wurde. Ohne die Verfassung der Weimarer Republik formal aufzuheben, bot die „Verfassungsurkunde“ des Dritten Reiches (Ernst Fraenkel) die juristische Grundlage der NS-Gewaltherrschaft. <br />
<br />
Trotz einer absoluten Mehrheit von NSDAP und Konservativen von 51,9% bei den Reichstagswahlen strebte Hitler nunmehr auch die Ausschaltung des parlamentarischen „Weimarer Systems“ an. Das am 24. März 1933 vom Reichstag mit den Stimmen der NSDAP und der Bürgerparteien verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“ übertrug der Regierung die Gesetzgebungskompetenz. Im Juni wurde die SPD verboten (die KPD war seit Februar in den Untergrund abgedrängt), die übrigen Parteien lösten sich resigniert selbst auf. Am 14. Juli 1933 wurde per Gesetz der Einparteienstaat der NSDAP festgeschrieben.<br />
<br />
Neben den Parteien galt es die großen unabhängigen Interessenvertretungen auszuschalten. Hierbei praktizierte die NSDAP eine erfolgreiche Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik. So wurde der 1. Mai 1933 zum Feiertag erhoben und damit ein altes Ziel der sozialistischen Arbeiterbewegung erfüllt. Schon am Tag darauf erfolgte die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. Als neue Zwangsvereinigung diente fortan die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Sie vermittelte mit ihrem sozial- und kulturpolitischen Angebot bis hin zu KdF- („Kraft durch Freude“-) Kreuzfahrten dem „kleinen Mann“ das Gefühl, die Vision einer gerechten „Volksgemeinschaft“ sei ernst gemeint. <br />
<br />
Das Regime ging in jener Formierungsphase daran, seine Machtstellung auszubauen. Parteieinrichtungen und neue parteinahe Institutionen traten neben die traditionellen Staats- und Gesellschaftsstrukturen, die mit Nationalsozialisten durchsetzt wurden. Dies sorgte in vielen Bereichen für Kompetenzgerangel und Reibungsverluste, ohne die NS-Herrschaft zu gefährden. Die großen Massenorganisationen der NSDAP spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Jene „Gliederungen“ und „angeschlossenen Verbände“ erfassten über SA und SS hinaus als ideologische „Transmissionsriemen“ die Menschen vieler Berufe, Interessenlagen und Altersgruppen (Hitlerjugend, NS-Studentenbund, NS-Lehrerbund, NS-Ärztebund, NS-Beamtenbund, NS-Kraftfahr-Korps usw.). <br />
<br />
Seit März 1933 erfolgte auch die schrittweise „Gleichschaltung“ der Länder. Mit dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ vom 30. Januar 1934 wurden sie zu reinen Verwaltungseinheiten zurückgestuft. Damit kam den Gauen der NSDAP und ihren Gauleitern wachsendes Gewicht zu. Jene „Vizekönige“ Hitlers konnten sich je nach politisch-administrativen Rahmenbedingungen und persönlicher Durchsetzungskraft eine beachtliche Machtstellung aufbauen. Der Thüringer Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel etwa profilierte sich zu Hitlers „Muster-Gauleiter“. In Weimar entstand mit dem gigantischen „Gauforum“ (Weimarplatz) eine NS-Machtzentrale, nach deren Vorbild alle deutschen Gauhauptstädte hätten umgebaut werden sollen. Sauckel zeichnete auch für den Zwangsarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Der 1942 ernannte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (GBA) wurde als „Hitlers Sklavenhalter“ 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
<br />
Eine weitere wichtige Zäsur für die Stabilisierung des Dritten Reiches bildete der „Röhm-Putsch“ 1934, als die gesamte Führung der SA (Sturmabteilung) um Stabschef Ernst Röhm ermordet wurde. Die SA war 1921 in der „Kampfzeit“ der „Bewegung“ als Saalschutz gegründet und zum paramilitärischen Wehrverband der NSDAP ausgebaut worden. Aus den Kreisen der „Braunhemden“ wurde jetzt der Ruf nach einer weitergehenden sozialen Revolution laut, Röhm strebte in Konfrontation zur Reichswehr die Umwandlung der SA in eine Volksmiliz an. Die Mordaktion am 30. Juni 1934 entmachtete den letzten ernsthaften Konkurrenten Hitlers, die Reichswehr blieb „Waffenträger der Nation“. Die 1925 gegründete SS (Schutzstaffel) rückte unter ihrem Reichsführer Heinrich Himmler als „schwarzer Orden“ zur Elite des Dritten Reiches auf. Mit dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 und der Proklamation Hitlers zum „Führer und Reichskanzler“ sowie der Vereidigung der Reichswehr auf seine Person war die Führerdiktatur weitgehend vollendet. <br />
<br />
Diese auf den „Führer“ zugeschnittene Diktatur wurde durch einen vor allem von Joseph Goebbels‘ Propagandaministerium verbreiteten Hitlermythos gestützt. Immer perfekter steuerte Goebbels durch Propagandakampagnen, Informationsmonopol, staatliche Kulturlenkung und theatralische Massenveranstaltungen wie die Nürnberger Reichsparteitage die öffentliche Meinung. Der absolute Kontroll- und Lenkungsanspruch kam besonders in den jungen Medien Rundfunk und Film zum Ausdruck. Stets wurde die neue nationale Volksgemeinschaft beschworen, aber auch der Anschein einer Versöhnung der jungen NS-Bewegung mit dem alten preußisch-konservativen Deutschland suggeriert. Hierfür steht der minutiös geplante „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, der Zusammenkunft des neuen Reichstags in der Potsdamer Garnisonkirche, mit der symbolischen Verneigung Hitlers vor dem kaiserlichen Generalfeldmarschall und Weltkriegs-Helden Hindenburg.<br />
<br />
Von Beginn an schlug sich aber auch die aggressive NS-Rassenideologie, insbesondere der Antisemitismus, in der Politik des Dritten Reiches deutlich nieder. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten unterschied sich von der traditionellen, eher religiös-kulturellen Judenfeindschaft durch seine starke Bezogenheit auf die Rasse, auf das „Blut“. Hitler sah in den Juden ein „parasitäres“ Volk, das auf Kosten seiner „Wirtsvölker“, besonders der Deutschen lebe und gar in Form des „jüdischen Bolschewismus“ die Weltherrschaft anstrebe. Daher müsse dieser „Bazillus“ ausgemerzt werden. Erste Maßnahmen waren der Boykott jüdischer Geschäfte vom 1. April 1933, das Herausdrängen der Juden aus dem öffentlichen Dienst und weitere alltagsweltliche Diskriminierungen. Mit den „Nürnberger Gesetzen“ vom September 1935 wurden Juden zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert, Eheschließungen und sexuelle Beziehungen mit Bürgern „deutschen und artverwandten Blutes“ als „Rassenschande“ verboten und unter Strafe gestellt.<br />
<br />
'''Konsolidierung und Kriegsvorbereitung 1936-1939'''<br />
<br />
Mit der Konsolidierung der Macht des Nationalsozialismus radikalisierte sich dessen zunächst noch recht vage Ideologie. Dies schlug sich besonders in der Verschärfung des Antisemitismus nieder. Mit der „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 fand die Gewalteskalation einen weiteren Höhepunkt. Hunderte Synagogen wurden niedergebrannt, tausende Menschen misshandelt und verschleppt, wobei etwa hundert ums Leben kamen. In der Folge wurden die Juden endgültig aus dem Wirtschaftsleben verdrängt („Arisierung“) und zur Ausreise genötigt. Bis zum Auswanderungsverbot 1941 hatten rund 300.000 der ursprünglich 500.000 jüdischen Bürger Deutschland verlassen. Ähnlichen Verfolgungen ausgesetzt war auch die Volksgruppe der Sinti und Roma („Zigeuner“).<br />
<br />
Bis 1937 wurden die vielen teils provisorischen Konzentrationslager (KZ) unter Leitung der SS in ein System fest ausgebauter KZ umgewandelt, allen voran die drei Großlager Dachau bei München, Buchenwald bei Weimar und Sachsenhausen bei Berlin. Die Konzentrationslager bildeten ein zentrales Element im „SS-Staat“ (Eugen Kogon), mit dem politisch, rassisch und sozial „minderwertige“ Menschen von der „Volksgemeinschaft“ isoliert, „umerzogen“ oder vernichtet werden sollten. Im Krieg dienten viele Lager mit ihren tausenden von Häftlingen auch der Rüstungswirtschaft. Zugleich verfolgte SS-Reichsführer Heinrich Himmler als „Chef der deutschen Polizei“ (1936) insbesondere mit der berüchtigten Geheimen Staatspolizei (Gestapo) jegliche Form von Widerspruch gegen das NS-Regime.<br />
<br />
Andererseits gelang es dem Regime weiter, sich als moderner, sozial engagierter Volksstaat zu profilieren, der bei aller bleibenden Alltagskritik von einer Bevölkerungsmehrheit getragen wurde. Schon 1934 ging die Arbeitslosenzahl (auch dank allgemeiner Konjunkturbelebung) nominell um über 50% zurück, 1938 herrschte (insbesondere wegen der Aufrüstung) praktisch Vollbeschäftigung – der „Führer“ hatte in den Augen vieler Deutscher „Wort gehalten“. Großprojekte, wie der bereits in der Weimarer Republik geplante Autobahnbau oder die Olympischen Spiele 1936 in Berlin verschafften erhebliche innen- und außenpolitische Prestigegewinne. <br />
<br />
So hatte es der Widerstand gegen das NS-Regime bis in den Krieg hinein schwer, wirkliche Unterstützung zu finden. Der aktive linke, v.a. kommunistische Widerstand musste die meisten Opfer beklagen. Auch Vertreter der protestantischen Bekennenden Kirche wie Dietrich Bonhoeffer und anderer Konfessionen ließen für ihre Überzeugung das Leben. Gruppen wie die „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl in München 1943 endeten ebenso wie der militärische Widerstand um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Carl Goerdeler und Julius Leber durch braune Henker. Nicht nur dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 durch die Gruppe um Stauffenberg blieb der Erfolg versagt, auch andere Versuche scheiterten, wie das Bombenattentat am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller durch den Einzeltäter Georg Elser.<br />
<br />
Durch die wachsende Popularität gestärkt, konnte Hitler ab Mitte der 1930er-Jahre auch an eine schrittweise Ausschaltung der alten Eliten herangehen. Über den rasanten Aufrüstungskurs, der nur noch durch spätere „Kriegsbeute“ zu finanzieren war, kam es zum Bruch mit Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, der 1937 als Wirtschaftsminister abgelöst wurde. Auch aus Diplomatie und Militär kamen warnende Stimmen. Daher wurde 1938 Außenminister Konstantin von Neurath durch den überzeugten Nationalsozialisten Joachim von Ribbentrop ersetzt und in der inszenierten „Blomberg-Fritsch-Krise“ Kriegsminister Werner von Blomberg und Heeres-Oberbefehlshaber Werner von Fritsch abgelöst. Hitler übernahm direkt die Befehlsgewalt und schuf sich mit dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unter General Wilhelm Keitel eine für ihn zuverlässige Führungsspitze. <br />
<br />
Die fortschreitende Konsolidierung der NS-Diktatur hatte eine wichtige Ursache in ihren außenpolitischen Erfolgen. Die von Hitler stets verkündete Revision der Versailler Friedensordnung von 1919 galt nahezu allen Deutschen als notwendig. Ein erster Erfolg fiel ihm im Januar 1935 mit der Abstimmung im vom Völkerbund verwalteten Saarland zu, wo sich über 90% der Bevölkerung für die „Heimkehr ins Reich“ entschieden. Zwei Monate später verkündete Hitler die Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Aufbau einer starken Wehrmacht, worauf die Großmächte nur mit Protesten reagierten. Eine Intervention blieb auch aus, als die Wehrmacht im März 1936 in das laut Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland einmarschierte. <br />
<br />
Einen enormen Popularitätsschub für das Hitler-Regime brachte der Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes an das Reich im März und September 1938. Mit dem „Großdeutschen Reich“ einschließlich Österreichs, dem 1919 ein Anschluss von den Siegermächten verboten worden war, erfüllte sich ein alter nationaler Traum der Deutschen. Die Abtretung der Sudetengebiete von der Tschechoslowakei erfolgte unter Zustimmung Großbritanniens, Frankreichs und Italiens im Münchner Abkommen vom 29. September 1938. Der Erfolg dieser Maßnahmen wurzelte auch darin, dass Hitler „etwas bis zu einem gewissen Grad Verständliches auf unrechtmäßige Weise“ (Klaus Hildebrand) tat und dabei immer seine Friedensliebe betonte. Zugleich sah man besonders in London Deutschland als ein wichtiges Bollwerk gegen die kommunistische Sowjetunion. <br />
<br />
Hatte das Dritte Reich bisher in seiner rasanten Expansionspolitik Territorien mit überwiegend deutscher Bevölkerung an sich gerissen, bildete die Zerschlagung der „Resttschechei“ und deren Umwandlung in das „Protektorat Böhmen und Mähren“ im März 1939 jedoch eindeutig einen Akt gewaltsamer Unterwerfung. Jetzt erkannte man auch in Großbritannien, dass die Appeasement- (Beschwichtigungs-) Politik von Premier Neville Chamberlain gescheitert war, der um des Friedens willen Deutschland seine vermeintlich traditionelle Revisionspolitik hatte betreiben lassen. Unmissverständlich machte der Westen Hitler nunmehr klar, dass jeder weitere Überfall auf einen Nachbarn Krieg zur Folge haben werde. Untermauert wurde dies durch eine englisch-französische Garantieerklärung für Polen. <br />
<br />
'''Zweiter Weltkrieg 1939-1945'''<br />
<br />
Damit war der gezielte Kriegskurs des Dritten Reiches freilich nicht mehr zu stoppen. Schon am 3. Februar 1933 hatte Hitler gegenüber führenden Generälen die „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“ als Ziel seiner Außenpolitik genannt. Auch die von ihm insgeheim angestrebte Weltherrschaft und Vernichtung der Juden waren nur durch Krieg realisierbar. Hierzu hatte Hitler 1936/37 Italien und Japan („Achse Berlin-Rom-Tokio“) als wichtigste Verbündete gewinnen können.<br />
<br />
Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Er gilt als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte mit bis zu 60 Millionen Todesopfern. Den Rücken im Osten hatte sich Deutschland zunächst durch den spektakulären „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 freigehalten, in dem die Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion in einem geheimen Zusatzprotokoll festgelegt wurde. Trotz formeller Kriegserklärung griffen Großbritannien und Frankreich praktisch nicht ein und schon am 28. September musste Polen kapitulieren. Der Besetzung Dänemarks und Norwegens im Frühjahr 1940 folgte der „Westfeldzug“ vom 10. Mai bis 22. Juni 1940, der mit der Kapitulation Frankreichs endete. Die Siege der „Blitzkrieg“-Phase führten Hitler auf den Höhepunkt seiner Popularität in Deutschland („Größter Feldherr aller Zeiten“) und trugen der Wehrmacht den Ruf der Unbesiegbarkeit ein. <br />
<br />
Allerdings gelang es anschließend nicht, Großbritannien in der erbitterten „Luftschlacht um England“ („Battle of Britain“) in die Knie zu zwingen. Auch musste Deutschland seinem Bündnispartner Italien in Nordafrika und auf dem Balkan zu Hilfe eilen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 („Fall Barbarossa“) begann der rassistische Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Osten. Trotz großer Anfangserfolge bekam die Wehrmacht in den Weiten Russlands bald Probleme. Deutlich zeichnete sich die Kriegswende spätestens nach der Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/43 ab, als die 6. Armee unter General Friedrich Paulus vernichtet wurde. Auch der von Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner Berliner Sportpalastrede ausgerufene „totale Krieg“ oder die U-Boot-Waffe konnten die strategische Unterlegenheit der „Achsenmächte“ nicht mehr kompensieren. Zudem befand sich Deutschland seit dem japanischen Angriff auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor im Dezember 1941 auch im Krieg mit den USA. <br />
<br />
Die Alliierten USA, Großbritannien und Sowjetunion eroberten, beschleunigt durch die Eröffnung der „zweiten Front“ in Frankreich am 6. Juni 1944, die deutsche „Festung Europa“. Rund 600.000 Deutsche verloren, nachdem die deutsche Luftwaffe zuvor rücksichtslos gegnerische Städte bombardiert hatte, bei den seit 1943 massiv verstärkten angloamerikanischen Luftangriffen ihr Leben. Symbolisch hierfür steht das barocke „Elbflorenz“ Dresden, das vom 13. bis 15. Februar 1945 in Schutt und Asche versank. Bemühungen, die aus der Luft gefährdete Rüstung untertage aufrecht zu erhalten, kosteten hunderttausenden Zwangsarbeitern und Häftlingen das Leben. Am bekanntesten ist die Verlagerung der V2-Raketenproduktion von Peenemünde auf der Insel Usedom in Stollen bei Nordhausen mit dem eigens hierfür errichteten KZ Mittelbau-Dora 1943/45. Mit „Wunderwaffen“ wie der V2 („Vergeltungswaffe“) sollte der Glaube an den „Endsieg“ aufrechterhalten werden. <br />
<br />
Alle verzweifelten Mobilisierungsversuche schoben die Niederlage aber nur um einen hohen Preis hinaus, zumal die Intensität des Krieges noch einmal dramatisch zunahm. Mehr als die Hälfte der 3,2 Millionen gefallenen deutschen Soldaten etwa verlor in den letzten zehn Kriegsmonaten ihr Leben. Begleitet war die Schlussphase des NS-Regimes auch von schweren Ausschreitungen vor allem der Sowjetarmee gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Die Flucht und Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa setzte sich über das Kriegsende hinaus unter Akzeptanz der Alliierten ebenfalls mit teils erheblicher Brutalität fort. Bis zu zwei Millionen Deutsche verloren hierbei ihr Leben. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht bedingungslos, Hitler hatte bereits am 30. April im Bunker der Berliner Reichskanzlei Selbstmord begangen.<br />
<br />
Der Weltkrieg brachte auch einen letzten Radikalisierungsschub bei der Umsetzung der ideologischen Ziele des Dritten Reiches. Ein beispielloses Verbrechen stellt der Holocaust bzw. die Shoa dar, die systematische Vernichtung der europäischen Juden. Nach verschiedenen Überlegungen, u.a. einer gigantischen Umsiedlungsaktion nach Madagaskar, beauftragte Hermann Göring am 31. Juli 1941 SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich mit der „Endlösung der Judenfrage“. Auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 wurde die Umsetzung zwischen SS und beteiligten Reichsbehörden abgestimmt. In Ghettos, bei Erschießungsaktionen und der industriellen Vernichtung in den Konzentrationslagern des Ostens (Auschwitz, Belzec, Chelmno, Sobibor, Treblinka) kamen rund sechs Millionen Juden ums Leben. Dieses Schicksal teilten rund 200.000 Sinti und Roma.<br />
<br />
