Mohrengasse

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Mohrengasse

Ortsteil: Altstadt

Bezeichnung seit: Mittelalter

vorherige Bezeichnung/en: keine

Bedeutung: Die Gasse ist benannt nach dem "Haus zum Mohrenkopf" in der Johannesstraße 168, einem Renaissancebau von 1610 auf den Fundamenten eines mittelalterlichen Vorgängerbaus.

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In der Debatte um das Nettelbeckufer forderten die Grünen, die Mohrengasse solle als "rassistisches Überbleibsel" umbenannt werden (TA, 17.07.2020). Dieser Vorschlag ist "ein historischer Anachronismus", so Historiker Dr. Steffen Raßloff, da die Gasse nach dem mittelalterlichen "Haus zum Mohrenkopf" benannt wurde (TA, 23.06.2020). Prof. Dr. Karl Heinemeyer, em. Professor für Mittelalterliche Geschichte und Vorsitzender des Erfurter Geschichtsvereins, bekräftigt: "Mit Rassismus hat ihr Name nichts zu tun." (TA, 19.08.2020) Es gibt in Europa zahllose Mohren-Namen für Häuser, Gasthöfe, Apotheken usw. Der Mohr ist auch in vielen Kunstwerken zu finden. Oft geht er auf den heiligen Mauritius zurück, dem in Erfurt die Moritzkirche in der Moritzstraße geweiht war. Das Angermuseum verfügt, so Historiker Tim Erthel, über eine eindrucksvolle Holzfigur aus dieser Kirche in voller Rüstung, die die Verehrung ähnlich wie im Magdeburger Dom spiegelt (Foto: Angermuseum Erfurt, Dirk Urban).

Der im christlich-mittelalterlichen Kontext positiv belegte Begriff "Mohr" ist daher vom abschätzigen "Neger" des neuzeitlichen Kolonialzeitalters deutlich zu unterscheiden. Das gilt auch für die vor das Kolonialzeitalter zurückreichende Mohren-Apotheke in der Schlösserstraße, deren Umbenennung in der Ausstellung Kolonialismus in Erfurt (2019) gefordert wurde. Die vielen Mohren-Apotheken "erhielten nicht deshalb diesen Namen, weil man Menschen herabwürdigen wollte. Im Gegenteil: Wissen und Waren aus dem Orient und Nordafrika waren in Europa und Deutschland von großem Wert", so Historiker Dr. André Postert vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung an der TU Dresden (Cicero, 09.08.2020).

Die Vorstöße spiegeln den "neuen Umbennungsfuror", so Sprachwissenschaftler Helmut Glück: "Der 'Mohr' ist altertümlich, aber nicht rassistisch, doch das will eine kleine, aber lautstarke Minderheit nicht wahrhaben." (FAZ, 23.07.2020) So soll der Mohr aus dem Coburger Stadtwappen entfernt werden, obwohl es sich um den heiligen Mauritius als Schutzpatron der Stadt handelt. Die Initiative Berliner Aktivistinnen führt geradezu ins Absurde, verschwand der Mohr doch schon einmal - aus rassistischen Gründen durch die Nationalsozialisten. MDR-Hauptstadtkorrespondent Tim Herden merkt mit Blick auf die im August 2020 von Rot-Rot-Grün im Stadtbezirk Mitte beschlossene Umbenennung der Berliner Mohrenstraße an: "Einfach Straßennamen zu tilgen und durch neue zu ersetzen, hat was von Bilderstürmerei und ist meist nur ein Reflex auf den Zeitgeist, statt sich mit dem Geist der Zeit der Namensgeber auseinanderzusetzen." (MDR Aktuell, 06.09.2020) In diesem Sinne hat der Stadtrat in Ulm und Radebeul die Umbenennung der dortigen Mohrengasse bzw. Mohrenstraße im September 2020 und März 2021 abgelehnt.


Lesetipps:

Karl Heinemeyer: Über die Erfurter Mohrengasse. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt 82 (2021). S. 15-29.

Steffen Raßloff: Der "Coburger Mohr". In: Orte der Reformation. Coburg. Leipzig 2014. S. 24 f.


Siehe auch: Erfurter Straßennamen, Koloniales Erbe in Erfurt, Podcast HOLLITZER TRIFFT (2020)


Thüringer Allgemeine vom 23.06.2020 und 19.08.2020 (zum Lesen anklicken)

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