Bauhaus Denkmal Sparkasse Anger: Unterschied zwischen den Versionen

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In den letzten Jahren wurde der Blick für diese moderne Großstadtarchitektur geschärft. Sie fand neben ambitionierten Wohnungsbauprojekten wie im östlichen Hanseviertel oder am Nordbahnhof auch bei repräsentativen Geschäftshäusern Anwendung. Diese spiegeln zugleich die kurze Phase positiver wirtschaftlicher und städtebaulicher Entwicklung in den mittleren 1920er Jahren, den „Goldenen Zwanzigern“. Im Innenstadtbereich ragen u.a. das DHV-Haus (1929, heute Anger Entree), das Geschäftshaus Schellhorn in der Neuwerkstraße (1930) und der AOK-Neubau in der Augustinerstraße (1929) heraus. Diese Bauwerke heben sich gerade am Anger deutlich von den reich geschmückten Fassaden der Gründerzeit ab, die der Erfurter Einkaufsmeile seit den Jahrzehnten um 1900 das Gepräge geben. So verwundert es auch nicht, dass der extreme Traditionsbruch bei den Zeitgenossen keineswegs unumstritten war. Die Kritik reichte bis in den politischen Bereich, verfemten doch die Rechten den Bauhaus-Stil als „seelenlos“ und „undeutsch“, sprachen von „semitischen Flachdächern“ usw.
In den letzten Jahren wurde der Blick für diese moderne Großstadtarchitektur geschärft. Sie fand neben ambitionierten Wohnungsbauprojekten wie im östlichen Hanseviertel oder am Nordbahnhof auch bei repräsentativen Geschäftshäusern Anwendung. Diese spiegeln zugleich die kurze Phase positiver wirtschaftlicher und städtebaulicher Entwicklung in den mittleren 1920er Jahren, den „Goldenen Zwanzigern“. Im Innenstadtbereich ragen u.a. das DHV-Haus (1929, heute Anger Entree), das Geschäftshaus Schellhorn in der Neuwerkstraße (1930) und der AOK-Neubau in der Augustinerstraße (1929) heraus. Diese Bauwerke heben sich gerade am Anger deutlich von den reich geschmückten Fassaden der Gründerzeit ab, die der Erfurter Einkaufsmeile seit den Jahrzehnten um 1900 das Gepräge geben. So verwundert es auch nicht, dass der extreme Traditionsbruch bei den Zeitgenossen keineswegs unumstritten war. Die Kritik reichte bis in den politischen Bereich, verfemten doch die Rechten den Bauhaus-Stil als „seelenlos“ und „undeutsch“, sprachen von „semitischen Flachdächern“ usw.


Eines der markantesten Denkmale neuen Bauens ist der 1929 errichtete Neubau der Mitteldeutschen Landesbank am Anger 25. Heute residiert hier die Sparkasse Mittelthüringen. Der großzügige Bankenbau mit geräumiger Schalterhalle steht beispielhaft für die sachliche Formensprache des Bauhauses. Verantwortlich zeichneten Architekt Johannes Klass und Stadtbaudirektor Ludwig Boegl. Allerdings hat man keineswegs gänzlich auf Fassadenschmuck verzichtet. Der mit einer Reihe von Werken im Stadtbild präsente Künstler Hans Walther (1888-1961) schuf zwei Hochreliefs, die den Eingangsbereich bis zum ersten Obergeschoss flankieren. Sie zeigen als allegorische Figurengruppen links leichtsinnige Geldverschwendung und rechts vorsorgendes Sparen. Nach 1989 hat die Erfurter Denkmalbehörde das Gebäude mit einer Gedenktafel versehen.
Eines der markantesten Denkmale neuen Bauens ist der 1929 errichtete Neubau der Mitteldeutschen Landesbank am Anger 25. Heute residiert hier die Sparkasse Mittelthüringen. Der großzügige Bankenbau mit geräumiger Schalterhalle steht beispielhaft für die sachliche Formensprache des Bauhauses. Verantwortlich zeichneten Architekt Johannes Klass und Stadtbaudirektor Ludwig Boegl. Allerdings hat man keineswegs gänzlich auf Fassadenschmuck verzichtet. Der mit einer Reihe von Werken im Stadtbild präsente Künstler Hans Walther (1888-1961) schuf zwei Hochreliefs, die den Eingangsbereich bis zum ersten Obergeschoss flankieren. Sie zeigen als allegorische Figurengruppen links leichtsinnige Geldverschwendung und rechts vorsorgendes Sparen. Nach 1989 hat die Erfurter Denkmalbehörde das Gebäude mit einer Gedenktafel versehen. (Foto: Dr. Steffen Raßloff)




Siehe auch: '''[[Bauhaus_Erfurt|Bauhaus-Architektur in Erfurt]]''', '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]'''
Literaturtipp:
 
'''Steffen Raßloff: [[100 Denkmale in Erfurt|100 Denkmale in Erfurt. Geschichte und Geschichten]].''' Mit Fotografien von Sascha Fromm (Thüringen Bibliothek. Bd. 11). Essen 2013.
 