Millionen Menschen besonders in Polen und der Sowjetunion, die die Nationalsozialisten als slawische „Untermenschen“ ansahen, fielen ebenfalls der Besatzungsherrschaft zum Opfer. Auf bis zu 14 Millionen wird letztlich die Gesamtzahl der Toten außerhalb von Kampfhandlungen im deutschen Machtbereich geschätzt, darunter auch 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene. In Polen hatte man schon 1939 gezielt die Eliten des Landes auszulöschen versucht. Zunächst im polnischen „Generalgouvernement“, dann in den eroberten Gebieten der Sowjetunion sollte ein landwirtschaftlich geprägtes Kolonialreich entstehen. Dort hatten die überlebenden Einwohner als Arbeitskräfte den deutschen „Herrenmenschen“ zu dienen. Der „Rassenhygiene“ am deutschen „Volkskörper“ fielen rund 150.000 behinderte Menschen und andere „Ballastexistenzen“ zum Opfer (Euthanasie), zugleich wurden ca. 350.000 Menschen wegen Erbkrankheiten sterilisiert. Tausende Deutsche zahlten für ihre kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime, für „Wehrkraftzersetzung“ oder Hören von „Feindsendern“ mit dem Leben. <br />
<br />
'''Forschung und Erinnerungskultur''' <br />
<br />
Das Dritte Reich bildet die heute wohl am besten erforschte Epoche der deutschen Geschichte. Dabei spielte zunächst das unmittelbare Entsetzen über den „Irrweg einer Nation“ (Alexander Abusch), über „Die deutsche Katastrophe“ (Friedrich Meinecke) eine zentrale Rolle. Man suchte nach den historischen Wurzeln des Nationalsozialismus und konstruierte einen teils weit zurückreichenden „deutschen Sonderweg“, der vom westlich-demokratischen Normalfall abgewichen sei. Spuren für die Vorgeschichte von NS-Diktatur und Holocaust sah man bis hin zum Preußen Friedrichs des Großen oder judenfeindlichen Äußerungen des Reformators Martin Luther. Diese Sicht hat sich allerdings als „wenig substanziell“ (Ulrich Herbert) erwiesen. <br />
Die marxistische Theorie definierte „Faschismus“ als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Georgi Dimitroff). Westliche Historiker betonten den Charakter des Dritten Reiches als moderne totalitäre Diktatur. Ähnlich wie die Sowjetunion als „linkes Gegenstück“ erfüllte es Kriterien wie eine durch Personenkult überhöhte autoritäre Führerpersönlichkeit, Machtmittel wie terroristische Geheimpolizei, Nachrichtenmonopol und Einparteienstaat, eine absolute Geltung beanspruchende Ideologie, totale Erfassung der Bevölkerung, bis zum Massenmord reichende Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen.<br />
<br />
Allerdings ist das Totalitarismus-Modell (Carl J. Friedrich, Hannah Arendt) nicht unumstritten geblieben. So bringt es die dynamischen Wandlungen der NS-Diktatur von der „Machtergreifung“ bis hin zur Radikalisierung im Zweiten Weltkrieg nicht deutlich genug zum Ausdruck. Zugleich hat man zeigen können, dass das Dritte Reich in Ideologie und Machtausübung keineswegs einen homogenen Block darstellte. Mit dem Begriff der „Polykratie“ wurde auf die vielen konkurrierenden Machtgruppen im NS-Staat hingewiesen, der letztlich nur im „Führer“ eine unumstrittene Spitze besaß. <br />
<br />
Norbert Frei hat dieses vom „Führer“-Mythos überwölbte Herrschaftssystem mit dem Begriff „Führerstaat“ gekennzeichnet. Dennoch wird nicht nur in den großen Biographien (Joachim C. Fest, Allan Bullock, Ian Kershaw, Peter Longerich) die zweifellos wichtige Rolle Hitlers unterschiedlich bewertet. Auch die Kombination aus „Verführung und Gewalt“ (Hans-Ulrich Thamer), die massenpsychologischen und sozialpolitischen Angebote der „nationalen Volksgemeinschaft“ sind als wichtige Herrschaftselemente einer modernen „Konsensdikatur“ betont worden. Einigkeit besteht bei allen seriösen Forschungsrichtungen über den Unrechtscharakter des Dritten Reichen mit seinen singulären Verbrechen, die in Weltkrieg und Völkermord gipfelten.<br />
<br />
Unter den zahlreichen Gedenkorten und Museen zur Geschichte des Dritten Reiches ragen einige heraus. Den Opfern gewidmet sind große Gedenkstätten wie in den ehemaligen Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, aber auch in vielen kleineren Lagern, Gefängnissen, Euthanasie-Anstalten usw. Das gilt auch für Stätten des Widerstandes, wie den Bendlerblock in Berlin, wo die Hitler-Attentäter um Stauffenberg erschossen wurden und heute die zentrale „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ angesiedelt ist. Den Tätern widmet sich der Erinnerungsort „Topographie des Terrors“ in der ehemaligen Zentrale von Gestapo, SS und Reichs¬sicherheits¬hauptamt in Berlin. Die Verstrickung von Wirtschaft und Gesellschaft in die NS-Verbrechen wird u.a. im Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt plastisch sichtbar, wo man die Krematorien für Auschwitz und andere KZ gebaut hatte. Nicht zuletzt mit dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin hat sich die Bundesrepublik Deutschland klar zu ihrer historischen Verantwortung bekannt. <br />
<br />
Schwierig gestaltet sich bisweilen der Umgang mit „sperrigen“ Erinnerungsorten vom riesigen KdF-Erholungsheim Prora auf Rügen über das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und Weimarer „Gauforum“ bis hin zu „Hitlers Sommerresidenz“ auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Aber auch hier konnte in vielen Fällen neben pragmatischen Lösungen eine erinnerungskulturelle Aufarbeitung erreicht werden. Das Thema wird schließlich vom Deutschen Historischen Museum in Berlin bis hin zu vielen regionalen Geschichts- und Spezialmuseen dargestellt, findet in der politischen Bildung und in den Medien breiten Widerhall. <br />
<br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Das Dritte Reich''' (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen). Erfurt 2017.<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus|Thüringen im Nationalsozialismus]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Das_Dritte_Reich&diff=35260Das Dritte Reich2017-06-23T08:57:37Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Das Dritte reich =<br />
<br />
'''1933 errichteten die Nationalsozialisten auf den Trümmern der Weimarer Republik eine Diktatur der „Verführung und Gewalt“. Die Verbrechen des „Dritte Reiches“ gipfelten im Zweiten Weltkrieg und dem Mord an Millionen politisch und rassisch verfolgter Menschen.''' <br />
<br />
<br />
Aufstieg des Nationalsozialismus bis 1933<br />
<br />
[[Datei:DrittesReich.17.jpg|320px|right]]Das Dritte Reich stellt einen Höhepunkt im „Zeitalter der Extreme“ dar, wie der Historiker Eric Hobsbawm das 20. Jahrhundert genannt hat. Am Beginn dieses Jahrhunderts der Kriege, Bürgerkriege und Diktaturen stand der Erste Weltkrieg 1914-1918. In jener „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) wurzeln viele der weiteren historischen Entwicklungen. Das „alte Europa“ ging in den Verheerungen des modernen Massenkrieges unter. Die dem Verlierer Deutschland und seinen Verbündeten diktierten Pariser Friedensverträge 1919 mit Gebietsabtretungen, Verlust der Kolonien, Reparationsforderungen, Entmilitarisierung usw. trugen bereits die Keime eines neuen Revanchekrieges in sich. Für das Deutsche Kaiserreich, vor 1914 eine prosperierende Industrienation mit Weltmachtanspruch, war die „Fallhöhe“ besonders groß. <br />
Die Demokratien, die zunächst im Nachkriegseuropa dominierten, wurden von linken und rechten Extremismen bedrängt. Deren totalitäre Ideologien (Kommunismus bzw. Bolschewismus, Faschismus bzw. Nationalsozialismus) sollten die Krise der kapitalistischen Massengesellschaft und des „liberalen Systems“ überwinden. Jene angestrebte „Versöhnung mit der Moderne“ (Gunther Mai) war in bislang unbekanntem Maße mit Gewalt verbunden. Seit der russischen Oktoberrevolution der Bolschewiki unter Führung Waldimir Iljitsch Lenins 1917 existierte erstmals eine kommunistische Diktatur, seit der Machtübernahme der „Schwarzhemden“ Benito Mussolinis in Italien 1922 ein faschistisches Regime. Ab 1926 entstanden in den meisten Ländern Süd-, Mittel- und Osteuropas rechtsdiktatorische Staatswesen, während sich die Demokratien West- und Nordeuropas behaupten konnten. <br />
In Deutschland hatte das Kriegsende 1918 auch das Ende der Monarchie gebracht. Am 9. November 1918 wurde in Berlin die Republik ausgerufen, wurde aus dem Kaiserreich der Hohenzollern die Weimarer Republik. Die extreme Rechte lehnte die neue Demokratie, getragen von gemäßigter Arbeiterbewegung und liberalem Bürgertum, hasserfüllt ab. Sie hielt an dem im Krieg radikalisierten Nationalismus fest, wobei die Niederlage des Heeres durch den „Dolchstoß“ aus der von Linken, Demokraten und Juden unterwanderten Heimatfront erklärt wurde. Die Exponenten der Republik wurden als „Novemberverbrecher“ verfemt und bis hin zu politischen Morden verfolgt, etwa an Finanzminister Matthias Erzberger (1921) und Außenminister Walther Rathenau (1922).<br />
Zur stärksten Kraft im anfangs breit gefächerten Spektrum der Rechten wurde die 1919 in München gegründete Deutsche Arbeiterpartei, 1920 umbenannt in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). 1921 konnte sich der Weltkriegsgefreite Adolf Hitler (1889-1945) als „Führer“ mit diktatorischer Machtfülle an deren Spitze stellen. Der Österreicher Hitler stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Geboren in Braunau am Inn als Sohn eines Zollbeamten, hatte er sich vor dem Ersten Weltkrieg vergeblich an der Kunstakademie in Wien beworben. Er lebte zeitweise im Obdachlosenheim und schlug sich mit dem Malen von Postkarten durch. Das deutschnational-antisemitische Milieu der Hauptstadt des habsburgischen Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn prägte den jungen Mann. 1913 nach München umgezogen, meldete sich Hitler bei Kriegsbeginn freiwillig ins deutsche Heer. Nach der Niederlage 1918 begann in München der Aufstieg in der rechtsextremen Szene, der sich vor allem seinem rednerischen Talent und populistischen Gespür verdankte. <br />
Die NS-Ideologie griff gängige Ideen der völkischen Szene seit dem späten 19. Jahrhundert auf. Sie flossen in Hitlers „Weltbild“ zusammen, das schon in seiner Schrift „Mein Kampf“ (1925/27) in den Grundzügen formuliert wurde. Zentrale Elemente waren die Utopie einer rassisch einheitlichen „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Weltgeschichte als ständiger Kampf der Rassen bei Überlegenheit der arischen, nordisch-germanischen Rasse, rassischer Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages hinaus sollte sich das deutsche „Volk ohne Raum“ (Hans Grimm) neue Siedlungsgebiete im Osten erkämpfen. Hinzu kam die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung mit Antimarxismus bzw. Antibolschewismus sowie ein entschiedener Antiparlamentarismus. All dies waren keine eigenständigen Ideen Hitlers und der Nationalsozialisten, die ihre diffuse Ideologie nicht in ein schlüssiges Denkgebäude fassten. Auch der Begriff vom erstrebten tausendjährigen „Dritten Reich“ nach altem Kaiserreich und Bismarcks Reich von 1871 entstammte einem Buchtitel Arthur Moeller van den Brucks, Vordenker der „konservativen Revolution“.<br />
Die politische und wirtschaftlich-soziale Krise der Nachkriegszeit, gipfelnd in rechten und linken Putschversuchen sowie der Hochinflation vom Herbst 1923, bescherte der NSDAP beachtliche Anfangserfolge. Der gescheiterte Münchner „Hitler-Putsch“ vom 9. November 1923 führte dann allerdings zu einem Rückschlag. Zudem folgte eine mehrjährige Erholungsphase 1924-1929, die „Goldenen Zwanziger“. Sie schien die Republik unter dem prägenden Einfluss des Kanzlers und Außenministers Gustav Stresemann zu festigen. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die NSDAP nur 2,6% der Stimmen. Allerdings konnte sich die demokratische Staatsform nicht nachhaltig etablieren. Das sozialistische Lager der Arbeiterparteien und das bürgerlich-nationale Lager mit fester Verankerung in den jeweiligen Milieus standen sich unversöhnlich gegenüber. Zugleich setzte eine Erosion der Parteienlandschaft mit vielen neuen Interessen- und Splitterparteien ein, die das Regieren auf nationaler und regionaler Ebene immer schwieriger machten. <br />
Der Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei erfolgte mit Beginn der in den USA ausgelösten Weltwirtschaftskrise Ende 1929. Schon im September 1930 war die Partei mit 18,3% die zweitstärkste Fraktion im Reichstag nach der SPD. Auf dem Höhepunkt der Krise mit sechs Millionen Arbeitslosen und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen wurde sie im Juli 1932 mit 37,4% zur mit Abstand stärksten Partei. Schon 1932 konnte sie die Landesregierungen in Anhalt, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Thüringen übernehmen. Die junge, dynamische Massenpartei mit ihren modernen Propaganda- und Wahlkampfmethoden hatte eine Volksbewegung entfesselt, für die sie als „letzte Rettung“ und Hitler als „nationaler Messias“ erschien. In einer tief ausgeprägten Krisenstimmung der industriell-urbanen Moderne traten große Bevölkerungsteile, insbesondere der bürgerliche Mittelstand, eine förmliche Flucht in die „nationale Volksgemeinschaft“ des charismatischen „Führers“ an.<br />
<br />
Aufbau und Formierung der NS-Diktatur 1933-1935<br />
<br />
Nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg bereits seit 1930 „halbdemokratische“ Präsidialregierungen auf Grundlage des Notverordnungsrechtes der Weimarer Verfassung (Artikel 48) berufen hatte, erfolgte am 30. Januar 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Konservative Kreise um den Ex-Kanzler Franz von Papen hatten Hindenburg zu diesem Schritt veranlasst. Es war ihr Ziel, die Nationalsozialisten in der Regierungsverantwortung zu „verschleißen“ sowie sie durch starke konservative Kräfte „einzurahmen“. Tatsächlich gehörten zur neuen Regierung der „nationalen Konzentration“ neben Hitler mit Innenminister Wilhelm Frick und dem späteren „Reichsmarschall“ Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich nur zwei weitere Nationalsozialisten. Einigkeit bestand in der Frontstellung gegen die politische Linke und den Parlamentarismus, die die alten Eliten mit Hilfe der rechten Massenbewegung zu verdrängen hofften. „Wir haben ihn uns engagiert“, so tönte Vizekanzler Papen. „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“ <br />
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass Papens „Zähmungskonzept“ nicht aufging. Vielmehr bildete der 30. Januar 1933 den Beginn der „Machtergreifung“ Hitlers und der NSDAP. Für die sofort verkündeten Reichstagswahlen am 5. März 1933 lief nunmehr mit staatlicher Unterstützung die Wahlkampfmaschinerie der NSDAP erneut an. Der politische Gegner auf der Linken, vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wurde unterdrückt und benachteiligt.<br />
Einen entscheidenden Schritt hin zur NS-Diktatur bildete die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933. Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin, der den Kommunisten angelastet wurde, setzte jene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ alle Grundrechte (persönliche Freiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis usw.) außer Kraft. Politische Gegner konnten fortan ohne Gerichtsbeschluss in „Schutzhaft“ genommen werden, wovon tausendfach Gebrauch gemacht wurde. Ohne die Verfassung der Weimarer Republik formal aufzuheben, bot die „Verfassungsurkunde“ des Dritten Reiches (Ernst Fraenkel) die juristische Grundlage der NS-Gewaltherrschaft. <br />
Trotz einer absoluten Mehrheit von NSDAP und Konservativen von 51,9% bei den Reichstagswahlen strebte Hitler nunmehr auch die Ausschaltung des parlamentarischen „Weimarer Systems“ an. Das am 24. März 1933 vom Reichstag mit den Stimmen der NSDAP und der Bürgerparteien verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“ übertrug der Regierung die Gesetzgebungskompetenz. Im Juni wurde die SPD verboten (die KPD war seit Februar in den Untergrund abgedrängt), die übrigen Parteien lösten sich resigniert selbst auf. Am 14. Juli 1933 wurde per Gesetz der Einparteienstaat der NSDAP festgeschrieben.<br />
Neben den Parteien galt es die großen unabhängigen Interessenvertretungen auszuschalten. Hierbei praktizierte die NSDAP eine erfolgreiche Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik. So wurde der 1. Mai 1933 zum Feiertag erhoben und damit ein altes Ziel der sozialistischen Arbeiterbewegung erfüllt. Schon am Tag darauf erfolgte die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. Als neue Zwangsvereinigung diente fortan die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Sie vermittelte mit ihrem sozial- und kulturpolitischen Angebot bis hin zu KdF- („Kraft durch Freude“-) Kreuzfahrten dem „kleinen Mann“ das Gefühl, die Vision einer gerechten „Volksgemeinschaft“ sei ernst gemeint. <br />
Das Regime ging in jener Formierungsphase daran, seine Machtstellung auszubauen. Parteieinrichtungen und neue parteinahe Institutionen traten neben die traditionellen Staats- und Gesellschaftsstrukturen, die mit Nationalsozialisten durchsetzt wurden. Dies sorgte in vielen Bereichen für Kompetenzgerangel und Reibungsverluste, ohne die NS-Herrschaft zu gefährden. Die großen Massenorganisationen der NSDAP spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Jene „Gliederungen“ und „angeschlossenen Verbände“ erfassten über SA und SS hinaus als ideologische „Transmissionsriemen“ die Menschen vieler Berufe, Interessenlagen und Altersgruppen (Hitlerjugend, NS-Studentenbund, NS-Lehrerbund, NS-Ärztebund, NS-Beamtenbund, NS-Kraftfahr-Korps usw.). <br />
Seit März 1933 erfolgte auch die schrittweise „Gleichschaltung“ der Länder. Mit dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ vom 30. Januar 1934 wurden sie zu reinen Verwaltungseinheiten zurückgestuft. Damit kam den Gauen der NSDAP und ihren Gauleitern wachsendes Gewicht zu. Jene „Vizekönige“ Hitlers konnten sich je nach politisch-administrativen Rahmenbedingungen und persönlicher Durchsetzungskraft eine beachtliche Machtstellung aufbauen. Der Thüringer Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel etwa profilierte sich zu Hitlers „Muster-Gauleiter“. In Weimar entstand mit dem gigantischen „Gauforum“ (Weimarplatz) eine NS-Machtzentrale, nach deren Vorbild alle deutschen Gauhauptstädte hätten umgebaut werden sollen. Sauckel zeichnete auch für den Zwangsarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Der 1942 ernannte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (GBA) wurde als „Hitlers Sklavenhalter“ 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
