Mohrengasse

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Mohrengasse

Ortsteil: Altstadt

Bezeichnung seit: Mittelalter

vorherige Bezeichnung/en: keine

Bedeutung: benannt nach dem "Haus zum Mohrenkopf" in der Johannesstraße 168 (Renaissancebau von 1610 auf den Fundamenten eines mittelalterlichen Vorgängerbaus); Vgl. Max Timpel: Straßen, Gassen und Plätze von Alt-Erfurt in Vergangenheit und Gegenwart, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt 45 (1929), S. 154.

In der Debatte um das Nettelbeckufer forderten die Grünen, die Mohrengasse solle als "rassistisches Überbleibsel" umbenannt werden (TA, 17.07.2020). Dieser Vorschlag ist "ein historischer Anachronismus" und abzulehnen, so Historiker Dr. Steffen Raßloff, da die Gasse nach dem mittelalterlichen "Haus zum Mohrenkopf" benannt wurde (TA, 23.06.2020). Prof. Dr. Karl Heinemeyer, em. Professor für Mittelalterliche Geschichte und Landesgeschichte an der Universität Erfurt sowie Vorsitzender des Erfurter Geschichtsvereins, bekräftigt: "Mit Rassismus hat ihr Name nichts zu tun." (TA, 19.08.2020) Es gibt in Europa zahllose Mohren-Namen für Häuser, Gasthöfe, Apotheken usw. Der Mohr ist auch in vielen Kunstwerken zu finden. Oft geht er auf den heiligen Mauritius zurück, dem in Erfurt die Moritzkirche in der Moritzstraße geweiht war. Das Angermuseum verfügt, so Historiker Tim Erthel, über eine eindrucksvolle Holzfigur aus dieser Kirche in voller Rüstung, die die große Verehrung ähnlich wie im Magdeburger Dom spiegelt. Der im christlich-mittelalterlichen Kontext positiv belegte Begriff "Mohr" ist daher vom abschätzigen "Neger" des Kolonialzeitalters deutlich zu unterscheiden.

Der Vorstoß der Grünen spiegelt einen "neuen Umbennungsfuror", so Sprachwissenschaftler Helmut Glück: "Der 'Mohr' ist altertümlich, aber nicht rassistisch, doch das will eine kleine, aber lautstarke Minderheit nicht wahrhaben." (FAZ, 23.07.2020) So soll der Mohr aus dem Coburger Stadtwappen entfernt werden, obwohl es sich auch dort um den heiligen Mauritius handelt. Die Initiative führt den Antirassismus geradezu ins Absurde, verschwand der Mohr doch schon einmal - aus rassistischen Gründen durch die Nationalsozialisten. MDR-Korrespondent Tim Herden merkt hierzu mit Blick auf die umbenannte Berliner Mohrenstraße an: "Die Fragen gehen über die Schilder an den Straßenecken und Häuserwänden hinaus. Es geht um den Umgang mit unserer Geschichte im öffentlichen Raum. Einfach Straßennamen zu tilgen und durch neue zu ersetzen, hat was von Bilderstürmerei und ist meist nur ein Reflex auf den Zeitgeist, statt sich mit dem Geist der Zeit der Namensgeber auseinanderzusetzen." (MDR Aktuell, 06.09.2020) Letzteres hat man in Ulm getan, wo die Forderung nach Umbenennung der dortigen Mohrengasse im September 2020 unter Verweis auf den mit Erfurt vergleichbaren historischen Hintergrund vom Stadtrat abgelehnt wurde.


Siehe: Geschichte der Erfurter Straßennamen, Kolonialismus in Erfurt, Podcast HOLLITZER TRIFFT (25.09.2020)


Thüringer Allgemeine vom 23.06.2020 und 19.08.2020 (zum Lesen anklicken)

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