 
Siehe auch: '''[[Erfurt Bauhaus Nationalversammlung 1919|100. Bauhaus-Jubiläum 2019]]''', '''[[Weimarer Republik|Erfurt in der Weimarer Republik]]''', '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]'''

Version vom 7. Februar 2019, 12:12 Uhr

Sparkasse am Anger

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (18.05.2013)


Denkmal der Bauhaus-Architektur

DENKMALE IN ERFURT (98): Das Gebäude der Sparkasse am Anger gehört zu den bedeutenden Beispielen der klassischen Moderne in Erfurt.


SparkasseAnger.jpg

Das im nahen Weimar 1919 vom Bauhaus aus der Taufe gehobene „Neue Bauen“ war eine architektonische Revolution. Statt reich verzierter Fassaden und verschämtem Kaschieren von Funktionalität hielten klare Linien und Offenheit Einzug. Der ganzheitliche Ansatz erstreckte sich dabei von der Fassade des Gebäudes bis hin zur praktischen Inneneinrichtung. Zwar gab es bereits vor dem Ersten Weltkrieg und auch parallel zum Bauhaus zahlreiche Ansätze für eine Modernisierung des Bauens und Gestaltens, doch ist die Gründung von Walter Gropius im allgemeinen Bewusstsein am engsten hiermit verbunden. Voraussetzung für den Durchbruch des gegen viele bisherige Konventionen verstoßenden neuen Baustils war freilich das Finden von aufgeschlossenen Bauherren. Dies sollte in Erfurt in beachtlicher Weise gelingen.

In den letzten Jahren wurde der Blick für diese moderne Großstadtarchitektur geschärft. Sie fand neben ambitionierten Wohnungsbauprojekten wie im östlichen Hanseviertel oder am Nordbahnhof auch bei repräsentativen Geschäftshäusern Anwendung. Diese spiegeln zugleich die kurze Phase positiver wirtschaftlicher und städtebaulicher Entwicklung in den mittleren 1920er Jahren, den „Goldenen Zwanzigern“. Im Innenstadtbereich ragen u.a. das DHV-Haus (1929, heute Anger Entree), das Geschäftshaus Schellhorn in der Neuwerkstraße (1930) und der AOK-Neubau in der Augustinerstraße (1929) heraus. Diese Bauwerke heben sich gerade am Anger deutlich von den reich geschmückten Fassaden der Gründerzeit ab, die der Erfurter Einkaufsmeile seit den Jahrzehnten um 1900 das Gepräge geben. So verwundert es auch nicht, dass der extreme Traditionsbruch bei den Zeitgenossen keineswegs unumstritten war. Die Kritik reichte bis in den politischen Bereich, verfemten doch die Rechten den Bauhaus-Stil als „seelenlos“ und „undeutsch“, sprachen von „semitischen Flachdächern“ usw.

Eines der markantesten Denkmale neuen Bauens ist der 1929 errichtete Neubau der Mitteldeutschen Landesbank am Anger 25. Heute residiert hier die Sparkasse Mittelthüringen. Der großzügige Bankenbau mit geräumiger Schalterhalle steht beispielhaft für die sachliche Formensprache des Bauhauses. Verantwortlich zeichneten Architekt Johannes Klass und Stadtbaudirektor Ludwig Boegl. Allerdings hat man keineswegs gänzlich auf Fassadenschmuck verzichtet. Der mit einer Reihe von Werken im Stadtbild präsente Künstler Hans Walther (1888-1961) schuf zwei Hochreliefs, die den Eingangsbereich bis zum ersten Obergeschoss flankieren. Sie zeigen als allegorische Figurengruppen links leichtsinnige Geldverschwendung und rechts vorsorgendes Sparen. Nach 1989 hat die Erfurter Denkmalbehörde das Gebäude mit einer Gedenktafel versehen. (Foto: Dr. Steffen Raßloff)


Literaturtipp:

Steffen Raßloff: 100 Denkmale in Erfurt. Geschichte und Geschichten. Mit Fotografien von Sascha Fromm (Thüringen Bibliothek. Bd. 11). Essen 2013.


Siehe auch: 100. Bauhaus-Jubiläum 2019, Erfurt in der Weimarer Republik, Geschichte der Stadt Erfurt