Eine weitere wichtige Zäsur für die Stabilisierung des Dritten Reiches bildete der „Röhm-Putsch“ 1934, als die gesamte Führung der SA (Sturmabteilung) um Stabschef Ernst Röhm ermordet wurde. Die SA war 1921 in der „Kampfzeit“ der „Bewegung“ als Saalschutz gegründet und zum paramilitärischen Wehrverband der NSDAP ausgebaut worden. Aus den Kreisen der „Braunhemden“ wurde jetzt der Ruf nach einer weitergehenden sozialen Revolution laut, Röhm strebte in Konfrontation zur Reichswehr die Umwandlung der SA in eine Volksmiliz an. Die Mordaktion am 30. Juni 1934 entmachtete den letzten ernsthaften Konkurrenten Hitlers, die Reichswehr blieb „Waffenträger der Nation“. Die 1925 gegründete SS (Schutzstaffel) rückte unter ihrem Reichsführer Heinrich Himmler als „schwarzer Orden“ zur Elite des Dritten Reiches auf. Mit dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 und der Proklamation Hitlers zum „Führer und Reichskanzler“ sowie der Vereidigung der Reichswehr auf seine Person war die Führerdiktatur weitgehend vollendet. <br />
Diese auf den „Führer“ zugeschnittene Diktatur wurde durch einen vor allem von Joseph Goebbels‘ Propagandaministerium verbreiteten Hitlermythos gestützt. Immer perfekter steuerte Goebbels durch Propagandakampagnen, Informationsmonopol, staatliche Kulturlenkung und theatralische Massenveranstaltungen wie die Nürnberger Reichsparteitage die öffentliche Meinung. Der absolute Kontroll- und Lenkungsanspruch kam besonders in den jungen Medien Rundfunk und Film zum Ausdruck. Stets wurde die neue nationale Volksgemeinschaft beschworen, aber auch der Anschein einer Versöhnung der jungen NS-Bewegung mit dem alten preußisch-konservativen Deutschland suggeriert. Hierfür steht der minutiös geplante „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, der Zusammenkunft des neuen Reichstags in der Potsdamer Garnisonkirche, mit der symbolischen Verneigung Hitlers vor dem kaiserlichen Generalfeldmarschall und Weltkriegs-Helden Hindenburg. <br />
Von Beginn an schlug sich aber auch die aggressive NS-Rassenideologie, insbesondere der Antisemitismus, in der Politik des Dritten Reiches deutlich nieder. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten unterschied sich von der traditionellen, eher religiös-kulturellen Judenfeindschaft durch seine starke Bezogenheit auf die Rasse, auf das „Blut“. Hitler sah in den Juden ein „parasitäres“ Volk, das auf Kosten seiner „Wirtsvölker“, besonders der Deutschen lebe und gar in Form des „jüdischen Bolschewismus“ die Weltherrschaft anstrebe. Daher müsse dieser „Bazillus“ ausgemerzt werden. Erste Maßnahmen waren der Boykott jüdischer Geschäfte vom 1. April 1933, das Herausdrängen der Juden aus dem öffentlichen Dienst und weitere alltagsweltliche Diskriminierungen. Mit den „Nürnberger Gesetzen“ vom September 1935 wurden Juden zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert, Eheschließungen und sexuelle Beziehungen mit Bürgern „deutschen und artverwandten Blutes“ als „Rassenschande“ verboten und unter Strafe gestellt.<br />
<br />
Konsolidierung und Kriegsvorbereitung 1936-1939<br />
<br />
Mit der Konsolidierung der Macht des Nationalsozialismus radikalisierte sich dessen zunächst noch recht vage Ideologie. Dies schlug sich besonders in der Verschärfung des Antisemitismus nieder. Mit der „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 fand die Gewalteskalation einen weiteren Höhepunkt. Hunderte Synagogen wurden niedergebrannt, tausende Menschen misshandelt und verschleppt, wobei etwa hundert ums Leben kamen. In der Folge wurden die Juden endgültig aus dem Wirtschaftsleben verdrängt („Arisierung“) und zur Ausreise genötigt. Bis zum Auswanderungsverbot 1941 hatten rund 300.000 der ursprünglich 500.000 jüdischen Bürger Deutschland verlassen. Ähnlichen Verfolgungen ausgesetzt war auch die Volksgruppe der Sinti und Roma („Zigeuner“).<br />
Bis 1937 wurden die vielen teils provisorischen Konzentrationslager (KZ) unter Leitung der SS in ein System fest ausgebauter KZ umgewandelt, allen voran die drei Großlager Dachau bei München, Buchenwald bei Weimar und Sachsenhausen bei Berlin. Die Konzentrationslager bildeten ein zentrales Element im „SS-Staat“ (Eugen Kogon), mit dem politisch, rassisch und sozial „minderwertige“ Menschen von der „Volksgemeinschaft“ isoliert, „umerzogen“ oder vernichtet werden sollten. Im Krieg dienten viele Lager mit ihren tausenden von Häftlingen auch der Rüstungswirtschaft. Zugleich verfolgte SS-Reichsführer Heinrich Himmler als „Chef der deutschen Polizei“ (1936) insbesondere mit der berüchtigten Geheimen Staatspolizei (Gestapo) jegliche Form von Widerspruch gegen das NS-Regime.<br />
Andererseits gelang es dem Regime weiter, sich als moderner, sozial engagierter Volksstaat zu profilieren, der bei aller bleibenden Alltagskritik von einer Bevölkerungsmehrheit getragen wurde. Schon 1934 ging die Arbeitslosenzahl (auch dank allgemeiner Konjunkturbelebung) nominell um über 50% zurück, 1938 herrschte (insbesondere wegen der Aufrüstung) praktisch Vollbeschäftigung – der „Führer“ hatte in den Augen vieler Deutscher „Wort gehalten“. Großprojekte, wie der bereits in der Weimarer Republik geplante Autobahnbau oder die Olympischen Spiele 1936 in Berlin verschafften erhebliche innen- und außenpolitische Prestigegewinne. <br />
So hatte es der Widerstand gegen das NS-Regime bis in den Krieg hinein schwer, wirkliche Unterstützung zu finden. Der aktive linke, v.a. kommunistische Widerstand musste die meisten Opfer beklagen. Auch Vertreter der protestantischen Bekennenden Kirche wie Dietrich Bonhoeffer und anderer Konfessionen ließen für ihre Überzeugung das Leben. Gruppen wie die „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl in München 1943 endeten ebenso wie der militärische Widerstand um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Carl Goerdeler und Julius Leber durch braune Henker. Nicht nur dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 durch die Gruppe um Stauffenberg blieb der Erfolg versagt, auch andere Versuche scheiterten, wie das Bombenattentat am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller durch den Einzeltäter Georg Elser.<br />
Durch die wachsende Popularität gestärkt, konnte Hitler ab Mitte der 1930er-Jahre auch an eine schrittweise Ausschaltung der alten Eliten herangehen. Über den rasanten Aufrüstungskurs, der nur noch durch spätere „Kriegsbeute“ zu finanzieren war, kam es zum Bruch mit Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, der 1937 als Wirtschaftsminister abgelöst wurde. Auch aus Diplomatie und Militär kamen warnende Stimmen. Daher wurde 1938 Außenminister Konstantin von Neurath durch den überzeugten Nationalsozialisten Joachim von Ribbentrop ersetzt und in der inszenierten „Blomberg-Fritsch-Krise“ Kriegsminister Werner von Blomberg und Heeres-Oberbefehlshaber Werner von Fritsch abgelöst. Hitler übernahm direkt die Befehlsgewalt und schuf sich mit dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unter General Wilhelm Keitel eine für ihn zuverlässige Führungsspitze. <br />
Die fortschreitende Konsolidierung der NS-Diktatur hatte eine wichtige Ursache in ihren außenpolitischen Erfolgen. Die von Hitler stets verkündete Revision der Versailler Friedensordnung von 1919 galt nahezu allen Deutschen als notwendig. Ein erster Erfolg fiel ihm im Januar 1935 mit der Abstimmung im vom Völkerbund verwalteten Saarland zu, wo sich über 90% der Bevölkerung für die „Heimkehr ins Reich“ entschieden. Zwei Monate später verkündete Hitler die Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Aufbau einer starken Wehrmacht, worauf die Großmächte nur mit Protesten reagierten. Eine Intervention blieb auch aus, als die Wehrmacht im März 1936 in das laut Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland einmarschierte. <br />
Einen enormen Popularitätsschub für das Hitler-Regime brachte der Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes an das Reich im März und September 1938. Mit dem „Großdeutschen Reich“ einschließlich Österreichs, dem 1919 ein Anschluss von den Siegermächten verboten worden war, erfüllte sich ein alter nationaler Traum der Deutschen. Die Abtretung der Sudetengebiete von der Tschechoslowakei erfolgte unter Zustimmung Großbritanniens, Frankreichs und Italiens im Münchner Abkommen vom 29. September 1938. Der Erfolg dieser Maßnahmen wurzelte auch darin, dass Hitler „etwas bis zu einem gewissen Grad Verständliches auf unrechtmäßige Weise“ (Klaus Hildebrand) tat und dabei immer seine Friedensliebe betonte. Zugleich sah man besonders in London Deutschland als ein wichtiges Bollwerk gegen die kommunistische Sowjetunion. <br />
Hatte das Dritte Reich bisher in seiner rasanten Expansionspolitik Territorien mit überwiegend deutscher Bevölkerung an sich gerissen, bildete die Zerschlagung der „Resttschechei“ und deren Umwandlung in das „Protektorat Böhmen und Mähren“ im März 1939 jedoch eindeutig einen Akt gewaltsamer Unterwerfung. Jetzt erkannte man auch in Großbritannien, dass die Appeasement- (Beschwichtigungs-) Politik von Premier Neville Chamberlain gescheitert war, der um des Friedens willen Deutschland seine vermeintlich traditionelle Revisionspolitik hatte betreiben lassen. Unmissverständlich machte der Westen Hitler nunmehr klar, dass jeder weitere Überfall auf einen Nachbarn Krieg zur Folge haben werde. Untermauert wurde dies durch eine englisch-französische Garantieerklärung für Polen. <br />
<br />
Zweiter Weltkrieg 1939-1945<br />
<br />
Damit war der gezielte Kriegskurs des Dritten Reiches freilich nicht mehr zu stoppen. Schon am 3. Februar 1933 hatte Hitler gegenüber führenden Generälen die „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“ als Ziel seiner Außenpolitik genannt. Auch die von ihm insgeheim angestrebte Weltherrschaft und Vernichtung der Juden waren nur durch Krieg realisierbar. Hierzu hatte Hitler 1936/37 Italien und Japan („Achse Berlin-Rom-Tokio“) als wichtigste Verbündete gewinnen können.<br />
Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Er gilt als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte mit bis zu 60 Millionen Todesopfern. Den Rücken im Osten hatte sich Deutschland zunächst durch den spektakulären „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 freigehalten, in dem die Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion in einem geheimen Zusatzprotokoll festgelegt wurde. Trotz formeller Kriegserklärung griffen Großbritannien und Frankreich praktisch nicht ein und schon am 28. September musste Polen kapitulieren. Der Besetzung Dänemarks und Norwegens im Frühjahr 1940 folgte der „Westfeldzug“ vom 10. Mai bis 22. Juni 1940, der mit der Kapitulation Frankreichs endete. Die Siege der „Blitzkrieg“-Phase führten Hitler auf den Höhepunkt seiner Popularität in Deutschland („Größter Feldherr aller Zeiten“) und trugen der Wehrmacht den Ruf der Unbesiegbarkeit ein. <br />
Allerdings gelang es anschließend nicht, Großbritannien in der erbitterten „Luftschlacht um England“ („Battle of Britain“) in die Knie zu zwingen. Auch musste Deutschland seinem Bündnispartner Italien in Nordafrika und auf dem Balkan zu Hilfe eilen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 („Fall Barbarossa“) begann der rassistische Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Osten. Trotz großer Anfangserfolge bekam die Wehrmacht in den Weiten Russlands bald Probleme. Deutlich zeichnete sich die Kriegswende spätestens nach der Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/43 ab, als die 6. Armee unter General Friedrich Paulus vernichtet wurde. Auch der von Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner Berliner Sportpalastrede ausgerufene „totale Krieg“ oder die U-Boot-Waffe konnten die strategische Unterlegenheit der „Achsenmächte“ nicht mehr kompensieren. Zudem befand sich Deutschland seit dem japanischen Angriff auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor im Dezember 1941 auch im Krieg mit den USA. <br />
Die Alliierten USA, Großbritannien und Sowjetunion eroberten, beschleunigt durch die Eröffnung der „zweiten Front“ in Frankreich am 6. Juni 1944, die deutsche „Festung Europa“. Rund 600.000 Deutsche verloren, nachdem die deutsche Luftwaffe zuvor rücksichtslos gegnerische Städte bombardiert hatte, bei den seit 1943 massiv verstärkten angloamerikanischen Luftangriffen ihr Leben. Symbolisch hierfür steht das barocke „Elbflorenz“ Dresden, das vom 13. bis 15. Februar 1945 in Schutt und Asche versank. Bemühungen, die aus der Luft gefährdete Rüstung untertage aufrecht zu erhalten, kosteten hunderttausenden Zwangsarbeitern und Häftlingen das Leben. Am bekanntesten ist die Verlagerung der V2-Raketenproduktion von Peenemünde auf der Insel Usedom in Stollen bei Nordhausen mit dem eigens hierfür errichteten KZ Mittelbau-Dora 1943/45. Mit „Wunderwaffen“ wie der V2 („Vergeltungswaffe“) sollte der Glaube an den „Endsieg“ aufrechterhalten werden. <br />
Alle verzweifelten Mobilisierungsversuche schoben die Niederlage aber nur um einen hohen Preis hinaus, zumal die Intensität des Krieges noch einmal dramatisch zunahm. Mehr als die Hälfte der 3,2 Millionen gefallenen deutschen Soldaten etwa verlor in den letzten zehn Kriegsmonaten ihr Leben. Begleitet war die Schlussphase des NS-Regimes auch von schweren Ausschreitungen vor allem der Sowjetarmee gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Die Flucht und Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa setzte sich über das Kriegsende hinaus unter Akzeptanz der Alliierten ebenfalls mit teils erheblicher Brutalität fort. Bis zu zwei Millionen Deutsche verloren hierbei ihr Leben. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht bedingungslos, Hitler hatte bereits am 30. April im Bunker der Berliner Reichskanzlei Selbstmord begangen.<br />
Der Weltkrieg brachte auch einen letzten Radikalisierungsschub bei der Umsetzung der ideologischen Ziele des Dritten Reiches. Ein beispielloses Verbrechen stellt der Holocaust bzw. die Shoa dar, die systematische Vernichtung der europäischen Juden. Nach verschiedenen Überlegungen, u.a. einer gigantischen Umsiedlungsaktion nach Madagaskar, beauftragte Hermann Göring am 31. Juli 1941 SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich mit der „Endlösung der Judenfrage“. Auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 wurde die Umsetzung zwischen SS und beteiligten Reichsbehörden abgestimmt. In Ghettos, bei Erschießungsaktionen und der industriellen Vernichtung in den Konzentrationslagern des Ostens (Auschwitz, Belzec, Chelmno, Sobibor, Treblinka) kamen rund sechs Millionen Juden ums Leben. Dieses Schicksal teilten rund 200.000 Sinti und Roma.<br />
Millionen Menschen besonders in Polen und der Sowjetunion, die die Nationalsozialisten als slawische „Untermenschen“ ansahen, fielen ebenfalls der Besatzungsherrschaft zum Opfer. Auf bis zu 14 Millionen wird letztlich die Gesamtzahl der Toten außerhalb von Kampfhandlungen im deutschen Machtbereich geschätzt, darunter auch 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene. In Polen hatte man schon 1939 gezielt die Eliten des Landes auszulöschen versucht. Zunächst im polnischen „Generalgouvernement“, dann in den eroberten Gebieten der Sowjetunion sollte ein landwirtschaftlich geprägtes Kolonialreich entstehen. Dort hatten die überlebenden Einwohner als Arbeitskräfte den deutschen „Herrenmenschen“ zu dienen. Der „Rassenhygiene“ am deutschen „Volkskörper“ fielen rund 150.000 behinderte Menschen und andere „Ballastexistenzen“ zum Opfer (Euthanasie), zugleich wurden ca. 350.000 Menschen wegen Erbkrankheiten sterilisiert. Tausende Deutsche zahlten für ihre kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime, für „Wehrkraftzersetzung“ oder Hören von „Feindsendern“ mit dem Leben. <br />
<br />
Forschung und Erinnerungskultur <br />
<br />
Das Dritte Reich bildet die heute wohl am besten erforschte Epoche der deutschen Geschichte. Dabei spielte zunächst das unmittelbare Entsetzen über den „Irrweg einer Nation“ (Alexander Abusch), über „Die deutsche Katastrophe“ (Friedrich Meinecke) eine zentrale Rolle. Man suchte nach den historischen Wurzeln des Nationalsozialismus und konstruierte einen teils weit zurückreichenden „deutschen Sonderweg“, der vom westlich-demokratischen Normalfall abgewichen sei. Spuren für die Vorgeschichte von NS-Diktatur und Holocaust sah man bis hin zum Preußen Friedrichs des Großen oder judenfeindlichen Äußerungen des Reformators Martin Luther. Diese Sicht hat sich allerdings als „wenig substanziell“ (Ulrich Herbert) erwiesen. <br />
Die marxistische Theorie definierte „Faschismus“ als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Georgi Dimitroff). Westliche Historiker betonten den Charakter des Dritten Reiches als moderne totalitäre Diktatur. Ähnlich wie die Sowjetunion als „linkes Gegenstück“ erfüllte es Kriterien wie eine durch Personenkult überhöhte autoritäre Führerpersönlichkeit, Machtmittel wie terroristische Geheimpolizei, Nachrichtenmonopol und Einparteienstaat, eine absolute Geltung beanspruchende Ideologie, totale Erfassung der Bevölkerung, bis zum Massenmord reichende Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen.<br />
Allerdings ist das Totalitarismus-Modell (Carl J. Friedrich, Hannah Arendt) nicht unumstritten geblieben. So bringt es die dynamischen Wandlungen der NS-Diktatur von der „Machtergreifung“ bis hin zur Radikalisierung im Zweiten Weltkrieg nicht deutlich genug zum Ausdruck. Zugleich hat man zeigen können, dass das Dritte Reich in Ideologie und Machtausübung keineswegs einen homogenen Block darstellte. Mit dem Begriff der „Polykratie“ wurde auf die vielen konkurrierenden Machtgruppen im NS-Staat hingewiesen, der letztlich nur im „Führer“ eine unumstrittene Spitze besaß. <br />
Norbert Frei hat dieses vom „Führer“-Mythos überwölbte Herrschaftssystem mit dem Begriff „Führerstaat“ gekennzeichnet. Dennoch wird nicht nur in den großen Biographien (Joachim C. Fest, Allan Bullock, Ian Kershaw, Peter Longerich) die zweifellos wichtige Rolle Hitlers unterschiedlich bewertet. Auch die Kombination aus „Verführung und Gewalt“ (Hans-Ulrich Thamer), die massenpsychologischen und sozialpolitischen Angebote der „nationalen Volksgemeinschaft“ sind als wichtige Herrschaftselemente einer modernen „Konsensdikatur“ betont worden. Einigkeit besteht bei allen seriösen Forschungsrichtungen über den Unrechtscharakter des Dritten Reichen mit seinen singulären Verbrechen, die in Weltkrieg und Völkermord gipfelten.<br />
