Johann August Röbling Thüringen: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 23. März 2013, 08:53 Uhr

Johann August Röbling und Thüringen

Der gebürtige Mühlhäuser Johann August Röbling (1806-1869) stieg zum bekanntesten Brückenbau-Pionier der USA auf. An sein Studium in Erfurt wird bald eine Gedenktafel erinnern.


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Täglich überqueren tausende Einheimische und Touristen die weltbekannte Brooklyn Bridge in New York. Passiert man von Brooklyn kommend das imposante Bauwerk in Richtung Manhattan, so sticht eine große bronzene Gedenktafel für die Erbauer ins Auge. Hervorgehoben werden die verantwortlichen „Engineers“ John A. Roebling und Washington Roebling. Noch vor wenigen Jahren hätte diese Information in Thüringen wohl überwiegend für Schulterzucken gesorgt. Mittlerweile hat sich aber herumgesprochen, dass John A. Roebling alias Johann August Röbling aus Mühlhausen stammt und in Erfurt die Grundlagen der Ingenieurskunst erlernt hat. Ein Imagefilm des Thüringer Wirtschaftsministeriums warb jüngst sogar mit der Brooklyn Bridge für den Freistaat.

Auch wenn man damit den Bekanntheitsgrad von Röbling und seiner thüringischen Herkunft vielleicht ein wenig überschätzt hat, so beeindruckt doch die Fülle der Forschungen und Ehrungen in den letzten Jahren. Ausgangspunkt war der 200. Geburtstag Röblings 2006. Seither ist er ein wichtiges Thema der regionalen Geschichtsforschung, die eng mit internationalen Experten zusammen arbeitet. Besondere Verdienste um die regelrechte „Wiederentdeckung“ Röblings erwarben sich dabei die Stadt Mühlhausen und ihr rühriger Geschichts- und Denkmalpflegeverein. Sie haben mehrere Publikationen herausgegeben und angeregt. Zwei Sonderhefte der „Mühlhäuser Beiträge“ stellen den innovativen Brückenbauer und seinen Weg in die „Neue Welt“ ausführlich vor. Dem treten die ins Deutsche übersetzen Erinnerungen von Washington Roebling an seinen Vater an die Seite, die interessante Schlaglichter auf den Privatmann werfen. Aber auch der Verein für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt hat die biographischen Bezüge des jungen Röbling zur heutigen Landeshauptstadt in seinem wissenschaftlichen Jahrbuch, den „Mitteilungen“, 2007 aufgegriffen.

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Neben der Geschichtsschreibung wird die Erinnerungskultur um den Erbauer der Brooklyn Bridge wohl am nachhaltigsten wirken. In Mühlhausen begegnet einem Röbling als Bronzedenkmal mitten auf dem Untermarkt. Das Standbild wurde am 11. Mai 2007 im Beisein seines Ururenkels Kriss Roebling eingeweiht. Eine Straße und eine Schule tragen seinen Namen, das Geburtshaus in der heutigen Röblingstraße 5 wird durch eine Gedenktafel markiert. In Erfurt hat man 2006 ebenfalls eine Straße nach Röbling benannt. In wenigen Wochen soll in der Marktstraße, wo Röbling zwei Jahre die Schulbank drückte, eine neue Gedenktafel angebracht werden. Hierfür entwarf der Erfurter Heimatmaler Jürgen Valdeig eine Ansicht der Brooklyn Bridge. Gemeinsam mit dem Historiker Dr. Steffen Raßloff hat er das Projekt angestoßen, welches auch von den Bürgermeistern von New York City und Erfurt, Michael Bloomberg und Andreas Bausewein, unterstützt wird.

Man ist also sichtlich stolz auf den thüringischen Auswanderer, der jenseits des „Großen Teiches“ die sprichwörtliche deutsche Ingenieurskunst wie kaum ein anderer verkörpert. Dazu besteht auch durchaus Grund. Am 12. Juni 1806 in Mühlhausen geboren, wurde bald in der Schule sein technisches Talent sichtbar. In Erfurt besuchte er von 1821 bis 1823 die renommierte mathematische Lehranstalt von Ephraim Salomon Unger in der Marktstraße. Hier legte er die Basis für sein Studium an der Berliner Bauakademie. 1831 mit weiteren Mühlhäuser Bürgern nach Amerika ausgewandert, revolutionierte Röbling dort den Brückenbau und wurde zum Begründer der Drahtseilindustrie. 1869 begann schließlich der Bau der Brooklyn Bridge, der damals größten Hängebrücke der Welt, die ihm dauerhafte Berühmtheit sicherte.

Röbling starb jedoch kurz nach Baubeginn an den Folgen eines Unfalls. Sein Sohn Washington stellte die Brücke bis 1883 fertig. Allerdings hatte zwischen beiden offensichtlich ein zwiespältiges Verhältnis bestanden. Hierüber informieren die 2011 veröffentlichten Erinnerungen Washingtons. Dabei überrascht der schonungslose Umgang mit dem Charakter des Vaters: „Es steckte etwas von einem Raubtier in ihm: Wenn er uns lange genug mit der Lederpeitsche geschlagen hatte, dass das Blut floss, geriet er in noch heftigere Raserei. Es war nichts Ungewöhnliches, wenn er meine Mutter mit einem Faustschlag niederstreckte.“ Im gleichen Atemzug ist von den großartigen Leistungen des Vaters die Rede und dessen regelrechter Arbeitswut. Dieser Einblick in die Privatsphäre der Röblings holt den legendären Brückenbauer ein Stück weit vom Denkmalsockel, den man auf dem Mühlhäuser Untermarkt gleich weggelassen hat. Er stellt ihn als Choleriker und Haustyrannen vor, ohne seine bleibenden Verdienste zu schmälern.

(Dr. Steffen Raßloff in: Thüringer Allgemeine vom 23.03.2013)


Siehe auch: Röbling und Erfurt