Hohe Lilie: Unterschied zwischen den Versionen

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= Gasthaus Zur Hohen Lilie =
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'''Beitrag der Serie [[Denkmale in Erfurt|Denkmale in Erfurt]] aus der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]] (16.11.2013)'''
'''Beitrag der Serie [[Denkmale in Erfurt|Denkmale in Erfurt]] aus der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Rassloff|Dr. Steffen Raßloff]] (16.11.2013)'''




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[[Datei:GasthausHoheLilie2.jpg|410px|right]]Der Gasthof „Zur Hohen Lilie“ am Domplatz gehörte einst zu den repräsentativsten Herbergen der Stadt. Das im Kern auf das 13. Jahrhundert zurückgehende prächtige Renaissancegebäude erhielt seine heutige Gestalt 1538. Eine goldene Lilie mit der entsprechenden Jahreszahl ziert denn auch das reich geschmückte Portal. Über Jahrhunderte war die „Hohe Lilie“ das „erste Haus am Platze“, ähnlich wie später der „Erfurter Hof“ am Hauptbahnhof. Ebenso wie bei Letzterem verbindet sich die Geschichte des Hauses mit hochkarätigen Gästen. Hier stieg die Prominenz ab, darunter Herrscher wie Landgraf Philipp von Hessen, Kurfürst Moritz von Sachsen, König Gustav II. Adolf von Schweden, Napoleons Bruder und König von Westphalen Jérôme sowie König Friedrich Wilhelm III. von Preußen.  
[[Datei:GasthausHoheLilie2.jpg|380px|right]]Der Gasthof „Zur Hohen Lilie“ am Domplatz gehörte einst zu den repräsentativsten Herbergen der Stadt. Das im Kern auf das 13. Jahrhundert zurückgehende prächtige Renaissancegebäude erhielt seine heutige Gestalt 1538. Eine goldene Lilie mit der entsprechenden Jahreszahl ziert denn auch das reich geschmückte Portal. Über Jahrhunderte war die „Hohe Lilie“ das „erste Haus am Platze“, ähnlich wie später der „Erfurter Hof“ am Hauptbahnhof. Ebenso wie bei Letzterem verbindet sich die Geschichte des Hauses mit hochkarätigen Gästen. Hier stieg die Prominenz ab, darunter Herrscher wie Landgraf Philipp von Hessen, Kurfürst Moritz von Sachsen, König Gustav II. Adolf von Schweden, Napoleons Bruder und König von Westphalen Jérôme sowie König Friedrich Wilhelm III. von Preußen.  


Die „Hohe Lilie“ ist damit nicht nur ein herausragendes Baudenkmal, sondern auch ein Denkmal der Erfurter Gastronomiegeschichte. Wie so oft ranken sich auch um dieses besondere gastliche Haus einige Legenden und Anekdoten. Eine besagt, dass der Reformator Martin Luther auf dem Rückweg aus seinem Versteck auf der Wartburg nach Wittenberg am 2. März 1522 in der „Hohen Lilie“ eingekehrt sei. Nach einem Disput über Luthers Theologie mit einem „Pfaffen“ drohte dem noch immer inkognito reisenden „Junker Jörg“ die Enttarnung, worauf er rasch aufbrach. Sicher hatte sich der einstige Erfurter Student und Augustinermönch, der der Stadt seiner Jugend zeitlebens eng verbunden blieb, diesen Aufenthalt anders vorgestellt. Noch ein Jahr zuvor hatte man ihn bei seiner Durchreise zum Wormser Reichstag jubelnd empfangen.
Die „Hohe Lilie“ ist damit nicht nur ein herausragendes Baudenkmal, sondern auch ein Denkmal der Erfurter Gastronomiegeschichte. Wie so oft ranken sich auch um dieses besondere gastliche Haus einige Legenden und Anekdoten. Eine besagt, dass der Reformator Martin Luther auf dem Rückweg aus seinem Versteck auf der Wartburg nach Wittenberg am 2. März 1522 in der „Hohen Lilie“ eingekehrt sei. Nach einem Disput über Luthers Theologie mit einem „Pfaffen“ drohte dem noch immer inkognito reisenden „Junker Jörg“ die Enttarnung, worauf er rasch aufbrach. Sicher hatte sich der einstige Erfurter Student und Augustinermönch, der der Stadt seiner Jugend zeitlebens eng verbunden blieb, diesen Aufenthalt anders vorgestellt. Noch ein Jahr zuvor hatte man ihn bei seiner Durchreise zum Wormser Reichstag jubelnd empfangen.


