Graf von Gleichen Sage: Unterschied zwischen den Versionen

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= Graf von Gleichen Sage =
= Die Sage vom Grafen von Gleichen =


'''Beitrag der Serie [[Wandbilder zur Sagenwelt im Rathaus|Wandbilder im Rathaus]] in der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]] (2007)'''
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[[Datei:Gleichen.jpg|450px|right]]Im Flur des ersten Obergeschosses im Rathaus gestaltete Prof. Eduard Kämpffer in sechs Bildern die Sage vom Grafen von Gleichen. Jenes Adelsgeschlecht gehörte zu den ältesten und einflussreichsten in Thüringen. Der Erzbischof von Mainz übertrug ihnen 1120 die Vogtei über die Stadt Erfurt. Sie verfügten über umfangreichen Grund- und Lehnsbesitz in der Stadt (Grafengasse) und ihrer Umgebung, darunter die namensgebende Burg Gleichen, eine der “Drei Gleichen”.
[[Datei:GrafGleichen.jpg|450px|right]]Im Flur des ersten Obergeschosses im Rathaus gestaltete Prof. Eduard Kämpffer in sechs Bildern die Sage vom Grafen von Gleichen. Jenes Adelsgeschlecht gehörte zu den ältesten und einflussreichsten in Thüringen. Der Erzbischof von Mainz übertrug ihnen 1120 die Vogtei über die Stadt Erfurt. Sie verfügten über umfangreichen Grund- und Lehnsbesitz in der Stadt (Grafengasse) und ihrer Umgebung, darunter die namensgebende Burg Gleichen, eine der “Drei Gleichen”.


So wichtig die Gleichen für Erfurts Geschichte auch sind, zu “sagenhafter” Bekanntheit hat ihnen aber erst die Geschichte vom zweibeweibten Grafen Ernst verholfen. Dieser soll als Kreuzfahrer in Palästina von einer Sultanstochter aus der Gefangenschaft befreit worden sein und diese dann mit päpstlicher Genehmigung zur zweiten Gattin genommen haben. Den Anstoß für die Sage mag die 1813 von der Peterskirche in den Dom verlegte Grabplatte eines Grafen von Gleichen aus dem 13. Jahrhundert gegeben haben. Sie zeigt diesen mit zwei Frauen. Erstmals erwähnt wird die vermeintliche Doppelehe in einem Brief Landgraf Philipps von Hessen 1539 an Luther, der sich für die Legalisierung seiner problematischen Zweitehe mit Margarethe von der Saale einsetzen sollte. Von da an wurde der Stoff immer wieder von Historikern und Dichtern aufgegriffen. Freilich konnte die Geschichtswissenschaft die Sage nicht beglaubigen, was deren Reiz aber keinen Abbruch tut.
So wichtig die Gleichen für Erfurts Geschichte auch sind, zu “sagenhafter” Bekanntheit hat ihnen aber erst die Geschichte vom zweibeweibten Grafen Ernst verholfen. Dieser soll als Kreuzfahrer in Palästina von einer Sultanstochter aus der Gefangenschaft befreit worden sein und diese dann mit päpstlicher Genehmigung zur zweiten Gattin genommen haben. Den Anstoß für die Sage mag die 1813 von der Peterskirche in den Dom verlegte Grabplatte eines Grafen von Gleichen aus dem 13. Jahrhundert gegeben haben. Sie zeigt diesen mit zwei Frauen. Erstmals erwähnt wird die vermeintliche Doppelehe in einem Brief Landgraf Philipps von Hessen 1539 an Luther, der sich für die Legalisierung seiner problematischen Zweitehe mit Margarethe von der Saale einsetzen sollte. Von da an wurde der Stoff immer wieder von Historikern und Dichtern aufgegriffen. Freilich konnte die Geschichtswissenschaft die Sage nicht beglaubigen, was deren Reiz aber keinen Abbruch tut.
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Siehe auch: [[Geschichte der Stadt Erfurt]]
Siehe auch: '''[[Rathaus Erfurt|Rathaus]]''', '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Ruine_Burg_Gleichen|Burg Gleichen]]'''

Version vom 24. Mai 2014, 12:23 Uhr

Die Sage vom Grafen von Gleichen

Beitrag der Serie Wandbilder im Rathaus in der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (2007)


Der zweibeweibte Graf

Die Treppenhausbilder im Rathaus (3): Graf Ernst von Gleichen

Die Grafen von Gleichen sind eng mit der Erfurter Stadtgeschichte verbunden. Diesem edlen Geschlecht verdankt sich zugleich eine der reizvollsten Sagen, die bis heute die Phantasie der Erfurter anregt, die Sage vom zweibeweibten Grafen.


