Angerturm: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Beitrag der Serie [[Denkmale in Erfurt|Denkmale in Erfurt]] aus der Thüringer Allgemeine von [[Steffen Raßloff|Dr. Steffen Raßloff]] (25.10.2014)'''
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[[Datei:AngerturmValdeig.jpg|400px|rechts]][[Datei:Angerturm.jpg|300px|rechts]]Der legendäre Verkehrsturm auf dem Anger kann in mehrerlei Hinsicht als Denkmal der Erfurter Verkehrsgeschichte gelten. Zum einen steht er für das in den 1950er Jahren allmählich ansteigende Verkehrsaufkommen. Dieses machte auf der belebten Kreuzung am Anger 1961 die Aufstellung des Turmes mit einer Ampelanlage nötig. Zugleich verweist der Abbau 1974 auf die komplexe Umgestaltung des Angers zu einer der ersten Fußgängerzonen in der DDR.  
[[Datei:AngerturmValdeig.jpg|310px|rechts]][[Datei:AngerturmDenkmal.jpg|310px|rechts]]Der legendäre Verkehrsturm auf dem Anger kann in mehrerlei Hinsicht als Denkmal der Erfurter Verkehrsgeschichte gelten. Zum einen steht er für das in den 1950er Jahren allmählich ansteigende Verkehrsaufkommen. Dieses machte auf der belebten Kreuzung am Anger 1961 die Aufstellung des Turmes mit einer Ampelanlage nötig. Zugleich verweist der Abbau 1974 auf die komplexe Umgestaltung des Angers zu einer der ersten Fußgängerzonen in der DDR. Danach diente der Turm dem Ministerium für Staatssicherheit an der Autobahnabfahrt Erfurt-Ost zur Überwachung des Transitverkehrs. Von dieser geheimdienstlichen Nutzung durch die Stasi wurde er nach der friedlichen Revolution befreit. Nun waren es das Verkehrsamt der Stadt und die Verkehrsbetriebe EVAG, die sich des „Angerturms“ annahmen. Nach gründlicher Sanierung fand er 2002 auf dem Betriebshof in der Magdeburger Allee einen würdigen Standort samt Erläuterungstafel (Abb.).  
 
Danach diente der Turm dem Ministerium für Staatssicherheit an der Autobahnabfahrt Erfurt-Ost zur Überwachung des Transitverkehrs. Von dieser geheimdienstlichen Nutzung durch die Stasi wurde er nach der friedlichen Revolution befreit. Nun waren es das Verkehrsamt der Stadt und die Verkehrsbetriebe EVAG, die sich des „Angerturms“ annahmen. Nach gründlicher Sanierung fand er 2002 auf dem Betriebshof in der Magdeburger Allee einen würdigen Standort samt Erläuterungstafel (Abb.).  
   
   
Es ist heute kaum noch vorstellbar, dass einst auf dem Anger reger Verkehr herrschte. Auf der zentralen Kreuzung mit der Schlösser- und Bahnhofstraße mussten sich Autos, O-Busse, Straßenbahnen und Fußgänger den engen Verkehrsraum teilen. Der Erfurter Maler Jürgen Valdeig, der sich noch gut an diese Zeit erinnert, hat das quirlige Treiben in einem seiner Bilder festgehalten (Abb.).  
Es ist heute kaum noch vorstellbar, dass einst auf dem Anger reger Verkehr herrschte. Auf der zentralen Kreuzung mit der Schlösser- und Bahnhofstraße mussten sich Autos, O-Busse, Straßenbahnen und Fußgänger den engen Verkehrsraum teilen. Der Erfurter Maler Jürgen Valdeig, der sich noch gut an diese Zeit erinnert, hat das quirlige Treiben in einem seiner Bilder festgehalten (Abb.). Im Verkehrsturm überwachte ein Volkspolizist das Geschehen und ermahnte auch schon mal einen unaufmerksamen Verkehrsteilnehmer. Der beliebte DDR-Komiker Rolf Herricht hat mit dem Film „Geliebte weiße Maus“ von 1964 den Verkehrsreglern im weißer Uniform ein Denkmal gesetzt. Der Film spielt allerdings in Dresden, wo es wie in einigen anderen DDR-Großstädten auch einen solchen Verkehrsturm gab.
 
Im Verkehrsturm überwachte ein Volkspolizist das Geschehen und ermahnte auch schon mal einen unaufmerksamen Verkehrsteilnehmer. Der beliebte DDR-Komiker Rolf Herricht hat mit dem Film „Geliebte weiße Maus“ von 1964 den Verkehrsreglern im weißer Uniform ein Denkmal gesetzt. Der Film spielt allerdings in Dresden, wo es wie in einigen anderen DDR-Großstädten auch einen solchen Verkehrsturm gab.
    