Gut ein Jahrhundert später logierte mit dem schwedischen König Gustav II. Adolf der „Retter des Protestantismus“ während des Dreißigjährigen Krieges in der „Hohen Lilie“. Am 2. Oktober 1631 ritt der erfolgreiche Feldherr unter dem Jubel der Erfurter in die Stadt ein. Vor dem Gasthof empfing der Rat den König, der die Stadt reich mit Kirchengut und Rechten des Mainzer Erzbischofs beschenkte. Am 7. November 1632 war Gustav Adolf noch einmal zu Gast, ehe er wenig später am 16. November in der Schlacht bei Lützen den Tod fand. Jene Mischung aus großer historischer und gastronomischer Tradition macht nach wie vor die Anziehungskraft der „Hohen Lilie“ aus. Im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, war sie nach der Rekonstruktion 1969 sofort wieder unter die beliebtesten Restaurants in Erfurt aufgestiegen. 2002 nach erneuter Sanierung zunächst in Regie des Kaisersaals betrieben, bietet die „Hohe Lilie“ unter dem Namen „Due Angeli“ („Zwei Engel“) seit 2011 italienische Küche. (Foto: Alexander Raßloff)
Gut ein Jahrhundert später logierte mit dem schwedischen König Gustav II. Adolf der „Retter des Protestantismus“ während des Dreißigjährigen Krieges in der „Hohen Lilie“. Am 2. Oktober 1631 ritt der erfolgreiche Feldherr unter dem Jubel der Erfurter in die Stadt ein. Vor dem Gasthof empfing der Rat den König, der die Stadt reich mit Kirchengut und Rechten des Mainzer Erzbischofs beschenkte. Am 7. November 1632 war Gustav Adolf noch einmal zu Gast, ehe er wenig später am 16. November in der Schlacht bei Lützen den Tod fand. Jene Mischung aus großer historischer und gastronomischer Tradition macht nach wie vor die Anziehungskraft der „Hohen Lilie“ aus. Im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, war sie nach der Rekonstruktion 1969 sofort wieder unter die beliebtesten Restaurants in Erfurt aufgestiegen. 2002 nach erneuter Sanierung zunächst in Regie des Kaisersaals betrieben, bietet die „Hohe Lilie“ unter dem Namen „Due Angeli“ („Zwei Engel“) seit 2011 italienische Küche. (Foto: Alexander Raßloff)
'''''>''' Seit 2017 befindet sich in der Hohen Lilie das '''[https://www.hofbraeu-am-dom.de/ Hofbräu am Dom]'''''





Aktuelle Version vom 1. Oktober 2022, 13:12 Uhr

Gasthaus Zur Hohen Lilie

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (16.11.2013)


Erstes Haus am Platze

DENKMALE IN ERFURT (124): In der „Hohen Lilie“ stiegen einst gekrönte Häupter und viele Prominente ab.


GasthausHoheLilie2.jpg

Der Gasthof „Zur Hohen Lilie“ am Domplatz gehörte einst zu den repräsentativsten Herbergen der Stadt. Das im Kern auf das 13. Jahrhundert zurückgehende prächtige Renaissancegebäude erhielt seine heutige Gestalt 1538. Eine goldene Lilie mit der entsprechenden Jahreszahl ziert denn auch das reich geschmückte Portal. Über Jahrhunderte war die „Hohe Lilie“ das „erste Haus am Platze“, ähnlich wie später der „Erfurter Hof“ am Hauptbahnhof. Ebenso wie bei Letzterem verbindet sich die Geschichte des Hauses mit hochkarätigen Gästen. Hier stieg die Prominenz ab, darunter Herrscher wie Landgraf Philipp von Hessen, Kurfürst Moritz von Sachsen, König Gustav II. Adolf von Schweden, Napoleons Bruder und König von Westphalen Jérôme sowie König Friedrich Wilhelm III. von Preußen.

Die „Hohe Lilie“ ist damit nicht nur ein herausragendes Baudenkmal, sondern auch ein Denkmal der Erfurter Gastronomiegeschichte. Wie so oft ranken sich auch um dieses besondere gastliche Haus einige Legenden und Anekdoten. Eine besagt, dass der Reformator Martin Luther auf dem Rückweg aus seinem Versteck auf der Wartburg nach Wittenberg am 2. März 1522 in der „Hohen Lilie“ eingekehrt sei. Nach einem Disput über Luthers Theologie mit einem „Pfaffen“ drohte dem noch immer inkognito reisenden „Junker Jörg“ die Enttarnung, worauf er rasch aufbrach. Sicher hatte sich der einstige Erfurter Student und Augustinermönch, der der Stadt seiner Jugend zeitlebens eng verbunden blieb, diesen Aufenthalt anders vorgestellt. Noch ein Jahr zuvor hatte man ihn bei seiner Durchreise zum Wormser Reichstag jubelnd empfangen.

Gut ein Jahrhundert später logierte mit dem schwedischen König Gustav II. Adolf der „Retter des Protestantismus“ während des Dreißigjährigen Krieges in der „Hohen Lilie“. Am 2. Oktober 1631 ritt der erfolgreiche Feldherr unter dem Jubel der Erfurter in die Stadt ein. Vor dem Gasthof empfing der Rat den König, der die Stadt reich mit Kirchengut und Rechten des Mainzer Erzbischofs beschenkte. Am 7. November 1632 war Gustav Adolf noch einmal zu Gast, ehe er wenig später am 16. November in der Schlacht bei Lützen den Tod fand. Jene Mischung aus großer historischer und gastronomischer Tradition macht nach wie vor die Anziehungskraft der „Hohen Lilie“ aus. Im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, war sie nach der Rekonstruktion 1969 sofort wieder unter die beliebtesten Restaurants in Erfurt aufgestiegen. 2002 nach erneuter Sanierung zunächst in Regie des Kaisersaals betrieben, bietet die „Hohe Lilie“ unter dem Namen „Due Angeli“ („Zwei Engel“) seit 2011 italienische Küche. (Foto: Alexander Raßloff)

> Seit 2017 befindet sich in der Hohen Lilie das Hofbräu am Dom


Lesetipp:

Steffen Raßloff: Der Löwe aus Mitternacht. König Gustav II. Adolf und Erfurt. In: Erfurt. 55 Highlights aus der Geschichte. Erfurt 2021. S. 52 f.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Luther und Erfurt, Gustav Adolf, Domplatz