Pels Umformtechnik Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen

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Text: '''[[SteffenRassloff|Steffen Raßloff]]: Pels - Umformtechnik - Müller Weingarten. Erfurter Industriegeschichte mit Zukunft.''' In: Stadt und Geschichte. Zeitschrift für Erfurt 33 (2007). S. 19.
Text: '''[[Steffen Raßloff]]: Pels - Umformtechnik - Müller Weingarten. Erfurter Industriegeschichte mit Zukunft.''' In: Stadt und Geschichte. Zeitschrift für Erfurt 33 (2007). S. 19.

Version vom 26. September 2010, 08:29 Uhr

Pels – Umformtechnik – Müller Weingarten

Müller Weingarten AG, Niederlassung Umformtechnik Erfurt

traditionsreiches Metallunternehmen, 2007 Integration in den Schuler Konzern

Geschichte des Unternehmens

Die Namen Pels, Umformtechnik und Müller Weingarten stehen für die wechselvolle Geschichte eines der traditionsreichsten Erfurter Industrieunternehmen. Es entstand 1903 durch Fusion der Berliner Handelsfirma „Henry Pels & Co.“ mit der Maschinenbauabteilung der Erfurter J.A. John AG als „Berlin-Erfurter Maschinenfabrik Henry Pels & Co.“. Rasch entwickelte sich „Pels“ an seinem Standort im 1911 eingemeindeten Industrievorort Ilversgehofen zum riesigen Umformmaschinen-Hersteller mit Filialen in aller Welt.

Das Unternehmen, seit 1922 eine Aktiengesellschaft, überstand auch die Krisen des Ersten Weltkrieges und der Weimarer Republik, 1922/26 konnten sogar große Erweiterungsbauten errichtet werden. Freilich gingen die Unruhen der Zeit nicht spurlos an Pels vorbei; im Januar 1931 kam es beispielsweise zu blutigen Streikunruhen mit einem Todesopfer, für die die KPD bzw. die ihr nahestehende Streikleitung verantwortlich gemacht wurde. Selbst die sozialdemokratische Zeitung „Tribüne“ sprach von einem „Verbrechen der Moskauer in Erfurt-Nord“. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 wurde das Werk 1936 als jüdisches Eigentum eingezogen und der Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken AG (Quandt-Gruppe) angeschlossen.

Mit Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 ging der Betrieb als SAG (Sowjetische Aktiengesellschaft) in den Besitz der Besatzungsmacht über. Nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 gaben ihn die Sowjets unter dem Namen VEB Pressen- und Scherenbau „Henry Pels“ an die Wirtschaft der DDR. Unter den spezifischen Bedingungen der Planwirtschaft wurde der Betrieb nunmehr weiter ausgebaut und zum Kern eines sozialistischen „Großkonzerns“. Im Jahre 1970 erfolgte die Gründung, 1979 die Erweiterung des Kombinats Umformtechnik „Herbert Warnke“, in dem zunächst die acht Hauptproduzenten des Umformmaschinenbaus der DDR und später 19 Betriebe in 25 Werken in 16 Städten zusammengefasst waren. In Erfurt wurden 40 % der Produktionsleistung erbracht.

90% der Erzeugnisse des Kombinats gingen in den Export, darunter zu 80 % in die UdSSR und die übrigen Staaten des RGW bzw. „Ostblocks“. Die Zulieferbeziehungen zu den großen westlichen Automobilherstellern hatten andererseits eine erhebliche Bedeutung als Devisenquelle für die DDR. Deshalb wurde der Erfurter Stammbetrieb durch hohe Investitionen noch in den Jahren 1988/89 mit moderner Technik ausgestattet. Über viele Jahre leitete Herbert Kroker die Geschicke des Kombinates. Er war 1969/70 Werksdirektor des VEB Pressen- und Scherenbau Erfurt und 1970-83 Generaldirektor des Kombinats. 1982 erfolgte seine Versetzung als Direktor des VEB Feuerlöschgerätewerkes Apolda und 1983 die Ablösung als Generaldirektor wegen Differenzen mit SED-Wirtschaftsexperte Günter Mittag.

Einen tiefen Einschnitt in der Betriebsgeschichte bildeten Wende und Wiedervereinigung 1989/90. Bereits im Mai 1990 wurde das Kombinat in die Umform- und Kunststofftechnik AG als Finanz- und Verwaltungsholding der Kombinatsbetriebe umstrukturiert. Da der Stammbetrieb am internationalen Markt präsent war und die Erben der ehemaligen Besitzer ihren Rückübertragungsanspruch in einen Entschädigungsanspruch umwandelten, erschien die Privatisierung des Unternehmens zunächst unproblematisch. Durch den hohen Exportanteil waren das Kombinat bzw. seine Teilbetriebe jedoch in besonderem Maße vom Zusammenbruch der Ostmärkte betroffen. Mehrere Übernahmeverhandlungen scheiterten und die Zahl der Beschäftigten musste schrittweise reduziert werden. 1994 erfolgte schließlich der Verkauf an den tschechischen Maschinenbaukonzern Škoda Plzen AG. Das Land Thüringen übernahm über die Thüringer Industriebeteiligungsgesellschaft 5 % des Unternehmens. Zusätzlich wurde eine Sanierungshilfe der Treuhandanstalt in Höhe von 320 Mio. DM gewährt. Auftragsrückgang und Personalabbau des Unternehmens (1989: 3800 Mitarbeiter, 1995: 900) waren auch mit einer räumlichen Verkleinerung verbunden. Zudem mussten betriebseigene Sozialeinrichtungen geschlossen werden. Nur im Falle der Betriebsberufsschule gelang die Umwandlung in ein Bildungszentrum zur Umschulung entlassener Mitarbeiter.

Die Umformtechnik Erfurt GmbH wurde schließlich im Dezember 2001 von der Müller Weingarten AG (MW AG) übernommen. Heute zählt Müller Weingarten mit seiner Niederlassung Umformtechnik Erfurt nach wie vor zu den größten Arbeitgebern der Stadt. Und man sieht in der großen Tradition des Unternehmens auch eine Verpflichtung. Müller Weingarten unterstützt u.a. den Förderverein des Stadtmuseums Erfurt „Haus zum Stockfisch“ in der Johannesstraße. Dieses Engagement kommt dem „historischen Gedächtnis“ unserer Stadt und damit allen Erfurtern zugute. So hilft jenes Unternehmen, das seit über einem Jahrhundert selbst Industriegeschichte geschrieben hat, die Vergangenheit Erfurts aufzuarbeiten und museal zu vermitteln.


Text: Steffen Raßloff: Pels - Umformtechnik - Müller Weingarten. Erfurter Industriegeschichte mit Zukunft. In: Stadt und Geschichte. Zeitschrift für Erfurt 33 (2007). S. 19.