Sowjetisches Ehrenmal Erfurt: Unterschied zwischen den Versionen
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[[Datei:SowjetischesEM.JPG| | [[Datei:SowjetischesEM.JPG|310px|right]]Das nationalsozialistische Deutschland hat mit dem Holocaust an rund sechs Millionen Juden und dem Zweiten Weltkrieg von 1939 bis 1945 die größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte zu verantworten. Schätzungen zufolge brachte der Krieg für die Sowjetunion mit bis zu 20 Millionen Toten die größten Opfer. Nicht wenige von ihnen fanden in Deutschland ihre letzte Ruhe. Zum ehrenden Gedenken an rund 400 sowjetische Kriegsgefangene und 200 Zwangsarbeiter, die in Erfurt ums Leben kamen oder bestattet wurden, errichtete man wie in vielen Orten der Sowjetischen Besatzungszone 1948 auf dem Hauptfriedhof ein Ehrenmal. Auf einer Tafel über dem Sockel des hohen Pylons aus Natursteinquadern brachte man eine Widmung in russischer Sprache an: „Hier ruhen die sterblichen Hüllen sowjetischer Bürger, die im Kampf für unsere sowjetische Heimat fielen. Schlaft liebe Brüder, Ihr werdet von unserem sowjetischen Volk nicht vergessen. 1. Mai 1948.“ | ||
1954 wurde der Ehrenhain, so die Kunsthistorikerin Ruth Menzel, unter Leitung des Gartenbaudirektors Bien und des Friedhofsdirektors Lohfeld von 600 m2 auf 1.800 m2 erweitert und mit Birken, Nadelbäumen und Schlingrosen bepflanzt. Nach einer weiteren Umgestaltung im Jahre 1983 präzisierte 1990 eine Informationstafel den Sachverhalt mit dem Text: „Hier ruhen 604 zivile und militärische Opfer des 2. Weltkrieges aus der ehemaligen Sowjetunion, die als Soldaten oder Fremdarbeiter den Tod fanden.“ 1996 konnten auf Bronzetafeln und Pultsteinen die Namen der Opfer verzeichnet werden. Damit gewann das Ehrenmal, in der DDR-Zeit Ort rituellen Gedenkens, eine neue persönliche Dimension. | 1954 wurde der Ehrenhain, so die Kunsthistorikerin Ruth Menzel, unter Leitung des Gartenbaudirektors Bien und des Friedhofsdirektors Lohfeld von 600 m2 auf 1.800 m2 erweitert und mit Birken, Nadelbäumen und Schlingrosen bepflanzt. Nach einer weiteren Umgestaltung im Jahre 1983 präzisierte 1990 eine Informationstafel den Sachverhalt mit dem Text: „Hier ruhen 604 zivile und militärische Opfer des 2. Weltkrieges aus der ehemaligen Sowjetunion, die als Soldaten oder Fremdarbeiter den Tod fanden.“ 1996 konnten auf Bronzetafeln und Pultsteinen die Namen der Opfer verzeichnet werden. Damit gewann das Ehrenmal, in der DDR-Zeit Ort rituellen Gedenkens, eine neue persönliche Dimension. |
Version vom 1. März 2021, 13:43 Uhr
Sowjetisches Ehrenmal
Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (04.08.2012)
Gedenken an sowjetische Kriegsopfer
DENKMALE IN ERFURT (57): Auf dem Hauptfriedhof wird der 604 sowjetischen Soldaten und Zwangsarbeiter gedacht, die in Erfurt ihr Leben verloren.
Das nationalsozialistische Deutschland hat mit dem Holocaust an rund sechs Millionen Juden und dem Zweiten Weltkrieg von 1939 bis 1945 die größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte zu verantworten. Schätzungen zufolge brachte der Krieg für die Sowjetunion mit bis zu 20 Millionen Toten die größten Opfer. Nicht wenige von ihnen fanden in Deutschland ihre letzte Ruhe. Zum ehrenden Gedenken an rund 400 sowjetische Kriegsgefangene und 200 Zwangsarbeiter, die in Erfurt ums Leben kamen oder bestattet wurden, errichtete man wie in vielen Orten der Sowjetischen Besatzungszone 1948 auf dem Hauptfriedhof ein Ehrenmal. Auf einer Tafel über dem Sockel des hohen Pylons aus Natursteinquadern brachte man eine Widmung in russischer Sprache an: „Hier ruhen die sterblichen Hüllen sowjetischer Bürger, die im Kampf für unsere sowjetische Heimat fielen. Schlaft liebe Brüder, Ihr werdet von unserem sowjetischen Volk nicht vergessen. 1. Mai 1948.“
1954 wurde der Ehrenhain, so die Kunsthistorikerin Ruth Menzel, unter Leitung des Gartenbaudirektors Bien und des Friedhofsdirektors Lohfeld von 600 m2 auf 1.800 m2 erweitert und mit Birken, Nadelbäumen und Schlingrosen bepflanzt. Nach einer weiteren Umgestaltung im Jahre 1983 präzisierte 1990 eine Informationstafel den Sachverhalt mit dem Text: „Hier ruhen 604 zivile und militärische Opfer des 2. Weltkrieges aus der ehemaligen Sowjetunion, die als Soldaten oder Fremdarbeiter den Tod fanden.“ 1996 konnten auf Bronzetafeln und Pultsteinen die Namen der Opfer verzeichnet werden. Damit gewann das Ehrenmal, in der DDR-Zeit Ort rituellen Gedenkens, eine neue persönliche Dimension.
Heute ist die Erinnerung besonders an die Sowjetarmee und die unter ihrer Protektion errichtete SED-Herrschaft zwiespältiger Natur. Ohne Zweifel hat die Sowjetunion den größten Blutzoll für die Befreiung Europas von der Herrschaft des Nationalsozialismus erbracht. Und es gab keineswegs nur schlechte Erfahrungen mit sowjetischen Offizieren und Soldaten. Zugleich sorgte die Sowjetarmee aber auch für die Etablierung eines zweiten totalitären Systems in Deutschland. Viele Zeitgenossen haben die Verbrechen bei der gesellschaftlichen Umgestaltung der Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR noch in bitterer Erinnerung. Der „Tag der Befreiung“ am 8. Mai, in der DDR wie andere Anlässe ein verordneter Gedenktag, kann heute nicht mehr unbefangen begangen werden. Hinzu kommt, dass die eigentliche Befreiung in Erfurt am 12. April 1945 durch die US-Armee erfolgte, während die Sowjetarmee erst im Juli 1945 als Besatzer nachrückte. All das heißt freilich nicht, den Opfern der einstigen Sowjetunion das ehrende Gedenken abzusprechen. (Foto: Dr. Steffen Raßloff)
Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt, Hauptfriedhof