    
Mitte der 1970er Jahre war es dann mit dem Verkehrsgetümmel auf dem Anger vorbei, der O-Bus-Verkehr wurde ebenfalls eingestellt. Der epochale Wandel mit der Schaffung der Fußgängerzone rief natürlich auch Skeptiker auf den Plan, die um die Lebendigkeit der Innenstadt fürchteten. Freilich war eine offene Diskussion hierüber in der DDR-Zeit nicht möglich.  
Mitte der 1970er Jahre war es dann mit dem Verkehrsgetümmel auf dem Anger vorbei, der O-Bus-Verkehr wurde ebenfalls eingestellt. Der epochale Wandel mit der Schaffung der Fußgängerzone rief natürlich auch Skeptiker auf den Plan, die um die Lebendigkeit der Innenstadt fürchteten. Freilich war eine offene Diskussion hierüber in der DDR-Zeit nicht möglich. Das sieht heute ganz anders aus, bewegen wir uns doch mit der geplanten Verkehrsberuhigung der gesamten Altstadt wieder auf eine ähnliche Zäsur zu. Aus der neuen „Begegnungszone“ soll der Autoverkehr, nicht zuletzt das Parken, weitgehend herausgehalten werden. Die großen Parkhäuser am Ring, um einige weitere ergänzt, sind als eine Lösung hierfür gedacht. Ob sich dies auch als Erfolgsgeschichte wie die Etablierung der Fußgängerzone vor vier Jahrzehnten erweisen wird, bleibt abzuwarten. (Abb. Jürgen Valdeig, Alexander Raßloff)
 
Das sieht heute ganz anders aus, bewegen wir uns doch mit der geplanten Verkehrsberuhigung der gesamten Altstadt wieder auf eine ähnliche Zäsur zu. Aus der neuen „Begegnungszone“ soll der Autoverkehr, nicht zuletzt das Parken, weitgehend herausgehalten werden. Die großen Parkhäuser am Ring, um einige weitere ergänzt, sind als eine Lösung hierfür gedacht. Ob sich dies auch als Erfolgsgeschichte wie die Etablierung der Fußgängerzone vor vier Jahrzehnten erweisen wird, bleibt abzuwarten. (Abb. Jürgen Valdeig, Alexander Raßloff)
 
 
Literaturtipp:
 
'''Steffen Raßloff: [[100 Denkmale in Erfurt|100 Denkmale in Erfurt. Geschichte und Geschichten]].''' Mit Fotografien von Sascha Fromm (Thüringen Bibliothek. Bd. 11). Essen 2013.




Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Anger]]''', '''[[Jürgen Valdeig]]'''
Siehe auch: '''[[Geschichte der Stadt Erfurt]]''', '''[[Anger]]''', '''[[Jürgen Valdeig]]'''

Aktuelle Version vom 2. Oktober 2022, 07:03 Uhr

Verkehrsturm auf dem Anger

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (25.10.2014)


Denkmal der Verkehrsgeschichte

DENKMALE IN ERFURT (169): Der „Angerturm“ diente einst der Regelung des belebten Verkehrs in der heutigen Fußgängerzone.


AngerturmValdeig.jpg
AngerturmDenkmal.jpg

Der legendäre Verkehrsturm auf dem Anger kann in mehrerlei Hinsicht als Denkmal der Erfurter Verkehrsgeschichte gelten. Zum einen steht er für das in den 1950er Jahren allmählich ansteigende Verkehrsaufkommen. Dieses machte auf der belebten Kreuzung am Anger 1961 die Aufstellung des Turmes mit einer Ampelanlage nötig. Zugleich verweist der Abbau 1974 auf die komplexe Umgestaltung des Angers zu einer der ersten Fußgängerzonen in der DDR. Danach diente der Turm dem Ministerium für Staatssicherheit an der Autobahnabfahrt Erfurt-Ost zur Überwachung des Transitverkehrs. Von dieser geheimdienstlichen Nutzung durch die Stasi wurde er nach der friedlichen Revolution befreit. Nun waren es das Verkehrsamt der Stadt und die Verkehrsbetriebe EVAG, die sich des „Angerturms“ annahmen. Nach gründlicher Sanierung fand er 2002 auf dem Betriebshof in der Magdeburger Allee einen würdigen Standort samt Erläuterungstafel (Abb.).

Es ist heute kaum noch vorstellbar, dass einst auf dem Anger reger Verkehr herrschte. Auf der zentralen Kreuzung mit der Schlösser- und Bahnhofstraße mussten sich Autos, O-Busse, Straßenbahnen und Fußgänger den engen Verkehrsraum teilen. Der Erfurter Maler Jürgen Valdeig, der sich noch gut an diese Zeit erinnert, hat das quirlige Treiben in einem seiner Bilder festgehalten (Abb.). Im Verkehrsturm überwachte ein Volkspolizist das Geschehen und ermahnte auch schon mal einen unaufmerksamen Verkehrsteilnehmer. Der beliebte DDR-Komiker Rolf Herricht hat mit dem Film „Geliebte weiße Maus“ von 1964 den Verkehrsreglern im weißer Uniform ein Denkmal gesetzt. Der Film spielt allerdings in Dresden, wo es wie in einigen anderen DDR-Großstädten auch einen solchen Verkehrsturm gab.

Mitte der 1970er Jahre war es dann mit dem Verkehrsgetümmel auf dem Anger vorbei, der O-Bus-Verkehr wurde ebenfalls eingestellt. Der epochale Wandel mit der Schaffung der Fußgängerzone rief natürlich auch Skeptiker auf den Plan, die um die Lebendigkeit der Innenstadt fürchteten. Freilich war eine offene Diskussion hierüber in der DDR-Zeit nicht möglich. Das sieht heute ganz anders aus, bewegen wir uns doch mit der geplanten Verkehrsberuhigung der gesamten Altstadt wieder auf eine ähnliche Zäsur zu. Aus der neuen „Begegnungszone“ soll der Autoverkehr, nicht zuletzt das Parken, weitgehend herausgehalten werden. Die großen Parkhäuser am Ring, um einige weitere ergänzt, sind als eine Lösung hierfür gedacht. Ob sich dies auch als Erfolgsgeschichte wie die Etablierung der Fußgängerzone vor vier Jahrzehnten erweisen wird, bleibt abzuwarten. (Abb. Jürgen Valdeig, Alexander Raßloff)


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Anger, Jürgen Valdeig