Unter den zahlreichen Gedenkorten und Museen zur Geschichte des Dritten Reiches ragen einige heraus. Den Opfern gewidmet sind große Gedenkstätten wie in den ehemaligen Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, aber auch in vielen kleineren Lagern, Gefängnissen, Euthanasie-Anstalten usw. Das gilt auch für Stätten des Widerstandes, wie den Bendlerblock in Berlin, wo die Hitler-Attentäter um Stauffenberg erschossen wurden und heute die zentrale „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ angesiedelt ist. Den Tätern widmet sich der Erinnerungsort „Topographie des Terrors“ in der ehemaligen Zentrale von Gestapo, SS und Reichs¬sicherheits¬hauptamt in Berlin. Die Verstrickung von Wirtschaft und Gesellschaft in die NS-Verbrechen wird u.a. im Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt plastisch sichtbar, wo man die Krematorien für Auschwitz und andere KZ gebaut hatte. Nicht zuletzt mit dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin hat sich die Bundesrepublik Deutschland klar zu ihrer historischen Verantwortung bekannt. <br />
Schwierig gestaltet sich bisweilen der Umgang mit „sperrigen“ Erinnerungsorten vom riesigen KdF-Erholungsheim Prora auf Rügen über das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und Weimarer „Gauforum“ bis hin zu „Hitlers Sommerresidenz“ auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Aber auch hier konnte in vielen Fällen neben pragmatischen Lösungen eine erinnerungskulturelle Aufarbeitung erreicht werden. Das Thema wird schließlich vom Deutschen Historischen Museum in Berlin bis hin zu vielen regionalen Geschichts- und Spezialmuseen dargestellt, findet in der politischen Bildung und in den Medien breiten Widerhall. <br />
<br />
Literatur<br />
<br />
Kurt Bauer: Nationalsozialismus. Ursprünge, Anfänge, Aufstieg und Fall. Wien u.a. 2008.<br />
<br />
Wolfgang Benz: Geschichte des Dritten Reiches. München 2000.<br />
<br />
Norbert Frei: Der Führerstaat. Nationalsozialistische Herrschaft 1933 bis 1945. München 82007.<br />
<br />
Michael Grüttner: Das Dritte Reich. 1933-1939. Stuttgart 2014.<br />
<br />
Ulrich Herbert: Das Dritte Reich. Geschichte einer Diktatur. München 22016 <br />
<br />
Klaus Hildebrand: Das Dritte Reich. München 72010.<br />
<br />
Steffen Raßloff: Der „Mustergau“. Thüringen zur Zeit des Nationalsozialismus. München 2015.<br />
<br />
Hans-Ulrich Thamer: Verführung und Gewalt. Deutschland 1933-1945. Berlin 1986.<br />
<br />
Michael Wildt: Geschichte des Nationalsozialismus. Göttingen 2008.<br />
<br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Das Dritte Reich''' (Politische Systeme in Deutschland. Heft 4). Erfurt 2007 (2. Auflage 2013).<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus|Thüringen im Nationalsozialismus]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Datei:DrittesReich.17.jpg&diff=35259Datei:DrittesReich.17.jpg2017-06-23T08:57:16Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div></div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Das_Dritte_Reich&diff=35258Das Dritte Reich2017-06-23T08:52:40Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Das Dritte reich =<br />
<br />
'''1933 errichteten die Nationalsozialisten auf den Trümmern der Weimarer Republik eine Diktatur der „Verführung und Gewalt“. Die Verbrechen des „Dritte Reiches“ gipfelten im Zweiten Weltkrieg und dem Mord an Millionen politisch und rassisch verfolgter Menschen.''' <br />
<br />
<br />
Aufstieg des Nationalsozialismus bis 1933<br />
<br />
[[Datei:Reichsparteitag1935.jpg|320px|right]]Das Dritte Reich stellt einen Höhepunkt im „Zeitalter der Extreme“ dar, wie der Historiker Eric Hobsbawm das 20. Jahrhundert genannt hat. Am Beginn dieses Jahrhunderts der Kriege, Bürgerkriege und Diktaturen stand der Erste Weltkrieg 1914-1918. In jener „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) wurzeln viele der weiteren historischen Entwicklungen. Das „alte Europa“ ging in den Verheerungen des modernen Massenkrieges unter. Die dem Verlierer Deutschland und seinen Verbündeten diktierten Pariser Friedensverträge 1919 mit Gebietsabtretungen, Verlust der Kolonien, Reparationsforderungen, Entmilitarisierung usw. trugen bereits die Keime eines neuen Revanchekrieges in sich. Für das Deutsche Kaiserreich, vor 1914 eine prosperierende Industrienation mit Weltmachtanspruch, war die „Fallhöhe“ besonders groß. <br />
Die Demokratien, die zunächst im Nachkriegseuropa dominierten, wurden von linken und rechten Extremismen bedrängt. Deren totalitäre Ideologien (Kommunismus bzw. Bolschewismus, Faschismus bzw. Nationalsozialismus) sollten die Krise der kapitalistischen Massengesellschaft und des „liberalen Systems“ überwinden. Jene angestrebte „Versöhnung mit der Moderne“ (Gunther Mai) war in bislang unbekanntem Maße mit Gewalt verbunden. Seit der russischen Oktoberrevolution der Bolschewiki unter Führung Waldimir Iljitsch Lenins 1917 existierte erstmals eine kommunistische Diktatur, seit der Machtübernahme der „Schwarzhemden“ Benito Mussolinis in Italien 1922 ein faschistisches Regime. Ab 1926 entstanden in den meisten Ländern Süd-, Mittel- und Osteuropas rechtsdiktatorische Staatswesen, während sich die Demokratien West- und Nordeuropas behaupten konnten. <br />
In Deutschland hatte das Kriegsende 1918 auch das Ende der Monarchie gebracht. Am 9. November 1918 wurde in Berlin die Republik ausgerufen, wurde aus dem Kaiserreich der Hohenzollern die Weimarer Republik. Die extreme Rechte lehnte die neue Demokratie, getragen von gemäßigter Arbeiterbewegung und liberalem Bürgertum, hasserfüllt ab. Sie hielt an dem im Krieg radikalisierten Nationalismus fest, wobei die Niederlage des Heeres durch den „Dolchstoß“ aus der von Linken, Demokraten und Juden unterwanderten Heimatfront erklärt wurde. Die Exponenten der Republik wurden als „Novemberverbrecher“ verfemt und bis hin zu politischen Morden verfolgt, etwa an Finanzminister Matthias Erzberger (1921) und Außenminister Walther Rathenau (1922).<br />
Zur stärksten Kraft im anfangs breit gefächerten Spektrum der Rechten wurde die 1919 in München gegründete Deutsche Arbeiterpartei, 1920 umbenannt in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). 1921 konnte sich der Weltkriegsgefreite Adolf Hitler (1889-1945) als „Führer“ mit diktatorischer Machtfülle an deren Spitze stellen. Der Österreicher Hitler stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Geboren in Braunau am Inn als Sohn eines Zollbeamten, hatte er sich vor dem Ersten Weltkrieg vergeblich an der Kunstakademie in Wien beworben. Er lebte zeitweise im Obdachlosenheim und schlug sich mit dem Malen von Postkarten durch. Das deutschnational-antisemitische Milieu der Hauptstadt des habsburgischen Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn prägte den jungen Mann. 1913 nach München umgezogen, meldete sich Hitler bei Kriegsbeginn freiwillig ins deutsche Heer. Nach der Niederlage 1918 begann in München der Aufstieg in der rechtsextremen Szene, der sich vor allem seinem rednerischen Talent und populistischen Gespür verdankte. <br />
Die NS-Ideologie griff gängige Ideen der völkischen Szene seit dem späten 19. Jahrhundert auf. Sie flossen in Hitlers „Weltbild“ zusammen, das schon in seiner Schrift „Mein Kampf“ (1925/27) in den Grundzügen formuliert wurde. Zentrale Elemente waren die Utopie einer rassisch einheitlichen „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Weltgeschichte als ständiger Kampf der Rassen bei Überlegenheit der arischen, nordisch-germanischen Rasse, rassischer Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages hinaus sollte sich das deutsche „Volk ohne Raum“ (Hans Grimm) neue Siedlungsgebiete im Osten erkämpfen. Hinzu kam die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung mit Antimarxismus bzw. Antibolschewismus sowie ein entschiedener Antiparlamentarismus. All dies waren keine eigenständigen Ideen Hitlers und der Nationalsozialisten, die ihre diffuse Ideologie nicht in ein schlüssiges Denkgebäude fassten. Auch der Begriff vom erstrebten tausendjährigen „Dritten Reich“ nach altem Kaiserreich und Bismarcks Reich von 1871 entstammte einem Buchtitel Arthur Moeller van den Brucks, Vordenker der „konservativen Revolution“.<br />
Die politische und wirtschaftlich-soziale Krise der Nachkriegszeit, gipfelnd in rechten und linken Putschversuchen sowie der Hochinflation vom Herbst 1923, bescherte der NSDAP beachtliche Anfangserfolge. Der gescheiterte Münchner „Hitler-Putsch“ vom 9. November 1923 führte dann allerdings zu einem Rückschlag. Zudem folgte eine mehrjährige Erholungsphase 1924-1929, die „Goldenen Zwanziger“. Sie schien die Republik unter dem prägenden Einfluss des Kanzlers und Außenministers Gustav Stresemann zu festigen. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die NSDAP nur 2,6% der Stimmen. Allerdings konnte sich die demokratische Staatsform nicht nachhaltig etablieren. Das sozialistische Lager der Arbeiterparteien und das bürgerlich-nationale Lager mit fester Verankerung in den jeweiligen Milieus standen sich unversöhnlich gegenüber. Zugleich setzte eine Erosion der Parteienlandschaft mit vielen neuen Interessen- und Splitterparteien ein, die das Regieren auf nationaler und regionaler Ebene immer schwieriger machten. <br />
Der Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei erfolgte mit Beginn der in den USA ausgelösten Weltwirtschaftskrise Ende 1929. Schon im September 1930 war die Partei mit 18,3% die zweitstärkste Fraktion im Reichstag nach der SPD. Auf dem Höhepunkt der Krise mit sechs Millionen Arbeitslosen und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen wurde sie im Juli 1932 mit 37,4% zur mit Abstand stärksten Partei. Schon 1932 konnte sie die Landesregierungen in Anhalt, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Thüringen übernehmen. Die junge, dynamische Massenpartei mit ihren modernen Propaganda- und Wahlkampfmethoden hatte eine Volksbewegung entfesselt, für die sie als „letzte Rettung“ und Hitler als „nationaler Messias“ erschien. In einer tief ausgeprägten Krisenstimmung der industriell-urbanen Moderne traten große Bevölkerungsteile, insbesondere der bürgerliche Mittelstand, eine förmliche Flucht in die „nationale Volksgemeinschaft“ des charismatischen „Führers“ an.<br />
<br />
Aufbau und Formierung der NS-Diktatur 1933-1935<br />
<br />
Nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg bereits seit 1930 „halbdemokratische“ Präsidialregierungen auf Grundlage des Notverordnungsrechtes der Weimarer Verfassung (Artikel 48) berufen hatte, erfolgte am 30. Januar 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Konservative Kreise um den Ex-Kanzler Franz von Papen hatten Hindenburg zu diesem Schritt veranlasst. Es war ihr Ziel, die Nationalsozialisten in der Regierungsverantwortung zu „verschleißen“ sowie sie durch starke konservative Kräfte „einzurahmen“. Tatsächlich gehörten zur neuen Regierung der „nationalen Konzentration“ neben Hitler mit Innenminister Wilhelm Frick und dem späteren „Reichsmarschall“ Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich nur zwei weitere Nationalsozialisten. Einigkeit bestand in der Frontstellung gegen die politische Linke und den Parlamentarismus, die die alten Eliten mit Hilfe der rechten Massenbewegung zu verdrängen hofften. „Wir haben ihn uns engagiert“, so tönte Vizekanzler Papen. „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“ <br />
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass Papens „Zähmungskonzept“ nicht aufging. Vielmehr bildete der 30. Januar 1933 den Beginn der „Machtergreifung“ Hitlers und der NSDAP. Für die sofort verkündeten Reichstagswahlen am 5. März 1933 lief nunmehr mit staatlicher Unterstützung die Wahlkampfmaschinerie der NSDAP erneut an. Der politische Gegner auf der Linken, vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wurde unterdrückt und benachteiligt.<br />
Einen entscheidenden Schritt hin zur NS-Diktatur bildete die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933. Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin, der den Kommunisten angelastet wurde, setzte jene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ alle Grundrechte (persönliche Freiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis usw.) außer Kraft. Politische Gegner konnten fortan ohne Gerichtsbeschluss in „Schutzhaft“ genommen werden, wovon tausendfach Gebrauch gemacht wurde. Ohne die Verfassung der Weimarer Republik formal aufzuheben, bot die „Verfassungsurkunde“ des Dritten Reiches (Ernst Fraenkel) die juristische Grundlage der NS-Gewaltherrschaft. <br />
Trotz einer absoluten Mehrheit von NSDAP und Konservativen von 51,9% bei den Reichstagswahlen strebte Hitler nunmehr auch die Ausschaltung des parlamentarischen „Weimarer Systems“ an. Das am 24. März 1933 vom Reichstag mit den Stimmen der NSDAP und der Bürgerparteien verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“ übertrug der Regierung die Gesetzgebungskompetenz. Im Juni wurde die SPD verboten (die KPD war seit Februar in den Untergrund abgedrängt), die übrigen Parteien lösten sich resigniert selbst auf. Am 14. Juli 1933 wurde per Gesetz der Einparteienstaat der NSDAP festgeschrieben.<br />
Neben den Parteien galt es die großen unabhängigen Interessenvertretungen auszuschalten. Hierbei praktizierte die NSDAP eine erfolgreiche Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik. So wurde der 1. Mai 1933 zum Feiertag erhoben und damit ein altes Ziel der sozialistischen Arbeiterbewegung erfüllt. Schon am Tag darauf erfolgte die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. Als neue Zwangsvereinigung diente fortan die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Sie vermittelte mit ihrem sozial- und kulturpolitischen Angebot bis hin zu KdF- („Kraft durch Freude“-) Kreuzfahrten dem „kleinen Mann“ das Gefühl, die Vision einer gerechten „Volksgemeinschaft“ sei ernst gemeint. <br />
Das Regime ging in jener Formierungsphase daran, seine Machtstellung auszubauen. Parteieinrichtungen und neue parteinahe Institutionen traten neben die traditionellen Staats- und Gesellschaftsstrukturen, die mit Nationalsozialisten durchsetzt wurden. Dies sorgte in vielen Bereichen für Kompetenzgerangel und Reibungsverluste, ohne die NS-Herrschaft zu gefährden. Die großen Massenorganisationen der NSDAP spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Jene „Gliederungen“ und „angeschlossenen Verbände“ erfassten über SA und SS hinaus als ideologische „Transmissionsriemen“ die Menschen vieler Berufe, Interessenlagen und Altersgruppen (Hitlerjugend, NS-Studentenbund, NS-Lehrerbund, NS-Ärztebund, NS-Beamtenbund, NS-Kraftfahr-Korps usw.). <br />
Seit März 1933 erfolgte auch die schrittweise „Gleichschaltung“ der Länder. Mit dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ vom 30. Januar 1934 wurden sie zu reinen Verwaltungseinheiten zurückgestuft. Damit kam den Gauen der NSDAP und ihren Gauleitern wachsendes Gewicht zu. Jene „Vizekönige“ Hitlers konnten sich je nach politisch-administrativen Rahmenbedingungen und persönlicher Durchsetzungskraft eine beachtliche Machtstellung aufbauen. Der Thüringer Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel etwa profilierte sich zu Hitlers „Muster-Gauleiter“. In Weimar entstand mit dem gigantischen „Gauforum“ (Weimarplatz) eine NS-Machtzentrale, nach deren Vorbild alle deutschen Gauhauptstädte hätten umgebaut werden sollen. Sauckel zeichnete auch für den Zwangsarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Der 1942 ernannte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (GBA) wurde als „Hitlers Sklavenhalter“ 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
Eine weitere wichtige Zäsur für die Stabilisierung des Dritten Reiches bildete der „Röhm-Putsch“ 1934, als die gesamte Führung der SA (Sturmabteilung) um Stabschef Ernst Röhm ermordet wurde. Die SA war 1921 in der „Kampfzeit“ der „Bewegung“ als Saalschutz gegründet und zum paramilitärischen Wehrverband der NSDAP ausgebaut worden. Aus den Kreisen der „Braunhemden“ wurde jetzt der Ruf nach einer weitergehenden sozialen Revolution laut, Röhm strebte in Konfrontation zur Reichswehr die Umwandlung der SA in eine Volksmiliz an. Die Mordaktion am 30. Juni 1934 entmachtete den letzten ernsthaften Konkurrenten Hitlers, die Reichswehr blieb „Waffenträger der Nation“. Die 1925 gegründete SS (Schutzstaffel) rückte unter ihrem Reichsführer Heinrich Himmler als „schwarzer Orden“ zur Elite des Dritten Reiches auf. Mit dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 und der Proklamation Hitlers zum „Führer und Reichskanzler“ sowie der Vereidigung der Reichswehr auf seine Person war die Führerdiktatur weitgehend vollendet. <br />
Diese auf den „Führer“ zugeschnittene Diktatur wurde durch einen vor allem von Joseph Goebbels‘ Propagandaministerium verbreiteten Hitlermythos gestützt. Immer perfekter steuerte Goebbels durch Propagandakampagnen, Informationsmonopol, staatliche Kulturlenkung und theatralische Massenveranstaltungen wie die Nürnberger Reichsparteitage die öffentliche Meinung. Der absolute Kontroll- und Lenkungsanspruch kam besonders in den jungen Medien Rundfunk und Film zum Ausdruck. Stets wurde die neue nationale Volksgemeinschaft beschworen, aber auch der Anschein einer Versöhnung der jungen NS-Bewegung mit dem alten preußisch-konservativen Deutschland suggeriert. Hierfür steht der minutiös geplante „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, der Zusammenkunft des neuen Reichstags in der Potsdamer Garnisonkirche, mit der symbolischen Verneigung Hitlers vor dem kaiserlichen Generalfeldmarschall und Weltkriegs-Helden Hindenburg. <br />
