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Version vom 6. April 2013, 08:01 Uhr
Alter jüdischer Friedhof
Beitrag der Serie Denkmale in Erfurt aus der Thüringer Allgemeine von Dr. Steffen Raßloff (06.04.2013)
Gestörte Totenruhe
DENKMALE IN ERFURT (92): Der Alte jüdische Friedhof in der Cyriakstraße wurde 2007 wieder kenntlich gemacht.
Der Antrag für den Status eines UNESCO-Welterbes hat die Kulturdenkmale der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde rund um die Alte Synagoge international ins Gespräch gebracht. Dabei sticht der Erhalt aller wesentlichen Elemente heraus, deren eine Gemeinde für ihr religiöses Leben bedurfte. Neben Synagoge und Mikwe-Ritualbad war das ein Friedhof. Dieser befand sich außerhalb des inneren Stadtmauergürtels am Moritztor, wo heute rund um den großen Ackerhof neue Wohnbauten entstehen. Nach dem blutigen Pogrom von 1349 und endgültig seit 1458 lebten jedoch keine Juden mehr in Erfurt. Der Friedhof wurde aufgegeben und der große Kornspeicher errichtet. Die Grabsteine fanden als Baumaterial im gesamten Stadtgebiet Verwendung. Einige etwa im Rahmen von Baumaßnahmen wieder aufgetauchte Steine werden im Hof der Alten Synagoge gezeigt.
Zu Beginn des 19. Jahrhundert begann sich mit der schrittweisen Emanzipation der Juden wieder eine Gemeinde in Erfurt anzusiedeln. Da der mittelalterliche Friedhof nicht mehr existierte, legte man 1811 einen neuen Begräbnisplatz am Stadtrand unterhalb der Cyriaksburg an. 70 aufgefundene mittelalterliche Grabsteine fanden dort ebenfalls einen Platz. Die rasch wachsende Gemeinde musste aber schon 1878 den Neuen jüdischen Friedhof am Steiger anlegen, der bis heute neben der Thüringenhalle besteht. Da nach jüdischem Glauben die Totenruhe ewig währt, blieb der Alte Friedhof in der Cyriakstraße nahe dem Gothaer Platz erhalten. Der Antisemitismus sorgte jedoch schon in den 1920er Jahren für erste Schändungen, was sich in der Pogromnacht am 9. November 1938 wiederholte. 1939 fiel das Friedhofsgrundstück an die Stadt Erfurt, die 1944 die Grabsteine beseitigen ließ.
Nach der NS-Diktatur erhielt der jüdische Landesverband den Friedhof zurück übertragen. Jedoch kam es schon 1951 zum wohl nicht ganz freiwilligen Verkauf an die Stadt Erfurt. In den 1960er Jahre entstanden Garagen für die Staatsanwaltschaft des Bezirks Erfurt. Dieser für jüdische Gläubige unerträgliche Zustand ihres einstigen Begräbnisplatzes änderte sich zunächst auch nach 1989 nicht. Erst 1996 kam es zur Errichtung eines Gedenksteins. Wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt, sollte nunmehr der Friedhof wieder sichtbar gemacht werden. 2007 erfolgten schließlich der Abriss der Garagen und die Neugestaltung des Geländes. Eine kleine Grünanlage mit Durchgang bis zur Alfred-Hess-Straße erschließt das abgetrennte Friedhofsareal. Der Gedenkstein wurde durch eine Info-Stele des Netzwerkes „Jüdisches Leben in Erfurt“ ergänzt. Hinzu kamen einige gerettete Grabsteine.
Siehe auch: Jüdisches Erbe in Erfurt, Geschichte der Stadt Erfurt