Kritik Beseitigung Dauerausstellung Stadtmuseum Erfurt Luther 2017: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 28. April 2017, 06:04 Uhr

Reformationsausstellung im Jubiläumsjahr beseitigt

Ausgerechtnet zum 500. Reformationsjubiläum 2017 wird im Stadtmuseum Erfurt die Dauerausstellung Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation beseitigt, was für scharfe Kritik sorgt.


Thüringer Allgemeine vom 28.04.2017

Zoff um Luther-Dauerausstellung – ausgerechnet im Jubiläumsjahr

Die viel beworbene und gelobte und nicht ganz billige Exposition im Stadtmuseum muss einer Sonderausstellung weichen.

Von Michael Keller


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Isolde Hahn, Touristin aus dem oberfränkischen Kulmbach, staunte am letzten Wochenende nicht schlecht. Sie hatte sich vorab im Internet über Ausstellungen in Erfurt informiert und sich für die Dauerausstellung "Tolle Jahre. An der Schwelle der Reformation" im Stadtmuseum in der Johannes-straße entschieden. Schließlich sei 2017 doch ein bedeutendes Jubiläumsjahr, meinte sie. Am 31. Oktober jährt sich zum 500. Mal die Veröffentlichung von Martin Luthers 95 Thesen. Diese ansprechend beworbene Ausstellung sollte das Wochenende von Frau Hahn abrunden. Höchst erstaunt war sie, als sie im Stadtmuseum verschlossene Türen vorfand. Besser gesagt, eine Tür, hinter der gebaut wurde. Nichts da Dauerausstellung. Wie geht das denn?, fragt sie.

Das geht, weil die 2012 mit viel öffentlicher Aufmerksamkeit eingeweihte und gelobte Dauerausstellung weichen musste. Einer Sonderausstellung "Barfuß ins Himmelreich – Luther und die Bettelorden in Erfurt", die unter der Ägide von Museumsdirektor Anselm Hartinger läuft. Sie war einst für den Keller im Stadtmuseum konzipiert worden, beansprucht aber nun den Platz im Erdgeschoss. Jenen Platz, auf dem bislang die Dauerausstellung zu sehen war. Wie man hört, habe sich der Direktor über alle Bedenken seiner Kuratoren hinweggesetzt.

"Ein Skandal", sagt SPD-Stadtrat Wolfgang Beese empört. Der Kulturausschussvorsitzende im Stadtrat hat sogleich eine dringliche Anfrage an den Oberbürgermeister gestellt. Es sei "aberwitzig", diese gut gemachte Dauerausstellung im Katalog und im Internet zu bewerben und dann einfach alles zu Gunsten einer anderen Ausstellung einfach zu kippen. Der Kulturausschuss sei davon erst gar nicht informiert worden.

Man müsse nun auch die Kostenfrage stellen, sagt Beese. Rund 300 000 Euro hatte sich die Stadt die aufwändige Dauerausstellung zum Reformationsjubiläum kosten lassen. "Sieht so Nachhaltigkeit aus?", fragt der Kulturexperte. Zumal Konzeption und Aufbau der Sonderausstellung sicher nicht zum Nulltarif zu haben sei. Beese vermutet stark, dass dem Museumsdirektor der Platz für seine Ausstellung im Keller unangemessen erschien und daher verfügt wurde, eine Ausstellung gegen die andere auszutauschen.

Erfurts Kulturdirektor Tobias Knoblich wiegelt ab. Die Dauerausstellung und die Sonderausstellung sollen nach den neuen Überlegungen fusionieren und korrespondieren. Beide sollen eine gute Verbindung eingehen, an deren Ende ein Mehrwert stehe. Das meiste aus der Dauerausstellung sei doch geblieben und die Exposition werde ab Dezember, also nach dem eigentlichen Jubiläumsmonat, wieder in ihrer ursprünglichen Form aufgebaut, sagt er. Der Kulturdirektor sieht im Übrigen kein Problem darin, dass die Dauerausstellung aktuell nicht mehr in ihrer Ur-Form zu sehen ist: "Die Erfurter haben sie doch alle schon gesehen".

Ab dem 18. Mai soll die Sonderausstellung nun zu sehen sein. Sie rückt eine Etage höher, da sie, so Knoblich, für den Keller etwas zu groß ausgefallen sei. Und der Museumskeller selber sei ja auch nicht so toll. Er finde das alles "nicht so schlimm". Man sollte nicht meckern sondern sich freuen, rät er Kritikern.

Die findet man im Förderverein des Stadtmuseums. Man sei "völlig überrascht und entsetzt ob der Beseitigung der Dauerausstellung", lässt Vorsitzender Steffen Raßloff auf Anfrage wissen. Die finanziell und gestalterisch aufwändige Ausstellung, an der der Verein auch einen gewissen Anteil hatte, sei ausdrücklich für das Reformationsjubiläum erarbeitet worden. Die nicht abgestimmte Entscheidung der Museumsleitung gerade in Zeiten knapper Kassen mache das alles höchst fragwürdig. Und Raßloff widerspricht dem Kulturdirektor vehement. Von einer Vernetzung beider Ausstellungen sei nichts zu sehen. Bis auf ganz wenige, sperrige und kaum zu entfernende Exponat (Rathausportal, Domtüren, Kruzifix) sei von der Dauerausstellung nichts übrig geblieben. (Fotos: Stadtmuseum Erfurt, Eröffnung der Dauerausstellung am 20. Mai 2012, Blick in die Ausstellung)


Siehe auch: Tolle Jahre - An der Schwelle der Reformation (Ausstellung im Stadtmuseum Erfurt)