GrafGleichen.jpg

Im Flur des ersten Obergeschosses im Rathaus gestaltete Prof. Eduard Kämpffer in sechs Bildern die Sage vom Grafen von Gleichen. Jenes Adelsgeschlecht gehörte zu den ältesten und einflussreichsten in Thüringen. Der Erzbischof von Mainz übertrug ihnen 1120 die Vogtei über die Stadt Erfurt. Sie verfügten über umfangreichen Grund- und Lehnsbesitz in der Stadt (Grafengasse) und ihrer Umgebung, darunter die namensgebende Burg Gleichen, eine der “Drei Gleichen”.

So wichtig die Gleichen für Erfurts Geschichte auch sind, zu “sagenhafter” Bekanntheit hat ihnen aber erst die Geschichte vom zweibeweibten Grafen Ernst verholfen. Dieser soll als Kreuzfahrer in Palästina von einer Sultanstochter aus der Gefangenschaft befreit worden sein und diese dann mit päpstlicher Genehmigung zur zweiten Gattin genommen haben. Den Anstoß für die Sage mag die 1813 von der Peterskirche in den Dom verlegte Grabplatte eines Grafen von Gleichen aus dem 13. Jahrhundert gegeben haben. Sie zeigt diesen mit zwei Frauen. Erstmals erwähnt wird die vermeintliche Doppelehe in einem Brief Landgraf Philipps von Hessen 1539 an Luther, der sich für die Legalisierung seiner problematischen Zweitehe mit Margarethe von der Saale einsetzen sollte. Von da an wurde der Stoff immer wieder von Historikern und Dichtern aufgegriffen. Freilich konnte die Geschichtswissenschaft die Sage nicht beglaubigen, was deren Reiz aber keinen Abbruch tut.

Mittlerweile hat der mdr die Geschichte sogar verfilmt, es gibt ein Musical, das seit 2006 auf Gut Ringhofen bei Mühlberg aufgeführt wird. Die Bilder im Rathaus von 1896 stehen am Anfang dieser Medienkarriere. Im romantischen Stil der übrigen Rathausbilder gehalten, darf man sie nach wie vor als eine der eindrucksvollsten Darstellungen der Sage ansehen. Zunächst nimmt die Gräfin auf den Zinnen der Burg Gleichen mit ihrem Kind im Arm Abschied von ihrem Gemahl, der sich dem Kreuzzug ins Heilige Land anschließt. Die kommenden Bilder zeigen die Gefangennahme des Grafen während einer Schlacht mit den Sarazenen und die Begnadigung auf Bitte der Sultanstochter Melechsala.

Diese Schöne aus dem Morgenland hatte sich in den wackeren Thüringer verliebt und verhalf ihm zur Flucht auf abenteuerlichen Wegen. In Europa angekommen, zeigt sich der Graf dankbar und erwählt Melechsala zu seiner zweiten Gemahlin. Mit päpstlicher Erlaubnis lässt er sich auf der heimatlichen Burg Gleichen trauen (siehe Abb.). Die Gräfin nimmt, obwohl man ihr auf dem letzten Bild die zwiespältigen Gefühle ansehen kann, Melechsala wie eine Schwester auf, die ihr den Gatten gerettet hat. Fortan sollen alle drei in einem großen Ehebett geschlafen haben, das bis 1813 im Herrenhaus der Burg zu sehen war. An die glückliche Heimkehr des Grafen erinnert bis heute das “Freudenthal” unterhalb der Burgruine, das vielen Erfurtern als beliebtes Ausflugsziel vertraut ist.


Siehe auch: Rathaus, Geschichte der Stadt Erfurt, Burg Gleichen