Gedenktafel Kaisersaal Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:KSGT.jpg|350px|right]]Der Kaisersaal ist ein Haus voller Geschichte. Er diente einst als Theater, Konzertsaal und Universitäts-Ballhaus. Große Namen wie Friedrich Schiller und Franz Liszt sind mit diesem Musentempel verbunden. 1808 ließ Napoleon während seines Erfurter Fürstenkongresses hier die Comédie-Française vor „einem Parkett von Königen“ spielen. Nachhaltig in die Geschichte eingegangen ist der Kaisersaal aber v.a. als Veranstaltungsort des Parteitages der SPD von 1891. Unter der Leitung von August Bebel verabschiedeten die Abgeordneten nach Jahren der Verfolgung durch das Bismarcksche Sozialistengesetz das Erfurter Programm. Neben der marxistischen Theorie setzte man sich dort praktische soziale Ziele, wie die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen und den Achtstundentag für Arbeiter. Damit begann der Weg von der Klassenkampfpartei hin zur reformorientierten Volkspartei des kleinen Mannes. Dieser in Erfurt eingeschlagene Weg erreichte mit dem Godesberger Programm von 1959 in der Bundesrepublik sein Ziel.
[[Datei:KSGT.jpg|400px|right]]Der Kaisersaal ist ein Haus voller Geschichte. Er diente einst als Theater, Konzertsaal und Universitäts-Ballhaus. Große Namen wie Friedrich Schiller und Franz Liszt sind mit diesem Musentempel verbunden. 1808 ließ Napoleon während seines Erfurter Fürstenkongresses hier die Comédie-Française vor „einem Parkett von Königen“ spielen. Nachhaltig in die Geschichte eingegangen ist der Kaisersaal aber v.a. als Veranstaltungsort des Parteitages der SPD von 1891. Unter der Leitung von August Bebel verabschiedeten die Abgeordneten nach Jahren der Verfolgung durch das Bismarcksche Sozialistengesetz das Erfurter Programm. Neben der marxistischen Theorie setzte man sich dort praktische soziale Ziele, wie die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen und den Achtstundentag für Arbeiter. Damit begann der Weg von der Klassenkampfpartei hin zur reformorientierten Volkspartei des kleinen Mannes. Dieser in Erfurt eingeschlagene Weg erreichte mit dem Godesberger Programm von 1959 in der Bundesrepublik sein Ziel.


Man sollte meinen, der Kaisersaal müsse vor diesem Hintergrund für die Stadt Erfurt und zumal für die hiesige SPD ein besonders wichtiger Erinnerungsort sein. Allerdings sucht man an dem markanten klassizistischen Gebäude in der Futterstraße vergeblich nach einem Hinweis. Während zahlreiche oft weit weniger prominente Ereignisse und Persönlichkeiten überall in der Stadt mit Denkmalen oder Gedenktafeln verewigt wurden, weist nichts auf den Erfurter Parteitag 1891 hin.  
Man sollte meinen, der Kaisersaal müsse vor diesem Hintergrund für die Stadt Erfurt und zumal für die hiesige SPD ein besonders wichtiger Erinnerungsort sein. Allerdings sucht man an dem markanten klassizistischen Gebäude in der Futterstraße vergeblich nach einem Hinweis. Während zahlreiche oft weit weniger prominente Ereignisse und Persönlichkeiten überall in der Stadt mit Denkmalen oder Gedenktafeln verewigt wurden, weist nichts auf den Erfurter Parteitag 1891 hin.  

Version vom 1. Dezember 2012, 15:15 Uhr

Gedenktafel Kaisersaal Erfurt

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (03.09.2011)


Die verschwundene Gedenktafel

DENKMALE IN ERFURT (9): Am Kaisersaal erinnert nichts an den Erfurter SPD-Parteitag 1891 und an Napoleons Fürstenkongress 1808.


KSGT.jpg

Der Kaisersaal ist ein Haus voller Geschichte. Er diente einst als Theater, Konzertsaal und Universitäts-Ballhaus. Große Namen wie Friedrich Schiller und Franz Liszt sind mit diesem Musentempel verbunden. 1808 ließ Napoleon während seines Erfurter Fürstenkongresses hier die Comédie-Française vor „einem Parkett von Königen“ spielen. Nachhaltig in die Geschichte eingegangen ist der Kaisersaal aber v.a. als Veranstaltungsort des Parteitages der SPD von 1891. Unter der Leitung von August Bebel verabschiedeten die Abgeordneten nach Jahren der Verfolgung durch das Bismarcksche Sozialistengesetz das Erfurter Programm. Neben der marxistischen Theorie setzte man sich dort praktische soziale Ziele, wie die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen und den Achtstundentag für Arbeiter. Damit begann der Weg von der Klassenkampfpartei hin zur reformorientierten Volkspartei des kleinen Mannes. Dieser in Erfurt eingeschlagene Weg erreichte mit dem Godesberger Programm von 1959 in der Bundesrepublik sein Ziel.

Man sollte meinen, der Kaisersaal müsse vor diesem Hintergrund für die Stadt Erfurt und zumal für die hiesige SPD ein besonders wichtiger Erinnerungsort sein. Allerdings sucht man an dem markanten klassizistischen Gebäude in der Futterstraße vergeblich nach einem Hinweis. Während zahlreiche oft weit weniger prominente Ereignisse und Persönlichkeiten überall in der Stadt mit Denkmalen oder Gedenktafeln verewigt wurden, weist nichts auf den Erfurter Parteitag 1891 hin.

Das war nicht immer so. Vor der friedlichen Revolution 1989 gab es in dem als Optima-Kulturhaus genutzten Gebäude eine Gedenkstätte. An seiner Fassade prangte eine Marmortafel mit der goldenen Aufschrift „Gedenkstätte Erfurter Parteitag 1891“. Für das 100. Jubiläumsjahr waren von der SED-Leitung große Feierlichkeiten geplant, auch eine Sanierung des zwischenzeitlich geschlossenen Hauses stand im Plan. Mit dem Umbau zum Kultur- und Kongresszentrum Kaisersaal von 1991 bis 1994 verschwanden jedoch Gedenkstätte und -tafel. Letztere landete auf dem Dachboden des Stadtmuseums (siehe Abb.). Der ideologisch überfrachteten Ausstellung aus DDR-Zeiten mag kaum jemand nachtrauern. Eine neue Gedenktafel, die neben dem SPD-Parteitag auch andere Höhepunkte der Hausgeschichte würdigen könnte, wäre aber mehr als angemessen. Oft wundern sich Touristen und auswärtige Veranstaltungsbesucher über so wenig zur Schau getragenes historisches Selbstbewusstsein.


PS: Wenige Wochen nach diesem Artikel wurde am 20. Oktober 2011 eine neue Gedenktafel für den Erfurter Parteitag am Kaisersaal angebracht.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Kaisersaal Erfurt, Erfurter Parteitag der SPD 1891