Von Beginn an schlug sich aber auch die aggressive NS-Rassenideologie, insbesondere der Antisemitismus, in der Politik des Dritten Reiches deutlich nieder. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten unterschied sich von der traditionellen, eher religiös-kulturellen Judenfeindschaft durch seine starke Bezogenheit auf die Rasse, auf das „Blut“. Hitler sah in den Juden ein „parasitäres“ Volk, das auf Kosten seiner „Wirtsvölker“, besonders der Deutschen lebe und gar in Form des „jüdischen Bolschewismus“ die Weltherrschaft anstrebe. Daher müsse dieser „Bazillus“ ausgemerzt werden. Erste Maßnahmen waren der Boykott jüdischer Geschäfte vom 1. April 1933, das Herausdrängen der Juden aus dem öffentlichen Dienst und weitere alltagsweltliche Diskriminierungen. Mit den „Nürnberger Gesetzen“ vom September 1935 wurden Juden zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert, Eheschließungen und sexuelle Beziehungen mit Bürgern „deutschen und artverwandten Blutes“ als „Rassenschande“ verboten und unter Strafe gestellt.<br />
<br />
Konsolidierung und Kriegsvorbereitung 1936-1939<br />
<br />
Mit der Konsolidierung der Macht des Nationalsozialismus radikalisierte sich dessen zunächst noch recht vage Ideologie. Dies schlug sich besonders in der Verschärfung des Antisemitismus nieder. Mit der „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 fand die Gewalteskalation einen weiteren Höhepunkt. Hunderte Synagogen wurden niedergebrannt, tausende Menschen misshandelt und verschleppt, wobei etwa hundert ums Leben kamen. In der Folge wurden die Juden endgültig aus dem Wirtschaftsleben verdrängt („Arisierung“) und zur Ausreise genötigt. Bis zum Auswanderungsverbot 1941 hatten rund 300.000 der ursprünglich 500.000 jüdischen Bürger Deutschland verlassen. Ähnlichen Verfolgungen ausgesetzt war auch die Volksgruppe der Sinti und Roma („Zigeuner“).<br />
Bis 1937 wurden die vielen teils provisorischen Konzentrationslager (KZ) unter Leitung der SS in ein System fest ausgebauter KZ umgewandelt, allen voran die drei Großlager Dachau bei München, Buchenwald bei Weimar und Sachsenhausen bei Berlin. Die Konzentrationslager bildeten ein zentrales Element im „SS-Staat“ (Eugen Kogon), mit dem politisch, rassisch und sozial „minderwertige“ Menschen von der „Volksgemeinschaft“ isoliert, „umerzogen“ oder vernichtet werden sollten. Im Krieg dienten viele Lager mit ihren tausenden von Häftlingen auch der Rüstungswirtschaft. Zugleich verfolgte SS-Reichsführer Heinrich Himmler als „Chef der deutschen Polizei“ (1936) insbesondere mit der berüchtigten Geheimen Staatspolizei (Gestapo) jegliche Form von Widerspruch gegen das NS-Regime.<br />
Andererseits gelang es dem Regime weiter, sich als moderner, sozial engagierter Volksstaat zu profilieren, der bei aller bleibenden Alltagskritik von einer Bevölkerungsmehrheit getragen wurde. Schon 1934 ging die Arbeitslosenzahl (auch dank allgemeiner Konjunkturbelebung) nominell um über 50% zurück, 1938 herrschte (insbesondere wegen der Aufrüstung) praktisch Vollbeschäftigung – der „Führer“ hatte in den Augen vieler Deutscher „Wort gehalten“. Großprojekte, wie der bereits in der Weimarer Republik geplante Autobahnbau oder die Olympischen Spiele 1936 in Berlin verschafften erhebliche innen- und außenpolitische Prestigegewinne. <br />
So hatte es der Widerstand gegen das NS-Regime bis in den Krieg hinein schwer, wirkliche Unterstützung zu finden. Der aktive linke, v.a. kommunistische Widerstand musste die meisten Opfer beklagen. Auch Vertreter der protestantischen Bekennenden Kirche wie Dietrich Bonhoeffer und anderer Konfessionen ließen für ihre Überzeugung das Leben. Gruppen wie die „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl in München 1943 endeten ebenso wie der militärische Widerstand um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Carl Goerdeler und Julius Leber durch braune Henker. Nicht nur dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 durch die Gruppe um Stauffenberg blieb der Erfolg versagt, auch andere Versuche scheiterten, wie das Bombenattentat am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller durch den Einzeltäter Georg Elser.<br />
Durch die wachsende Popularität gestärkt, konnte Hitler ab Mitte der 1930er-Jahre auch an eine schrittweise Ausschaltung der alten Eliten herangehen. Über den rasanten Aufrüstungskurs, der nur noch durch spätere „Kriegsbeute“ zu finanzieren war, kam es zum Bruch mit Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, der 1937 als Wirtschaftsminister abgelöst wurde. Auch aus Diplomatie und Militär kamen warnende Stimmen. Daher wurde 1938 Außenminister Konstantin von Neurath durch den überzeugten Nationalsozialisten Joachim von Ribbentrop ersetzt und in der inszenierten „Blomberg-Fritsch-Krise“ Kriegsminister Werner von Blomberg und Heeres-Oberbefehlshaber Werner von Fritsch abgelöst. Hitler übernahm direkt die Befehlsgewalt und schuf sich mit dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unter General Wilhelm Keitel eine für ihn zuverlässige Führungsspitze. <br />
Die fortschreitende Konsolidierung der NS-Diktatur hatte eine wichtige Ursache in ihren außenpolitischen Erfolgen. Die von Hitler stets verkündete Revision der Versailler Friedensordnung von 1919 galt nahezu allen Deutschen als notwendig. Ein erster Erfolg fiel ihm im Januar 1935 mit der Abstimmung im vom Völkerbund verwalteten Saarland zu, wo sich über 90% der Bevölkerung für die „Heimkehr ins Reich“ entschieden. Zwei Monate später verkündete Hitler die Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Aufbau einer starken Wehrmacht, worauf die Großmächte nur mit Protesten reagierten. Eine Intervention blieb auch aus, als die Wehrmacht im März 1936 in das laut Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland einmarschierte. <br />
Einen enormen Popularitätsschub für das Hitler-Regime brachte der Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes an das Reich im März und September 1938. Mit dem „Großdeutschen Reich“ einschließlich Österreichs, dem 1919 ein Anschluss von den Siegermächten verboten worden war, erfüllte sich ein alter nationaler Traum der Deutschen. Die Abtretung der Sudetengebiete von der Tschechoslowakei erfolgte unter Zustimmung Großbritanniens, Frankreichs und Italiens im Münchner Abkommen vom 29. September 1938. Der Erfolg dieser Maßnahmen wurzelte auch darin, dass Hitler „etwas bis zu einem gewissen Grad Verständliches auf unrechtmäßige Weise“ (Klaus Hildebrand) tat und dabei immer seine Friedensliebe betonte. Zugleich sah man besonders in London Deutschland als ein wichtiges Bollwerk gegen die kommunistische Sowjetunion. <br />
Hatte das Dritte Reich bisher in seiner rasanten Expansionspolitik Territorien mit überwiegend deutscher Bevölkerung an sich gerissen, bildete die Zerschlagung der „Resttschechei“ und deren Umwandlung in das „Protektorat Böhmen und Mähren“ im März 1939 jedoch eindeutig einen Akt gewaltsamer Unterwerfung. Jetzt erkannte man auch in Großbritannien, dass die Appeasement- (Beschwichtigungs-) Politik von Premier Neville Chamberlain gescheitert war, der um des Friedens willen Deutschland seine vermeintlich traditionelle Revisionspolitik hatte betreiben lassen. Unmissverständlich machte der Westen Hitler nunmehr klar, dass jeder weitere Überfall auf einen Nachbarn Krieg zur Folge haben werde. Untermauert wurde dies durch eine englisch-französische Garantieerklärung für Polen. <br />
<br />
Zweiter Weltkrieg 1939-1945<br />
<br />
Damit war der gezielte Kriegskurs des Dritten Reiches freilich nicht mehr zu stoppen. Schon am 3. Februar 1933 hatte Hitler gegenüber führenden Generälen die „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“ als Ziel seiner Außenpolitik genannt. Auch die von ihm insgeheim angestrebte Weltherrschaft und Vernichtung der Juden waren nur durch Krieg realisierbar. Hierzu hatte Hitler 1936/37 Italien und Japan („Achse Berlin-Rom-Tokio“) als wichtigste Verbündete gewinnen können.<br />
Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Er gilt als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte mit bis zu 60 Millionen Todesopfern. Den Rücken im Osten hatte sich Deutschland zunächst durch den spektakulären „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 freigehalten, in dem die Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion in einem geheimen Zusatzprotokoll festgelegt wurde. Trotz formeller Kriegserklärung griffen Großbritannien und Frankreich praktisch nicht ein und schon am 28. September musste Polen kapitulieren. Der Besetzung Dänemarks und Norwegens im Frühjahr 1940 folgte der „Westfeldzug“ vom 10. Mai bis 22. Juni 1940, der mit der Kapitulation Frankreichs endete. Die Siege der „Blitzkrieg“-Phase führten Hitler auf den Höhepunkt seiner Popularität in Deutschland („Größter Feldherr aller Zeiten“) und trugen der Wehrmacht den Ruf der Unbesiegbarkeit ein. <br />
Allerdings gelang es anschließend nicht, Großbritannien in der erbitterten „Luftschlacht um England“ („Battle of Britain“) in die Knie zu zwingen. Auch musste Deutschland seinem Bündnispartner Italien in Nordafrika und auf dem Balkan zu Hilfe eilen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 („Fall Barbarossa“) begann der rassistische Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Osten. Trotz großer Anfangserfolge bekam die Wehrmacht in den Weiten Russlands bald Probleme. Deutlich zeichnete sich die Kriegswende spätestens nach der Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/43 ab, als die 6. Armee unter General Friedrich Paulus vernichtet wurde. Auch der von Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner Berliner Sportpalastrede ausgerufene „totale Krieg“ oder die U-Boot-Waffe konnten die strategische Unterlegenheit der „Achsenmächte“ nicht mehr kompensieren. Zudem befand sich Deutschland seit dem japanischen Angriff auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor im Dezember 1941 auch im Krieg mit den USA. <br />
Die Alliierten USA, Großbritannien und Sowjetunion eroberten, beschleunigt durch die Eröffnung der „zweiten Front“ in Frankreich am 6. Juni 1944, die deutsche „Festung Europa“. Rund 600.000 Deutsche verloren, nachdem die deutsche Luftwaffe zuvor rücksichtslos gegnerische Städte bombardiert hatte, bei den seit 1943 massiv verstärkten angloamerikanischen Luftangriffen ihr Leben. Symbolisch hierfür steht das barocke „Elbflorenz“ Dresden, das vom 13. bis 15. Februar 1945 in Schutt und Asche versank. Bemühungen, die aus der Luft gefährdete Rüstung untertage aufrecht zu erhalten, kosteten hunderttausenden Zwangsarbeitern und Häftlingen das Leben. Am bekanntesten ist die Verlagerung der V2-Raketenproduktion von Peenemünde auf der Insel Usedom in Stollen bei Nordhausen mit dem eigens hierfür errichteten KZ Mittelbau-Dora 1943/45. Mit „Wunderwaffen“ wie der V2 („Vergeltungswaffe“) sollte der Glaube an den „Endsieg“ aufrechterhalten werden. <br />
Alle verzweifelten Mobilisierungsversuche schoben die Niederlage aber nur um einen hohen Preis hinaus, zumal die Intensität des Krieges noch einmal dramatisch zunahm. Mehr als die Hälfte der 3,2 Millionen gefallenen deutschen Soldaten etwa verlor in den letzten zehn Kriegsmonaten ihr Leben. Begleitet war die Schlussphase des NS-Regimes auch von schweren Ausschreitungen vor allem der Sowjetarmee gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Die Flucht und Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa setzte sich über das Kriegsende hinaus unter Akzeptanz der Alliierten ebenfalls mit teils erheblicher Brutalität fort. Bis zu zwei Millionen Deutsche verloren hierbei ihr Leben. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht bedingungslos, Hitler hatte bereits am 30. April im Bunker der Berliner Reichskanzlei Selbstmord begangen.<br />
Der Weltkrieg brachte auch einen letzten Radikalisierungsschub bei der Umsetzung der ideologischen Ziele des Dritten Reiches. Ein beispielloses Verbrechen stellt der Holocaust bzw. die Shoa dar, die systematische Vernichtung der europäischen Juden. Nach verschiedenen Überlegungen, u.a. einer gigantischen Umsiedlungsaktion nach Madagaskar, beauftragte Hermann Göring am 31. Juli 1941 SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich mit der „Endlösung der Judenfrage“. Auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 wurde die Umsetzung zwischen SS und beteiligten Reichsbehörden abgestimmt. In Ghettos, bei Erschießungsaktionen und der industriellen Vernichtung in den Konzentrationslagern des Ostens (Auschwitz, Belzec, Chelmno, Sobibor, Treblinka) kamen rund sechs Millionen Juden ums Leben. Dieses Schicksal teilten rund 200.000 Sinti und Roma.<br />
Millionen Menschen besonders in Polen und der Sowjetunion, die die Nationalsozialisten als slawische „Untermenschen“ ansahen, fielen ebenfalls der Besatzungsherrschaft zum Opfer. Auf bis zu 14 Millionen wird letztlich die Gesamtzahl der Toten außerhalb von Kampfhandlungen im deutschen Machtbereich geschätzt, darunter auch 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene. In Polen hatte man schon 1939 gezielt die Eliten des Landes auszulöschen versucht. Zunächst im polnischen „Generalgouvernement“, dann in den eroberten Gebieten der Sowjetunion sollte ein landwirtschaftlich geprägtes Kolonialreich entstehen. Dort hatten die überlebenden Einwohner als Arbeitskräfte den deutschen „Herrenmenschen“ zu dienen. Der „Rassenhygiene“ am deutschen „Volkskörper“ fielen rund 150.000 behinderte Menschen und andere „Ballastexistenzen“ zum Opfer (Euthanasie), zugleich wurden ca. 350.000 Menschen wegen Erbkrankheiten sterilisiert. Tausende Deutsche zahlten für ihre kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime, für „Wehrkraftzersetzung“ oder Hören von „Feindsendern“ mit dem Leben. <br />
<br />
Forschung und Erinnerungskultur <br />
<br />
Das Dritte Reich bildet die heute wohl am besten erforschte Epoche der deutschen Geschichte. Dabei spielte zunächst das unmittelbare Entsetzen über den „Irrweg einer Nation“ (Alexander Abusch), über „Die deutsche Katastrophe“ (Friedrich Meinecke) eine zentrale Rolle. Man suchte nach den historischen Wurzeln des Nationalsozialismus und konstruierte einen teils weit zurückreichenden „deutschen Sonderweg“, der vom westlich-demokratischen Normalfall abgewichen sei. Spuren für die Vorgeschichte von NS-Diktatur und Holocaust sah man bis hin zum Preußen Friedrichs des Großen oder judenfeindlichen Äußerungen des Reformators Martin Luther. Diese Sicht hat sich allerdings als „wenig substanziell“ (Ulrich Herbert) erwiesen. <br />
Die marxistische Theorie definierte „Faschismus“ als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Georgi Dimitroff). Westliche Historiker betonten den Charakter des Dritten Reiches als moderne totalitäre Diktatur. Ähnlich wie die Sowjetunion als „linkes Gegenstück“ erfüllte es Kriterien wie eine durch Personenkult überhöhte autoritäre Führerpersönlichkeit, Machtmittel wie terroristische Geheimpolizei, Nachrichtenmonopol und Einparteienstaat, eine absolute Geltung beanspruchende Ideologie, totale Erfassung der Bevölkerung, bis zum Massenmord reichende Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen.<br />
Allerdings ist das Totalitarismus-Modell (Carl J. Friedrich, Hannah Arendt) nicht unumstritten geblieben. So bringt es die dynamischen Wandlungen der NS-Diktatur von der „Machtergreifung“ bis hin zur Radikalisierung im Zweiten Weltkrieg nicht deutlich genug zum Ausdruck. Zugleich hat man zeigen können, dass das Dritte Reich in Ideologie und Machtausübung keineswegs einen homogenen Block darstellte. Mit dem Begriff der „Polykratie“ wurde auf die vielen konkurrierenden Machtgruppen im NS-Staat hingewiesen, der letztlich nur im „Führer“ eine unumstrittene Spitze besaß. <br />
Norbert Frei hat dieses vom „Führer“-Mythos überwölbte Herrschaftssystem mit dem Begriff „Führerstaat“ gekennzeichnet. Dennoch wird nicht nur in den großen Biographien (Joachim C. Fest, Allan Bullock, Ian Kershaw, Peter Longerich) die zweifellos wichtige Rolle Hitlers unterschiedlich bewertet. Auch die Kombination aus „Verführung und Gewalt“ (Hans-Ulrich Thamer), die massenpsychologischen und sozialpolitischen Angebote der „nationalen Volksgemeinschaft“ sind als wichtige Herrschaftselemente einer modernen „Konsensdikatur“ betont worden. Einigkeit besteht bei allen seriösen Forschungsrichtungen über den Unrechtscharakter des Dritten Reichen mit seinen singulären Verbrechen, die in Weltkrieg und Völkermord gipfelten.<br />
Unter den zahlreichen Gedenkorten und Museen zur Geschichte des Dritten Reiches ragen einige heraus. Den Opfern gewidmet sind große Gedenkstätten wie in den ehemaligen Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, aber auch in vielen kleineren Lagern, Gefängnissen, Euthanasie-Anstalten usw. Das gilt auch für Stätten des Widerstandes, wie den Bendlerblock in Berlin, wo die Hitler-Attentäter um Stauffenberg erschossen wurden und heute die zentrale „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ angesiedelt ist. Den Tätern widmet sich der Erinnerungsort „Topographie des Terrors“ in der ehemaligen Zentrale von Gestapo, SS und Reichs¬sicherheits¬hauptamt in Berlin. Die Verstrickung von Wirtschaft und Gesellschaft in die NS-Verbrechen wird u.a. im Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt plastisch sichtbar, wo man die Krematorien für Auschwitz und andere KZ gebaut hatte. Nicht zuletzt mit dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin hat sich die Bundesrepublik Deutschland klar zu ihrer historischen Verantwortung bekannt. <br />
Schwierig gestaltet sich bisweilen der Umgang mit „sperrigen“ Erinnerungsorten vom riesigen KdF-Erholungsheim Prora auf Rügen über das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und Weimarer „Gauforum“ bis hin zu „Hitlers Sommerresidenz“ auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Aber auch hier konnte in vielen Fällen neben pragmatischen Lösungen eine erinnerungskulturelle Aufarbeitung erreicht werden. Das Thema wird schließlich vom Deutschen Historischen Museum in Berlin bis hin zu vielen regionalen Geschichts- und Spezialmuseen dargestellt, findet in der politischen Bildung und in den Medien breiten Widerhall. <br />
<br />
Literatur<br />
<br />
Kurt Bauer: Nationalsozialismus. Ursprünge, Anfänge, Aufstieg und Fall. Wien u.a. 2008.<br />
<br />
Wolfgang Benz: Geschichte des Dritten Reiches. München 2000.<br />
<br />
Norbert Frei: Der Führerstaat. Nationalsozialistische Herrschaft 1933 bis 1945. München 82007.<br />
<br />
Michael Grüttner: Das Dritte Reich. 1933-1939. Stuttgart 2014.<br />
<br />
Ulrich Herbert: Das Dritte Reich. Geschichte einer Diktatur. München 22016 <br />
<br />
Klaus Hildebrand: Das Dritte Reich. München 72010.<br />
