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Version vom 9. Dezember 2014, 15:48 Uhr

Geschichte der Stadt Erfurt

Die Landeshauptstadt Erfurt war seit jeher der Zentralort Thüringens und im Mittelalter eine der Metropolen des Reiches.


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Hartmann Schedel hat in seiner berühmten Weltchronik von 1493 Erfurt als das „Haupt des Thüringer Landes“ bezeichnet. Diese Stellung zieht sich wie ein roter Faden durch die Erfurter Geschichte – von den bedeutenden Funden aus der Zeit des Thüringer Königreiches im 6. Jahrhundert bis hin zur heutigen Landeshauptstadt des Freistaates Thüringen. Darüber hinaus gehörte Erfurt im Mittelalter zu den großen Metropolen des Reiches. Noch immer ist dies in seiner Altstadt mit ihren zahlreichen Kulturdenkmalen nachvollziehbar. Mit den dreizehn Jahrhunderten schriftlich verbriefter Geschichte - die Kulturgeschichte im weiteren Sinne reicht bis zum ersten Faustkeil 30.000 Jahre zurück - sind viele bedeutende Ereignisse und Persönlichkeiten verbunden.

Die Mittelaltermetropole tritt zunächst als ein königlicher Zentralort ins Licht der Geschichte, in dem wichtige Reichstage stattfanden. 742 von Bonifatius zum Sitz eines Bistums bestimmt, blieb es trotz der Angliederung an das Bistum Mainz das kirchliche Zentrum Thüringens. Um 1000 rückte der Mainzer Erzbischof zwar auch zum weltlichen Stadtherrn auf, doch seit dem 13. Jahrhundert erlangte Erfurt reichsstadtähnliche Autonomie. Symbolort jener kommunalen Selbstständigkeit war das Rathaus am Fischmarkt. Mit der Wasserburg Kapellendorf verfügte Erfurt sogar über ein Reichslehen. Die Handels- und Kulturmetropole an der Via regia, umgeben von zwei mächtigen Mauerringen und überstrahlt von den Stadtkronen Dom und Peterskirche, blühte v.a. dank des Blaufärbemittels Waid auf. 1379 erhielt Erfurt das Privileg für die älteste Universität im heutigen Deutschland, deren bekanntester Student und Lehrer Martin Luther war. Mit dessen Eintritt ins Erfurter Augustinerkloster 1505 begann das Ringen um die Grundeinsichten der Reformation. Luthers Kirchenerneuerung fiel hier auf fruchtbaren Boden und wurde besonders von Johannes Lang, dem "Reformator Erfurts", getragen. Auch die jüdische Gemeinde hat u.a. mit der ältesten erhaltenen Synagoge Mitteleuropas beeindruckende Spuren hinterlassen.

An der Schwelle zur Neuzeit war der Höhepunkt der Entwicklung allerdings überschritten. 1664 folgte die Unterwerfung unter Mainz. Aus jener Zeit leuchtet allein die Statthalterschaft Karl Theodor von Dalbergs hervor, zu dessen Kreis auch Goethe, Schiller, Wieland, Humboldt und Herder zählten. Zugleich wurzelt in dieser Epoche der Aufschwung des Gartenbaus, der Erfurt später den weltweiten Ruf einer Blumenstadt einbringen sollte. Auch als Bachstadt darf sich Erfurt bezeichnen. Die 800-jährige Bindung an Mainz endete 1802 mit dem Übergang an Preußen, nur kurzzeitig unterbrochen von der "Franzosenzeit" 1806-1814 mit dem Erfurter Fürstenkongress Napoelons 1808. Erfurt stieg zur Industriegroßstadt auf, in der die SPD 1891 ihr wegweisendes Erfurter Programm verabschiedete. Zugleich bauten die Preußen die Festung und Garnison großzügig aus.

Im 20. Jahrhundert folgte das "Zeitalter der Extreme" (Eric Hobsbawm) mit zwei Weltkriegen und Diktaturen. Auslöser war der Erste Weltkrieg 1914/18, auf den die kurzlebige Weimarer Republik folgte, in der Erfurt einen kulturellen und städtbaulichen Aufschwung erlebte. Für die Verstrickung von Wirtschaft und Gesellschaft in die Verbrechen des Nationalsozialismus 1933-1945 steht die Firma J.A. Topf & Söhne, Hersteller der Öfen für Auschwitz. Dank relativ geringer Zerstörungen durch Luftangriffe konnte Erfurt sein historisches Stadtbild im Zweiten Weltkrieg weitgehend bewahren. Seit 1945/49 gehörte die Stadt zur DDR, in der es am 17. Juni 1953 zum Aufstand gegen die SED-Herrschaft kam. Das erste deutsch-deutsche Gipfeltreffen 1970 im Erfurter Hof mit dem Jubel der Erfurter für Willy Brandt wies bereits auf die Friedliche Revolution und deutsche Wiedervereinigung 1989/90 voraus. Mit der ersten Besetzung einer Stasi-Bezirksverwaltung am 4. Dezember 1989 hatte Erfurt ein DDR-weites Signal gesetzt. Dank der "Wende" konnte auch die 1988 geschlossene Städtepartnerschaft mit Mainz mit Leben erfüllt werden.

Heute ist Erfurt eine Großstadt mit beschaulicher Lebensqualität. Als Domstadt, Lutherstadt und Blumenstadt inmitten des Grünen Herzen Deutschlands zieht es viele Touristen an. Einen ganz besonderen Charakter verleiht Erfurt seine weitgehend erhaltene Altstadt. Mit dem Augustinerkloster und dem mittelalterlich-jüdischen Erbe ist es sogar für die Aufnahme auf die UNESCO-Welterbeliste vorgeschlagen. Die Umstrukturierung von der Industriestadt zur Dienstleistungs- und Verwaltungsstadt ist weitgehend vollzogen, neue Wirtschaftszweige weisen in die Zukunft. Dies gilt auch für den Kindermedienstandort, die Hochschullandschaft mit der 1994 wiedergegründeten Universität und das seit 1999 hier angesiedelte Bundesarbeitsgericht. Nicht zuletzt fand die alte Rolle Erfurts als „heimliche Hauptstadt“ Thüringens 1990 ihre Umwandlung zur Landeshauptstadt.

(Dr. Steffen Raßloff)


Zu den Kapiteln der Stadtgeschichte:

> I. Frühgeschichte und Stadtwerdung (30.000 v. Chr. bis 12. Jh.)

> II. Mittelalterliche Handels- und Kulturmetropole (13. bis 15. Jh.)

> III. Schleichender Niedergang und kurmainzische Zeit (16. bis 18. Jh.)

> IV. Napoleonische Zeit und Wiederaufstieg unter Preußen (19. Jh.)

> V. Das "Zeitalter der Extreme" (20. Jh.)


Literaturtipp:

Steffen Raßloff: Geschichte der Stadt Erfurt. Erfurt 2012 (2. Auflage 2013).


> weitere Literatur zur Stadtgeschichte

> Presseserien zur Erfurter Stadt- und Kulturgeschichte

> Stadtmuseum Erfurt

> Stadtarchiv Erfurt

> Erfurter Geschichtsverein