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Version vom 4. August 2013, 11:38 Uhr

Julius Grosse

Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (03.08.2013)


Vergessener Dichter

DENKMALE IN ERFURT (109): Julius Grosse war einst einer der meistgelesenen Poeten in Deutschland.


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So mancher Erfurter dürfte schon sein Schuhwerk in der Filiale einer großen Handelskette am Anger gekauft haben. Dass es sich hier um ein historisches Gebäude handelt, wird dabei den wenigsten bewusst gewesen sein. Weder beim Betreten des Ladens noch bei Vorbeigehen als Passant geht der Blick zum Erker der ersten Etage. Dort ist eine schon ziemlich verwitterte Gedenktafel angebracht. Macht das die Entzifferung schon schwer genug, so dürfte auch der Text eher für Schulterzucken sorgen. Hier habe das Geburtshaus des Dichters Julius Grosse (1828-1902) gestanden. Julius Grosse? Der einst sehr erfolgreiche Verfasser von Prosa, Lyrik und Bühnenstücken ist heute selbst in literarisch interessierten Kreisen weitgehend in Vergessenheit geraten.

Grosse kam am 25. April 1828 als Sohn eines Militärgeistlichen in der damaligen preußischen Garnisonstadt Erfurt zur Welt. Sein Elternhaus ermöglichte ihn eine weiterführende Bildung, worauf er ab 1849 in Halle Rechtswissenschaften studierte. Doch der angehende Jurist entschloss sich schon nach wenigen Semestern zum Abbruch des Studiums. Mit dichterischer Ader versehen, ermunterte ihn der große Erfolg seiner Erstlingswerke 1851 zum Schritt in die schöngeistige Sphäre. Fortan sprudelten die Texte nur so aus Grosse heraus. Seinen Theaterstücken war weniger Erfolg beschert, den Gedichten und Prosatexten dagegen umso mehr. Im Lexikon hieß es schon zu Grosses Lebzeiten, dass er beim Drama „Stoffe in sich aufnimmt, zu denen ihm das nähere Verhältnis fehlt, und die er daher nur äußerlich zu behandeln vermag. Das Beste leistet er in der Lyrik und dem erzählenden Gedicht“. Die Titel einiger seiner erfolgreichsten Veröffentlichungen deuten schon an, dass es sich bei Letzterem eher um die „leichte Muse“ handelt: „Romanze“, „Das Mädchen von Capri“, „Gundel vom Königssee“, „Eine alte Liebe“, „Ein Frauenlos“ usw.

Der vielbeschäftige Künstler zog 1852 nach München, damals ein magisch anziehendes Zentrum für Künstler und Bohemiens. Hier erfuhr er vielfältige Anregungen und studierte sogar Malerei an der Akademie der Künste. Gemeinsam mit seinem Freund, dem Dichter und Nobelpreisträger Paul Heyse gründete er 1854 die Literatengruppe „Die Krokodile“, schrieb Theaterkritiken, gab die einst von Goethe betreute Zeitschrift „Propyläen“ heraus und war Beirat des Hoftheaters. Nach einigen Jahren in Dresden und Weimar, wo er als Generalsekretär der Schillerstiftung wirkte, zog es Grosse 1885 wieder zurück an die Isar. Als angesehener Hofrat und Professor verstarb er 1902 am Gardasee.


Siehe auch: Geschichte der Stadt Erfurt