<br />
Steffen Raßloff: Der „Mustergau“. Thüringen zur Zeit des Nationalsozialismus. München 2015.<br />
<br />
Hans-Ulrich Thamer: Verführung und Gewalt. Deutschland 1933-1945. Berlin 1986.<br />
<br />
Michael Wildt: Geschichte des Nationalsozialismus. Göttingen 2008.<br />
<br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Das Dritte Reich''' (Politische Systeme in Deutschland. Heft 4). Erfurt 2007 (2. Auflage 2013).<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus|Thüringen im Nationalsozialismus]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Das_Dritte_Reich&diff=35257Das Dritte Reich2017-06-23T08:52:07Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Das Dritte reich =<br />
<br />
'''1933 errichteten die Nationalsozialisten auf den Trümmern der Weimarer Republik eine Diktatur der „Verführung und Gewalt“. Die Verbrechen des „Dritte Reiches“ gipfelten im Zweiten Weltkrieg und dem Mord an Millionen politisch und rassisch verfolgter Menschen.''' <br />
<br />
<br />
Aufstieg des Nationalsozialismus bis 1933<br />
<br />
Das Dritte Reich stellt einen Höhepunkt im „Zeitalter der Extreme“ dar, wie der Historiker Eric Hobsbawm das 20. Jahrhundert genannt hat. Am Beginn dieses Jahrhunderts der Kriege, Bürgerkriege und Diktaturen stand der Erste Weltkrieg 1914-1918. In jener „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) wurzeln viele der weiteren historischen Entwicklungen. Das „alte Europa“ ging in den Verheerungen des modernen Massenkrieges unter. Die dem Verlierer Deutschland und seinen Verbündeten diktierten Pariser Friedensverträge 1919 mit Gebietsabtretungen, Verlust der Kolonien, Reparationsforderungen, Entmilitarisierung usw. trugen bereits die Keime eines neuen Revanchekrieges in sich. Für das Deutsche Kaiserreich, vor 1914 eine prosperierende Industrienation mit Weltmachtanspruch, war die „Fallhöhe“ besonders groß. <br />
Die Demokratien, die zunächst im Nachkriegseuropa dominierten, wurden von linken und rechten Extremismen bedrängt. Deren totalitäre Ideologien (Kommunismus bzw. Bolschewismus, Faschismus bzw. Nationalsozialismus) sollten die Krise der kapitalistischen Massengesellschaft und des „liberalen Systems“ überwinden. Jene angestrebte „Versöhnung mit der Moderne“ (Gunther Mai) war in bislang unbekanntem Maße mit Gewalt verbunden. Seit der russischen Oktoberrevolution der Bolschewiki unter Führung Waldimir Iljitsch Lenins 1917 existierte erstmals eine kommunistische Diktatur, seit der Machtübernahme der „Schwarzhemden“ Benito Mussolinis in Italien 1922 ein faschistisches Regime. Ab 1926 entstanden in den meisten Ländern Süd-, Mittel- und Osteuropas rechtsdiktatorische Staatswesen, während sich die Demokratien West- und Nordeuropas behaupten konnten. <br />
In Deutschland hatte das Kriegsende 1918 auch das Ende der Monarchie gebracht. Am 9. November 1918 wurde in Berlin die Republik ausgerufen, wurde aus dem Kaiserreich der Hohenzollern die Weimarer Republik. Die extreme Rechte lehnte die neue Demokratie, getragen von gemäßigter Arbeiterbewegung und liberalem Bürgertum, hasserfüllt ab. Sie hielt an dem im Krieg radikalisierten Nationalismus fest, wobei die Niederlage des Heeres durch den „Dolchstoß“ aus der von Linken, Demokraten und Juden unterwanderten Heimatfront erklärt wurde. Die Exponenten der Republik wurden als „Novemberverbrecher“ verfemt und bis hin zu politischen Morden verfolgt, etwa an Finanzminister Matthias Erzberger (1921) und Außenminister Walther Rathenau (1922).<br />
Zur stärksten Kraft im anfangs breit gefächerten Spektrum der Rechten wurde die 1919 in München gegründete Deutsche Arbeiterpartei, 1920 umbenannt in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). 1921 konnte sich der Weltkriegsgefreite Adolf Hitler (1889-1945) als „Führer“ mit diktatorischer Machtfülle an deren Spitze stellen. Der Österreicher Hitler stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Geboren in Braunau am Inn als Sohn eines Zollbeamten, hatte er sich vor dem Ersten Weltkrieg vergeblich an der Kunstakademie in Wien beworben. Er lebte zeitweise im Obdachlosenheim und schlug sich mit dem Malen von Postkarten durch. Das deutschnational-antisemitische Milieu der Hauptstadt des habsburgischen Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn prägte den jungen Mann. 1913 nach München umgezogen, meldete sich Hitler bei Kriegsbeginn freiwillig ins deutsche Heer. Nach der Niederlage 1918 begann in München der Aufstieg in der rechtsextremen Szene, der sich vor allem seinem rednerischen Talent und populistischen Gespür verdankte. <br />
Die NS-Ideologie griff gängige Ideen der völkischen Szene seit dem späten 19. Jahrhundert auf. Sie flossen in Hitlers „Weltbild“ zusammen, das schon in seiner Schrift „Mein Kampf“ (1925/27) in den Grundzügen formuliert wurde. Zentrale Elemente waren die Utopie einer rassisch einheitlichen „Volksgemeinschaft“, „germanische Demokratie“ mit persönlichem „Führertum“, Weltgeschichte als ständiger Kampf der Rassen bei Überlegenheit der arischen, nordisch-germanischen Rasse, rassischer Antisemitismus. Über die Revision des Versailler Vertrages hinaus sollte sich das deutsche „Volk ohne Raum“ (Hans Grimm) neue Siedlungsgebiete im Osten erkämpfen. Hinzu kam die Frontstellung zur linken Arbeiterbewegung mit Antimarxismus bzw. Antibolschewismus sowie ein entschiedener Antiparlamentarismus. All dies waren keine eigenständigen Ideen Hitlers und der Nationalsozialisten, die ihre diffuse Ideologie nicht in ein schlüssiges Denkgebäude fassten. Auch der Begriff vom erstrebten tausendjährigen „Dritten Reich“ nach altem Kaiserreich und Bismarcks Reich von 1871 entstammte einem Buchtitel Arthur Moeller van den Brucks, Vordenker der „konservativen Revolution“.<br />
Die politische und wirtschaftlich-soziale Krise der Nachkriegszeit, gipfelnd in rechten und linken Putschversuchen sowie der Hochinflation vom Herbst 1923, bescherte der NSDAP beachtliche Anfangserfolge. Der gescheiterte Münchner „Hitler-Putsch“ vom 9. November 1923 führte dann allerdings zu einem Rückschlag. Zudem folgte eine mehrjährige Erholungsphase 1924-1929, die „Goldenen Zwanziger“. Sie schien die Republik unter dem prägenden Einfluss des Kanzlers und Außenministers Gustav Stresemann zu festigen. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte die NSDAP nur 2,6% der Stimmen. Allerdings konnte sich die demokratische Staatsform nicht nachhaltig etablieren. Das sozialistische Lager der Arbeiterparteien und das bürgerlich-nationale Lager mit fester Verankerung in den jeweiligen Milieus standen sich unversöhnlich gegenüber. Zugleich setzte eine Erosion der Parteienlandschaft mit vielen neuen Interessen- und Splitterparteien ein, die das Regieren auf nationaler und regionaler Ebene immer schwieriger machten. <br />
Der Durchbruch der NSDAP zur Massenpartei erfolgte mit Beginn der in den USA ausgelösten Weltwirtschaftskrise Ende 1929. Schon im September 1930 war die Partei mit 18,3% die zweitstärkste Fraktion im Reichstag nach der SPD. Auf dem Höhepunkt der Krise mit sechs Millionen Arbeitslosen und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen wurde sie im Juli 1932 mit 37,4% zur mit Abstand stärksten Partei. Schon 1932 konnte sie die Landesregierungen in Anhalt, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Thüringen übernehmen. Die junge, dynamische Massenpartei mit ihren modernen Propaganda- und Wahlkampfmethoden hatte eine Volksbewegung entfesselt, für die sie als „letzte Rettung“ und Hitler als „nationaler Messias“ erschien. In einer tief ausgeprägten Krisenstimmung der industriell-urbanen Moderne traten große Bevölkerungsteile, insbesondere der bürgerliche Mittelstand, eine förmliche Flucht in die „nationale Volksgemeinschaft“ des charismatischen „Führers“ an.<br />
<br />
Aufbau und Formierung der NS-Diktatur 1933-1935<br />
<br />
Nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg bereits seit 1930 „halbdemokratische“ Präsidialregierungen auf Grundlage des Notverordnungsrechtes der Weimarer Verfassung (Artikel 48) berufen hatte, erfolgte am 30. Januar 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. Konservative Kreise um den Ex-Kanzler Franz von Papen hatten Hindenburg zu diesem Schritt veranlasst. Es war ihr Ziel, die Nationalsozialisten in der Regierungsverantwortung zu „verschleißen“ sowie sie durch starke konservative Kräfte „einzurahmen“. Tatsächlich gehörten zur neuen Regierung der „nationalen Konzentration“ neben Hitler mit Innenminister Wilhelm Frick und dem späteren „Reichsmarschall“ Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich nur zwei weitere Nationalsozialisten. Einigkeit bestand in der Frontstellung gegen die politische Linke und den Parlamentarismus, die die alten Eliten mit Hilfe der rechten Massenbewegung zu verdrängen hofften. „Wir haben ihn uns engagiert“, so tönte Vizekanzler Papen. „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht.“ <br />
Es sollte sich jedoch rasch herausstellen, dass Papens „Zähmungskonzept“ nicht aufging. Vielmehr bildete der 30. Januar 1933 den Beginn der „Machtergreifung“ Hitlers und der NSDAP. Für die sofort verkündeten Reichstagswahlen am 5. März 1933 lief nunmehr mit staatlicher Unterstützung die Wahlkampfmaschinerie der NSDAP erneut an. Der politische Gegner auf der Linken, vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wurde unterdrückt und benachteiligt.<br />
Einen entscheidenden Schritt hin zur NS-Diktatur bildete die „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933. Nach dem Brand des Reichstagsgebäudes in Berlin, der den Kommunisten angelastet wurde, setzte jene „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ alle Grundrechte (persönliche Freiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Postgeheimnis usw.) außer Kraft. Politische Gegner konnten fortan ohne Gerichtsbeschluss in „Schutzhaft“ genommen werden, wovon tausendfach Gebrauch gemacht wurde. Ohne die Verfassung der Weimarer Republik formal aufzuheben, bot die „Verfassungsurkunde“ des Dritten Reiches (Ernst Fraenkel) die juristische Grundlage der NS-Gewaltherrschaft. <br />
Trotz einer absoluten Mehrheit von NSDAP und Konservativen von 51,9% bei den Reichstagswahlen strebte Hitler nunmehr auch die Ausschaltung des parlamentarischen „Weimarer Systems“ an. Das am 24. März 1933 vom Reichstag mit den Stimmen der NSDAP und der Bürgerparteien verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“ übertrug der Regierung die Gesetzgebungskompetenz. Im Juni wurde die SPD verboten (die KPD war seit Februar in den Untergrund abgedrängt), die übrigen Parteien lösten sich resigniert selbst auf. Am 14. Juli 1933 wurde per Gesetz der Einparteienstaat der NSDAP festgeschrieben.<br />
Neben den Parteien galt es die großen unabhängigen Interessenvertretungen auszuschalten. Hierbei praktizierte die NSDAP eine erfolgreiche Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik. So wurde der 1. Mai 1933 zum Feiertag erhoben und damit ein altes Ziel der sozialistischen Arbeiterbewegung erfüllt. Schon am Tag darauf erfolgte die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften. Als neue Zwangsvereinigung diente fortan die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Sie vermittelte mit ihrem sozial- und kulturpolitischen Angebot bis hin zu KdF- („Kraft durch Freude“-) Kreuzfahrten dem „kleinen Mann“ das Gefühl, die Vision einer gerechten „Volksgemeinschaft“ sei ernst gemeint. <br />
Das Regime ging in jener Formierungsphase daran, seine Machtstellung auszubauen. Parteieinrichtungen und neue parteinahe Institutionen traten neben die traditionellen Staats- und Gesellschaftsstrukturen, die mit Nationalsozialisten durchsetzt wurden. Dies sorgte in vielen Bereichen für Kompetenzgerangel und Reibungsverluste, ohne die NS-Herrschaft zu gefährden. Die großen Massenorganisationen der NSDAP spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Jene „Gliederungen“ und „angeschlossenen Verbände“ erfassten über SA und SS hinaus als ideologische „Transmissionsriemen“ die Menschen vieler Berufe, Interessenlagen und Altersgruppen (Hitlerjugend, NS-Studentenbund, NS-Lehrerbund, NS-Ärztebund, NS-Beamtenbund, NS-Kraftfahr-Korps usw.). <br />
Seit März 1933 erfolgte auch die schrittweise „Gleichschaltung“ der Länder. Mit dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ vom 30. Januar 1934 wurden sie zu reinen Verwaltungseinheiten zurückgestuft. Damit kam den Gauen der NSDAP und ihren Gauleitern wachsendes Gewicht zu. Jene „Vizekönige“ Hitlers konnten sich je nach politisch-administrativen Rahmenbedingungen und persönlicher Durchsetzungskraft eine beachtliche Machtstellung aufbauen. Der Thüringer Gauleiter und Reichsstatthalter Fritz Sauckel etwa profilierte sich zu Hitlers „Muster-Gauleiter“. In Weimar entstand mit dem gigantischen „Gauforum“ (Weimarplatz) eine NS-Machtzentrale, nach deren Vorbild alle deutschen Gauhauptstädte hätten umgebaut werden sollen. Sauckel zeichnete auch für den Zwangsarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Der 1942 ernannte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (GBA) wurde als „Hitlers Sklavenhalter“ 1946 vom Nürnberger Militärtribunal zum Tode verurteilt.<br />
Eine weitere wichtige Zäsur für die Stabilisierung des Dritten Reiches bildete der „Röhm-Putsch“ 1934, als die gesamte Führung der SA (Sturmabteilung) um Stabschef Ernst Röhm ermordet wurde. Die SA war 1921 in der „Kampfzeit“ der „Bewegung“ als Saalschutz gegründet und zum paramilitärischen Wehrverband der NSDAP ausgebaut worden. Aus den Kreisen der „Braunhemden“ wurde jetzt der Ruf nach einer weitergehenden sozialen Revolution laut, Röhm strebte in Konfrontation zur Reichswehr die Umwandlung der SA in eine Volksmiliz an. Die Mordaktion am 30. Juni 1934 entmachtete den letzten ernsthaften Konkurrenten Hitlers, die Reichswehr blieb „Waffenträger der Nation“. Die 1925 gegründete SS (Schutzstaffel) rückte unter ihrem Reichsführer Heinrich Himmler als „schwarzer Orden“ zur Elite des Dritten Reiches auf. Mit dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 und der Proklamation Hitlers zum „Führer und Reichskanzler“ sowie der Vereidigung der Reichswehr auf seine Person war die Führerdiktatur weitgehend vollendet. <br />
Diese auf den „Führer“ zugeschnittene Diktatur wurde durch einen vor allem von Joseph Goebbels‘ Propagandaministerium verbreiteten Hitlermythos gestützt. Immer perfekter steuerte Goebbels durch Propagandakampagnen, Informationsmonopol, staatliche Kulturlenkung und theatralische Massenveranstaltungen wie die Nürnberger Reichsparteitage die öffentliche Meinung. Der absolute Kontroll- und Lenkungsanspruch kam besonders in den jungen Medien Rundfunk und Film zum Ausdruck. Stets wurde die neue nationale Volksgemeinschaft beschworen, aber auch der Anschein einer Versöhnung der jungen NS-Bewegung mit dem alten preußisch-konservativen Deutschland suggeriert. Hierfür steht der minutiös geplante „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, der Zusammenkunft des neuen Reichstags in der Potsdamer Garnisonkirche, mit der symbolischen Verneigung Hitlers vor dem kaiserlichen Generalfeldmarschall und Weltkriegs-Helden Hindenburg. <br />
Von Beginn an schlug sich aber auch die aggressive NS-Rassenideologie, insbesondere der Antisemitismus, in der Politik des Dritten Reiches deutlich nieder. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten unterschied sich von der traditionellen, eher religiös-kulturellen Judenfeindschaft durch seine starke Bezogenheit auf die Rasse, auf das „Blut“. Hitler sah in den Juden ein „parasitäres“ Volk, das auf Kosten seiner „Wirtsvölker“, besonders der Deutschen lebe und gar in Form des „jüdischen Bolschewismus“ die Weltherrschaft anstrebe. Daher müsse dieser „Bazillus“ ausgemerzt werden. Erste Maßnahmen waren der Boykott jüdischer Geschäfte vom 1. April 1933, das Herausdrängen der Juden aus dem öffentlichen Dienst und weitere alltagsweltliche Diskriminierungen. Mit den „Nürnberger Gesetzen“ vom September 1935 wurden Juden zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert, Eheschließungen und sexuelle Beziehungen mit Bürgern „deutschen und artverwandten Blutes“ als „Rassenschande“ verboten und unter Strafe gestellt.<br />
<br />
Konsolidierung und Kriegsvorbereitung 1936-1939<br />
<br />
Mit der Konsolidierung der Macht des Nationalsozialismus radikalisierte sich dessen zunächst noch recht vage Ideologie. Dies schlug sich besonders in der Verschärfung des Antisemitismus nieder. Mit der „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 fand die Gewalteskalation einen weiteren Höhepunkt. Hunderte Synagogen wurden niedergebrannt, tausende Menschen misshandelt und verschleppt, wobei etwa hundert ums Leben kamen. In der Folge wurden die Juden endgültig aus dem Wirtschaftsleben verdrängt („Arisierung“) und zur Ausreise genötigt. Bis zum Auswanderungsverbot 1941 hatten rund 300.000 der ursprünglich 500.000 jüdischen Bürger Deutschland verlassen. Ähnlichen Verfolgungen ausgesetzt war auch die Volksgruppe der Sinti und Roma („Zigeuner“).<br />
Bis 1937 wurden die vielen teils provisorischen Konzentrationslager (KZ) unter Leitung der SS in ein System fest ausgebauter KZ umgewandelt, allen voran die drei Großlager Dachau bei München, Buchenwald bei Weimar und Sachsenhausen bei Berlin. Die Konzentrationslager bildeten ein zentrales Element im „SS-Staat“ (Eugen Kogon), mit dem politisch, rassisch und sozial „minderwertige“ Menschen von der „Volksgemeinschaft“ isoliert, „umerzogen“ oder vernichtet werden sollten. Im Krieg dienten viele Lager mit ihren tausenden von Häftlingen auch der Rüstungswirtschaft. Zugleich verfolgte SS-Reichsführer Heinrich Himmler als „Chef der deutschen Polizei“ (1936) insbesondere mit der berüchtigten Geheimen Staatspolizei (Gestapo) jegliche Form von Widerspruch gegen das NS-Regime.<br />
Andererseits gelang es dem Regime weiter, sich als moderner, sozial engagierter Volksstaat zu profilieren, der bei aller bleibenden Alltagskritik von einer Bevölkerungsmehrheit getragen wurde. Schon 1934 ging die Arbeitslosenzahl (auch dank allgemeiner Konjunkturbelebung) nominell um über 50% zurück, 1938 herrschte (insbesondere wegen der Aufrüstung) praktisch Vollbeschäftigung – der „Führer“ hatte in den Augen vieler Deutscher „Wort gehalten“. Großprojekte, wie der bereits in der Weimarer Republik geplante Autobahnbau oder die Olympischen Spiele 1936 in Berlin verschafften erhebliche innen- und außenpolitische Prestigegewinne. <br />
