Ehrenhain Opfer des Faschismus

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Ehrenhain für Opfer des Faschismus

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (13.10.2012)


Ehrendes Gedenken

DENKMALE IN ERFURT (67): Gleich zwei in der DDR-Zeit errichtete Ehrenhaine erinnern auf dem Hauptfriedhof an die Opfer der NS-Diktatur.


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In der DDR galt der Antifaschismus als ein ideologischer Grundpfeiler, wobei insbesondere der kommunistische Widerstand im Mittelpunkt stand. Dementsprechend erhielten allerorts auch die Opfer dieses Kampfes gegen den Nationalsozialismus öffentliche Würdigungen. Bereits ein Jahr nach Ende der braunen Diktatur schuf der Erfurter Architekt Max Brockert auf dem Hauptfriedhof einen ersten Ehrenhain für die Opfer des Faschismus, kurz OdF. Zwischen parallel angeordneten steinernen Urnen mit den Namen von NS-Opfern geht man auf einen Pylonen mit kupferner Feuerschale zu. Nach 1989/90 wurde an der Pylonenbasis der Schriftzug "Opfer des Faschismus" ausgetauscht durch "Auch diese Opfer des I. und II. Weltkrieges fanden hier ihre Ruhe". Darunter setzte man auf drei neuen Schrifttafeln die Namen von 116 gefallenen Soldaten.

Voraussetzung hierfür war auch ein Projekt der späten DDR-Zeit. Denn 1984 hatte man nahe der Trauerhalle des Hauptfriedhofs einen weiteren OdF-Ehrenhain eingeweiht. Die sehr viel großzügigere Anlage entsprach besser den repräsentativen Gedenkveranstaltungen der SED. Eine große Rasenfläche gab den Blick auf eine 44 m lange und 4 m hohe Wand aus Travertingestein frei. Den Mittelpunkt bildete das rote Dreieck als Symbol für die Verfolgten des Nazi-Regimes (VdN), eingerahmt von zwei figürlichen Reliefs. Die linke Gruppe steht laut Kunsthistorikerin Ruth Menzel für die "Opfer", die rechte für "Auferstehen". Nach Entwürfen des Grafikers Jürgen Ellenberg entstanden bronzene Schriftzüge auf der Mauer und an den insgesamt acht Stelen aus Muschelkalk zu beiden Seiten des Zentrums, auf denen die vor wie nach 1945 verstorbenen NS-Opfer genannt werden.

1997 begann eine Reduzierung der wuchtigen Anlage, mit der diese dem Parkcharakter des umliegenden Geländes angepasst werden sollte. Insbesondere wurden die Mauer zurückgebaut und die Bodenflächen aus Betonplatten deutlich verringert. An der Wand wird seither auch an die jüdischen Bürger Erfurts erinnert, die zwischen 1933 und 1945 ums Leben kamen. Ob diese Umgestaltung die Situation nachhaltig verbessert hat, mag jeder für sich entscheiden. Dem aus seinen ideologischen Fesseln befreiten Anliegen des Ehrenhaines wird man aber nach wie vor beipflichten können: „Ehrendes Gedenken dem antifaschistischen Widerstand und den Opfern des Naziregimes“. (Foto: Dr. Steffen Raßloff)


Literaturtipp:

Steffen Raßloff: 100 Denkmale in Erfurt. Geschichte und Geschichten. Mit Fotografien von Sascha Fromm (Thüringen Bibliothek. Bd. 11). Essen 2013.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Hauptfriedhof