So hatte es der Widerstand gegen das NS-Regime bis in den Krieg hinein schwer, wirkliche Unterstützung zu finden. Der aktive linke, v.a. kommunistische Widerstand musste die meisten Opfer beklagen. Auch Vertreter der protestantischen Bekennenden Kirche wie Dietrich Bonhoeffer und anderer Konfessionen ließen für ihre Überzeugung das Leben. Gruppen wie die „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl in München 1943 endeten ebenso wie der militärische Widerstand um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Carl Goerdeler und Julius Leber durch braune Henker. Nicht nur dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 durch die Gruppe um Stauffenberg blieb der Erfolg versagt, auch andere Versuche scheiterten, wie das Bombenattentat am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller durch den Einzeltäter Georg Elser.<br />
Durch die wachsende Popularität gestärkt, konnte Hitler ab Mitte der 1930er-Jahre auch an eine schrittweise Ausschaltung der alten Eliten herangehen. Über den rasanten Aufrüstungskurs, der nur noch durch spätere „Kriegsbeute“ zu finanzieren war, kam es zum Bruch mit Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, der 1937 als Wirtschaftsminister abgelöst wurde. Auch aus Diplomatie und Militär kamen warnende Stimmen. Daher wurde 1938 Außenminister Konstantin von Neurath durch den überzeugten Nationalsozialisten Joachim von Ribbentrop ersetzt und in der inszenierten „Blomberg-Fritsch-Krise“ Kriegsminister Werner von Blomberg und Heeres-Oberbefehlshaber Werner von Fritsch abgelöst. Hitler übernahm direkt die Befehlsgewalt und schuf sich mit dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unter General Wilhelm Keitel eine für ihn zuverlässige Führungsspitze. <br />
Die fortschreitende Konsolidierung der NS-Diktatur hatte eine wichtige Ursache in ihren außenpolitischen Erfolgen. Die von Hitler stets verkündete Revision der Versailler Friedensordnung von 1919 galt nahezu allen Deutschen als notwendig. Ein erster Erfolg fiel ihm im Januar 1935 mit der Abstimmung im vom Völkerbund verwalteten Saarland zu, wo sich über 90% der Bevölkerung für die „Heimkehr ins Reich“ entschieden. Zwei Monate später verkündete Hitler die Wiedereinführung der Wehrpflicht und den Aufbau einer starken Wehrmacht, worauf die Großmächte nur mit Protesten reagierten. Eine Intervention blieb auch aus, als die Wehrmacht im März 1936 in das laut Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland einmarschierte. <br />
Einen enormen Popularitätsschub für das Hitler-Regime brachte der Anschluss Österreichs und des Sudetenlandes an das Reich im März und September 1938. Mit dem „Großdeutschen Reich“ einschließlich Österreichs, dem 1919 ein Anschluss von den Siegermächten verboten worden war, erfüllte sich ein alter nationaler Traum der Deutschen. Die Abtretung der Sudetengebiete von der Tschechoslowakei erfolgte unter Zustimmung Großbritanniens, Frankreichs und Italiens im Münchner Abkommen vom 29. September 1938. Der Erfolg dieser Maßnahmen wurzelte auch darin, dass Hitler „etwas bis zu einem gewissen Grad Verständliches auf unrechtmäßige Weise“ (Klaus Hildebrand) tat und dabei immer seine Friedensliebe betonte. Zugleich sah man besonders in London Deutschland als ein wichtiges Bollwerk gegen die kommunistische Sowjetunion. <br />
Hatte das Dritte Reich bisher in seiner rasanten Expansionspolitik Territorien mit überwiegend deutscher Bevölkerung an sich gerissen, bildete die Zerschlagung der „Resttschechei“ und deren Umwandlung in das „Protektorat Böhmen und Mähren“ im März 1939 jedoch eindeutig einen Akt gewaltsamer Unterwerfung. Jetzt erkannte man auch in Großbritannien, dass die Appeasement- (Beschwichtigungs-) Politik von Premier Neville Chamberlain gescheitert war, der um des Friedens willen Deutschland seine vermeintlich traditionelle Revisionspolitik hatte betreiben lassen. Unmissverständlich machte der Westen Hitler nunmehr klar, dass jeder weitere Überfall auf einen Nachbarn Krieg zur Folge haben werde. Untermauert wurde dies durch eine englisch-französische Garantieerklärung für Polen. <br />
<br />
Zweiter Weltkrieg 1939-1945<br />
<br />
Damit war der gezielte Kriegskurs des Dritten Reiches freilich nicht mehr zu stoppen. Schon am 3. Februar 1933 hatte Hitler gegenüber führenden Generälen die „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“ als Ziel seiner Außenpolitik genannt. Auch die von ihm insgeheim angestrebte Weltherrschaft und Vernichtung der Juden waren nur durch Krieg realisierbar. Hierzu hatte Hitler 1936/37 Italien und Japan („Achse Berlin-Rom-Tokio“) als wichtigste Verbündete gewinnen können.<br />
Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Er gilt als größte Katastrophe der Menschheitsgeschichte mit bis zu 60 Millionen Todesopfern. Den Rücken im Osten hatte sich Deutschland zunächst durch den spektakulären „Hitler-Stalin-Pakt“ vom 23. August 1939 freigehalten, in dem die Aufteilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion in einem geheimen Zusatzprotokoll festgelegt wurde. Trotz formeller Kriegserklärung griffen Großbritannien und Frankreich praktisch nicht ein und schon am 28. September musste Polen kapitulieren. Der Besetzung Dänemarks und Norwegens im Frühjahr 1940 folgte der „Westfeldzug“ vom 10. Mai bis 22. Juni 1940, der mit der Kapitulation Frankreichs endete. Die Siege der „Blitzkrieg“-Phase führten Hitler auf den Höhepunkt seiner Popularität in Deutschland („Größter Feldherr aller Zeiten“) und trugen der Wehrmacht den Ruf der Unbesiegbarkeit ein. <br />
Allerdings gelang es anschließend nicht, Großbritannien in der erbitterten „Luftschlacht um England“ („Battle of Britain“) in die Knie zu zwingen. Auch musste Deutschland seinem Bündnispartner Italien in Nordafrika und auf dem Balkan zu Hilfe eilen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 („Fall Barbarossa“) begann der rassistische Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Osten. Trotz großer Anfangserfolge bekam die Wehrmacht in den Weiten Russlands bald Probleme. Deutlich zeichnete sich die Kriegswende spätestens nach der Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/43 ab, als die 6. Armee unter General Friedrich Paulus vernichtet wurde. Auch der von Goebbels am 18. Februar 1943 in seiner Berliner Sportpalastrede ausgerufene „totale Krieg“ oder die U-Boot-Waffe konnten die strategische Unterlegenheit der „Achsenmächte“ nicht mehr kompensieren. Zudem befand sich Deutschland seit dem japanischen Angriff auf den Flottenstützpunkt Pearl Harbor im Dezember 1941 auch im Krieg mit den USA. <br />
Die Alliierten USA, Großbritannien und Sowjetunion eroberten, beschleunigt durch die Eröffnung der „zweiten Front“ in Frankreich am 6. Juni 1944, die deutsche „Festung Europa“. Rund 600.000 Deutsche verloren, nachdem die deutsche Luftwaffe zuvor rücksichtslos gegnerische Städte bombardiert hatte, bei den seit 1943 massiv verstärkten angloamerikanischen Luftangriffen ihr Leben. Symbolisch hierfür steht das barocke „Elbflorenz“ Dresden, das vom 13. bis 15. Februar 1945 in Schutt und Asche versank. Bemühungen, die aus der Luft gefährdete Rüstung untertage aufrecht zu erhalten, kosteten hunderttausenden Zwangsarbeitern und Häftlingen das Leben. Am bekanntesten ist die Verlagerung der V2-Raketenproduktion von Peenemünde auf der Insel Usedom in Stollen bei Nordhausen mit dem eigens hierfür errichteten KZ Mittelbau-Dora 1943/45. Mit „Wunderwaffen“ wie der V2 („Vergeltungswaffe“) sollte der Glaube an den „Endsieg“ aufrechterhalten werden. <br />
Alle verzweifelten Mobilisierungsversuche schoben die Niederlage aber nur um einen hohen Preis hinaus, zumal die Intensität des Krieges noch einmal dramatisch zunahm. Mehr als die Hälfte der 3,2 Millionen gefallenen deutschen Soldaten etwa verlor in den letzten zehn Kriegsmonaten ihr Leben. Begleitet war die Schlussphase des NS-Regimes auch von schweren Ausschreitungen vor allem der Sowjetarmee gegen die deutsche Zivilbevölkerung. Die Flucht und Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa setzte sich über das Kriegsende hinaus unter Akzeptanz der Alliierten ebenfalls mit teils erheblicher Brutalität fort. Bis zu zwei Millionen Deutsche verloren hierbei ihr Leben. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht bedingungslos, Hitler hatte bereits am 30. April im Bunker der Berliner Reichskanzlei Selbstmord begangen.<br />
Der Weltkrieg brachte auch einen letzten Radikalisierungsschub bei der Umsetzung der ideologischen Ziele des Dritten Reiches. Ein beispielloses Verbrechen stellt der Holocaust bzw. die Shoa dar, die systematische Vernichtung der europäischen Juden. Nach verschiedenen Überlegungen, u.a. einer gigantischen Umsiedlungsaktion nach Madagaskar, beauftragte Hermann Göring am 31. Juli 1941 SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich mit der „Endlösung der Judenfrage“. Auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 wurde die Umsetzung zwischen SS und beteiligten Reichsbehörden abgestimmt. In Ghettos, bei Erschießungsaktionen und der industriellen Vernichtung in den Konzentrationslagern des Ostens (Auschwitz, Belzec, Chelmno, Sobibor, Treblinka) kamen rund sechs Millionen Juden ums Leben. Dieses Schicksal teilten rund 200.000 Sinti und Roma.<br />
Millionen Menschen besonders in Polen und der Sowjetunion, die die Nationalsozialisten als slawische „Untermenschen“ ansahen, fielen ebenfalls der Besatzungsherrschaft zum Opfer. Auf bis zu 14 Millionen wird letztlich die Gesamtzahl der Toten außerhalb von Kampfhandlungen im deutschen Machtbereich geschätzt, darunter auch 2,8 Millionen sowjetische Kriegsgefangene. In Polen hatte man schon 1939 gezielt die Eliten des Landes auszulöschen versucht. Zunächst im polnischen „Generalgouvernement“, dann in den eroberten Gebieten der Sowjetunion sollte ein landwirtschaftlich geprägtes Kolonialreich entstehen. Dort hatten die überlebenden Einwohner als Arbeitskräfte den deutschen „Herrenmenschen“ zu dienen. Der „Rassenhygiene“ am deutschen „Volkskörper“ fielen rund 150.000 behinderte Menschen und andere „Ballastexistenzen“ zum Opfer (Euthanasie), zugleich wurden ca. 350.000 Menschen wegen Erbkrankheiten sterilisiert. Tausende Deutsche zahlten für ihre kritische Haltung gegenüber dem NS-Regime, für „Wehrkraftzersetzung“ oder Hören von „Feindsendern“ mit dem Leben. <br />
<br />
Forschung und Erinnerungskultur <br />
<br />
Das Dritte Reich bildet die heute wohl am besten erforschte Epoche der deutschen Geschichte. Dabei spielte zunächst das unmittelbare Entsetzen über den „Irrweg einer Nation“ (Alexander Abusch), über „Die deutsche Katastrophe“ (Friedrich Meinecke) eine zentrale Rolle. Man suchte nach den historischen Wurzeln des Nationalsozialismus und konstruierte einen teils weit zurückreichenden „deutschen Sonderweg“, der vom westlich-demokratischen Normalfall abgewichen sei. Spuren für die Vorgeschichte von NS-Diktatur und Holocaust sah man bis hin zum Preußen Friedrichs des Großen oder judenfeindlichen Äußerungen des Reformators Martin Luther. Diese Sicht hat sich allerdings als „wenig substanziell“ (Ulrich Herbert) erwiesen. <br />
Die marxistische Theorie definierte „Faschismus“ als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Georgi Dimitroff). Westliche Historiker betonten den Charakter des Dritten Reiches als moderne totalitäre Diktatur. Ähnlich wie die Sowjetunion als „linkes Gegenstück“ erfüllte es Kriterien wie eine durch Personenkult überhöhte autoritäre Führerpersönlichkeit, Machtmittel wie terroristische Geheimpolizei, Nachrichtenmonopol und Einparteienstaat, eine absolute Geltung beanspruchende Ideologie, totale Erfassung der Bevölkerung, bis zum Massenmord reichende Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsgruppen.<br />
Allerdings ist das Totalitarismus-Modell (Carl J. Friedrich, Hannah Arendt) nicht unumstritten geblieben. So bringt es die dynamischen Wandlungen der NS-Diktatur von der „Machtergreifung“ bis hin zur Radikalisierung im Zweiten Weltkrieg nicht deutlich genug zum Ausdruck. Zugleich hat man zeigen können, dass das Dritte Reich in Ideologie und Machtausübung keineswegs einen homogenen Block darstellte. Mit dem Begriff der „Polykratie“ wurde auf die vielen konkurrierenden Machtgruppen im NS-Staat hingewiesen, der letztlich nur im „Führer“ eine unumstrittene Spitze besaß. <br />
Norbert Frei hat dieses vom „Führer“-Mythos überwölbte Herrschaftssystem mit dem Begriff „Führerstaat“ gekennzeichnet. Dennoch wird nicht nur in den großen Biographien (Joachim C. Fest, Allan Bullock, Ian Kershaw, Peter Longerich) die zweifellos wichtige Rolle Hitlers unterschiedlich bewertet. Auch die Kombination aus „Verführung und Gewalt“ (Hans-Ulrich Thamer), die massenpsychologischen und sozialpolitischen Angebote der „nationalen Volksgemeinschaft“ sind als wichtige Herrschaftselemente einer modernen „Konsensdikatur“ betont worden. Einigkeit besteht bei allen seriösen Forschungsrichtungen über den Unrechtscharakter des Dritten Reichen mit seinen singulären Verbrechen, die in Weltkrieg und Völkermord gipfelten.<br />
Unter den zahlreichen Gedenkorten und Museen zur Geschichte des Dritten Reiches ragen einige heraus. Den Opfern gewidmet sind große Gedenkstätten wie in den ehemaligen Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, aber auch in vielen kleineren Lagern, Gefängnissen, Euthanasie-Anstalten usw. Das gilt auch für Stätten des Widerstandes, wie den Bendlerblock in Berlin, wo die Hitler-Attentäter um Stauffenberg erschossen wurden und heute die zentrale „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ angesiedelt ist. Den Tätern widmet sich der Erinnerungsort „Topographie des Terrors“ in der ehemaligen Zentrale von Gestapo, SS und Reichs¬sicherheits¬hauptamt in Berlin. Die Verstrickung von Wirtschaft und Gesellschaft in die NS-Verbrechen wird u.a. im Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt plastisch sichtbar, wo man die Krematorien für Auschwitz und andere KZ gebaut hatte. Nicht zuletzt mit dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin hat sich die Bundesrepublik Deutschland klar zu ihrer historischen Verantwortung bekannt. <br />
Schwierig gestaltet sich bisweilen der Umgang mit „sperrigen“ Erinnerungsorten vom riesigen KdF-Erholungsheim Prora auf Rügen über das Nürnberger Reichsparteitagsgelände und Weimarer „Gauforum“ bis hin zu „Hitlers Sommerresidenz“ auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Aber auch hier konnte in vielen Fällen neben pragmatischen Lösungen eine erinnerungskulturelle Aufarbeitung erreicht werden. Das Thema wird schließlich vom Deutschen Historischen Museum in Berlin bis hin zu vielen regionalen Geschichts- und Spezialmuseen dargestellt, findet in der politischen Bildung und in den Medien breiten Widerhall. <br />
<br />
Literatur<br />
<br />
Kurt Bauer: Nationalsozialismus. Ursprünge, Anfänge, Aufstieg und Fall. Wien u.a. 2008.<br />
<br />
Wolfgang Benz: Geschichte des Dritten Reiches. München 2000.<br />
<br />
Norbert Frei: Der Führerstaat. Nationalsozialistische Herrschaft 1933 bis 1945. München 82007.<br />
<br />
Michael Grüttner: Das Dritte Reich. 1933-1939. Stuttgart 2014.<br />
<br />
Ulrich Herbert: Das Dritte Reich. Geschichte einer Diktatur. München 22016 <br />
<br />
Klaus Hildebrand: Das Dritte Reich. München 72010.<br />
<br />
Steffen Raßloff: Der „Mustergau“. Thüringen zur Zeit des Nationalsozialismus. München 2015.<br />
<br />
Hans-Ulrich Thamer: Verführung und Gewalt. Deutschland 1933-1945. Berlin 1986.<br />
<br />
Michael Wildt: Geschichte des Nationalsozialismus. Göttingen 2008.<br />
<br />
<br />
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Das Dritte Reich''' (Politische Systeme in Deutschland. Heft 4). Erfurt 2007 (2. Auflage 2013).<br />
<br />
<br />
Siehe auch: '''[[Erfurt im Nationalsozialismus]]''', '''[[Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus|Thüringen im Nationalsozialismus]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Steffen_Ra%C3%9Floff&diff=35256Steffen Raßloff2017-06-23T08:49:59Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Dr. Steffen Raßloff =<br />
[[Datei:Portrait2.jpg|210px|right]]'''Historiker, Publizist und Kurator'''<br />
<br />
Kontakt: steffen.rassloff@t-online.de<br />
<br />
<br />
Dr. Steffen Raßloff (Jg. 1968) lebt als freier Historiker, Publizist und Kurator in Erfurt. Nach dem Studium der Geschichte und Germanistik an der Universität Erlangen wirkte er langjährig als Dozent an der '''[[Universität Erfurt]]'''. <br />
<br />
Raßloff ist Mitglied der '''[[Historische Kommission für Thüringen|Historischen Kommission für Thüringen]]''', Stellv. Vorsitzender und Redakteur des '''[[ErfurterGeschichtsverein|Erfurter Geschichtsvereins]]''', Vorsitzender des '''[[Stadtmuseum Erfurt|Fördervereins Stadtmuseum Erfurt]]''', Vorstandsmitglied der '''[[Universitätsgesellschaft Erfurt]]''', Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit des '''[[Rotary Club Erfurt|Rotary Clubs Erfurt]]''' und '''[[Botschafter für Erfurt|Erfurt-Botschafter]]'''. <br />
<br />
Der Autor zahlreicher Publikationen zur Geschichte '''[[Geschichte der Stadt Erfurt Rassloff|Erfurts]]''', '''[[Geschichte Thüringens Beck Wissen|Thüringens]]''' und '''[[Geschichte Mitteldeutschlands|Mitteldeutschlands]]''' wurde mehrfach mit Buchpreisen ausgezeichnet. Zugleich schreibt Raßloff für die Zeitungen der '''[[Mediengruppe Thueringen|Mediengruppe Thüringen]]''' und wirkt als Kurator von '''[[Ausstellungen Raßloff|Ausstellungen und Medienprojekten]]'''. <br />
<br />
<br />
'''Publikationen'''<br />
<br />
'''[[Flucht in die nationale Volksgemeinschaft|Flucht in die nationale Volksgemeinschaft. Das Erfurter Bürgertum zwischen Kaiserreich und NS-Diktatur]]'''. Köln/Weimar/Wien 2003.<br />
<br />
'''[[Wilhelm Knappe|Wilhelm Knappe (1855-1910). Staatsmann und Völkerkundler im Blickpunkt deutscher Weltpolitik]]'''. Jena 2005. <br />
<br />
'''[[Fritz Sauckel|Fritz Sauckel. Hitlers "Muster-Gauleiter" und "Sklavenhalter"]]'''. Erfurt 2007 (4. Auflage 2012). <br />
<br />
'''[[Willy Brandt ans Fenster|"Willy Brandt ans Fenster!" Das Erfurter Gipfeltreffen 1970 und die Geschichte des "Erfurter Hofes"]]'''. Jena 2007. ''(Hg.)''<br />
<br />
'''[[Kaisersaal Erfurt|Der Erfurter Kaisersaal]]'''. Erfurt 2008. ''(mit Ulrich Seidel)''<br />
<br />
'''[[Weimarer Republik|Bürgerkrieg und Goldene Zwanziger. Erfurt in der Weimarer Republik]]'''. Erfurt 2008.<br />
<br />
'''[[Friedliche Revolution und Landesgründung in Thüringen 1989/90]]'''. Erfurt 2009 (6. Auflage 2016).<br />
<br />
'''[[Geschichte Thüringens Beck Wissen|Geschichte Thüringens]]'''. München 2010.<br />
<br />
'''[[Blumenstadt Erfurt|Blumenstadt Erfurt. Waid - Gartenbau - iga/egapark]]'''. Erfurt 2011. ''(Hg. mit Martin Baumann)''<br />
<br />
'''[[Orte der Reformation Erfurt|Orte der Reformation. Erfurt]]'''. Leipzig 2012. ''(Hg. mit Volker Leppin und Thomas A. Seidel)'' <br />
<br />
'''[[Luther_Erfurt_Predigten|Reformation konkret. Luther auf Erfurter Kanzeln]]'''. Erfurt 2012 (2. Auflage 2016). ''(mit Andreas Lindner)''<br />
<br />
'''[[Geschichte der Stadt Erfurt Rassloff|Geschichte der Stadt Erfurt]]'''. Erfurt 2012 (4. Auflage 2016). <br />
<br />
'''[[100 Denkmale in Erfurt|100 Denkmale in Erfurt. Geschichte und Geschichten]]'''. Essen 2013. <br />
<br />
'''[[Lutherland Thüringen]]'''. Erfurt 2013 (3. Auflage 2014). ''(Hg. mit Thomas A. Seidel)''<br />
<br />
'''[[Der "Mustergau" Thüringen im Nationalsozialismus|Der "Mustergau". Thüringen zur Zeit des Nationalsozialismus]]'''. München 2015.<br />
<br />
'''[[Orte der Reformation Gotha|Orte der Reformation. Gotha]]'''. Leipzig 2015. ''(Hg. mit Maik Märtin)'' <br />
<br />
'''[[Orte der Reformation Weimar|Orte der Reformation. Weimar]]'''. Leipzig 2015. ''(Hg. mit Mark Schmidt)'' <br />
<br />
'''[[Erfurt. Eine Stadt im Wandel]]'''. Leipzig 2015. ''(mit Heinz Stade)'' <br />
<br />
'''[[Kleine Geschichte der Stadt Erfurt]]'''. Ilmenau 2016.<br />
<br />
'''[[Kleine Geschichte der Stadt Gotha]]'''. Ilmenau 2016.<br />
<br />
'''[[Geschichte Mitteldeutschlands|Mitteldeutsche Geschichte. Sachsen - Sachsen-Anhalt - Thüringen.]]''' Leipzig 2016.<br />
<br />
'''[[Das Dritte Reich]]'''. Erfurt 2017. <br />
<br />
'''[[Thüringer Landgrafen|Die Thüringer Landgrafen. Geschichte und Sagenwelt]]'''. Ilmenau 2017. ''(mit Lutz Gebhardt, erscheint Sommer 2017)''<br />
<br />
'''[[Kleine Geschichte Thueringens|Kleine Geschichte Thüringens]]'''. Ilmenau 2017. ''(erscheint Sommer 2017)''<br />
<br />
'''[[Malerisches Thueringen Valdeig Rassloff|Malerisches Thüringen. Eine Liebeserklärung in Aquarellen]]'''. Erfurt 2017. ''(mit Jürgen Valdeig, erscheint Oktober 2017)''<br />
<br />
<br />
'''Kleinere Schriften, Aufsätze, Beiträge, Presseserien'''<br />
<br />
'''> [[Kleinere_Schriften_Raßloff|Kleinere Schriften]]'''<br />
<br />
'''> [[Aufsätze Rassloff|Aufsätze und Zeitschriftenbeiträge]]'''<br />
<br />
'''> [[Serien zur Erfurter Stadt- und Kulturgeschichte|Presseserien zur Erfurter Stadtgeschichte]]'''<br />
<br />
<br />
'''Ausstellungen, Medien und Projekte'''<br />
<br />
'''> [[Ausstellungen Raßloff|Ausstellungen und Medienprojekte]]'''<br />
<br />
'''>''' '''[[Visionen_Peterskirche_Stadtkrone_Buga|Initiative Peterskirche]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Kleinere_Schriften_Ra%C3%9Floff&diff=35253Kleinere Schriften Raßloff2017-06-23T08:47:51Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Kleinere Schriften von Dr. Steffen Raßloff = <br />
<br />
'''[[Volkskunde in Thüringen|Volkskunde im 19. und 20. Jahrhundert]]''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 32). Erfurt 2003.<br />
<br />
'''[[Kurzbiographie_Fritz_Sauckel|Fritz Sauckel. Hitlers Muster-Gauleiter]]''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 36). Erfurt 2004. <br />
<br />
''[[Fritz Sauckel English|Fritz Sauckel (1894-1946)]]. Erfurt 2009. (englische Übersetzung)''<br />
<br />
'''[[Menschen zur Wendezeit in Thüringen]]''' (Materialien des Thüringer Institutes für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien. Bd. 103). Bad Berka 2004. (mit Ursula Gödde u.a.)<br />
<br />
'''[[Geschichte Thüringens|Thüringen. Ein historischer Überblick]]''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 40). Erfurt 2004 (3. Auflage 2015). <br />
<br />
''[http://www.lzt-thueringen.de/files/hueringen-englisch.pdf Thuringia. An Historical Overview]. Erfurt 2009. (englische Übersetzung)''<br />
<br />
''[http://www.lzt-thueringen.de/files/tbl_hist._ueberblick_franz_final.pdf La Thuringe - Un aperçu historique]. Erfurt 2015. (französische Übersetzung)''<br />
<br />
''[http://www.lzt-thueringen.de/files/129.pdf Turingia. Una vista histórica]. Erfurt 2004. (spanische Übersetzung)'' <br />
<br />
''[http://www.lzt-thueringen.de/files/thueringen_russicher_sprache.pdf Тюрингия. Взгляд в историческое прошлое]. Erfurt 2011. (russische Übersetzung)''<br />
<br />
''[http://www.lzt-thueringen.de/files/chinesisch.pdf Tu lin gen li shi yi lan]. Erfurt 2009. (chinesische Übersetzung)'' <br />
<br />
''[http://www.lzt-thueringen.de/files/thueringenaufgeorgisch.pdf თიურინგიის ისტორია ქართულად]. Erfurt 2011. (georgische Übersetzung)''<br />
<br />
'''[[Erfurter Gipfeltreffen|Das Erfurter Gipfeltreffen 1970]]''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 49). Erfurt 2005. (3. aktualisierte Auflage durch die Friedrich-Ebert-Stiftung Thüringen: "Willy Brandt ans Fenster!" Das Erfurter Gipfeltreffen 1970. Erfurt 2015)<br />
<br />
'''[[Parteien und Landespolitik 1920-1933]]''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 58). Erfurt 2005.<br />
<br />
'''[[Das Dritte Reich LZT]]''' (Politische Systeme in Deutschland. Heft 4). Erfurt 2007 (2. Auflage 2013).<br />
<br />
'''[[Antisemitismus in Thüringen]]''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 76). Erfurt 2008. <br />
<br />
'''[[Außen Quadrat - Innen Biedermeier. Großstadt Erfurt 1918 bis 1933.|Außen Quadrat - Innen Biedermeier. Großstadt Erfurt 1918 bis 1933]]''' (Ausstellungskatalog Stadtmuseum Erfurt). Erfurt 2009. ''(mit Hardy Eidam und Ulrich Spannaus)''<br />
<br />
'''[[Der Freistaat Thüringen 1990/93]]''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 83). Erfurt 2010.<br />
<br />
''[http://www.thueringen.de/en/the_free_state_of_thuringia/1990/index.aspx The Free State of Thuringia 1990/93]. Erfurt 2010. (englische Übersetzung)''<br />
<br />
'''[[Luther in Thüringen|Martin Luther in Thüringen]]''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 84). Erfurt 2010 (2. Auflage 2014).<br />
<br />
''[http://www.lzt-thueringen.de/index.php?article_id=4 Martin Luther in Thuringia]. Erfurt 2010. (englische Übersetzung)''<br />
<br />
'''[[Stoi! Erinnerungen. Von Stalingrad nach Weimar 1942-1994]]''' (Ausstellungskatalog Stadtmuseum Erfurt). Erfurt 2010. ''(mit Hardy Eidam u.a.)''<br />
<br />
'''[[Erfurt Metropolis Thuringiae|Metropolis Thuringiae. Das spätmittelalterliche Erfurt]]''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 91). Erfurt 2011.<br />
<br />
'''[[Stadtgeschichten Katalog Stadtmuseum Erfurt|Stadtgeschichte''n''. Erfurt]]''' (Katalog Stadtmuseum Erfurt). Erfurt 2012. ''(mit Hardy Eidam u.a.)''<br />
<br />
'''[[Thüringen und Frankreich seit Napoleon]]''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 99). Erfurt 2013. <br />
<br />
'''[[Orte der Reformation. Coburg]]'''. Leipzig 2014. ''(Redaktion)''<br />
<br />
'''[[Schrecklich schön. Kriegserinnerungen aus Munition]]'''. Erfurt 2014. ''(Redaktion mit Gudrun Noll-Reinhardt)''<br />
<br />
'''[[Erfurt. Die älteste und jüngste Universität Deutschlands]]'''. Erfurt 2014.<br />
<br />
'''[[Leporello Peterskirche Erfurt|Die Peterskirche. 900 Jahre Stadtkrone im Wandel der Zeit]]''' (Leporello mit sieben Motiven zur Geschichte der Peterskirche). Erfurt 2014. ''(mit Jürgen Valdeig)''<br />
<br />
'''[[Lutherstadt Erfurt]]''' (Leporello mit sieben Motiven Erfurter Lutherstätten). Erfurt 2015. ''(mit Jürgen Valdeig)''<br />
<br />
'''[[Der Mustergau Thüringen im Nationalsozialismus|Der "Mustergau" Thüringen im Nationalsozialismus]]''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 106). Erfurt 2015. <br />
<br />
'''[[Orte der Reformation. Zwickau]]'''. Leipzig 2015. ''(Redaktion)''<br />
<br />
'''[[Orte der Reformation Pleisse Mulde|Orte der Reformation. Zwischen Pleiße und Mulde]]'''. Leipzig 2016. ''(Redaktion)''<br />
<br />
'''[[Novemberrevolution 1918 und Landesgruendung 1920 Thueringen|Novemberrevolution und Landesgründung 1918/1920]]''' (Thüringen. Blätter zur Landeskunde 116). Erfurt 2016. <br />
<br />
<br />
Zur Homepage von '''[[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]]'''</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35252Barfuss ins Himmelreich2017-06-23T08:17:18Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiHSM.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon mit der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor der Eröffnung am 18. Mai 2017 für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauer Analyse sehen viele Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Die Dauerausstellung wird zudem noch immer beworben, was für Verwirrung sorgt. Laut Kulturdirektor handele es sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|500. Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Direktor Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
(Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017)<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|500px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|500px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35251Barfuss ins Himmelreich2017-06-23T08:17:00Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiHSM.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon mit der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor der Eröffnung am 18. Mai 2017 für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauerer Analyse sehen viele Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Die Dauerausstellung wird zudem noch immer beworben, was für Verwirrung sorgt. Laut Kulturdirektor handele es sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|500. Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Direktor Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
(Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017)<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|500px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|500px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35250Barfuss ins Himmelreich2017-06-23T08:16:18Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiHSM.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon nach der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor der Eröffnung am 18. Mai 2017 für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauerer Analyse sehen viele Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Die Dauerausstellung wird zudem noch immer beworben, was für Verwirrung sorgt. Laut Kulturdirektor handele es sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|500. Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Direktor Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
(Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017)<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|500px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|500px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg&diff=35249Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg2017-06-23T08:12:54Z<p>SteffenRassloff: Schützte „Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg“ ([edit=sysop] (unbeschränkt) [move=sysop] (unbeschränkt))</p>
<hr />
<div></div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg&diff=35248Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg2017-06-23T08:12:39Z<p>SteffenRassloff: Schützte „Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg“ ([edit=sysop] (unbeschränkt) [move=sysop] (unbeschränkt))</p>
<hr />
<div></div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35247Barfuss ins Himmelreich2017-06-23T08:12:28Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiHSM.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon nach der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor Eröffnung für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauerer Analyse sehen viele Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Die Dauerausstellung wird zudem noch immer beworben, was für Verwirrung sorgt. Laut Kulturdirektor handele es sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|500. Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Direktor Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
(Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017)<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|500px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|500px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35246Barfuss ins Himmelreich2017-06-23T08:11:30Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiHSM.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon nach der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor Eröffnung für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauerer Analyse sehen viele Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert (Freies Wort). Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Die Dauerausstellung wird zudem noch immer beworben, was für Verwirrung sorgt. Laut Kulturdirektor handele es sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|500. Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Direktor Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
(Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017)<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|550px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|600px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35245Barfuss ins Himmelreich2017-06-23T08:10:43Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiHSM.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon nach der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor Eröffnung für ein negatives Medienecho gesorgt. Nach genauerer Analyse sehen viele Fachleute Hartinger "mit seiner ersten Ausstellung in Erfurt ... inhaltlich, ästhetisch und handwerklich" gescheitert. Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch immer kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Die Dauerausstellung wird zudem noch immer beworben, was für Verwirrung sorgt. Laut Kulturdirektor handele es sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|500. Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Direktor Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
(Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017)<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|550px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|600px]]</div>SteffenRassloffhttps://erfurt-web.de/index.php?title=Barfuss_ins_Himmelreich&diff=35244Barfuss ins Himmelreich2017-06-23T08:07:16Z<p>SteffenRassloff: </p>
<hr />
<div>= Barfuß ins Himmelreich? =<br />
<br />
'''Das Stadtmuseum Erfurt präsentiert zum 500. Reformationsjubiläum 2017 die umstrittene Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich?", für die die Dauerausstellung "Tolle Jahre" weichen musste.'''<br />
<br />
<br />
[[Datei:BiHSM.JPG|370px|right]][[Datei:Mittelhalle.jpg|370px|right]]Die Bettelorden der Barfüßer, Dominikaner und Augustiner-Eremiten prägen mit ihren bedeutenden Kirchen noch heute das Stadtbild. Ohne die Erfahrungen seiner Erfurter Jahre als Augustinermönch wäre Martin Luthers Weg zur Reformation so nicht möglich gewesen. Die laut Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger "verstörende" Gestaltung der Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelsreich? Martin Luther und die Bettelorden in Erfurt" ist allerdings auf viel Unverständnis getroffen. Die dominierenden bunten Gitterkäfige etwa sollen als "Metapher für das mittelalterliche Klosterwesen" dienen (Abb. 1). <br />
<br />
Das erste komplexere Ausstellungsprojekt des 2014 unter großen Widerständen berufenen Direktors hatte schon nach der Präsentation auf einer "Baustelle" zwei Tage vor Eröffnung für ein negatives Medienecho gesorgt. Erstmals liegt im Stadtmuseum zudem noch kein Ausstellungkatalog vor, was erhebliche Einnahmeverluste hervorruft. Das nicht berücksichtigte Sicherheitskonzept sorgte für die kurzfristige Abberufung einer Aufsichtskraft aus dem Volkskundemuseum, das vorrübergehend seine Dauerausstellung schließen musste. <br />
<br />
Heftigen Anstoß erregt hat es auch, dass für die laut Kulturdirektor Dr. Tobias J. Knoblich "etwas zu groß ausgefallene" Sonderschau die Dauerausstellung "Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation" beseitigt wurde. Diese war 2012 mit hohem Aufwand per Ratsbeschluss ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erstellt worden. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Erfurter Stadtrat, Dr. Wolfgang Beese, bezeichnete dies als Skandal. <br />
<br />
Die Dauerausstellung wird zudem noch immer beworben, was für Verwirrung sorgt. Laut Kulturdirektor handele es sich um eine "Verbindung" mit der Sonderausstellung, was offenkundig nicht der Wahrheit entspricht. Die nachempfundene Ratshalle, die die Mittelaltermetropole erlebbar gemacht hatte (Abb. 2), ist komplett verschwunden. Im überformten Abschnitt zur "Stadt als sakrale Gemeinschaft" wurde sogar ein multimedialer Stadtplan der Reformationszeit entfernt, der alle Erfurter Kirchen und Klöster vorstellte. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt)<br />
<br />
<br />
'''>''' '''[[500._Reformationsjubilaeum_Luther_2017|500. Reformationsjubiläum 2017]]''', '''[[Stadtmuseum Erfurt]]''', '''[[Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation|Dauerausstellung "Tolle Jahre"]]''', '''[[Kritik Berufung Direktor Geschichtsmuseen Erfurt Hartinger|Berufung Direktor Hartinger 2014]]'''<br />
<br />
<br />
'''Presseecho''' <br />
<br />
(Thüringer Allgemeine 28.04.2017, Thüringische Landeszeitung 17.05.2017, Thüringer Allgemeine 10.06.2017, Freies Wort 21.06.2017)<br />
<br />
<br />
[[Datei:Luther-DA.jpg|360px|left]] [[Datei:TLZ-17-5-17.jpg|360px|right]]<br />
<br />
[[Datei:TA-10-6-17-Huhn.jpg|550px]]<br />
<br />
[[Datei:FreiesWort-21-6-17.jpg|600px]]</div>SteffenRassloff